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ZUR FRAGE DER ZULÄSSIGKEIT DER WIEDERAUFNAHME VON VERHANDLUNGEN*)*)Dr. Bernhard Müller ist Partner der Weber Maxl & Partner Rechtsanwälte GmbH.

FachbeitragBERNHARD MÜLLERRPA 2007, 116 Heft 3 v. 1.7.2007

1. Ausgangslage und Problemstellung

Das Bundesvergabeamt („BVA“) streifte in zwei jüngst ergangenen Entscheidungen die Frage, ob nach der Einladung zur Abgabe eines last and final offer („LAFO“) weitere Verhandlungen zulässig sind. Im ersten Fall1)1)BVA 2.1.2007, N/0093-BVA/05/2006-57. zeigte sich im Zuge der Evaluierung, dass die Angebote - infolge des unterschiedlichen technischen Verständnisses der Bieter - nicht vergleichbar waren. Zur Präzisierung der technischen Fragestellungen war erforderlich, wieder in Verhandlungen einzutreten. Das BVA befand, die Formulierung in der Ausschreibung, nach Vorliegen des LAFO sei seitens des Auftraggebers beabsichtigt, in die Evaluierungsphase zu treten und es werde „zurzeit kein Bedarf zur Durchführung weiterer Verhandlungsrunden gesehen“, hätte implicite den Vorbehalt weiterer Verhandlungen - auch nach dem LAFO - in sich getragen. Ein redlicher, fachkundiger Bieter hätte demnach mit möglichen weiteren Verhandlungen zu rechnen gehabt, nicht zuletzt auch angesichts der Komplexität des Verfahrensgegenstandes. Diese Ansicht überrascht nicht. Interessanter ist da schon das obiter dictum des BVA, „dass nur dann, wenn der Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen eine bestimmte Anzahl von Verhandlungen angegeben hätte, er daran gebunden gewesen wäre.“ Aus Sicht des BVA lag sohin keine Vergaberechtswidrigkeit vor. Im zweiten Bescheid2)2)BVA 26.1.2007, N/0105-BVA/07/2006-42. erachtete das BVA die „neuerliche Durchführung einer letzten Kuvertrunde“ für rechtswidrig, zumal sich die Auftraggeberin dieses Recht in der Ausschreibung nicht vorbehalten hatte. Hinzuzufügen ist, dass das nochmalige LAFO nach Zurückziehung der Zuschlagsentscheidung und Berichtigung der Ausschreibung erfolgte. Im Vordergrund stand die Frage, ob bei Vorliegen eines Widerrufsgrundes im Sektorenbereich, wo es keine zwingenden Widerrufsgründe gibt, die Vergabekonformität auch durch andere Maßnahmen, wie die Wiederaufnahme der Verhandlungen erfolgen könne. Anders gewendet: Stehen die Wiederaufnahme des Verhandlungsverfahrens und der Widerruf der Ausschreibung als gleichwertige Alternativen zur Verfügung. Dies ist die eigentliche Frage, die hier diskutiert werden soll. Zunächst ist allerdings zu klären, ob das Weiterverhandeln nach der Abgabe eines LAFO oder nach der letzten Verhandlungsrunde überhaupt vergabekonform ist.

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