Werbungskosten beschäftigen in vielen Detailfragen Lehre, Rechtsprechung und Verwaltungspraxis. Was die dogmatischen Grundlagen des Werbungskostenbegriffs betrifft, sind allerdings - zumindest in Österreich - Defizite erkennbar (siehe zB die von der Behandlung punktueller Problemfälle beherrschten Literaturangaben bei Doralt/Ruppe, Grundriß4, 132 f). In den neuen Lohnsteuerrichtlinien war man bemüht, diese Defizite abzubauen. Es findet sich darin eine Reihe von grundsätzlichen Aussagen, die eine gewisse Neuorientierung im Begriffsverständnis erwarten lassen. Auch in Lehre und Judikatur ist eine verstärkte Aufarbeitung der dogmatischen Grundlagen erkennbar. Der folgende Beitrag soll den derzeitigen Standpunkt in der Erfassung des Werbungskostenbegriffs ausleuchten.
Zehn Grundsatzthesen zum Werbungskostenbegriff
SteuerrechtPeter QuantschniggRdW 1992, 384 Heft 11 v. 1.11.1992
Inhalt
- 1. Der Abzug von Werbungskosten ist eine Funktion des Nettobegriffs. Der Inhalt des Werbungskostenbegriffs muß daher für alle betroffenen Einkunftsarten gleich sein.
- 2. Werbungskosten setzen Wertabgaben in Form von Geld oder geldeswerten Gütern voraus.
- 3. Der Werbungskostenbegriff ist nicht nur final, sondern auch kausal im Sinne eines Veranlassungsprinzips zu interpretieren.
- 4. Der Werbungskostenbegriff deckt sich grundsätzlich mit dem Betriebsausgabenbegriff.
- 5. Einschränkungen gegenüber dem Betriebsausgabenbegriff können sich im Hinblick auf die sachliche Reichweite der außerbetrieblichen Einkunftsarten bei Aufwendungen im Bereich des Vermögensstamms ergeben.
- 6. Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit oder Üblichkeit von Ausgaben (Aufwendungen) sind für den Werbungskostenabzug grundsätzlich nicht entscheidend.
- 7. Es ist kein Wesensmerkmal des Werbungskostenbegriffs, daß den Ausgaben (Aufwendungen) ein Gegenwert gegenübersteht. Auch vergebliche Ausgaben (Aufwendungen) können Werbungskosten sein.
- 8. Die Einstufung von unfreiwilligen Ausgaben (Aufwendungen) als Werbungskosten ist Ausfluß des Veranlassungsprinzips.
- 9. Werbungskosten können auch vor dem Erzielen von Einnahmen anfallen.
- 10. Werbungskosten sind grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen.
