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Kreditfinanzierter Liegenschaftsenverb - Wer trägt das Risiko der Veruntreuung durch den Treuhänder?

WirtschaftsrechtGeorg GrafRdW 1991, 283 Heft 10 v. 1.10.1991

1. Das Problem

Die folgenden Überlegungen beschäftigen sich kritisch mit drei E des OGH1)1) EvBl 1972/19, JBl 1981, 90 und JBl 1986, 508 = RdW 1985, 369., in denen das Höchstgericht eine Lösung für ein spezifisches Problem des Kreditvertragsrechts entwickelt hat. Alle E sind im Zusammenhang mit Krediten2)2)Die Ausdrücke „Darlehen“ und „Kredit“ werden im folgenden als wechselseitig austauschbar verwendet, da der Realvertragscharakter des Darlehens für die folgenden Überlegungen keine Bedeutung hat. ergangen, die zum Zwecke der Finanzierung eines Grundstückserwerbs durch den Kreditnehmer aufgenommen wurden. In allen Fällen erfolgte die Auszahlung der Kreditvaluta durch die Bank nicht direkt an den Kreditnehmer, sondern an einen Treuhänder3)3)Eine vollständige Diskussion aller relevanten Fragen, die im gegebenen Kontext nicht angestrebt wird, würde eine Erörterung der Rechtsstellung dieses Treuhänders voraussetzen. Da sich die folgenden Überlegungen jedoch auf die kreditvertragliche Problematik und vor allem das Problem der Vertragsauslegung beschränken, erscheint die Aussparung dieser Erörterung gerechtfertigt zu sein., meist einen Rechtsanwalt oder Notar, der von allen drei Parteien - also auch dem Verkäufer - damit beauftragt war, die Einverleibung des Eigentumsrechts des Käufers und des regelmäßig vereinbarten Pfandrechts der Bank zu bewirken und sodann dem Verkäufer den - teilweise oder gänzlich mit Hilfe des Kreditvertrages aufgebrachten - Kaufpreis auszufolgen4)4)Die Einschaltung eines Treuhänders findet ihren Grund hauptsächlich darin, daß eine strikte Zug-um-Zug Abwicklung der beiden involvierten Rechtsgeschäfte, die die jeweiligen Parteien davor sichert, trotz Vorleistung keine Gegenleistung zu erhalten, nicht (direkt) möglich ist: Eine Auszahlung der Kreditvaluta Zug-um-Zug gegen Einräumung des Pfandrechts würde das Eigentumsrecht des Kreditnehmers an der zu erwerbenden Liegenschaft voraussetzen, dessen Zug-um-Zug Erwerb jedoch seinerseits die - ohne Auszahlung der Kreditvaluta unmögliche - gleichzeitige Bezahlung des Kaufpreises voraussetzt. Durch die Einschaltung des Treuhänders wird eine Situation geschaffen, die - vorausgesetzt der Treuhänder hält sich an seine Anweisungen - den beteiligten Parteien eine ähnliche Sicherheit verschafft wie bei Zug-um-Zug Abwicklung: Der Verkäufer läuft nicht Gefahr, nach Zustimmung zum Eigentumsübergang auf den Käufer den Kaufschilling nicht zu erhalten, die Bank vermeidet das Risiko, die Kreditvaluta auszuzahlen ohne sodann das bedungene Pfandrecht einverleibt zu erhalten, der Käufer riskiert nicht, den aus eigenen Mitteln stammenden Teil des Kaufpreises ohne eine Gegenleistung zu erhalten zu leisten. Daneben ergibt sich aus der Abwicklung über den Treuhänder sicherlich eine in gewisser Weise bequemere Durchführung der Grundstückstransaktion..

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