I. Einleitung
Die auf europäischer Ebene − und im zunehmenden Maße auch in Österreich2 − verhängten Geldbußen für Verstöße gegen die Kartellrechtsregeln stellen ein substantielles finanzielles Risiko für Unternehmen dar, das sich nicht zuletzt durch die in Österreich unmittelbar bevorstehende Umsetzung der Schadenersatzrichtlinie und die damit bewirkte Erleichterung der Durchsetzung privatrechtlicher Schadenersatzansprüche aus Kartellrechtsverstößen nochmals beträchtlich verschärft.3 Dazu kommen kommerzielle Risiken in Form von Reputationsschäden, die sich auf bestehende oder künftige Kundenbeziehungen und im Falle von börsennotierten Unternehmen auch auf den Unternehmenswert auswirken können. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass unternehmensinterne Programme zur Beachtung kartellrechtlicher Regeln („Compliance-Programme“) zunehmend an Bedeutung gewinnen. Viele Unternehmen sind sich mittlerweile der mit Kartellrechtsverstößen einhergehenden Risiken bewusst und deshalb bestrebt, mithilfe von Compliance-Programmen die Grundlage dafür zu schaffen, Kartellrechtsverstöße von vornherein effektiv zu verhindern. Compliance-Programme dienen zwar primär der Prävention, reichen aber darüber hinaus. Neben der Risikovorbeugung spielen Compliance-Programme eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Schadensabwehr im Unternehmen. Zum einen sind sie ein wichtiger Faktor, um Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegen die Geschäftsführungsorgane zu vermeiden. Zum anderen spielen Compliance-Programme, wenn es zu einem Verstoß gegen die Kartellrechtsvorschriften gekommen ist, eine wichtige Rolle bei der Schadensminderung durch getroffene Abstellungs- und Sanierungsmaßnahmen infolge unternehmensinterner Untersuchungen („Kartellrechts-Audits“). Auf diesem Wege können Compliance-Programme – zumindest was die österreichische Praxis anbelangt – auch für die Bemessung kartellrechtlicher Geldbußen relevant sein und sich bußgeldmindernd auswirken.