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Keine Verfahrenshilfe bei Bagatelldelikten

Erkenntnisse des VwGHÖStZB 2010/84ÖStZB 2010, 134 Heft 5 v. 1.3.2010

VStG § 51a

SPG § 82 Abs 1

Die Voraussetzungen der Mittellosigkeit und des "Interesses der Verwaltungsrechtspflege" müssen bei Gewährung der Verfahrenshilfe kumulativ vorliegen (vgl E 26. 1. 2001, 2001/02/0012). § 51a VStG, der die sich aus Art 6 EMRK ergebenden Anforderungen an das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich der Gewährung der Verfahrenshilfe im nationalen Recht umsetzen soll, ist schon im Hinblick auf die gebotene verfassungskonforme Interpretation im Lichte der Rsp des EGMR auszulegen (vgl darüber hinaus den ausdrücklichen Verweis auf die Erfordernisse des Art 6 Abs 3 lit c EMRK in den RV der Nov zum VStG BGBl 1990/358, 1090 BlgNR 17. GP 18). Nach der Rsp des EGMR sind bei der Beurteilung der Notwendigkeit der Beigebung eines Verfahrenshelfers im Zusammenhang mit dem Kriterium der "zweckentsprechenden Verteidigung" primär die Bedeutung und Schwere des Delikts und die Schwere der drohenden Sanktion zu berücksichtigen (vgl EGMR 24. 5. 1991, 12744/87, Quaranta, § 33). Darüber hinaus ist insb die Komplexität des Falles ausschlaggebend, wobei auf die Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art (hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellung) Bedacht zu nehmen ist (vgl neuerlich EGMR 24. 5. 1991, 12744/87, § 34). Es ist daher darauf abzustellen, ob einem Beschuldigten eine schwerwiegende Sanktion droht und ob der betreffende Fall besondere Schwierigkeiten in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht birgt. Dies kann bei einer Übertretung nach § 82 Abs 1 SPG (agressives Verhalten gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht) verneint werden. Die als möglicher Grund für die Beigebung eines Verfahrenshelfers anerkannten "persönlichen Gründe" müssen sich auf die Situation des Beschuldigten zum Zeitpunkt der Tatbegehung beziehen und nicht auf seine allgemeine Fähigkeit seine Sache zu vertreten. Die "persönlichen Umstände" iSd Rsp müssen solche sein, die eine zweckentsprechende Verteidigung der Rechte des Beschuldigten im Verfahren ohne Beigebung eines Verteidigers nicht als gewährleistet erscheinen ließen. Der bloße Umstand, dass auch eine Bestrafung nach § 82 Abs 1 SPG eine Subsumtion des Sachverhalts unter die Norm erfordert, lässt schließlich die Rechtsfrage noch nicht zu einer schwierigen iSd zit Rsp des EGMR bzw der genannten Erk werden. Von einer generellen Notwendigkeit, den Antragsteller auf Verfahrenshilfe vor der Entscheidung über den Antrag nach § 51a Abs 1 VStG zu laden, kann keine Rede sein, wenn die für die Entscheidung des Falles erforderlichen Sachverhaltselemente der Beh im Zeitpunkt ihrer Entscheidung vorliegen. Das Fehlen der Mutwilligkeit allein nach § 51a VStG führt auch im Lichte des Art 6 Abs 3 lit c EMRK und der hiezu ergangenen Rsp noch nicht notwendigerweise zur Bewilligung der Verfahrenshilfe. Die im Vorstehenden dargestellten Beurteilungsgrundsätze sind vielmehr auch in

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