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„Rückwirkung“ der Normenkontrolle und MindestKöSt*)

RA und WP MMag. Dr. Rudolf JirovecÖStZ 1997, 55 Heft 3 v. 1.2.1997

Ausgangslage:

Wie schon die Diskussion anlässlich der Aufhebung der Bestimmungen der GrESt gezeigt hat, ist die Frage des Ausmaßes der Befugnis des VfGH, seinen Ausspruch mit rückwirkender Kraft auszustatten, gerade bei Prüfung und Aufhebung steuerrechtlicher Bestimmungen besonders aktuell1)1)Vgl beispielsweise dazu: Arnold, Aushöhlungstheorie und Erweiterung der Kreise der Anlassfälle als Gegenstand ungerechtfertigter Kritik, ZfV 1987, 133; Hausleitner, Summum ius, summa inuiria?, RdW 1987, 102 ff; Stelzer, „Rückwirkung“ und „Anlassfall“ im Normprüfungsverfahren, ÖStZ 1987, 119 ff nahm diesen Ausspruch des VfGH zum Anlass, die Anlassfallwirkung ausführlich abzuhandeln.. Die bisher eher restriktive Judikatur des VfGH, rückwirkend Normen aufzuheben, hat insbesondere GmbHs mit Unterstützung der Kammer der WT dazu veranlasst, zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der allseits bekannten MindestKöSt von 50.000 S jährlich für Kapitalgesellschaften derzeit (Ende 1996) etwa 11.000 Beschwerden (das ist ein Vielfaches des sonst üblichen jährlichen Anfalls an Bescheidbeschwerden von zuletzt 4.041 im Jahr 1995!) einzubringen. Unabhängig von den verwaltungstechnischen Schwierigkeiten der Bewältigung einer derartigen Beschwerdeflut, die zweifellos gesetzgeberische Überlegungen erfordern, gibt diese Situation, welche durch die „Anlassfallproblematik“ bedingt ist, abermals Grund zur juristischen Diskussion zu Fragen der Normenkontrolle2)2)Zu Fragen der Normenkontrolle siehe insbesondere Haller, Die Prüfung von Gesetzen (1979); Ringhofer, Über die Wirkung des verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses im Normprüfungsverfahren, nach den Art 139 und 140 B-VG, ÖVA 1987, 109, sowie auch Arnold, Probleme der Anlassfälle vor Höchstgerichten, ZfV 1989, 230; Barfuß, Neue Entwicklungen in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, ÖJZ 1989, 673, Jirovec, Gewerbeverfahren und Normenkontrolle, RdW 1991, 137; Laurer, Zeitliche Aspekte der Aufhebung von Gesetzen und Verordnungen durch den VfGH, FS-Walter (1991), 405 und die bei Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts8, vor RZ 1103 zit Lit., wie dies schonBruckner 3)3)Mindestkörperschaftsteuer: VfGH leitet Gesetzesprüfungsverfahren ein, Sonderdruck zur ÖStZ 24/1996, 2 (4). Maßgeblichen Beitrag dazu hatte zweifellos Briem, Musterbeschwerde zur Mindestkörperschaftsteuer, ÖStZ 1996, 473. mit Recht anregt. Dazu kommt die Frage, wie der Ausspruch des VfGH im konkreten Einleitungsbeschluss zu§ 24 Abs 4 und § 26a Abs 5 KStG (VfGH 27. 11. 1996, B 2909/96-7, B 2947/96-7, B 2959/96-9 und B 2962-7. G-Verfahren: G 388-391/96) zu verstehen ist, wonach der Gerichtshof „von der Ermächtigung nach Art. 140 Abs 7 B-VG Gebrauch machen“ wird und „er beabsichtigt, die Anlassfallwirkung auch auf bereits entschiedene Verwaltungssachen zu erstrecken“, und wie er gegebenenfalls entscheiden könnte. Dies soll im Folgenden behandelt werden.

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