Die Frage, wo bei der Auslegung nationalen Umsetzungsrechts die Grenze zwischen zulässiger richtlinienkonformer Rechtsfindung und verbotenem Contra-legem-Judizieren zu finden ist, wird bis heute kontrovers diskutiert. Dass es solche Grenzen gibt, ist anerkannt; wo sie verlaufen, ist umstritten. Da es um das Verständnis und die Anwendung nationalen Rechts geht, hat bereits der EuGH mehrfach ausgesprochen, dass die methodischen Vorgaben des jeweiligen nationalen Rechts zu beachten sind. Im vorliegenden Beitrag (FN ) wird (nochmals) besondere Betonung auf die weitestgehend anerkannte Lex-lata-Grenze gelegt sowie der - in der Diskussion leider oftmals ignorierte - Schutz des Vertrauens auf eine vom nationalen Gesetzgeber genauso wie formuliert gewollte Vorschrift betont. Der 3. Senat des OGH ist diesem Ansatz im April 2022 ausdrücklich gefolgt; der 5. Senat hat sich dem wenig später angeschlossen.