vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Widerstreitende Druckprivilegien vor dem Reichshofrat – Ein erfolgreicher Vergleich vor dem Frankfurter Bücherkommissar im Jahre 1744

UrheberrechtThomas GergenMedien und Recht 2018, 324 Heft 7 und 8 v. 20.12.2018

1597 war eine kaiserliche Bücherkommission in Frankfurt am Main eingesetzt worden, deren Aufgabe es war, genau zu überprüfen, ob die auf den Frankfurter Buchmessen angebotenen Schriften ordnungsgemäß zensiert wurden;1)1)Jürgen Wilke, Presse und Zensur, in: Klaus Beyrer/Martin Dallmeier (Hg.): Als die Post noch Zeitung machte. Eine Pressegeschichte, Gießen 1994, S. 148–156, insbes. S. 149–150. Zu Aufgaben und Kompetenzen der Frankfurter Bücherkommission siehe ausführlich Ulrich Eisenhardt, Die kaiserliche Aufsicht über Buchdruck, Buchhandel und Presse im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (1496–1806). Ein Beitrag zur Geschichte der Bücher- und Pressezensur, Karlsruhe 1970, S. 64–92; vgl. zur Literatur und der Rolle der aus dem Archiv gearbeiteten Fälle vor dem Reichshofrat: Gergen, Steinbüchel versus Witwe Hamacher vor dem Reichshofrat – Zum Problem der Ähnlichkeit von Schriftwerken bei Druckprivilegien, in: Albrecht Götz von Olenhusen/Thomas Gergen (Hg.): Kreativität und Charakter. Recht, Geschichte und Kultur in schöpferischen Prozessen, Festschrift für Martin Vogel zum siebzigsten Geburtstag, Hamburg 2017, S. 65-84. Zensur und Privilegienerteilung zum Schutz vor Nachdruck (privilegia impressoria) bildeten bekanntlich ein Junktim. Der kaiserliche Bücherkommissar machte den Inhalt der kaiserlichen Schutzbriefe bekannt ("Insinuation"). Überdies erreichten ihn vielfach Anweisungen von Seiten des Reichshofrats in Wien, so etwa verbotene Bücher zu beschlagnahmen2)2)Oswald von Gschliesser, Der Reichshofrat. Bedeutung und Verfassung, Schicksal und Besetzung einer obersten Reichsbehörde von 1559 bis 1806, Wien 1942, S. 65-66; Eisenhardt, Aufsicht, S. 3. oder wie in folgendem Fall, einen Ausgleich zwischen den Interessen zweier Parteien zu finden, die sich um die Schutzbereiche zweier konkurrierender Privilegien stritten. Auf Geheiß des Reichshofrates bemühte sich der Bücherkommissar erfolgreich um einen Vergleich, der aus verschiedenen Gründen interessant ist. So lotete der Bücherkommissar die Interessen der Parteien unmittelbar vor Ort aus und erreichte einen Parteikonsens, ohne dass die Privilegien aufgehoben werden mussten.3)3)So auch zwei Beispiele, bei denen der Reichshofrat selbst die Parteien zu einem Ausgleich anhielt, gewissermaßen Mediation betrieb, siehe Gergen, Mediation und Translation im Recht des Geistigen Eigentums. Wirtschaftsmediation mit Schwerpunkt Deutschland und Luxemburg (Denkart Europa. Schriften zur europäischen Politik, Wirtschaft und Kultur 23), Baden-Baden 2015, S. 36-40; ders, Kriterien für die Privilegienerteilung gegen den Büchernachdruck: Kannte der Reichshofrat ein Prüfungsschema für privilegia impressoria et medica? In: UFITA II/2015, S. 487-516. Dabei stand das Urheberrecht des Autors der Werke, Samuel von Stryk, überhaupt nicht im Mittelpunkt,4)4)Elmar Wadle: Privilegien für Autoren oder für Verleger? Eine Grundfrage des Geistigen Eigentums in historischer Perspektive. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung = ZRG GA 124 (2007), S. 144-166; Gergen, Jüngste Entwicklungslinien in der Urheberrechtsgeschichte – das "Gesetz zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung" vom 1. März 2017 (gemeinsam mit S. Kucharski), in: Journal on European History of Law 8/2 (2017), S. 123-139. sondern es ging allein um die Regulierung des Büchermarktes und den Erhalt geschaffener volkswirtschaftlicher Werte, d.h. um bereits gedruckte oder im Druck befindliche Bücher; die Akte findet sich in den "Judicialia latina" und spielt hauptsächlich im Jahre 1744.5)5)Haus-, Hof- und Staatsarchiv (= HStA) Wien, Reichshofrat=RHR Judicialia latina = Jud.lat. 64/4. Es handelt sich um eine 26 Folien starke Akte.

Sie möchten den gesamten Inhalt lesen?

Melden Sie sich bei Lexis 360® an.
Anmelden

Sie haben noch keinen Zugang?
Testen Sie Lexis 360® zwei Wochen kostenlos!
Jetzt testen!