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Heinrich Geiselberger/Tobias Moorstedt, Big Data. Das neue Versprechen der Allwissenheit. Suhrkamp. edition unseld 2013. ISBN: 978-3-518-06453-5. 309 Seiten, 14,00 €.

RezensionenElisabeth StaudeggerjusIT 2013/113jusIT 2013, 240 Heft 6 v. 13.12.2013

Heinrich Geiselberger (Lektor bei Suhrkamp) und Tobias Moorstedt (Journalist in München) legen im Oktober 2013 einen weiteren Band zu Big Data vor, einen Sammelband, in dem sich in zwei getrennten Teilen mehr als 20 AutorInnen auf verschiedene Art und Weise mit dem Thema befassen. Teil 1 steckt die Akteure und Felder "in eher journalistischen Beiträgen und Interviews" ab, Teil 2 versucht, dem Thema in ausgewählten Essays nachzugehen. Ein Glossar (S 295 ff) erleichtert das Lesen, die Beschreibung der AutorInnen am Ende des Bandes macht die Breite der Anschauungen nochmals deutlich. Barbara Junge, "Wer hat meine Daten?" (S 21), beschreibt den Selbstversuch, Auskunft zu erhalten, was Acxiom, Amazon und Facebook über sie wissen, und spricht idZ vom "Kunden-Genom" (S 27). Tobias Moorstedt, "Obamas Datenakrobaten" (S 35), beschreibt den Einsatz von Big Data im US-Präsidentschaftswahlkampf 2012 und bemerkt dabei nebenher: "Keine Ahnung, ob Gott noch lebt. Aber der Zufall ist tot" (S 45). Jakob Schrenk fragt in einem Gespräch mit dem Senior Analyst der Fa. Amisco/Prozone in Anlehnung an ein Rummenigge-Zitat "Ist Fußball etwa doch Mathematik?" (S 55) und Michael Moorstedt definiert als Foucault’sche Technik des Selbst das "Erscanne Dich selbst!" (S 67), gesteht nach der exzessiven Selbstvermessung jedoch ehrlich ein, die Fragen vergessen zu haben (insoweit bereits von Douglas Adams mit "42" vorweggenommen). Jörg Häntzschel beschreibt die "Datenbergwerker" am Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme und am MIT (S 77) und den grundlegenden concept drift, der hier gerade stattfindet. Tobias Moorstedt analysiert in einem Gespräch mit Cameron Marlow "WWWissenschaft" (S 90) und erfährt vom Haussoziologen Facebooks, Freundschaft bedeute (letztlich wenig überraschend) "den gegenseitigen Wunsch, mehr über einander zu erfahren" (S 95). Gerhard Lauer, "Die Digitale Vermessung der Kultur" (S 99), erkennt in den Digital Humanities geradezu topische Bescheidenheitsrhetorik (S 101) und sieht letztlich das Erfordernis eines Zusammenschlusses mit Open Access- und Creative Content-Initiativen. In den Essays befassen sich die AutorInnen ua mit dem Ende der Theorie (Chris Anderson S 124), Big Data-Mythen (Dietmar Offenhuber/Carlo Ratti S 149) und der digitalen Glaskugel (David Weinberger S 219) und scheuen auch nicht vor Provokationen zurück (danah boyd/Kate Crawford S 187). Hier interessiert aber insb der Beitrag von Thilo Weichert, dem Juristen und Datenschutzbeauftragten des Landes Schleswig-Holstein (S 131), der Big Data wissend als "Herausforderung für den Datenschutz" bezeichnet. Er skizziert die grundlegenden Kriterien des Datenschutzes (Einwilligung, Rechtmäßigkeit, Zweckbindung, Erforderlichkeit, Betroffenenrechte, Datenschutzkontrolle und Datensicherheit) und sieht mögliche Lösungsansätze in Anonymisierung und Aggregierung, einem adaptierten Verarbeitungsmanagement und Transparenz. Letztlich verortet er enormen Forschungsbedarf im Bereich der Datenschutzverträglichkeit von Big Data Technologien (S 146).

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