Abstract: Der Beitrag analysiert einerseits, inwieweit die Nachhaltigkeits-Herausforderung in Demokratien mit der Einführung eines Kinderwahlrechts effektiv beantwortet werden kann, und andererseits, inwieweit sich dies nahtlos in die Textur der österreichischen Verfassungsdogmatik einfügen ließe. Wie wir sehen werden, sind die auftauchenden Fragen der Kompatibilität mit den Wahlrechtsgrundsätzen (insb des gleichen und persönlichen Wahlrechts) rechtsdogmatisch alle lösbar (wenn auch eine entsprechende Änderung des Art 26 B-VG notwendig wäre), wenn wir die Rechtsfähigkeit und die Geschäftsfähigkeit im Bereich der Grundrechte voneinander begrifflich unterscheiden – auch wenn dies zuerst kontraintuitiv klingt. Das Kinderwahlrecht würde sowohl mit der EMRK, als auch mit der bundesverfassungsrechtlichen Grundordnung (gemäß Art 44 Abs 3 B-VG) in Einklang stehen. Die Einführung des Kinderwahlrechts wäre allerdings eine nicht sehr effektive Antwort auf die Nachhaltigkeits-Herausforderung. Es könnte zwar als ein kleiner Schritt in die richtige Richtung angesehen werden, aber zum Schutz der Nachhaltigkeit sind auch schon bessere verfassungsrechtliche Lösungen bekannt. Als Gedankenexperiment hat es vor allem den rechtsdogmatischen Nutzen, dass es noch einmal den begrifflichen Unterschied zwischen Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit im Bereich der Grundrechte hervorhebt.