I. Einleitung
Der Beitritt zur Europäischen Union war in Österreich nicht nur politisch umstritten, sondern auch Gegenstand einer lebhaften rechtlichen Diskussion. Einen bemerkenswerten Beitrag dazu hat Alfred Noll in seiner Schrift „Neutralität-Staatsvertrag-EG-Beitritt“ geleistet, in der er den „Bericht der Bundesregierung über die zukünftige Gestaltung der Beziehungen Österreichs zu den EG“1 einer eingehenden Kritik unterzog. Das Spektrum seiner kritischen Anmerkungen umfasste die Auswirkungen eines EU-Beitrittes auf die österreichische Neutralität, das Anschlussverbot in Art 4 des Staatsvertrages von Wien sowie das Verhältnis zwischen österreichischer und europäischer Wirtschaftsverfassung. Besonderes Augenmerk widmete Alfred Noll aber auch der österreichischen Souveränität, die im demokratischen Grundprinzip der Verfassung ihren Ausdruck findet. Dabei schloss er sich nicht nur der bereits damals herrschenden Auffassung an, dass ein Beitritt zur EU eine Gesamtänderung der Verfassung bedeutete und einer Volksabstimmung gemäß Art 44 Abs 3 B-VG zu unterziehen war. Er hielt überdies eine solche Gesamtänderung im Hinblick auf die Garantie der Demokratie in Art 8 des Staatsvertrages für Wien für unzulässig, weil seines Erachtens diese Bestimmung das demokratischen Grundprinzips idF des B-VG 1920 auch völkerrechtlich verbürgte.2