Abgrenzung von Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis
OGH 5. 5. 2009, 1 Ob 258/08k
Bei der Abgrenzung von Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis kommt es darauf an, ob der Erblasser dem betreffenden Miterben den Mehrwert zusätzlich zu seinem Erbteil zuwenden wollte (Vorausvermächtnis) oder ob er eine Wertverschiebung dadurch ausschließen wollte, dass der Bedachte den übrigen Miterben einen entsprechenden Wertausgleich zu leisten hat (Teilungsanordnung). Entscheidender Gesichtspunkt für die Auslegung ist die vom Erblasser gewollte wertmäßige Verteilung des Nachlasses, also ob der Erblasser den betreffenden Miterben wertmäßig begünstigen wollte. Kann sich der Richter von dem bei der Errichtung des Testaments vorhandenen wirklichen Willen des Erblassers nicht überzeugen, so hat er Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis notfalls nach allgemeinen Testamentsauslegungsregeln danach voneinander abzugrenzen, wie es dem mutmaßlichen Erblasserwillen am ehesten entspricht. War dem Erblasser bewusst, dass mit der Zuweisung eines bestimmten Gegenstands an einen Miterben ein objektiver Vermögensvorteil verbunden ist, so spricht dies für einen entsprechenden Begünstigungswillen und damit für ein Vorausvermächtnis. Kann ein Begünstigungswille deswegen nicht festgestellt werden, weil der Erblasser den Vermögensvorteil nicht erkannte, so muss durch ergänzende Testamentsauslegung der hypothetische Wille ermittelt werden. Das Schweigen des Testaments spricht hier für die Festlegung einer Ausgleichspflicht und damit für eine Teilungsanordnung (Heldrich in MünchKomm BGB [2004], § 2048 Rz 16 mwN, insbesondere zur Rechtsprechung des BGH; Werner in Staudingers Kommentar zum BGB, § 2048 Rz 7 mwN).