Einleitung
Österreich ist ein Vertragsstaat des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte Behinderter (UN-BRK).1)) Art 12 UN-BRK mit dem Titel „Equal recognition before the law“ verpflichtet Österreich zur Gleichberechtigung von Personen mit und ohne Behinderung in den Bereichen der Rechts- und Handlungsfähigkeit. Der UN-Ausschuss erkannte im damals bestehenden System der konstitutiven Beschränkung der Handlungsfähigkeit durch die Vertretung erwachsener, psychisch Kranker einen Widerspruch zu Art 12 UN-BRK.2)) Aus diesem Grund wurden mit der Erwachsenenschutz-Novelle im Jahr 2018 die gesetzlichen Grundlagen zum Umgang mit behinderten Personen umfassend geändert. Die Vertretung an sich wurde zwar nicht aufgehoben,3)) jedoch wurde die konstitutive Beschränkung in § 280 Abs 1 ABGB aF, die das rechtsgeschäftliche Handeln der vertretenen Person im Wirkungsbereich ihres Vertreters untersagte, abgeschafft. Dies wurde als wesentliche Errungenschaft gewürdigt.4)) Gleichzeitig wurde mit der Novelle sichergestellt, dass die vertretene Person auch weiterhin nicht selbstständig vor Gericht handeln kann. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Unvereinbarkeit der konstitutiven Beschränkung im österreichischen Verfahrensrecht mit der UN-BRK sowie der Frage der Konformität mit dem nationalen Verfassungsrecht (insbesondere Art 6 EMRK).