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Folgenlose Gesetzesnovellen? Vier Jahre Recht auf Licht und nach wie vor viel Schatten

Korrespondenzo. Univ.-Prof. Dr. Peter BydlinskiJBl 2008, 334 Heft 5 v. 1.5.2008

1. Bei manchen Novellen war bereits zum Zeitpunkt ihrer Verabschiedung absehbar, dass sie ohne nennenswerte praktische Auswirkungen bleiben würden. Das gilt etwa für die vor 20 Jahren neu eingeführten §§ 285a und 1332a ABGB, mit denen auch zivilrechtlich den Besonderheiten von (Haus-)Tieren Rechnung getragen werden sollte. Bei der hier thematisierten Norm, § 364 Abs 3 ABGB, die im Zuge des Zivilrechts-Änderungsgesetzes 2004 (BGBl I 2003/91) zum 1.7.2004 in Geltung gesetzt wurde, waren die Prognosen keineswegs vergleichbar negativ. Ganz im Gegenteil: Mit der lange vorbereiteten Regelung des "Rechts auf Licht" wurden große Erwartungen verbunden. Diese spiegelten sich auch in einer - für Österreich durchaus nicht selbstverständlichen - Flut wissenschaftlicher Beiträge wider, in denen die neuen nachbarrechtlichen Vorschriften ausgelotet wurden. Etwas länger musste man auf die ersten gerichtlichen Verfahren warten. Nach fast vier Jahren ist die Bilanz ziemlich ernüchternd. Zwar wurden mit der Zeit immer mehr Fälle bis vor den OGH getragen. Allein im Jahre 2007 war das Höchstgericht sechsmal mit dem Untersagungsanspruch befasst (RS0121872); zum Teil äußerte es sich zu den Rechtsfragen sehr ausführlich (so insb in 8 Ob 99/06a, JBl 2007, 712 = EvBl 2007/83). Dabei konnten auch manch wichtige Klärungen in Detailfragen erreicht werden: So wurde mE ganz zu Recht ausgesprochen, dass auch vor dem 1.7.2004 erfolgte Pflanzungen von der neuen Bestimmung erfasst sind; ebenso, dass die Grundstücke von Kläger und Beklagtem nicht zwingend unmittelbar aneinander grenzen müssen (jeweils in 8 Ob 99/06a, JBl 2007, 712; 10 Ob 60/06f, in diesem Heft der JBl 2008, 312). Schließlich wurde - wiederum beifallswert - vertreten, dass der Eigentümer des Grundstücks mit den störenden Bäumen auch dann nach § 364 Abs 3 ABGB in Anspruch genommen werden könne, wenn die Liegenschaft mit einem Fruchtgenussrecht belastet ist, und dass das Selbsthilferecht gemäß § 422 ABGB hinsichtlich überhängender Äste den Untersagungsanspruch nach § 364 Abs 3 ABGB nicht zwingend ausschließe (4 Ob 196/07p, in diesem Heft der JBl 2008, 315). Doch kein einziges Mal bejahte der OGH das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen. Zuletzt wurden bereits Revisionen wegen Fehlens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückgewiesen (10 Ob 87/07b und 8 Ob 116/07b, jeweils zur Konkretisierung des Begriffs der Unzumutbarkeit; ebenso 6 Ob 51/07d, wobei es dort allerdings nur um die - in der Vorjudikatur bereits vielfach bejahte - Frage ging, ob sich der Erwerber einer Liegenschaft [hier: Grundstück mit Sägewerksgebäude inmitten eines Waldgebiets] mit den im konkreten Gebiet vorkommenden Immissionen abfinden müsse; kritisch zur Kernaussage des OGH allerdings etwa P. Bydlinski, JBl 2004, 86, 89 sowie Oberhammer in Schwimann3 § 364 Rz 29 aE).

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