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Die Leitung der Aktiengesellschaft durch den Vorstand

AufsätzeUniv.-Prof. Dr. Dr. hc. Rudolf StrasserJBl 1990, 477 Heft 8 v. 1.8.1990

I. Einleitung

Jede werbende Aktiengesellschaft (AG) muß einen Vorstand haben. Daraus ergibt sich die Verpflichtung zur Bestellung eines Vorstandes. Adressat dieser Anordnung ist der Aufsichtsrat (AR) (§ 23 Abs 2, § 75 Abs 1 AktG); indirekt sind es die Gründer, die für die erste AR-Bestellung (§ 23 Abs 1 AktG), und später die Hauptversammlung (HV), die für das Vorhandensein eines funktionsfähigen AR zu sorgen haben (§ 87 AktG). Verletzungen dieser Verpflichtung können in bezug auf den AR Schadenersatzfolgen haben1)1)Zur Haftung des Aufsichtsratsmitglieds vgl § 99 iVm § 84 AktG; Geppert–Moritz, Gesellschaftsrecht für Aufsichtsräte (1979) 427 ff; Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts4 (1983) 206 f; Schiemer, Handkommentar zum Aktiengesetz2 (1986) 419 ff; Schneider, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Organe einer Aktiengesellschaft, ÖJZ 1986, 130; OGH EvBl 1978/4.. Obwohl § 21 AktG die Errichtung der Gesellschaft von der Übernahme aller Aktien durch die Gründer abhängig macht, ist in Wahrheit die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister (HR) (§ 28 Abs 1 AktG) die für das Entstehen maßgebende Voraussetzung2)2)Vgl § 34 Abs 1 S 1 AktG; Hämmerle–Wünsch, Handeslrecht II3 (1978) 250; Geppert–Moritz, Gesellschaftsrecht für Aufsichtsräte 84; Kastner, Grundriß 172; Schiemer, AktG2, 113; Jabornegg, Die Aktiengesellschaft als juristische Person, GesRZ 1988, 184 ff.. Daraus aber wieder folgt, daß (auch) die Bestellung des Vorstandes Voraussetzung für das Entstehen der Gesellschaft ist (§ 28 Abs 1, § 32 Abs 1 AktG)3)3)Vgl Teichmann–Köhler, Aktiengesetz2 (1939) Anm 1 zu § 28; Schlegelberger–Quassowski, Aktiengesetz3 (1939) Anm 1 zu § 76; Meyer-Landrut in Großkommentar zum Aktiengesetz3 I/2 (1973) Anm 5 zu § 76.. Dies folgt übrigens auch aus der Pflicht des Vorstandes zur Gründungsprüfung (§§ 25 ff AktG)4)4)Vgl Schlegelberger–Quassowski, AktG3 (1939) Anm 2 zu § 75; zur Gründungsprüfung vgl Hämmerle–Wünsch, Handelsrecht II3, 249 f; Kastner, Grundriß 171; Schiemer, AktG2, 80 ff.. Auf der anderen Seite ist das Vorhandensein eines Vorstandes nicht Voraussetzung für das Bestehen einer Gesellschaft. Oder anders ausgedrückt, der Wegfall des Vorstandes (zB durch dessen Rücktritt oder Enthebung) stellt keinen Endigungsgrund für die Gesellschaft dar5)5)Vgl Meyer-Landrut in GroßK zum AktG I/23 Anm 5 zu § 76. Zu den einen solchen Endigungsgrund gerade nicht vorsehenden gesetzlichen Auflösungsgründen und den nur sehr eingeschränkt zulässigen Auflösungsgründen aus Satzung vgl Hämmerle–Wünsch, Handelsrecht II3, 347 ff; Kastner, Grundriß 248 f; Schiemer, AktG2, 784 ff.. Im Gegenteil, aus einer solchen Situation erwächst für den AR die Verpflichtung, (unverzüglich) für eine sofortige Bestellung des Vorstandes zu sorgen. Unter Umständen ist die Bestellung durch das Gericht zu beantragen (§ 76 AktG). Antragsberechtigt ist in diesem Fall – dies

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