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Zum Ersatz des die Vertragsstrafe übersteigenden Schadens im Handelsrecht

AufsätzeUniv.-Ass. DDr. Arthur WeilingerJBl 1989, 356 Heft 6 v. 1.6.1989

I. Einleitung und Problemstellung

Die Vertrags- oder Konventionalstrafe ist eine Leistung, die der Schuldner dem Gläubiger für den Fall der Nicht- oder Schlechterfüllung verspricht1)1) Wolff in Klang VI2, 184; Ehrenzweig, System II/12, 191; Ehrenzweig–Mayrhofer, Schuldrecht Allgemeiner Teil3 (1986) 214 f; Gschnitzer, Schuldrecht Allgemeiner Teil (1965) 27; Koziol–Welser, Grundriß I8 (1987) 200; Steinbauer, DRdA 1984, 154; OGH in HS 9276 und RZ 1976/90 ua.. Sie dient vor allem dem vereinfachten Ausgleich von Nachteilen, die dem Gläubiger aus der Vertragsverletzung entstehen2)2) Ehrenzweig–Mayrhofer aaO 215. Wenn gesagt wird, daß die Konventionalstrafe die rechtsgeschäftlichen Pflichten der Hauptvereinbarung verstärken soll, wie dies zT in der Literatur betont wird (Koziol–Welser, Grundriß I8, 198 ff; Ehrenzweig–Mayrhofer 215), so trifft dies nur dann zu, wenn die Vertragsstrafe eine vor leichtfertiger Vertragsverletzung abschreckende Höhe erreicht.; sie ist somit ein pauschalierter Schadenersatz, der im konkreten Fall schwierige Schadensberechnungen ersparen soll3)3)„Anstatt“ des nach Schadenersatzrecht zu vergütenden Nachteils (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 1336; EvBl 1962/513 = Arb 7587; EvBl 1976/194; ZAS 1984, 107 mit Anm Kohlmaier ua)., und gebührt nach hM auch dann, wenn kein Schaden eingetreten ist4)4) Koziol–Welser, Grundriß I8, 200; Ehrenzweig–Mayrhofer aaÖ 215; Reischauer in Rummel, Rz 5 zu § 1336 mwN; OGH in EvBl 1962/307; JBl 1968, 567; SZ 25/272 = JBl 1953, 296; SZ 42/57; HS 1576; HS 6254; HS 9274; JBl 1974, 368; aA Wolff in Klang VI2, 185.. Jedoch ist eine vom Schuldner als übermäßig erwiesene Vertragsstrafe vom Richter zu mäßigen (§ 1336 Abs 2 ABGB)5)5) Wolff in Klang VI2, 189; Koziol–Welser, Grundriß I8, 201; Lindacher, Konventionalstrafe und „Vergütungsbetrag“, JBl 1973, 135. – Auch in anderen Gesetzen ist ein Mäßigungsrecht vorgesehen: s zB § 38 AngG (s jüngst OGH in ZAS 1988, 132 mit Anm Weilinger), § 38 GAngG, § 27 Abs 4 SchauSpG; so aber auch § 29 KartG 1988, wonach auf eine Konventionalstrafe, die in einem Kartellvertrag versprochen worden ist, § 348 HGB keine Anwendung findet – s Punkt V., worauf nicht verzichtet werden kann6)6) Reischauer in Rummel, Rz 12 zu § 1336 mwN; Ehrenzweig–Mayrhofer aaO 218. Selbst für einen Minderkaufmann ist sie unverzichtbar (JBl 1976, 487 = HS 9291; SZ 54/186).. Gem § 348 iVm § 351 HGB unterliegt eine Vertragsstrafe, die von einem Vollkaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes versprochen worden ist, zwar nicht dem richterlichen Mäßigungsrecht nach § 1336 Abs 2 ABGB7)7)Der Schuldner, der Kaufmann ist, hat nach überwiegender Rspr zu beweisen, daß er Minderkaufmann ist, wenn er Mäßigung begehrt (RZ 1960, 121; EvBl 1979/201; SZ 54/186; s auch Reischauer in Rummel, Rz 7 zu § 1336 mit Angabe gegenteiliger E; s auch HS 5245 mwN).; sie ist aber nach allgemeinen Grundsätzen dann zu mäßigen, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt (§ 879 ABGB)8)8)Sittenwidrig ist eine Vertragsstrafe, wenn sie das wirtschaftliche Verderben des Schuldners bewirken oder seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit übermäßig beeinträchtigen könnte oder wenn schon bei einer nur geringfügigen Fristüberschreitung eine hohe Strafe verwirkt wäre. Es müßte ein offensichtlich unbegründeter Vermögensvorteil für den Gläubiger vorliegen, der dem Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht oder gegen oberste Rechtsgrundsätze verstößt (s zB HS 9276 und Krejci in Rummel, Rz 120 zu § 879, beide mwN)..

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