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Die Verjährung des Anspruchs auf den Schenkungspflichtteil; entwickelt aus ihren Grundlagen

AufsätzeUniv.-Prof. Dr. Fritz RaberJBl 1988, 137 Heft 3 v. 1.3.1988

A) Fragestellung

Das Pflichtteilsrecht des Noterben ist ein Kompromiß zwischen der völligen Testierfreiheit des Erblassers und der reinen Familienerbfolge, wie sie im alten deutschen Rechtssprichwort „Wer will wohl und selig sterben, der lasse sein Gut den rechten Erben“1)1)Vgl E. Graf–M. Dietherr, Deutsche Rechtssprichwörter2 (1869) 206; vgl auch A. Wacke, in: Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte III (1984) sv Pflichtteilsrecht Sp 1737 ff. zum Ausdruck kam. Der Noterbe, der sich in seinem Pflichtteilsrecht verletzt erachtet, kann seinen schuldrechtlichen Anspruch2)2)Hofdekret vom 31.1.1844, JGS 1844 Nr 781: „Der Noterbe hat nach dem § 784 ABGB keinen Anspruch auf verhältnismäßigen Anteil an den einzelnen, zur Erbschaft gehörigen beweglichen und unbeweglichen Sachen, sondern nur auf den nach gerichtlicher Schätzung berechneten Wert seines Erbteiles.“ auf den ihm gebührenden Pflichtteil vor der Einantwortung gegen den Nachlaß, danach gegen die Erben geltend machen3)3) Welser in Rummel, Kommentar zum ABGB I (1983) §§ 762 bis 764 Rz 15.. Einen Kompromiß wählte der Gesetzgeber auch, wenn der Noterbe Schenkungen des Erblassers in Anschlag bringen kann (§ 785 ABGB). Mit der Schenkungsanrechnung wird nämlich in den Grundsatz, durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden mit endgültiger Wirkung frei über sein Vermögen verfügen zu können, eingegriffen: Denn werden Schenkungen in Anschlag gebracht und reicht der Nachlaß zur Deckung des dann ermittelten Pflichtteiles nicht aus, so ist wegen des Fehlbetrages dem verkürzten Noterben das Geschenk auf Verlangen herauszugeben. Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des Fehlbetrages abwenden

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