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Die Verbotsirrtumsregelung des § 9 StGB im Widerstreit von Schuld und Prävention*)*)Der Text gibt einen Vortrag wieder, den der Verf auf Einladung der Österreichischen Gesellschaft für Strafrecht und Kriminologie und der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien am 27.11.1980 in Wien gehalten hat.

AufsätzeUniv.-Prof. Dr. Hans-Joachim RudolphiJBl 1981, 289 Heft 11 und 12 v. 6.6.1981

I.

Der römisch-rechtliche Grundsatz „error iuris nocet“, dh „Unkenntnis des Rechts schützt vor Strafe nicht“ hat die österreichische und deutsche Strafrechtsentwicklung bis tief in unser Jahrhundert hinein maßgebend geprägt. Weder das österreichische Strafgesetz von 1852 noch das deutsche Strafgesetzbuch von 1871 enthielten Bestimmungen über den Verbotsirrtum. Es ist daher nicht verwunderlich, daß das deutsche Reichsgericht bis 1945 und der österreichische OGH sogar bis 1974 dem Verbotsirrtum grundsätzlich jede strafrechtliche Relevanz absprachen. Eine Ausnahme machten beide Gerichte nur für den sog außerstrafrechtlichen Irrtum. Dagegen hielten sie an der Unbeachtlichkeit des Irrtums über die strafrechtlichen Verbote und Gebote trotz heftigster Kritik der Wissenschaft fest1)1)Vgl dazu für das österr Recht Nowakowski, Das österr Strafrecht in seinen Grundzügen (1955) 72 f; Platzgummer, JBl 1971, 240, und Baumann, Allgemeiner Teil8 (1977) 419 f, jeweils mwN.. Ein Wandel wurde in Deutschland erst durch die berühmte Verbotsirrtumsentscheidung des Bundesgerichtshofes im Jahre 19522)2)BGHSt 2, 194. vollzogen. Sie erkannte die strafrechtliche Relevanz des Verbotsirrtums erstmals generell an und qualifizierte den Verbotsirrtum im Anschluß an die Schuldtheorie zwar nicht als Vorsatzausschließungsgrund, wohl

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