I. Problemstellung
In welchem Geiste sollte man ein großangelegtes Gesetz zu einem Problem, das alle Länder mit annähernd vergleichbarer kultureller Entwicklung und Gesellschaftsstruktur in ähnlicher Weise betrifft, im Ausland vorstellen? Rechtsvergleichung ist kaum sinnvoll zu einem Zeitpunkt, an dem eine der Rechtsordnungen von sich sagt, sie habe soeben „überholte Rechtsnormen der sozialen Wirklichkeit und den sozialen Bedürfnissen“ angepaßt1), so daß die andere Rechtsordnung, mit der ein Vergleich erwartet werden könnte, nunmehr einer anderen Epoche entstammt2). Ob die Reform in Deutschland rechtspolitisch richtige oder falsche Wege gegangen ist, was zur Zeit noch durchaus umstritten ist3), wird jenseits der Grenzen ebenfalls weniger interessieren. Anders steht es insoweit möglicherweise mit den Folgen, die die Entscheidung für die eine oder andere Lösung im allgemeinen bürgerlichen und speziell im Personenrecht auslösen könnte oder bereits zur Folge gehabt hat. Nun wirken natürlich neue Vorschriften je nach dem Zusammenhang, in den sie gestellt werden, ganz verschieden, so daß gerade in dieser Hinsicht die Studien zu einer anderen Rechtsordnung die eigenen Entschlüsse nicht notwendig beeinflussen müssen. Deshalb können und müssen im Gespräch zwischen den Juristen zweier Länder, in denen über die Reform des Scheidungsrechts nachgedacht wird, die Einzelheiten insoweit zurücktreten, als sie nicht geeignet sind, Zeugnis vom Geist und von den grundlegenden Richtigkeitsvorstellungen des neuen Rechts abzulegen und gleichzeitig zu demonstrieren, welche gesellschaftspolitischen Entwicklungen mit ihrer Anwendung ausgelöst werden können. Hierauf soll auch im folgenden das Gewicht gelegt werden.