A. Die Formel vom äußeren Tatbestand
Durch eine Unzahl von Entscheidungen geistert die „Vollmacht kraft Vertrauens auf den äußeren Tatbestand“. Sie taucht allerdings selten allein auf, sondern meist in Verbindung mit einer „stillschweigenden Bevollmächtigung“, einer „Scheinvollmacht“ oder einer „vermuteten Vollmacht“. Alle diese Begriffe werden kaum auseinandergehalten, ja meist sogar synonym verwendet. Hiezu zwei Beispiele: Im Fall HS 1171/82 wollten die Beklagten ein Geschäft nicht gelten lassen, das ihr Vater für sie in ihrer Anwesenheit geschlossen hatte. Der Leitsatz der Entscheidung spricht vom äußeren Tatbestand, der Text von einer stillschweigenden Zustimmung gemäß § 863 Abs 11), einer Herstellung des äußeren Tatbestandes durch Duldung, einer Duldungsvollmacht gemäß § 1029 und schließlich noch von einer vermuteten Vollmacht. In EvBl 1953/136 war fraglich, ob ein Architekt, der keine Vollmacht erhalten hatte, wirksam im Namen des Bauherrn mit Handwerkern kontrahieren konnte. Dies wurde mit der Begründung bejaht, es handle sich um einen Fall der stillschweigenden Bevollmächtigung nach § 1029, also um eine Scheinvollmacht, weil der Geschäftsherr einen äußeren Tatbestand geschaffen habe, der den Glauben rechtfertigte, es sei Vollmacht erteilt worden. Es liege eine vermutete Vollmacht vor2).