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(Wieder-)Gründung kollektiver Interessenvertretungen der ArbeitnehmerInnen 1945

Aus der Geschichte des Arbeitsrechts und des SozialrechtsKlaus-Dieter MulleyDRdA 2015, 206 Heft 3 v. 15.6.2015

Als am 25.8.1945 die konstituierende Vollversammlung der wiedergegründeten Arbeiterkammer (AK) Wien im kleinen Konzerthaussaal abgehalten wurde, ließ der Staatssekretär für soziale Verwaltung und Vorsitzende des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) Johann Böhm in seiner Eröffnungsansprache die vorangegangenen Jahre der Unterdrückung und Verfolgung kurz Revue passieren: "Die österreichischen Arbeiter[kammern] könnten heuer ihr 25-jähriges Jubiläum feiern. Sie wurden jedoch am 1. Jänner 1934 ihrer gewählten Vertretung und damit ihres Charakters als freie Interessenvertretung beraubt und im Juli 1938 gänzlich aufgelöst. Es ist also eine lange Zeit her, seitdem die letzte Arbeiterkammer-Vollversammlung getagt hat. Jeder von uns fragt sich, was haben wir in dieser Zeit erlebt? Zuerst wurden die Institute der Arbeiter und Angestellten, Arbeiterkammern und Gewerkschaften zerschlagen, später, als der Heimwehrfaschismus von dem totalitären nationalsozialistischen Faschismus abgelöst wurde, wurden nicht nur die Kammern, sondern alle sozialen Einrichtungen, soweit sie selbstgewählten Charakter trugen, systematisch zerschlagen. Unser Land wurde langsam in eine Kaserne und im Laufe der Zeit in ein Zuchthaus verwandelt".1)1)Archiv AK-Wien: Protokoll konst. 1. Vollversammlung (25.8.1945) 35. Im Folgenden werden ausgehend von einigen Anmerkungen zur Gründung des ÖGB, die Wiedergründung der Arbeiterkammern als gesetzliche Interessenvertretung, die letztlich auch zur Errichtung der Landarbeiterkammern führte, behandelt. Nachdem – wie zu zeigen sein wird – es den Agrariern in den Bundesländern gelang, den mit der Wiedererrichtung der AK geschlossenen politischen Konsens durch Entscheide des VfGH weitgehend auszuhebeln, sind auch diese aus historisch-politischer Perspektive zu kommentieren.

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