Die Antwort auf die Frage, ob Arbeitnehmer Anspruch auf Entgelt für Zeiträume haben, in denen der Arbeitgeber sie aufgrund eines ausgedehnten Ereignisses höherer Gewalt nicht zur Arbeit einsetzen kann, ist umstritten, obwohl § 1155 Abs 1 ABGB vorsieht, dass arbeitsbereite Arbeitnehmer ihren Entgeltanspruch behalten, wenn die Arbeitsleistung aufgrund von Umständen auf Seiten des Arbeitgebers unterbleibt. Kontrovers ist nämlich, welche Hinderungsgründe "auf Seiten des Arbeitgebers" liegen. Nach herrschender Meinung in der Literatur sollen insbesondere ausgedehnte Ereignisse höherer Gewalt aus der Arbeitgeber-Sphäre ausscheiden und einer entgeltfortzahlungsfreien sogenannten "neutralen Sphäre" zuzuordnen sein. Nach eingehender Untersuchung gelangt die Autorin zu dem Ergebnis, dass der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung stets und auch bei allgemeinen Kalamitäten verpflichtet sei, wenn er arbeitsbereite Arbeitnehmer bei aufrechtem Vertrag nicht zur Arbeit einsetzen kann. Da Arbeitnehmer sich in Arbeitsverträgen lediglich dazu verpflichten, dem Arbeitgeber ihre Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, sei es das Risiko des Arbeitgebers, ob er über Einsatzmöglichkeiten für die Arbeitnehmer verfügt. Diese weite Risikotragung des Arbeitgebers entspreche nicht nur der vertraglichen Aufgabenverteilung zwischen den Parteien, sondern auch dem Willen des historischen Gesetzgebers und allgemein-zivilrechtlichen Risikotragungsgrundsätzen. Überdies würde der sofortige und unbefristete Entgeltentfall arbeitsrechtlichen Wertungen diametral widersprechen.