( ArbVG § 64, § 53 Abs 4, § 39 ) Ein zu Recht entlassenes BR-Mitglied kann nicht auf Grund seiner Vorstandsfunktion in der Gewerkschaft sein BR-Mandat behalten.
OLG Wien 8 Ra 249/98s v. 23.10.1998
Gemäß § 64 Abs 4 ArbVG ist die Mitgliedschaft zum Betriebsrat vom Gericht auf Grund einer Klage abzuerkennen, wenn das Mitglied die Wählbarkeit nicht oder nicht mehr besitzt. Sowohl die Kandidatur in den Wahlvorstand als auch die Kandidatur in den Betriebsrat können nicht auf die Bestimmung des § 53 Abs 4 bzw. § 54 Abs 3 ArbVG gestützt werden, wonach in Betrieben, in denen dauernd mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind, in den Wahlvorstand bzw. Betriebsrat auch Vorstandsmitglieder oder Angestellte einer zuständigen freiwilligen Berufsvereinigung oder gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitnehmer berufen werden können. Selbst wenn man zur Ansicht gelangte, dass eine Vorstandsfunktion entlassener BR-Mitglieder iSd § 54 Abs 3 ArbVG vorliegen sollte, ist seine Bestellung zum Betriebsrat bzw. Wahlvorstand dennoch unzulässig. Eine Interpretation des § 54 Abs 3 ArbVG dahingehend, dass auch ein entlassenes BR-Mitglied für einen neu zu wählenden Betriebsrat kandidieren könne, hieße, dem ArbVG einen internen Wertungswiderspruch zu unterstellen. Die Bestimmungen des § 53 Abs 4 und § 54 Abs 3 ArbVG sind so zu interpretieren, dass es einem entlassenen BR-Mitglied durch deren Anwendung nicht wieder ermöglicht werden soll, im selben Betrieb weiterhin als Betriebsrat tätig zu sein. Diesfalls würde ein Widerspruch zur Intention des ArbVG vorliegen. Gemäß § 39 ArbVG ist Ziel der Bestimmungen über die Betriebsverfassung und der Anwendung die Herbeiführung eines Interessenausgleichs zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes. Ist auf Grund einer oberstgerichtlichen Entscheidung (hier: OGH 9 Ob A 285/97w v. 10. 12. 1997 = ARD 4944/14/98) davon auszugehen, dass das Verhältnis zwischen den Streitteilen derart belastet ist, dass eine sinnvolle Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten und aus diesem Grund die Entlassung gerechtfertigt gewesen sei, kann das BR-Mitglied die Grundsätze der Interessenvertretung gemäß § 39 ArbVG keinesfalls mehr wahrnehmen. Dies unabhängig davon, ob er von Arbeitnehmern des Arbeitgebers in den Betriebsrat gewählt worden sei oder nicht. Auch für gemäß § 53 Abs 4 und § 54 Abs 3 ArbVG bestellte BR-Mitglieder gilt daher der Grundsatz der Zusammenarbeit mit dem Betriebsinhaber, die jedoch im gegenständlichen Fall unerfüllbar ist.