(ASVG § 203) Eine (abstrakte) Versehrtenrente für Minderung der Erwerbsfähigkeit gebührt auch dann, wenn ein Arbeitsunfall konkret zu keinem Einkommensausfall führt.
OGH 10 Ob S 13/95 v. 14.02.1995
Unter Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Fähigkeit des (der) Versicherten zu verstehen, sich unter Ausnutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich ihm (ihr) nach seinen (ihren) Kenntnissen und Fähigkeiten im ganzen Bereich des wirtschaftlichen Lebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen. Als Minderung der Erwerbsfähigkeit ist daher die Beeinträchtigung dieser Fähigkeit anzusehen. Für die Ermittlung der Minderung der Erwerbsfähigkeit gilt das Prinzip der abstrakten Schadensberechnung. Dies bedeutet, daß zunächst die individuelle Erwerbsfähigkeit des (der) Versicherten vor dem Unfall rechnerisch mit 100% zu bewerten ist. Dieser Erwerbsfähigkeit wird die nach dem Arbeitsunfall oder wegen der Berufskrankheit verbliebene Erwerbsfähigkeit als Vergleichswert gegenübergestellt. Die Differenz ergibt die Minderung der Erwerbsfähigkeit. Entschädigt wird also nach dem Unterschied der auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens bestehenden Erwerbsmöglichkeiten vor und nach dem Arbeitsunfall (der Berufskrankheit). Ob der Versicherungsfall tatsächlich zu einem Einkommensausfall führt, ist bedeutungslos. Die Versehrtenrente wird infolge der abstrakten Schadensberechnung auch dann gewährt, wenn kein Lohnausfall entstanden ist oder sogar ein höheres Einkommen erzielt wird.