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30.1.6 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988)

BMF2023-0.871.81913.3.2024

Rz 7951
Der beschränkten Steuerpflicht unterliegen nach § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die im Inland oder auf österreichischen Schiffen ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist oder aus inländischen öffentlichen Kassen mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden. Für die Begriffsbestimmung "Ausübung" und "Verwertung" ist § 98 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 maßgeblich (siehe Rz 7916 ff und Rz 7920).

Rz 7952
Im § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 wird nach der Erwähnung der Einkunftsart "Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit" im nachfolgenden Klammerausdruck auf § 25 EStG 1988 verwiesen. Damit ist grundsätzlich der gesamte im § 25 Abs. 1 EStG 1988 erwähnte Katalog von nichtselbständigen Einkünften auch von § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 umfaßt. Eine Einschränkung im Umfang der Steuerpflicht ergibt sich erst durch die weitere Bezugnahme in § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 auf eine notwendige inländische Anknüpfung, die zwei Tatbestände umfaßt (VwGH 19.3.1997, 94/13/0220), nämlich einerseits Ausübung oder Verwertung der Arbeit im Inland und andererseits Gewährung von Einkünften aus inländischen öffentlichen Kassen.

Rz 7953
Durch Übernahme der in § 25 EStG 1988 genannten Einkunftstatbestände (so auch der Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung und gleichartigen Bezüge aus Versorgungseinrichtungen und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen) in § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 besteht eine beschränkte Einkommensteuerpflicht dann, wenn die seinerzeitige selbständige Berufsausübung im Inland erfolgte oder verwertet wurde. Dieses Auslegungsergebnis wird durch § 70 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 gestützt. Diese Norm enthält Tarifvorschriften für bestimmte Einkünfte im Rahmen der beschränkten Lohnsteuerpflicht, ua. für Arbeitslohn von Trägern der gesetzlichen Sozialversicherung. Damit wird implizit vorausgesetzt, dass diese Einkünfte - die ein Dienstverhältnis unmittelbar nicht voraussetzen (zB Witwenpensionen oder Waisenpensionen) - durch den Verweis auf § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 im § 70 Abs. 1 EStG 1988 erfasst werden (VwGH 19.3.1997, 94/13/0220).

Rz 7953a
Entschädigungen, die ein Mitglied des Vorstandes einer österreichischen Kapitalgesellschaft dafür erhält, dass das Vertragsverhältnis vorzeitig aufgelöst wird, unterliegen als Vorteile aus einem früheren Dienstverhältnis gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dem österreichischen Lohnsteuerabzug. Diese Steuerpflicht bleibt auch dann aufrecht, wenn der Steuerpflichtige durch Wohnsitzverlegung in das Ausland aus der unbeschränkten in die beschränkte Steuerpflicht wechselt. Da einerseits die Quelle für die Entschädigungseinkünfte durch die auf Grund des Dienstvertrages in Österreich erbrachte Arbeitsleistung gebildet wird und andererseits die Entschädigungseinkünfte nicht unter die für Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen (Art. 18 OECD-Musterabkommen) stehenden Begriffe des jeweiligen DBA zu subsumieren sind, steht nach dem "Kausalitätsprinzip" das Besteuerungsrecht (Art. 15 OECD-Musterabkommen) Österreich zu (Vorrang des Kausalitätsprinzips vor dem Zuflussprinzip)

Rz 7954
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 gehören Bezüge von Vortragenden, Lehrenden und Unterrichtenden, sofern nicht bereits ein Dienstverhältnis gemäß § 47 Abs. 2 erster und zweiter Satz EStG 1988 vorliegt und sofern sie diese Tätigkeit im Rahmen eines von der Bildungseinrichtung vorgegebenen Studien-, Lehr- oder Stundenplanes (siehe dazu LStR 2002 Rz 992b) ausüben, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dies gilt auch für ausländische Lehrbeauftragte (zB Gastprofessoren), die beschränkt steuerpflichtige Einkünfte aus einer Tätigkeit im Rahmen eines von der Bildungseinrichtung im Inland vorgegebenen Studien-, Lehr- oder Stundenplanes im Inland erzielen. Für steuerliche Belange sind sie als Arbeitnehmer zu qualifizieren. Qualifiziert der Ansässigkeitsstaat des Lehrbeauftragten nach seinem Recht die Lehrtätigkeit als freiberufliche, kann sich ein internationaler Qualifikationskonflikt mit der Wirkung einer Doppelbesteuerung ergeben. In Fällen dieser Art kann das Problem nur im Weg eines internationalen Verständigungsverfahrens geklärt werden, das von Seiten des Lehrbeauftragten grundsätzlich in seinem Ansässigkeitsstaat zu beantragen wäre.

30.1.6.1 Ausübung

Rz 7955
Ausgeübt wird eine Tätigkeit nach innerstaatlichem und OECD-konformen zwischenstaatlichen Recht an dem Ort, an dem der Arbeitnehmer bei dieser Tätigkeit tatsächlich anwesend ist. Unmaßgeblich ist im Allgemeinen die Ansässigkeit des Arbeitgebers. Eine Ausnahme gilt für unternehmensrechtliche Geschäftsführer und Vorstände von Kapitalgesellschaften im Abkommensverhältnis zu Deutschland; laut Art. 16 Abs. 2 DBA-Deutschland darf deren Tätigkeit vom Ansässigkeitsstaat der Kapitalgesellschaft besteuert werden.

Rz 7956
Die Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erfolgt bei Vorliegen eines DBA idR im Tätigkeitsstaat. Der Tätigkeitsstaat hat jedoch gemäß den dem Art. 15 Abs. 2 OECD-Musterabkommen nachgebildeten Bestimmungen kein Besteuerungsrecht, wenn sich der Steuerpflichtige im Tätigkeitsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage aufhält, außer die Vergütungen werden von einer im Tätigkeitsstaat befindlichen Betriebsstätte (festen Einrichtung) des Arbeitgebers getragen oder die Vergütungen werden von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt, der im Tätigkeitsstaat ansässig ist. Ob die 183 Tage Frist pro Kalenderjahr oder für eine mit der jeweiligen Einreise in den Tätigkeitsstaat beginnende 12-Monate-Periode zu berechnen ist, richtet sich nach den Bestimmungen des jeweiligen Abkommens (Einzelheiten zur Fristberechnung siehe Erlass AÖF Nr. 331/1991). Laut OECD-Musterkommentar wäre auf eine 12-monatige Periode abzustellen (siehe Rz 4 des OECD-Kommentars zu Art. 15).

Rz 7957
Für Grenzgänger sehen DBA vereinzelt (DBAs mit Deutschland, Italien, Liechtenstein) vor, dass deren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unabhängig von der Ausübung im Tätigkeitsstaat im Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Soweit weder das DBA selbst noch eine Durchführungsregelung die für die Grenzgängereinstufung erforderlichen Merkmale eines grenznahen Wohnsitzes und eines grenznahen Arbeitsortes festlegen, sind alle Arbeitsorte noch als in Grenznähe gelegen anzusehen, die es unter Berücksichtigung der modernen Verkehrsverhältnisse erlauben, unter Zugrundelegung einer vertretbaren Wegzeit den Arbeitsort täglich vom Wohnsitz anzufahren.

30.1.6.2 Verwertung

Rz 7958
Die Vermutung spricht für eine Verwertung nichtselbständiger Arbeit im Inland, wenn von einem inländischen Arbeitgeber Arbeitslohn ins Ausland geleistet wird. Es ist jedoch zu prüfen, ob der Erfolg der Tätigkeit unmittelbar der inländischen Volkswirtschaft zu dienen bestimmt ist (VwGH 20.10.1982, 81/13/0083).

Rz 7959
Typisch für eine Verwertung von nichtselbständiger Arbeit im Inland ist die Tätigkeit der Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammer Österreich (VwGH 27.11.1968, 0889/67). Die ausschließlich im Ausland verrichtete, in der Mitwirkung beim Bau von Küstenschutzanlagen und Meereswasserentsalzungsanlagen bestehende Tätigkeit eines österreichischen Ingenieurs dient mit ihrem Erfolg der inländischen Volkswirtschaft auch dann nicht unmittelbar, wenn die ausländische Dienstgeberfirma eine Kapitalgesellschaft ist, deren Anteile sich im Eigentum einer inländischen Kapitalgesellschaft befinden (VwGH 15.4.1980, 2805/79). Eine unmittelbare Verwertung der Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer erfolgt in erster Linie durch den Arbeitgeber selbst, denn ihm schuldet der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft und ihm gegenüber erbringt der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung. Eine unmittelbare Verwertung im Inland liegt daher im Allgemeinen dann vor, wenn inländische Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer in das Ausland entsenden.

Randzahl 7960: derzeit frei

30.1.6.3 Öffentliche Kassen

Rz 7961
Öffentliche Kassen sind nur die Kassen von inländischen Gebietskörperschaften (VwGH 20.9.1983, 83/14/0002), wobei unmaßgeblich ist, ob das Dienstverhältnis im In- oder Ausland bestanden hat. Inländische Gebietskörperschaften sind der Bund, die Länder und die Gemeinden.

Rz 7962
Ist das anzuwendende DBA diesbezüglich dem Art. 19 OECD-Musterabkommen nachgebildet, so werden solche Einkünfte im Inland steuerlich erfasst, wenn es sich um Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen handelt, die von einer Gebietskörperschaft für die an sie geleisteten Dienste gezahlt werden, und die Dienste nicht im Rahmen einer Geschäftstätigkeit erbracht wurden. Anders verhält es sich, wenn die Dienste im anderen Vertragsstaat geleistet werden und der Einkünfteempfänger dort ansässig ist und entweder dessen Staatsangehöriger ist oder nicht ausschließlich deshalb dort ansässig geworden ist, um die Dienste zu leisten. Ruhegehälter, die nicht im Zusammenhang mit einer Geschäftstätigkeit stehen, werden im Quellenstaat steuerlich erfasst, ausgenommen der Bezieher ist im Vertragsstaat ansässig und dessen Staatsangehöriger.

30.1.6.4 Unterbleiben der Erfassung

Rz 7963
Eine Erfassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit unterbleibt gemäß § 98 Abs. 1 Z 4 letzter Satz EStG 1988, wenn die Einkünfte wirtschaftlich bereits bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) erfasst wurden. Damit soll eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung in Fällen vermieden werden, in denen der zu besteuernde Arbeitslohn bei der Besteuerung des Gestellers, der im Inland (beschränkt steuerpflichtige) Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, keine Berücksichtigung als Aufwand bzw. Ausgabe gefunden hat.

Beispiel:

Der in Österreich nicht ansässige Gesteller G, der in Österreich keine Betriebsstätte besitzt, gestellt fünf ebenfalls nicht ansässige Dienstnehmer an den österreichischen Gestellungsnehmer A, der diese im Inland zum Einsatz bringt. Der Gesteller G erzielt dadurch beschränkt steuerpflichtige Einkünfte gemäß § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988. Die Einkommensteuer ist durch Steuerabzug von 20% seiner Einnahmen abgegolten (§ 99 Abs. 1 Z 5 in Verbindung mit § 102 Abs. 1 Z 1 EStG 1988). Die Dienstnehmer erzielen beschränkt steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988). Die Erfassung dieser Einkünfte bei den Arbeitnehmern hat jedoch zu unterbleiben, weil sie wirtschaftlich bereits beim Gesteller G erfasst wurden.

Rz 7964
Eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988) ist bei Bestehen eines DBA nicht anzunehmen, wenn dieses für die Zuteilung des Besteuerungsrechtes für Einkünfte iSd § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 an Österreich eine Betriebsstätte (iSd Abkommens) fordert, eine solche aber nicht vorliegt.

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