6.10.1 Rechtslage für Wirtschaftsjahre vor 2016
Rechnungslegungspflichtige Unternehmer müssen in der UGB-Bilanz für Wirtschaftsjahre vor 2016 Bewertungsreserven und unversteuerte Rücklagen gesondert ausweisen (vgl. § 198 Abs. 1 UGB idF vor dem RÄG 2014, § 205 UGB idF vor dem RÄG 2014).Sind bilanzierende Steuerpflichtige verpflichtet, einen unternehmensrechtlichen Jahresabschluss zu erstellen, müssen folgende steuerliche Begünstigungen - unter Beachtung der besonderen steuerlichen Ausweispflichten - für Wirtschaftsjahre vor 2016 bereits in der UGB-Bilanz angesetzt werden, um überhaupt steuerwirksam zu sein (so genannte umgekehrte Maßgeblichkeit, § 205 Abs. 1 UGB idF vor dem RÄG 2014):- § 8 Abs. 2 EStG 1988: Begünstigte Abschreibung für denkmalgeschützte Gebäude (siehe dazu Rz 3180 ff)
- § 12 Abs. 1 und Abs. 8 EStG 1988: Übertragung stiller Reserven; Bildung einer Übertragungsrücklage (siehe dazu Rz 3861 ff)
6.10.2 Rechtslage für Wirtschaftsjahre ab 2016
Mit dem RÄG 2014 entfiel § 205 UGB. Unversteuerte Rücklagen (einschließlich Bewertungsreserven) sind in der Unternehmensbilanz für Wirtschaftsjahre ab 2016 daher nicht mehr gesondert auszuweisen.Bei der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 können die steuerlichen Begünstigungen gemäß § 8 Abs. 2, § 12 Abs. 1 und Abs. 8 sowie § 13 EStG 1988 für Wirtschaftsjahre ab 2016 unabhängig von der Behandlung im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss ausschließlich in der Steuerbilanz - in der Praxis somit im Wege der Mehr-Weniger-Rechnung zur UGB-Bilanz - geltend gemacht werden; dies setzt eine geeignete Evidenzhaltung für steuerliche Zwecke voraus.Gemäß § 906 Abs. 31 UGB sind bereits bilanzierte unversteuerte Rücklagen - abzüglich der darin enthaltenen passiven latenten Steuern - im (ersten) Geschäftsjahr, das nach dem 31.12.2015 beginnt, in die Gewinnrücklagen (bei Kapitalgesellschaften) bzw. ins Eigenkapital (bei rechnungslegungspflichtigen Einzelunternehmen und Personengesellschaften) einzustellen.6.10.3 Steuerliche Übergangsbestimmung
Gemäß § 124b Z 271 EStG 1988 idF RÄG 2014 können bestehende unversteuerte Rücklagen (einschließlich Bewertungsreserven) iSd § 906 Abs. 31 UGB unabhängig vom unternehmensrechtlichen Jahresabschluss als steuerliche Rücklagen weitergeführt werden. Dadurch wird eine sofortige steuerwirksame Auflösung der unversteuerten Rücklagen (einschließlich Bewertungsreserven) unterdrückt.Wird dieses steuerliche Fortführungswahlrecht in Anspruch genommen, sind auf diese steuerlichen Rücklagen § 205 UGB und § 6 Z 13 erster Satz EStG 1988, jeweils idF vor RÄG 2014, sinngemäß weiter anzuwenden. Für steuerliche Zwecke werden diese steuerlichen Rücklagen somit nicht dauerhaft fortgeführt, sondern entsprechend der bisherigen Rechtslage behandelt.Wurde daher etwa unternehmensrechtlich eine Bewertungsreserve aufgrund von § 12 EStG 1988 für ein Wirtschaftsgut gebildet und aufgrund des RÄG 2014 unternehmensrechtlich aufgelöst, ist die steuerlich fortgeführte Rücklage bei einer außerplanmäßigen Abschreibung dieses Wirtschaftsgutes oder spätestens bei dessen Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen ertragswirksam aufzulösen bzw. bei Übertragung auf ein abnutzbares Wirtschaftsgut bereits laufend verteilt über dessen Restnutzungsdauer aufzulösen. Die Auflösung der steuerlichen Rücklage erfolgt im Wege der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung.
Für steuerliche Zwecke ist der Umstand der Fortführung als steuerliche Rücklage (durch einen entsprechenden Vermerk) im Anlageverzeichnis gesondert in Evidenz zu halten.
Beispiel:
Ein Einzelunternehmer (§ 5 - Gewinnermittler, Bilanzstichtag: 31.12.) übertrug im Jahr 2015 stille Reserven in Höhe von 20.000 Euro auf eine in der ersten Jahreshälfte angeschaffte Maschine (Anschaffungskosten 120.000 Euro; Nutzungsdauer 10 Jahre).
2015:
In der UGB-Bilanz zum 31.12.2015 wurde entsprechend der Rechtslage vor dem RÄG 2014 die Maschine mit 120.000 Euro aktiviert und eine Bewertungsreserve für diese Maschine mit 20.000 Euro aufwandswirksam passiviert. Unternehmensrechtlich wird in 2015 eine planmäßige Abschreibung iHv 12.000 Euro aufwandswirksam und eine Auflösung der Bewertungsreserve iHv 2.000 Euro verbucht;
31.12.2015: Unternehmensrechtliche Buchwerte: Maschine 108.000 Euro; Bewertungsreserve 18.000 Euro.
Die steuerlichen Anschaffungskosten der Maschine betragen auf Grund von § 12 Abs. 6 EStG 1988 100.000 Euro (120.000 - 20.000); AfA 2015: 10.000 Euro; keine Mehr-Weniger-Rechnung.
2016:
Unternehmensrechtlich wird im Wirtschaftsjahr 2016 die Bewertungsreserve aufgelöst und in die Gewinnrücklagen eingestellt. Weiters wird zum 31.12.2016 eine planmäßige Abschreibung der Maschine in Höhe von 12.000 Euro aufwandswirksam vorgenommen.
Wird vom steuerlichen Fortführungswahlrecht gemäß § 124b Z 271 EStG 1988 Gebrauch gemacht, ist die unternehmensrechtlich aufgelöste Bewertungsreserve als steuerliche Rücklage fortzuführen und entsprechend § 205 Abs. 2 UGB idF vor dem RÄG 2014 zu behandeln.
Die ertragswirksame Auflösung der steuerlichen Rücklage erfolgt über die - in den Jahren 2016 bis 2024 somit jährlich vorzunehmende steuerliche Mehr-Weniger-Rechnung von + 2.000 Euro. Die steuerliche Abschreibung des Wirtschaftsgutes im Jahr 2016 beträgt somit 10.000 Euro.