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8.5. Anzeige- und Evidenzpflicht (§ 43 UmgrStG)

BMF2024-0.457.39220.6.2024

8.5.1. Anzeigepflicht

Rz 1899
Die Anzeigeverpflichtung gemäß § 43 Abs. 1 UmgrStG betrifft zunächst alle jene, die Vermögen im Rahmen des UmgrStG übertragen (Übertragende), wobei von der Anzeigepflicht auch Übertragende erfasst sind, die allfälliges in Zusammenhang mit einer Umgründung nicht begünstigtes Vermögen übertragen (zB ein Grundstück des Privatvermögens im Zuge eines Zusammenschlusses gemäß Art. IV UmgrStG). Übertragungen außerhalb des UmgrStG sind generell nicht gemäß § 43 Abs. 1 UmgrStG betroffen. Von der Anzeigepflicht gemäß § 43 Abs. 1 UmgrStG sind weiters auch all jene betroffen, die Vermögen im Rahmen einer Umgründung übernehmen (Übernehmende).

Rz 1900
Die Anzeige muss innerhalb von neun Monaten ab dem Umgründungsstichtag beim zuständigen FA einlangen. Diese Frist ist gemäß § 110 Abs. 1 BAO nicht verlängerbar; § 108 BAO kommt zur Anwendung. Zur Übermittlungsform der Anzeige sowie zur Möglichkeit der kombinierten (gemeinsamen) Anzeige durch die Übertragenden und Übernehmenden siehe Rz 1902. Die rechtzeitige Anzeige stellt allerdings keine Anwendungsvoraussetzung für das UmgrStG dar. Das Unterbleiben einer rechtzeitigen Anzeige kann jedoch eine Finanzordnungswidrigkeit im Sinne des § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG begründen.

Rz 1901
Die Anzeige ist bei dem für die Erhebung der Einkommen- oder Körperschaftsteuer jeweils zuständigen Finanzamt der Übertragenden und Übernehmenden einzubringen.

Hinsichtlich der Übermittlungsform sowie der Inhalte, die an die Anzeige geknüpft sind, ist seit dem AbgÄG 2023 je nach Rechtslage zu unterscheiden (siehe dazu Rz 1902); dasselbe gilt hinsichtlich des Verhältnisses der Anzeige zur Meldung gemäß § 13 UmgrStG (siehe dazu Rz 1902a).

Rz 1902
Umgründungen, die nach dem 31.12.2023 beschlossen oder vertraglich unterfertigt werden (Rechtslage idF AbgÄG 2023):

Die Anzeige hat für sämtliche Umgründungen im Sinne des UmgrStG einheitlich mittels standardisiertem Formular ("Umgründungs-Formular") zu erfolgen, das die wesentlichen Informationen zur jeweils angezeigten Umgründung enthält, wie insbesondere Angaben zu den jeweiligen Umgründungspartnern, zur Art der Umgründung, zum Umgründungsstichtag, zum übertragenen/übernommenen Vermögen, zum Vorliegen eines Auskunftsbescheides, zu etwaigen Auswirkungen auf die Unternehmer- oder Arbeitgebereigenschaft oder die Gruppenstruktur einer Unternehmensgruppe gemäß § 9 KStG 1988. Auf Basis des "Umgründungs-Formulars" erfolgt die Verarbeitung der jeweiligen angezeigten Umgründung in den Systemen der Finanzverwaltung.

Auch im Falle von Mehrfachumgründungen auf denselben Umgründungsstichtag gemäß § 39 UmgrStG (siehe Rz 1874 ff) hat die Anzeige für jede einzelne Umgründung gesondert zu erfolgen, die Teil des Umgründungsplans ist.

Hinsichtlich der Übermittlungsform des "Umgründungs-Formulars" durch den Anzeigepflichtigen ist zu unterscheiden (vgl. § 43 Abs. 1 UmgrStG idF AbgÄG 2023):

Grundsätzlich unterliegen der Übertragende und Übernehmende jeweils einer (gesonderten) Anzeigepflicht. Im Rahmen der gesonderten Anzeige hat der Steuerpflichtige aber auch Angaben zum jeweils anderen Steuerpflichtigen zu machen. Es ist jedoch zu beachten, dass Übertragende bzw. Übernehmende aus Vereinfachungsgründen und zur Vermeidung der Mehrfachübermittlung derselben Inhalte auch eine einzige gemeinsame ("kombinierte") Anzeige übermitteln können. Die Vornahme einer kombinierten Anzeige setzt voraus, dass jener Steuerpflichtige, dessen Anzeigepflicht im Rahmen der kombinierten Anzeige durch den jeweils anderen Umgründungspartner miterfüllt werden soll, zur Miterfüllung seiner Anzeigepflicht bevollmächtigt. Eine kombinierte Anzeige auf elektronischem Wege in FinanzOnline ist auch möglich, wenn ein Umgründungspartner (noch) nicht über eine inländische Steuernummer verfügt. Folglich kann bei Vorliegen einer entsprechenden Bevollmächtigung der Umgründungspartner mit inländischer Steuernummer die Anzeigeverpflichtung für Umgründungspartner ohne inländische Steuernummer im Rahmen einer kombinierten elektronischen Anzeige miterfüllen; diesfalls kann die gesonderte Abgabe eines Papierformulars "Umgr 1" durch den Steuerpflichtigen ohne inländische Steuernummer unterbleiben. Eine kombinierte Anzeige ist auch möglich, wenn an der Umgründung mehr als zwei Umgründungspartner beteiligt sind.

Zur elektronischen Anzeige über FinanzOnline gemäß § 43 Abs. 1 UmgrStG idF AbgÄG 2023 siehe die weiterführenden Informationen unter https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:f24edc61-1e9e-47a6-88d9-596efad5b889/BMF_Handbuch_Umgruendung.pdf .

Umgründungen, die vor dem 1.1.2024 beschlossen oder vertraglich unterfertigt werden (Rechtslage idF vor AbgÄG 2023):

An die Anzeige von Umgründungen sind keine einheitlich strukturierten Vorgaben geknüpft. Mit der Anzeige ist aber jedenfalls auch die gesetzliche Rechtsgrundlage der Umgründung (bspw. Art. III UmgrStG) anzugeben.

Rz 1902a
Hinsichtlich des Verhältnisses von Anzeige und Meldung (§ 13 Abs. 1 UmgrStG) ist zu unterscheiden:

Beispiel 1:

A bringt sein Einzelunternehmen nach Art. III UmgrStG in die ihm zu 100% gehörende A-GmbH unter Verzicht auf die Gewährung von Anteilen ein. Eine Meldung der Einbringung hat nach § 13 Abs. 1 UmgrStG bei dem für die A-GmbH zuständigen Finanzamt zu erfolgen. Zudem hat eine standardisierte Anzeige der Einbringung über FinanzOnline sowohl durch A als auch die A-GmbH (gegebenenfalls im Wege einer kombinierten Anzeige; siehe Rz 1902) zu erfolgen.

Beispiel 2:

Die B-GmbH tritt der C-KG mit einer Geldeinlage als neuer Gesellschafter bei; es liegt ein Zusammenschluss nach Art. IV UmgrStG vor. Der Zusammenschluss ist bis zum Ablauf der Neunmonatsfrist bei dem für die KG zuständigen Firmenbuchgericht anzumelden (Eintritt eines neuen Gesellschafters in eine eingetragene Personengesellschaft im Sinne des § 24 Abs. 1 Z 2 UmgrStG). Ungeachtet dessen haben sowohl die C-KG als auch die B-GmbH hinsichtlich der Geldeinlage innerhalb der Neunmonatsfrist den Zusammenschluss nach Art. IV UmgrStG ihrem für die Einkommensbesteuerung zuständigen FA (gegebenenfalls im Wege einer kombinierten Anzeige; siehe Rz 1902) anzuzeigen.

Beispiel 3:

A bringt sein Einzelunternehmen nach Art. III UmgrStG in die ihm gehörende A-GmbH unter Verzicht auf Gewährung neuer Anteile ein. Mit der fristgerechten Meldung der Einbringung bei dem für die A-GmbH zuständigen FA erübrigt sich eine Anzeige. A hat die Einbringung und das damit verbundene Ende der Einkommensteuerpflicht innerhalb der Neunmonatsfrist dem für die Einkommensteuer zuständigen FA anzuzeigen.

Beispiel 4:

Die B-GmbH tritt der C-KG mit einer Geldeinlage als neuer Gesellschafter bei. Der Zusammenschluss ist bis zum Ablauf der Neunmonatsfrist bei dem für die KG zuständigen Firmenbuchgericht anzumelden (Eintritt eines neuen Gesellschafters in eine eingetragene Personengesellschaft iSd § 24 Abs. 1 Z 2 UmgrStG). Die B-GmbH und die C-KG haben innerhalb der Neunmonatsfrist die Vermögenseinlage als Fall eines Zusammenschlusses ihrem für die Einkommensbesteuerung zuständigen FA anzuzeigen.

8.5.2. Evidenzpflicht

Rz 1903
Die Evidenzpflicht gemäß § 43 Abs. 2 UmgrStG umfasst einerseits die Verpflichtung zur Erfassung der umgründungsbedingt entstandenen oder veränderten steuerlich relevanten Anschaffungskosten oder Buchwerte von Anteilen und andererseits die Evidenthaltung dieser Werte, dh. die Aufbewahrung und Fortführung der entsprechenden Werte. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass die infolge abweichender handelsrechtlicher Erfassung oder im außerbetrieblichen Bereich unter Umständen sonst nicht erfassten Daten die Nachweisgrundlage für die zukünftige steuerliche Behandlung des Anteilsinhabers darstellen.

Rz 1904
Betroffen sind die im Rahmen einer Umgründung übertragenen Anteile, sowie die von Anteilsinhabern von umgründungsbetroffenen Körperschaften gehaltenen Anteile, unabhängig davon, ob sie im Privat- oder im Betriebsvermögen gehalten werden. In Zusammenhang mit internationalen Schachtelbeteiligungen sind auch die als fiktive Teilwertabschreibungen geltenden Werte evident zu halten.

Rz 1905
Diese Aufzeichnungs- und Evidenthaltungsverpflichtungen betreffen vor allem die wirtschaftlichen Eigentümer der Anteile. Bei Treuhandschaften können diese Pflichten auch von den Treuhändern erfüllt werden. Bei nachfolgenden unentgeltlichen Übertragungen der von einer Umgründung betroffenen Anteile geht die Evidenzpflicht auf die Rechtsnachfolger über.

Rz 1906
Als Erfassungsdokument eignet sich in erster Linie der der Umgründung zugrunde liegende Vertrag. Der Pflicht ist bei betrieblich gehaltenen Anteilen zB auch Genüge getan, wenn die steuerlichen Buchwerte in erstellten Steuerbilanzen ausgewiesen sind oder in einer detaillierten Aufgliederung der Beteiligungen in einer Anlage festgehalten werden.

8.6. Missbräuchliche Umgründungen (§ 44 UmgrStG)

Rz 1907
Die Anwendung der Bestimmungen des UmgrStG stellt für sich keinen Missbrauch im Sinne des § 22 BAO dar. Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 22 BAO idF JStG 2018, BGBl. I Nr. 62/2018, liegt dann vor, wenn eine mehrstufige Umgründungsmaßnahme ausschließlich oder fast ausschließlich der Umgehung oder Minderung der Abgabepflicht dient, ohne dass für diese Maßnahme außersteuerliche Gründe vorliegen. Ein einzelner Umgründungsakt für sich stellt keinen Missbrauch im Sinne des § 22 BAO idF JStG 2018, BGBl. I Nr. 62/2018, dar. Daher kann insbesondere ein bloßer Wechsel zwischen den Besteuerungsregimen (Einkommen- und Körperschaftsteuer) keine missbräuchliche Gestaltung begründen.

Rz 1908
Als missbrauchsverdächtig können ua. folgende Maßnahmen eingestuft werden:

Rz 1909
Keine missbräuchliche Gestaltung liegt vor, wenn eine Einbringung auf einen Tag vor dem Regelbilanzstichtag beschlossen wird, um eine Holding-Liquidationsspaltung gemäß Art. VI UmgrStG vorzubereiten.

Rz 1910
Formell betrachtet ist es zulässig, einem auszulagernden Kleinstbetrieb Vermögensteile zuzuordnen, die nach einkommensteuerlichen Grundsätzen gewillkürtes oder neutrales für sich nicht umgründungsbegünstigtes Betriebsvermögen darstellen. Diese formal unbedenkliche Gestaltungsmöglichkeit kann nur dann eine Gefährdung der Steuerwirkungen der Umgründung hervorrufen, wenn darin ein in § 44 UmgrStG angesprochener Gestaltungsfall zur Umgehung oder Minderung der Abgabepflicht zu erblicken ist. Dieser Verdacht wird umso größer sein, je höher das Missverhältnis zwischen dem Wert des zu übertragenden (Teil-)Betriebes und dem darüber hinausgehenden Wert des beigefügten gewillkürten bzw. neutralen Vermögens ist.

Beispiel:

Eine vermögensverwaltende Kapitalgesellschaft soll Vermögen nach dem SpaltG in Verbindung mit Art. VI UmgrStG abspalten, das nicht den Voraussetzungen eines Vermögens im Sinne des § 12 Abs. 2 UmgrStG entspricht. Es wird daher vorbereitend vor dem Spaltungsstichtag ein Kleinstbetrieb geschaffen, um eine Rechtsgrundlage für die steuerwirksame Abspaltung zu besitzen. Dem Kleinstbetrieb im Verkehrswert von 10.000 werden Vermögensteile im Verkehrswert von 1 Mio. "mitgegeben". Liegt das Ziel in der Vermeidung der Abgabepflicht, ist der Verdacht einer missbräuchlichen Nutzung des UmgrStG gegeben.

Rz 1911
Die Zwischenschaltung ausländischer Gesellschaften ist dann als missbräuchliche Gestaltung zu sehen, wenn für die Errichtung dieser Gesellschaft und deren Einschaltung wirtschaftlich beachtliche Gründe fehlen, wenn bei dieser Gesellschaft keine - über die bloße Vermögensverwaltung hinausgehende - wirtschaftliche Tätigkeiten entfaltet werden oder wenn die Umgründung der Vermeidung der Steuerpflicht von im Inland steuerpflichtigen Veräußerungstatbeständen dient. Im Regelfall werden die steuerlichen Anerkennungsvoraussetzungen bei Einschalten bloßer funktionsloser ausländischer "Briefkastengesellschaften" nicht erfüllt sein.

Rz 1912
Rechtsfolge einer als missbräuchlich gewerteten Umgründung ist im Sinne des § 22 Abs. 2 BAO, die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären. Die zitierte Norm rechtfertigt allerdings nicht, eine formal rechtsgültige unter Umständen sogar im Firmenbuch eingetragene Umgründung als solche zu negieren. Für die nach § 79 BAO nach bürgerlichem Recht zu beurteilende Frage der Rechts- und Handlungsfähigkeit hat die Beurteilung eines Sachverhaltes als Missbrauch im Sinne des § 22 Abs. 2 BAO keine Bedeutung (VwGH 17.11.2004, 99/14/0254, ergangen zu einer Einbringung gemäß Art. III UmgrStG).

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