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Konsultationsvereinbarung zu Zweifelsfragen hinsichtlich der Auslegung der Grenzgängerregelung nach Artikel 15 Absatz 6 und Artikel 19 Absatz 1a des deutsch-österreichischen Doppelbesteuerungsabkommens vom 24. August 2000

BMF2023-0.913.34922.12.20232023Konsultationsvereinbarung zu Zweifelsfragen hinsichtlich der Auslegung der Grenzgängerregelung nach Artikel 15 Absatz 6 und Artikel 19 Absatz 1a des deutsch-österreichischen Doppelbesteuerungsabkommens vom 24. August 2000

Der nachfolgende Erlass gibt den Inhalt einer am 18./19. Dezember 2023 zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland auf Basis von Artikel 25 Abs. 3 des DBA Deutschland abgeschlossenen Konsultationsvereinbarung wieder. Die Konsultationsvereinbarung dient der Klärung der Wirkungsweise der Grenzgängerregelungen in Artikel 15 Abs. 6 sowie Artikel 19 Abs. 1a des DBA Deutschland. Sie legt die abgestimmte Auslegung der Anwendungsvoraussetzungen der Grenzgängerregelungen im Allgemeinen sowie in bestimmten Sonderfällen und die Rechtsfolgen der Anwendbarkeit der Grenzgängerregelung dar. Die Konsultationsvereinbarung gibt lediglich das gemeinsame Verständnis der Abkommenspartner wieder. Über die gesetzlichen Bestimmungen des Artikels 15 Abs. 6 und des Artikels 19 Abs. 1a DBA Deutschland hinausgehende Rechte und Pflichten werden dadurch nicht begründet.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 25 Abs. 3 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 15 Abs. 6 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 19 Abs. 1a DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 15 Abs. 1 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 15 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 15 Abs. 3 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 19 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002

Schlagworte:

Artikel 15 DBA Deutschland, Artikel 19 DBA Deutschland, DBA Deutschland, Grenzgänger im öffentlichen Dienst, öffentlicher Dienst, Grenznähe, Grenzliste, Grenzgänger, unselbständige Arbeit, Home Office, Nichtrückkehr, Zweitwohnsitz, Schädlichkeitsregelung, Vereinfachungsregelung, Änderungsprotokoll

 

Gestützt auf Artikel 25 Absatz 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung vom 24. August 2000, zuletzt geändert durch das Protokoll vom 21. August 2023, (im Folgenden als "Abkommen" bezeichnet) haben die zuständigen Behörden Deutschlands und Österreichs die folgende Konsultationsvereinbarung zur Anwendung des Abkommens zur Auslegung der Grenzgängerregelung nach Artikel 15 Absatz 6 und Artikel 19 Absatz 1a des Abkommens jeweils iVm Ziffer 8 des Protokolls zum Abkommen erzielt:

Inhaltsverzeichnis

1Allgemeines

2Auslegungsfragen zur Grenzgängerregelung nach Artikel 15 Absatz 6 des Abkommens

2.1Nähe der Grenze

2.2Hauptwohnsitz

2.3Tätigkeitsausübung üblicherweise in der Grenzzone

2.4Begrenzung der 45-Tages-Grenze auf höchstens 20 Prozent der tatsächlichen Arbeitstage

2.4.1Ermittlung der tatsächlichen Arbeitstage

2.4.2Höchstgrenze von 20 Prozent der tatsächlichen Arbeitstage

2.4.3Teilzeitbeschäftigung

2.4.4Unterjähriger Zuzug / Wegzug

2.4.5Ansässigkeitswechsel innerhalb der Grenzzone

2.4.6Sonderfälle

2.4.7Vereinfachungsregelung

3Auslegungsfragen zur Grenzgängerregelung nach Artikel 19 Absatz 1a des Abkommens

4Dokumentation

5Rechtsfolgen bei Wegfall der Grenzgängereigenschaft

6Zeitliche Anwendung

1 Allgemeines

1.Die bisherige Grenzgängerregelung in Artikel 15 Absatz 6 des Abkommens konnte den jüngsten Entwicklungen der Arbeitswelt, die zu geänderten Arbeitsformen (vor allem Arbeiten im Homeoffice) geführt haben, nicht ausreichend Rechnung tragen. Sie wurde daher neu gefasst, um Beschäftigten in der Grenzzone mehr Flexibilität einzuräumen. Dies wird dadurch erreicht, dass das Arbeiten und Wohnen in der Grenzzone, nicht jedoch ein tägliches Pendeln über die Grenze erforderlich ist, um die Voraussetzungen der Grenzgängereigenschaft zu erfüllen.

2.Gemäß der Neuregelung in Artikel 15 Absatz 6 des Abkommens wird das ausschließliche Besteuerungsrecht an Gehältern, Löhnen und ähnlichen Vergütungen dem Ansässigkeitsstaat zugewiesen, wenn der Beschäftigte seinen Hauptwohnsitz im Ansässigkeitsstaat in der Nähe der Grenze hat und seine unselbständige Tätigkeit üblicherweise in der Nähe der Grenze ausübt. Dabei ist unbeachtlich, ob der Beschäftigte in der Grenzzone des Ansässigkeitsstaates (zB im Homeoffice) oder jener des anderen Vertragsstaates (zB in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers) tätig wird.

3.Mit dem neuen Artikel 19 Absatz 1a des Abkommens wurde eine Grenzgängerregelung für im öffentlichen Dienst Beschäftigte eingeführt. Aufgrund von Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 des Abkommens dürfen Vergütungen von im öffentlichen Dienst des Kassenstaates beschäftigten Personen, die im anderen Staat ansässig sind und Staatsangehörige dieses Staates sind oder nicht ausschließlich dort ansässig geworden sind, um diese Dienste zu leisten, im Ansässigkeitsstaat besteuert werden, soweit sie den Dienst dort leisten. Diese Regelung zielt insbesondere auf Personen ab, die ihre Dienste für eine staatliche Einrichtung des Kassenstaates, die auf dem Staatsgebiet des Ansässigkeitsstaates belegen ist, leisten (zB Personal, das von Botschaften beschäftigt wird). Ihrem Wortlaut gemäß umfasst die Regelung aber auch solche Konstellationen, in denen eine Person Dienste für eine staatliche Einrichtung des Kassenstaates leistet, die auf dem Staatsgebiet des Kassenstaates belegen ist (zB eine Universität), die betreffende Person aber im anderen Staat ansässig ist und die Dienste auch dort (zB im Homeoffice) leistet. In diesem Fall besteht ein geteiltes Besteuerungsrecht des Kassen- und des Ansässigkeitsstaates. Es hat daher eine Aufteilung der Vergütungen zu erfolgen.

4.Durch Einfügung des neuen Artikel 19 Absatz 1a in das Abkommen wird ermöglicht, dass die Dienste einer Person mit Hauptwohnsitz in der Nähe der Grenze auch innerhalb der Grenzzone des Ansässigkeitsstaates (insbesondere im Homeoffice am Hauptwohnsitz) geleistet werden können und dennoch das Besteuerungsrecht an den Vergütungen im Kassenstaat verbleibt, wenn die Person ihre Dienste üblicherweise in der Grenzzone des Kassen- oder Ansässigkeitsstaats leistet. Im grenznahen Bereich wird dadurch eine Aufteilung des Besteuerungsrechts vermieden. Anders als in Artikel 15 Absatz 6 des Abkommens verbleibt das ausschließliche Besteuerungsrecht für die Vergütungen dieser Personen beim Kassenstaat, für den die Dienste geleistet werden. Dies entspricht dem grundsätzlich in Artikel 19 des Abkommens verankerten Kassenstaatsprinzip.

2 Auslegungsfragen zur Grenzgängerregelung nach Artikel 15 Absatz 6 des Abkommens

2.1 Nähe der Grenze

5.Gemäß Ziffer 8 Satz 1 des Protokolls zum Abkommen umfasst der Ausdruck "in der Nähe der Grenze" die Gemeinden, deren Gebiet ganz oder teilweise in einer Zone von je 30 Kilometern beiderseits der Grenze liegt (Grenzzone).

6.In der Anlage 1 und 2 zu dieser Konsultationsvereinbarung sind die entsprechenden Gemeinden benannt. Sind sowohl Hauptwohnsitz als auch Arbeitsort in einer der genannten Gemeinden belegen, sind die Voraussetzungen der Grenzgängerregelung dem Grunde nach erfüllt.

2.2 Hauptwohnsitz

7.Nach dem Wortlaut des Abkommens steht die Grenzgängereigenschaft nur Personen zu, die in ihrem Ansässigkeitsstaat ihren Hauptwohnsitz in der Nähe der Grenze haben.

8.Der Hauptwohnsitz entspricht dem Lebensmittelpunkt. Dabei ist auf den die Ansässigkeit vermittelnden Wohnsitz abzustellen. Dieser muss sich in der Nähe der Grenze befinden.

9.Die Begründung eines bloßen Zweitwohnsitzes in der Nähe der Grenze im Ansässigkeitsstaat reicht für die Inanspruchnahme der Grenzgängerregelung des Abkommens nicht aus. Andererseits führt allein der Umstand, dass ein Zweitwohnsitz außerhalb der Grenzzone im Ansässigkeits-, Tätigkeits- oder in einem Drittstaat besteht, nicht zur Aberkennung der Grenzgängereigenschaft.

2.3 Tätigkeitsausübung üblicherweise in der Grenzzone

10.Die Tätigkeit muss üblicherweise in der Grenzzone ausgeübt werden. Dabei ist es unerheblich, auf welcher Seite der Grenze die Tätigkeit ausgeübt wird, ob in der Grenzzone des Ansässigkeitsstaates (zB im Homeoffice) oder jener des anderen Staates (zB in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers). Eine Mindestanzahl an Grenzübertritten ist nicht erforderlich.

11.Gemäß Ziffer 8 Satz 2 des Protokolls zum Abkommen wird die Tätigkeit üblicherweise in der Grenzzone ausgeübt, wenn die Person während eines Kalenderjahres höchstens an 45 Arbeitstagen ganz oder teilweise außerhalb der Grenzzone tätig wird.

12.Für Zwecke der Anwendung des Artikels 15 Absatz 6 des Abkommens sind Arbeitstage die tatsächlichen Arbeitstage. Die tatsächlichen Arbeitstage sind alle Tage, an denen die Person ihre Tätigkeit tatsächlich ausübt und für die Arbeitslohn bezogen wird. Der zeitliche Umfang und die Art der Tätigkeitsübung ist für die Frage, ob ein Arbeitstag vorliegt, unbeachtlich.

13.Nicht als Arbeitstage gelten daher Tage, an denen ganztägig nicht gearbeitet wird. Dies gilt insbesondere im Fall von Krankheits- und Urlaubstagen, Tagen der Elternkarenz bzw. der Elternzeit, Tagen der Pflegefreistellung bzw. Pflegekarenz, Tagen der Inanspruchnahme von Zeitausgleich (sog. Gleittage) bzw. Tagen der Umwandlung von Geldansprüchen in ganztägigen Zeitausgleich (sog. Freizeitoption) und Tagen der Freistellung im Rahmen von Teilzeitmodellen (zB Blockmodell im Rahmen der Altersteilzeit). Dagegen können auch Wochenend- oder Feiertage grundsätzlich als tatsächliche Arbeitstage zu zählen sein, wenn die Person an diesen Tagen ihre Tätigkeit tatsächlich ausübt und diese durch den Arbeitgeber vergütet wird (siehe auch Rn. 18).

14.Die Tätigkeit darf während eines Kalenderjahres höchstens an 45 Arbeitstagen außerhalb der Grenzzone ausgeübt werden. Ein Arbeitstag ist in die Berechnung der 45-Tage-Grenze nicht einzubeziehen, wenn die Tätigkeit an diesem Arbeitstag ausschließlich in der Grenzzone ausgeübt wird. Hingegen erfolgt eine Einbeziehung bereits dann, wenn die Tätigkeit nur teilweise außerhalb der Grenzzone ausgeübt wird.

15.

Ein Arbeitnehmer arbeitet an einem Arbeitstag für sechs Stunden im Homeoffice und für zwei Stunden in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers außerhalb der Grenzzone.

Da die Tätigkeit an diesem Arbeitstag teilweise außerhalb der Grenzzone und damit nicht ausschließlich in der Grenzzone ausgeübt wird, ist dieser Tag in die Berechnung der 45-Tage-Grenze einzubeziehen.

16.Arbeitstage der Hin- und Rückreise im Rahmen einer Geschäftsreise sind dann in die Berechnung der 45-Tage-Grenze einzubeziehen, wenn sich der Geschäftsort außerhalb der Grenzzone befindet.

17.

Ein Arbeitnehmer befindet sich von Montag (Anreisetag) bis Freitag (Abreisetag) auf einer Geschäftsreise an einem Ort außerhalb der Grenzzone.

In die Berechnung der 45-Tage-Grenze sind fünf Tage einzubeziehen.

18.Kehrt ein Arbeitnehmer im Rahmen einer Geschäftsreise zB an Wochenenden nicht in die Grenzzone (an seinen Hauptwohnsitz) zurück, und wird an diesen Tagen keine Arbeit geleistet, weil der Arbeitnehmer frei hat, sind diese Tage nicht in die Berechnung der 45-Tage-Grenze einzubeziehen, selbst wenn der Arbeitgeber die Kosten für das Hotel für den Arbeitnehmer übernimmt. Erhält der Arbeitnehmer zusätzlich Aufwandsentschädigungen für die Tage am Wochenende, kann derselbe Schluss gezogen werden, solange keine Tätigkeit und demensprechend auch kein Entgelt für die Arbeitszeit geleistet wird.

2.4 Begrenzung der 45-Tages-Grenze auf höchstens 20 Prozent der tatsächlichen Arbeitstage

19.Zusätzlich zur 45-Tages-Grenze dürfen gemäß Ziffer 8 Satz 3 des Protokolls zum Abkommen die Tage außerhalb der Grenzzone höchstens 20 Prozent der tatsächlichen Arbeitstage im Rahmen des jeweiligen Arbeitsverhältnisses während eines Kalenderjahres betragen. Bei der Berechnung der Begrenzung sind daher in einem ersten Schritt sämtliche tatsächlichen Arbeitstage zu ermitteln (2.4.1) und in einem zweiten Schritt die Höchstgrenze von 20 Prozent anzuwenden (2.4.2).

20.Für Zwecke der Anwendung der Grenzgängerregelung des Artikels 15 Absatz 6 des Abkommens ist jedes Arbeitsverhältnis isoliert zu betrachten.

2.4.1 Ermittlung der tatsächlichen Arbeitstage

21.Maßgeblich für die Berechnung sind die tatsächlichen Arbeitstage im Sinne der Rn. 12 und 13 im Rahmen des jeweiligen Arbeitsverhältnisses pro Kalenderjahr.

22.

B ist in Österreich ansässig und hat ganzjährig seinen Hauptwohnsitz in Österreich in der Nähe der Grenze. Er ist im Zeitraum 01.01. - 11.05. im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit gewöhnlichem Arbeitsort innerhalb der Grenzzone (mit 80 tatsächlichen Arbeitstagen) und im Zeitraum 10.09. - 31.12. im Rahmen eines anderen Arbeitsverhältnisses mit gewöhnlichem Arbeitsort innerhalb der Grenzzone (mit 70 tatsächlichen Arbeitstagen) beschäftigt.

Bei der Ermittlung der tatsächlichen Arbeitstage sind die Arbeitsverhältnisse getrennt zu betrachten. Das bedeutet, dass für das erste Arbeitsverhältnis 80 tatsächliche Arbeitstage und für das zweite Arbeitsverhältnis 70 tatsächliche Arbeitstage heranzuziehen sind.

2.4.2 Höchstgrenze von 20 Prozent der tatsächlichen Arbeitstage

23.In einem zweiten Schritt ist die Höchstgrenze von 20 Prozent der tatsächlichen Arbeitstage zu berechnen. Liegt diese über 45 Tagen, können für Zwecke der Prüfung der Grenzgängereigenschaft nur 45 Tage als zulässige Höchstgrenze der außerhalb der Grenzzone verbrachten Arbeitstage berücksichtigt werden.

24.

B ist in Österreich ansässig, hat ganzjährig seinen Hauptwohnsitz im österreichischen Teil der Grenzzone und ist vom 01.02. - 31.12. bei einem deutschen Arbeitgeber beschäftigt. In diesem Zeitraum arbeitet er 10 Tage im Homeoffice, ist 20 Tage auf Geschäftsreise in einem Drittstaat und arbeitet 15 Tage mobil in Österreich außerhalb der Grenzzone. Die restlichen Arbeitstage verbringt er in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers innerhalb der Grenzzone in Deutschland.

1. Ermittlung der tatsächlichen Arbeitstage

a) Diese betragen 230 Tage.

b) Diese betragen 156 Tage.

2. Ermittlung der Höchstgrenze

a) 230 Tage * 20% = 46 Tage, jedoch Kürzung auf 45 Tage.

b) 156 Tage * 20% = 31,2 Tage, Aufrundung auf 32 Tage.

Die Vereinfachungsregelung (2.4.7.) kommt nicht zur Anwendung, da das Arbeitsverhältnis nicht ganzjährig besteht.

3. Arbeitstage außerhalb der Grenzzone

20 Tage Geschäftsreise + 15 Tage mobile Arbeit = 35 Tage.

(Die 10 Tage Homeoffice innerhalb der Grenzzone sind bei der Berechnung der Höchstgrenze nicht zu berücksichtigen.)

4. Ergebnis

Im Fall a) fällt B unter die Grenzgängerregelung in dem betreffenden Kalenderjahr, da er an nicht mehr als 45 Arbeitstagen ganz oder teilweise außerhalb der Grenzzone tätig wird.

Im Fall b) fällt B nicht unter die Grenzgängerregelung in dem betreffenden Kalenderjahr, da er an mehr als 32 Arbeitstagen ganz oder teilweise außerhalb der Grenzzone tätig wird.

25.

B ist in Deutschland ansässig und hat seinen Hauptwohnsitz ganzjährig im deutschen Teil der Grenzzone. Vom 01.01. - 11.05. übt er seine Tätigkeit in den Räumlichkeiten seines österreichischen Arbeitgebers (öAG 1) außerhalb der Grenzzone aus (50 tatsächliche Arbeitstage). Zum 12.05. wechselt er zu einem neuen österreichischen Arbeitgeber (öAG 2) und wird im restlichen Kalenderjahr von 130 tatsächlichen Arbeitstagen an 10 Tagen außerhalb, an den übrigen Tagen innerhalb der Grenzzone tätig.

1. Getrennte Betrachtung der beiden Arbeitsverhältnisse

öAG 1: 01.01. - 11.05. = Die Grenzgängerregelung findet auf diesen Zeitraum keine Anwendung, da die Tätigkeit nicht in der Grenzzone ausgeübt wird, insoweit kommt Artikel 15 Absatz 1 bis 3 des Abkommens zur Anwendung und das Besteuerungsrecht steht Österreich zu.

öAG 2: 12.05. - 31.12. = Prüfung, ob die Grenzgängerregelung anwendbar ist.

2. Ermittlung der maßgeblichen tatsächlichen Arbeitstage (öAG 2)

Diese betragen 130 Tage.

3. Berechnung der Höchstgrenze (öAG 2)

130 Tage * 20% = 26 Tage

4. Arbeitstage außerhalb der Grenzzone (öAG 2)

10 Tage; die Arbeitstage außerhalb der Grenzzone während des Arbeitsverhältnisses öAG 1 sind unbeachtlich.

5. Ergebnis (öAG 2)

B fällt für den Zeitraum 12.05. - 31.12. unter die Grenzgängerregelung, da er in diesem Zeitraum an nur 10 Tagen außerhalb der Grenzzone tätig ist. Die Vereinfachungsregelung (siehe Rn. 34) kommt u.a. aufgrund des Arbeitgeberwechsels nicht in Betracht. Für den Zeitraum 12.05. bis 31.12. steht das Besteuerungsrecht Deutschland zu.

2.4.3 Teilzeitbeschäftigung

26.Bei Teilzeitbeschäftigten, die nur tageweise beschäftigt sind, ist die Höchstgrenze anhand der 20 Prozent-Regelung zu berechnen. Bei Teilzeitbeschäftigten, die lediglich die tägliche Arbeitszeit reduzieren, nicht jedoch die Anzahl der Wochenarbeitstage im Vergleich zu einem Vollzeitbeschäftigten verringern, ist von der 45-Tage-Grenze bzw. 20 Prozent-Regelung auszugehen (siehe aber auch Rn. 34).

27.

B ist in Deutschland ansässig und hat seinen Hauptwohnsitz ganzjährig im deutschen Teil der Grenzzone. Er ist teilzeitbeschäftigt und arbeitet im ganzen Kalenderjahr lediglich zwei Tage pro Woche in Österreich innerhalb der Grenzzone. Im Zuge seiner Tätigkeit ist B an 17 Tagen aus geschäftlichen Gründen in einem Drittstaat tätig.

1. Ermittlung der tatsächlichen Arbeitstage

a) Diese betragen 90 Tage.

b) Diese betragen 80 Tage.

2. Berechnung der Höchstgrenze

a) 90 Tage * 20% = 18 Tage

b) 80 Tage * 20% = 16 Tage

3. Ergebnis

B ist im Fall a) Grenzgänger und im Fall b) kein Grenzgänger.

2.4.4 Unterjähriger Zuzug / Wegzug

28.Bei Zuzug in die Grenzzone bzw. Wegzug aus der Grenzzone während des Kalenderjahres wird für die Ermittlung der Höchstgrenze nur der jeweilige Zeitraum des Innehabens des Hauptwohnsitzes in der Grenzzone betrachtet. Für diesen Zeitraum sind die tatsächlichen Arbeitstage, die Tage des Tätigwerdens außerhalb der Grenzzone und die Höchstgrenze (20 Prozent der tatsächlichen Arbeitstage bei Hauptwohnsitz in der Grenzzone, max. 45 Tage) zu ermitteln. Die Tage vor dem Zuzug in die Grenzzone oder nach dem Wegzug aus der Grenzzone sind unbeachtlich und werden weder bei der Ermittlung der tatsächlichen Arbeitstage noch bei den Tagen des Tätigwerdens außerhalb der Grenzzone berücksichtigt.

29.

B ist in Österreich ansässig und hat ganzjährig seinen Hauptwohnsitz in Österreich. Er begründet allerdings erst zum 12.05. seinen Hauptwohnsitz in der Nähe der Grenze im österreichischen Teil der Grenzzone. Er ist ganzjährig bei einem deutschen Arbeitgeber in der Nähe der Grenze beschäftigt.

1. getrennte Betrachtung der beiden Zeiträume (vor und nach dem Zuzug in die Grenzzone)

Die tatsächlichen Arbeitstage betragen im ersten Zeitraum (01.01. - 11.05.) 50 und im zweiten Zeitraum (12.05. - 31.12.) 130 Tage.

01.01. - 11.05. = Die Grenzgängerregelung ist mangels Hauptwohnsitzes in der Nähe der Grenze nicht anwendbar; insoweit kommt Artikel 15 Absatz 1 bis 3 des Abkommens zur Anwendung.

12.05. - 31.12. = Prüfung, ob die Grenzgängerregelung anwendbar ist.

2. Ermittlung der maßgeblichen tatsächlichen Arbeitstage (zweiter Zeitraum)

Diese betragen 130 Tage.

3. Berechnung der Höchstgrenze (zweiter Zeitraum)

130 Tage * 20% = 26 Tage

4. Ergebnis (zweiter Zeitraum)

B fällt für den Zeitraum 12.05. bis 31.12. unter die Grenzgängerregelung, wenn er an maximal 26 Tagen im Zeitraum 12.05. bis 31.12. außerhalb der Grenzzone tätig ist.

2.4.5 Ansässigkeitswechsel innerhalb der Grenzzone

30.Für Zwecke der Anwendung der Grenzgängerregelung des Artikels 15 Absatz 6 des Abkommens führt auch ein Ansässigkeitswechsel innerhalb der Grenzzone von einem in den anderen Vertragsstaat zu isoliert zu betrachtenden Zeiträumen.

31.

B ist ganzjährig bei einem deutschen Arbeitgeber in der Grenzzone beschäftigt und hat sowohl den Hauptwohnsitz als auch die Ansässigkeit im Zeitraum 01.01. bis 11.05. im deutschen Teil der Grenzzone. In diesem Zeitraum wird er an 50 tatsächlichen Arbeitstagen tätig, wobei er 30 davon außerhalb der Grenzzone in Deutschland auf Geschäftsreise verbringt; an den übrigen 20 Arbeitstagen wird er in den Geschäftsräumen seines Arbeitgebers tätig. Zum 12.05. gibt er den Wohnsitz in Deutschland auf, begründet seinen Hauptwohnsitz im österreichischen Teil der Grenzzone und wird in Österreich ansässig. In diesem Zeitraum wird er an 130 tatsächlichen Arbeitstagen tätig, wovon er 20 Tage mobil außerhalb der Grenzzone arbeitet.

1. Getrennte Betrachtung der Zeiträume vor und nach Ansässigkeitswechsel

Für den Zeitraum 01.01. - 11.05. = Die Grenzgängerregelung findet auf diesen Zeitraum keine Anwendung, da der Hauptwohnsitz und die Ansässigkeit im deutschen Teil der Grenzzone sind und die Tätigkeit ausschließlich in Deutschland ausgeübt wird. Das Besteuerungsrecht steht Deutschland zu.

12.05. - 31.12. = Prüfung, ob die Grenzgängerregelung anwendbar ist.

2. Ermittlung der maßgeblichen tatsächlichen Arbeitstage

Diese betragen 130 Tage. Die tatsächlichen Arbeitstage während des Zeitraumes vom 01.01. - 11.05. sind unbeachtlich.

3. Berechnung der Höchstgrenze

130 Tage * 20% = 26 Tage

4. Arbeitstage außerhalb der Grenzzone

20 Tage; die 30 Tage vor dem Ansässigkeitswechsel sind unbeachtlich.

5. Ergebnis

B fällt für den Zeitraum 12.05. - 31.12. unter die Grenzgängerregelung, da er in diesem Zeitraum an weniger als 26 Tagen außerhalb der Grenzzone tätig ist. Österreich steht das Besteuerungsrecht zu.

2.4.6 Sonderfälle

32.Bei Schichtdienst, der an einem Kalendertag beginnt und am nächsten Kalendertag endet (zB 20 Uhr bis 6 Uhr) ist nur ein Tag bei der Ermittlung der maßgeblichen tatsächlichen Arbeitstage und bei der Ermittlung der Höchstgrenze einzubeziehen. Entsprechendes gilt bei vergüteten Bereitschaftsdiensten.

33.

B ist in Deutschland ansässig und hat seinen Hauptwohnsitz ganzjährig im deutschen Teil der Grenzzone. Er ist ganzjährig für einen Arbeitgeber tätig und leistet im Kalenderjahr 200 Schichtdienste, davon 75 Nachtdienste, die jeweils um 22 Uhr beginnen und am nächsten Tag um 6 Uhr enden. 178 Schichtdienste werden in der Grenzzone und 22 Schichtdienste außerhalb der Grenzzone geleistet.

1. Ermittlung der maßgeblichen tatsächlichen Arbeitstage

Diese betragen 200 Tage. Die Nachtdienste werden dabei jeweils als ein tatsächlicher Arbeitstag berücksichtigt.

2. Berechnung der Höchstgrenze

45 Tage; B kann von der Vereinfachungsregelung (siehe Rn. 34) Gebrauch machen, sodass eine gesonderte Prüfung der 20 Prozent-Grenze unterbleiben kann.

3. Ergebnis

B fällt für das gesamte Jahr unter die Grenzgängerregelung.

2.4.7 Vereinfachungsregelung

34.Ist ein Arbeitnehmer ganzjährig an mindestens fünf Tagen pro Woche beim selben Arbeitgeber beschäftigt, kann aus Vereinfachungsgründen nur auf die Grenze von 45 Arbeitstagen abgestellt werden. In diesem Fall muss die 20 Prozent-Grenze nicht zusätzlich geprüft werden.

35.Die Vereinfachungsregelung gilt insbesondere nicht, wenn

3 Auslegungsfragen zur Grenzgängerregelung nach Artikel 19 Absatz 1a des Abkommens

36.Mit Artikel 19 Absatz 1a des Abkommens wurde eine Grenzgängerregelung für im öffentlichen Dienst Beschäftige eingeführt. Als Grenzgänger im Sinne dieser Bestimmung gelten im öffentlichen Dienst Beschäftigte, die üblicherweise in der Nähe der Grenze Dienste leisten, in einer im Kassenstaat in der Nähe der Grenze gelegene Dienststelle eingegliedert sind, in der ein Arbeitsplatz zur Arbeitsausübung zur Verfügung steht, und im anderen Staat in der Nähe der Grenze ihren Hauptwohnsitz haben. Zum rechtspolitischen Hintergrund siehe Rn. 3 und 4.

37.Für die Anwendung der Grenzgängerregelung des Artikels 19 Absatz 1a des Abkommens gilt Abschnitt 2 sinngemäß.

38.Die Anwendung der Grenzgängerregelung im öffentlichen Dienst setzt voraus, dass die Person in eine in der Grenzzone des Kassenstaates gelegene Dienststelle eingegliedert ist. Als Dienststelle ist eine organisatorische Einheit zu verstehen, die eine gewisse Selbständigkeit aufweist und der die Person organisatorisch angehört bzw. der die im öffentlichen Dienst beschäftigte Person zur dauernden Dienstverrichtung zugewiesen ist.

39.Darüber hinaus muss ein Arbeitsplatz zur Arbeitsausübung zur Verfügung stehen. Ein Arbeitsplatz kann beispielsweise ein eigenes Büro oder ein Schreibtisch in einem Großraumbüro sein.

40.

B ist in Deutschland ansässig und hat ihren Hauptwohnsitz in Deutschland in der Nähe der Grenze. Sie ist im öffentlichen Dienst der Republik Österreich in eine Dienststelle in der Grenzzone organisatorisch eingegliedert. Ihr steht dort auch ein Arbeitsplatz zur Verfügung. An drei Arbeitstagen pro Woche verrichtet sie ihren Dienst an diesem Arbeitsplatz an der Dienststelle, an den übrigen zwei Arbeitstagen pro Woche wird sie im Homeoffice an ihrem Hauptwohnsitz in der Nähe der Grenze tätig. B wird an keinem Tag außerhalb der Grenzzone tätig.

Ergebnis: B unterliegt nur in Österreich (Kassenstaat) der Besteuerung, auch wenn sie im Homeoffice in Deutschland tätig wird.

Variante: Werden die Dienste an mehr als 45 Tagen außerhalb der Grenzzone in einem der beiden Vertragsstaaten oder in Drittstaaten geleistet (beispielsweise aufgrund von Dienstreisen), hätte dies zur Folge, dass nicht mehr Artikel 19 Absatz 1a, sondern Absatz 1 Satz 2 (Staatsbürgerschaftsvorbehalt) des Abkommens anwendbar wäre und es folglich zu einer Aufteilung des Besteuerungsrechtes käme.

4 Dokumentation

41.Folgende Aufzeichnungen sind vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu führen und auf Verlangen vorzulegen:

5 Rechtsfolgen bei Wegfall der Grenzgängereigenschaft

42.Entfällt die Grenzgängereigenschaft, zB weil die 45-Tages-Grenze überschritten wird, entfällt die Anwendung von Artikel 15 Absatz 6 und Artikel 15 Absätze 1 bis 3 des Abkommens finden wieder Anwendung. Eine entsprechende Aufteilung der Besteuerung ist vorzunehmen. In der Folge ist regelmäßig zumindest ein Teil der Vergütung im Ansässigkeitsstaat nach dem Abkommen steuerfrei zu stellen. Das zuständige Finanzamt im Ansässigkeitsstaat wird im Rahmen einer Veranlagung das Entgelt idR nur dann steuerfrei stellen, wenn die Person

a)eine Besteuerung im anderen Staat (Tätigkeitsstaat) nachweist, und

b)die Anzahl der Arbeitstage außerhalb der Grenzzone belegt.

43.Liegen die Voraussetzungen für die Grenzgängerregelung des Artikels 19 Absatz 1a des Abkommens des Abkommens nicht vor, sind die Vergütungen für Zwecke der Besteuerung gemäß Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 des Abkommens anhand der Tätigkeitstage zwischen dem Kassenstaat und dem Ansässigkeitsstaat aufzuteilen.

6 Zeitliche Anwendung

44.Diese Konsultationsvereinbarung ist für Anwendungs- und Auslegungsfragen des Artikels 15 Absatz 6 und Artikels 19 Absatz 1a des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung vom 24. August 2000, zuletzt geändert durch das Protokoll vom 21. August 2023 anwendbar.

45.Die Konsultationsvereinbarung vom 4./9. April 2019 soll weiterhin im Anwendungsbereich des Abkommens vor Wirksamwerden des Protokolls (siehe Artikel X Ziffer 2 Buchstabe c) vom 21. August 2023 gelten.

Bundesministerium für Finanzen, 22. Dezember 2023

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 25 Abs. 3 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 15 Abs. 6 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 19 Abs. 1a DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 15 Abs. 1 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 15 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 15 Abs. 3 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 19 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002

Schlagworte:

Artikel 15 DBA Deutschland, Artikel 19 DBA Deutschland, DBA Deutschland, Grenzgänger im öffentlichen Dienst, öffentlicher Dienst, Grenznähe, Grenzliste, Grenzgänger, unselbständige Arbeit, Home Office, Nichtrückkehr, Zweitwohnsitz, Schädlichkeitsregelung, Vereinfachungsregelung, Änderungsprotokoll

Stichworte