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9.1.2 Begünstigte Investitionen

BMF2023-0.039.37631.3.2023

9.1.2.1 Begünstigte Wirtschaftsgüter

Rz 3716
Voraussetzung für den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag ist, dass im betreffenden Wirtschaftsjahr abnutzbare körperliche Anlagegüter mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren angeschafft oder hergestellt worden sind.

Im Fall der gemischten (teils betrieblichen, teils privaten) Nutzung ist auf die Betriebsvermögenszugehörigkeit abzustellen: Bei Überwiegen der betrieblichen Nutzung können die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten berücksichtigt werden, im Fall des Überwiegens der privaten Nutzung liegt kein betriebliches Wirtschaftsgut vor, für das ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag geltend gemacht werden könnte.

Ein Freibetrag steht sowohl für notwendiges, als auch für gewillkürtes Betriebsvermögen zu (vgl. dazu Rz 469, 589 ff). Nicht betriebsnotwendige abnutzbare körperliche Wirtschaftsgüter werden durch die Geltendmachung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrags - anders als Wertpapiere (vgl. Rz 3719) - nicht zu notwendigem Betriebsvermögen und vermitteln bei Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 bzw. § 4 Abs. 3 EStG 1988 keine Berechtigung für den Freibetrag.

Rz 3717
Es besteht kein Ausschluss von Gebäudeinvestitionen (einschließlich Herstellungsaufwendungen eines Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf ein Gebäude). Kosten für die Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes können in jenem Ausmaß zur Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages beitragen, in dem das Gebäude dem Betriebsvermögen zuzurechnen ist (siehe dazu Rz 557 ff).

Beispiele:

1. Ein angeschafftes Gebäude wird zu 90% privat und zu 10% betrieblich genutzt. Die Anschaffungskosten können infolge Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Privatvermögen nicht zur Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages herangezogen werden.

2. Ein angeschafftes Gebäude wird zu 85% betrieblich und zu 15% privat genutzt. Die Anschaffungskosten können infolge Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Betriebsvermögen zur Gänze zur Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages herangezogen werden.

3. In einem zu 85% betrieblich und zu 15% privat genutzten Gebäude wird der Privatbereich durch einen Herstellungsaufwand vollständig umgestaltet. Dieser (private) Herstellungsaufwand kann nicht zur Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages herangezogen werden.

Rz 3718
Der Gewinnfreibetrag steht im Herstellungsfall (erst) im Fertigstellungszeitpunkt für die gesamten Herstellungskosten zu.

Im Fall nachträglicher Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind diese im Jahr ihres Anfallens für Zwecke des Freibetrages zu berücksichtigen. Nachträgliche Änderungen (Erhöhungen, Verminderungen) der ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten stellen hingegen rückwirkende Ereignisse iSd § 295a BAO dar und sind folglich im Jahr der ursprünglichen Anschaffung oder Herstellung für Zwecke des Investitionsfreibetrages zu berücksichtigen. Nachträgliche Verminderungen der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ergeben sich bspw. durch die Gewährung von Rabatten, Skonti oder auch Gewährleistungen, weiters durch einen Nachlass des Kaufpreises oder anderer Bestandteile der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

Beispiel 1:

Im Jahr 1 wird eine Maschine (Nutzungsdauer fünf Jahre) um 10.000 Euro an den Steuerpflichtigen geliefert. In diesem Ausmaß wird ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen. Im Jahr 2 fallen Montagekosten in Höhe von 500 Euro an. Diese nachträglichen Anschaffungskosten sind im Jahr des Anfallens, also im Jahr 2 zu aktivieren und können in diesem Jahr für den Freibetrag berücksichtigt werden.

Vorauszahlungen (Anzahlungen) auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten führen zu keinem Freibetrag, da im Zeitpunkt der Vorauszahlung noch keine Anschaffung oder Herstellung vorliegt.

Beispiel 2:

Im Jahr 1 wird für eine Maschine (Nutzungsdauer fünf Jahre) eine Anzahlung in Höhe von 1.000 Euro geleistet. Die Maschine wird im Jahr 2 geliefert. Der Kaufpreis beträgt 5.000 Euro, davon werden - nach Abzug der Anzahlung - 4.000 Euro bezahlt. Die gesamten Anschaffungskosten von 5.000 Euro sind in die Bemessung des Freibetrages des Jahres 2 einzubeziehen. Die Anzahlung des Jahres 1 darf nicht in die Bemessung des Freibetrages des Jahres 1 einbezogen werden.

Rz 3719
Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag steht auch zu, wenn bestimmte Wertpapiere angeschafft werden. Die Wertpapiere sind in § 14 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 umschrieben (siehe dazu Rz 3406c ff). Rückdeckungsversicherungen, die bei der Pensionsrückstellung auf das Ausmaß der erforderlichen Wertpapierdeckung anrechenbar sind, sind für die Inanspruchnahme des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages nicht geeignet.

Im Falle der Wertpapieranschaffung müssen die Wertpapiere dem Anlagevermögen ab dem Anschaffungszeitpunkt mindestens vier Jahre gewidmet werden. Wertpapiere mit einer (Rest)Laufzeit von weniger als vier Jahren kommen als begünstigte Wirtschaftsgüter nicht in Betracht.

Bundesschatzscheine stellen auch bei Wahl einer Laufzeitvariante von weniger als vier Jahren begünstigte Wertpapiere dar; zur Vermeidung einer Nachversteuerung dürfen sie vor Ablauf von vier Jahren nicht aus dem Betriebsvermögen ausscheiden, sodass die Laufzeit gegebenenfalls verlängert werden muss.

Eine fondsgebundene Lebensversicherung stellt kein zur Deckung des Gewinnfreibetrages taugliches Wirtschaftsgut dar.

Als Anschaffungszeitpunkt ist bei Wertpapieren - unabhängig vom Zahlungsfluss und vom Zeitpunkt der Erteilung des Kaufauftrages - jener Zeitpunkt anzusehen, zu dem das Wertpapier für den Steuerpflichtigen verfügbar ist, das ist jener Zeitpunkt, zu dem das Wertpapier auf dem Depot eingebucht wurde (vgl. BFG 10.6.2014, RV/7100104/2013; BFG 23.10.2014, RV/5101024/2011).

Der Umtausch von Anteilen an einem Kapitalanlagefonds auf Grund einer Verschmelzung gemäß §§ 114 bis 127 InvFG 2011 gilt nicht als Tausch (§ 186 Abs. 4 InvFG 2011). Die neuen Anteile treten an die Stelle der alten.

Die Widmung für den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag geschieht bei Wertpapieren durch Aufnahme in das zu führende gesonderte Verzeichnis (§ 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988). In diesem ist betriebsbezogen für jedes Wertpapier der in Anspruch genommene Gewinnfreibetrag der Höhe nach auszuweisen (siehe Rz 3733). Da die Widmung für Zwecke des Gewinnfreibetrages (nur) durch den Ausweis in dem gesonderten Verzeichnis erfolgt, können Wertpapiere, die zur Inanspruchnahme des Freibetrages angeschafft wurden, auch mit privaten Wertpapieren auf einem gemeinsamen Wertpapierdepot gehalten werden. Ebenso können Wertpapiere, die in mehreren Betrieben für Zwecke des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages angeschafft wurden, auf einem einzigen Depot gehalten werden. Lautet das Depot auf mehrere Inhaber, muss die Anschaffung nachweislich durch den Steuerpflichtigen erfolgt sein.

Erfolgt eine Gewinnerhöhung, können Wertpapiere durch Aufnahme in das Verzeichnis für den Freibetrag (nach-)gewidmet werden.

Angeschaffte und im Verzeichnis ausgewiesene Wertpapiere gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 stellen in jenem Umfang, in dem sie einen investitionsbedingten Gewinnfreibetrag vermitteln, notwendiges Betriebsvermögen dar. Für die Bemessung des Gewinnfreibetrages sind bei Wertpapieren die tatsächlichen Anschaffungskosten, die sich mit dem Nennwert bzw. Erstausgabepreis nicht decken müssen, heranzuziehen. Eingekaufte Stückzinsen zählen zu den Anschaffungskosten des Wertpapiers.

Wird die Anschaffung der im Verzeichnis ausgewiesenen Wertpapiere fremdfinanziert, können Finanzierungsaufwendungen im Hinblick darauf, dass die Wertpapiererträge endbesteuert sind, nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 20 Abs. 2 EStG 1988). Im Fall der ohne vorhergehende Entnahme erfolgenden Veräußerung der Wertpapiere sind seit der Anschaffung angefallene Finanzierungsaufwendungen insoweit abzugsfähig, als sie die gesamten Wertpapiererträge übersteigen (vgl. Rz 4863).

Eine Veräußerung von Wertpapieren, für die ein Freibetrag geltend gemacht wurde, innerhalb der Behaltefrist ist insoweit unschädlich, als im selben Wirtschaftsjahr begünstigte körperliche Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt werden (Ersatzbeschaffung, siehe Rz 3737).

Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 30. Juni 2014 endeten und vor dem 1. Jänner 2017 begannen, waren ausschließlich Wohnbauanleihen begünstigt. Diese Einschränkung ist aufgrund des § 124b Z 252 EStG 1988 nicht mehr anwendbar.

Rz 3720
Werden Wertpapiere, für die ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen wurde, vorzeitig getilgt, treten innerhalb von zwei Monaten nachbeschaffte Wertpapiere im Umfang der Anschaffungskosten der vorzeitig getilgten Wertpapiere an deren Stelle; es unterbleibt eine Nachversteuerung, in den nachbeschafften Wertpapieren setzt sich der Lauf der Behaltefrist der getilgten Wertpapiere fort (siehe Rz 3737).

Sollte eine vorzeitige Tilgung von Wertpapieren im Kalendermonat Dezember erfolgen, bestehen keine Bedenken, wenn für das Jahr der Tilgung eine Ersatzbeschaffung der getilgten Wertpapiere bis spätestens 31. Jänner des Folgejahres erfolgt; die Ersatzbeschaffung ist dann als zum 31.12. des Jahres der Tilgung erfolgt anzusehen.

Rz 3721
Auch nach Ablauf der Behaltefrist stellen Wertpapiere, die zum Zweck der Deckung eines Gewinnfreibetrages angeschafft worden sind, Betriebsvermögen dar. Dies gilt auch außerhalb der Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG 1988. Nur durch eine Entnahme scheiden sie aus dem Betriebsvermögen aus.

Rz 3722
Wertpapiere müssen im Jahr der Geltendmachung des Freibetrages die Voraussetzungen als begünstigtes Wirtschaftsgut erfüllen. Eine Änderung der Qualifikation als begünstigtes Wertpapier während der Behaltedauer, etwa weil Anlagebestimmungen eines Investmentfonds so geändert werden, dass die entsprechenden Anteile nicht mehr den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen, hat keine Auswirkung und stellt keinen Grund für eine Nachversteuerung dar.

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