vorheriges Dokument
nächstes Dokument

22.4.4.5.3 Herstellungsaufwendungen

BMF2023-0.871.8196.5.2021

Rz 6662
Herstellungskosten sind jene Aufwendungen, die für die Herstellung des Grundstücks (Gebäudes), seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen (vgl. Rz 2198 sowie Beispielsfälle in Rz 6476). Sie bilden zusammen mit den Anschaffungskosten alle Aufwendungen, die erforderlich waren, um das Wirtschaftsgut in den Zustand zu versetzen, den es bei der Veräußerung hat. Darunter fällt auch der Herstellungsaufwand im Laufe der Besitzzeit, zB bei Aus- oder Zubau. Abziehbare Vorsteuerbeträge gehören nicht zu den Herstellungskosten. Die Kosten der eigenen Arbeit und der Wert unentgeltlicher Leistungen können nicht als Teil der Herstellungskosten berücksichtigt werden (VwGH 20.10.1967, 0322/66); Lohnkosten für mitbeschäftigte Familienmitglieder sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie tatsächlich und nachweislich verausgabt wurden und der Höhe nach einem Fremdvergleich standhalten. Der Herstellungskostenbegriff für Betriebs- und Privatvermögen ist deckungsgleich; daher sind angemessene Teile der Material- und Fertigungsgemeinkosten anzusetzen (vgl. § 203 Abs. 3 UGB idF RÄG 2014). Finanzierungskosten können, soweit sie auf den Herstellungszeitraum entfallen, als Teil der Herstellungskosten angesetzt werden (§ 203 Abs. 4 UGB).

Herstellungsaufwendungen mindern die Einkünfte, wenn sie vom Verkäufer getragen werden auch dann, wenn sie vor der Anschaffung getätigt wurden (zB Herstellungsaufwendungen, die vom Verkäufer als Mieter vor der Anschaffung des Gebäudes getätigt wurden). Wird ein im Miteigentum stehendes Gebäude errichtet, sind Herstellungskosten, die nur von einem oder einem Teil der Miteigentümer getragen werden, bei der Einkünfteermittlung aller Miteigentümer quotal zu berücksichtigen.

Können keine Rechnungen von befugten Unternehmen oder Zahlungsnachweise (zB durch Kontoauszüge) als Nachweis über die Höhe der Herstellungsaufwendungen vorgelegt werden, sind die Aufwendungen nach § 184 BAO vom Finanzamt mittels Schätzungsverfahren zu ermitteln.

Herstellungsaufwendungen kürzen die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen jedoch nur insoweit, als sie nicht schon bei Ermittlung von anderen Einkünften zu berücksichtigen waren. Dabei kommen betriebliche und außerbetriebliche Einkünfte in Betracht (zB Vermietung und Verpachtung, Nutzung als Arbeitszimmer im Wohnungsverband, Nutzung einer Eigentumswohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung). Soweit Herstellungsaufwendungen im Rahmen der Wohnraumschaffung oder Wohnraumsanierung als Sonderausgaben abgezogen worden sind, hindert dies ihre ungeschmälerte Berücksichtigung hingegen nicht. Dies gilt auch für die Geltendmachung von Herstellungskosten als außergewöhnliche Belastung (zB behindertengerechter Umbau, Einbau eines Treppenliftes).

Eine Berücksichtigung von Herstellungsaufwendungen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung konnte unter den Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 EStG 1988 auch bereits durch Zehntel- bis Fünfzehntelabsetzung erfolgen. Weil ab 1.4.2012 bei einer Veräußerung keine besonderen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28 Abs. 7 EStG 1988 idF vor dem AbgÄG 2012) mehr anfallen, ist somit der gesamte bisher beschleunigt abgesetzte Betrag von den Herstellungsaufwendungen abzuziehen und nur der verbleibende Restbetrag anschaffungskostenerhöhend (= einkünftemindernd) zu berücksichtigen. Zur Vorgangsweise bei pauschalierten Anschaffungskosten siehe Rz 6674.

Rz 6662a
Auch im Zusammenhang mit Grund und Boden sind Herstellungskosten möglich. Solche sind dann gegeben, wenn durch Maßnahmen wie Grabungsarbeiten, Rodungen, Planierungen, Begradigungen, Bodensicherungen, bzw. -befestigungen, Terrassierungen und Bodenverbesserungen, die Wesensart des Grund und Bodens wesentlich verändert wird (siehe auch Rz 2627a).

Keine Herstellungskosten im Zusammenhang mit Grund und Boden sind aber Aufwendungen für ein geologisches Gutachten, weil dadurch keine Änderung der Wesensart des Grund und Bodens bewirkt wird. Wird ein solches Gutachten im Zusammenhang mit der Veräußerung von Grund und Boden erstellt, liegen grundsätzlich Werbungskosten vor, allerdings ist das Abzugsverbot nach § 20 Abs. 2 EStG 1988 zu beachten.

Geotechnische Maßnahmen im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Errichtung eines Gebäudes sind den Herstellungsaufwendungen des Gebäudes zuzuordnen.

22.4.4.5.4 Instandsetzungsaufwendungen

Rz 6663
Instandsetzungsaufwendungen sind jene Aufwendungen, die nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungsaufwendungen gehören und alleine oder zusammen mit dem Herstellungsaufwand den Nutzwert des Gebäudes wesentlich erhöhen oder seine Nutzungsdauer wesentlich verlängern (§ 28 Abs. 3 EStG 1988, siehe im Einzelnen die unter Rz 6469 angeführten Beispiele). Sie mindern die nach § 30 Abs. 3 EStG 1988 ermittelten Einkünfte, wenn sie vom Verkäufer getragen werden. Dies gilt auch dann, wenn sie vor der Anschaffung getätigt wurden (zB Instandsetzungsaufwendungen, die vom Verkäufer als Mieter vor der Anschaffung des Gebäudes getätigt wurden). Instandsetzungsaufwendungen kürzen die Einkünfte jedoch nur insoweit, als sie nicht schon bei Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen waren. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sofort in voller Höhe abgesetzte Instandsetzungsaufwendungen (für Gebäude, die nicht Wohnzwecken dienen) sind daher bei Ermittlung der Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen nicht (nochmals) zu berücksichtigen. Soweit Instandsetzungsaufwendungen im Rahmen der Wohnraumsanierung als Sonderausgaben abgezogen worden sind, hindert dies ihre ungeschmälerte Berücksichtigung hingegen nicht. Dies gilt auch für die Geltendmachung von Instandsetzungsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung.

Bei vermieteten Gebäuden sind nur jene Instandsetzungszehntel einkünftemindernd abzuziehen, die auf Zeiträume nach der Veräußerung entfallen, weil diese bei Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht mehr zu berücksichtigen sind (Rz 6484).

Keine Instandsetzungsaufwendungen stellen Beiträge der Wohnungseigentümer zum Instandhaltungsfonds dar. Instandsetzungsaufwendungen sind erst dann gegeben, wenn die Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen aus dem Instandhaltungsfonds beglichen werden (siehe Rz 6419a). Ebenso führt ein von der Wohnungseigentümergemeinschaft aufgenommener Kredit nicht unmittelbar zu steuerlichen Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen bei den einzelnen Wohnungseigentümern; dies gilt ebenso für die Tilgung des Kredites. Die steuerliche Auswirkung ergibt sich wiederum nur aufgrund der tatsächlichen Verausgabung für Instandsetzungs- bzw. Herstellungsaufwendungen, und zwar sowohl von Seiten der einzelnen Wohnungseigentümer als auch von Seiten der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft (direkt oder aus dem Instandsetzungsfonds).

22.4.4.5.5 Absetzung für Abnutzung

Rz 6664
Eine fiktive Absetzung für Abnutzung für Privatnutzung ist bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 30 EStG 1988 nicht zu berücksichtigen. Hingegen vermindern AfA-Beträge, die bei Ermittlung von Einkünften berücksichtigt worden sind, unabhängig davon, ob sie sich tatsächlich steuerlich ausgewirkt haben (zB in Verlustsituationen oder bei einem niedrigen Einkommen), die adaptierten Anschaffungskosten. Dies gilt auch im Falle eines unentgeltlichen Erwerbers eines Grundstücks, wenn die Absetzung für Abnutzung vom Rechtsvorgänger geltend gemacht wurde (siehe dazu Rz 6660 und 6661). AfA-Beträge für Gebäude(teile) des Betriebsvermögens, die bei den betrieblichen Einkünften abgezogen worden sind, sind nicht hinzuzurechnen, weil sie grundsätzlich bereits im Rahmen der Erfassung der stillen Reserven im Entnahmezeitpunkt Berücksichtigung gefunden haben. Der dabei angesetzte Entnahmewert ist an die Stelle der tatsächlichen Anschaffungskosten getreten (§ 6 Z 4 EStG 1988). Hingegen sind eingelegte AfA-Beträge bei in untergeordnetem Ausmaß betrieblich genutzten Gebäudeteilen zur Vermeidung einer Doppelberücksichtigung einkünfteerhöhend anzusetzen.

Stichworte