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27.1.3 Beteiligungsertragsbefreiung und KESt-Rückerstattung

BMF2021-0.768.4855.11.2021

Rz 1486
Die Beteiligungsertragsbefreiung des § 10 KStG 1988 ist für gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 beschränkt steuerpflichtige Körperschaften in der Regel nicht anzuwenden und daher unterliegen Ausschüttungen an gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 beschränkt steuerpflichtige Körperschaften grundsätzlich der Besteuerung. In folgenden Fällen wird dieser Grundsatz durchbrochen:

Rz 1487
§ 21 Abs. 1 Z 2 lit. a KStG 1988 idF JStG 2018 sieht eine sinngemäße Anwendung der Beteiligungsertragsbefreiung gemäß § 10 KStG 1988 hinsichtlich Beteiligungen in einer inländischen Betriebsstätte von beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften vor. Die Regelung gilt für ab dem 1.1.2019 zu erfassende Beteiligungserträge. Davor konnte die Beteiligungsertragsbefreiung nur für Beteiligungserträge von in EU- oder EWR-Mitgliedstaaten ansässigen beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften in Anspruch genommen werden.

Auf Beteiligungen an ausländischen Körperschaften, die einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind, kommen auch der Methodenwechsel (siehe dazu Rz 1248fm) und die Hinzurechnungsbesteuerung (siehe dazu Rz 1248cn) sinngemäß zur Anwendung.

Die Zuordnung einer Beteiligung zum Vermögen einer inländischen Betriebsstätte setzt grundsätzlich einen funktionalen Zusammenhang dieser Beteiligung zum Betriebsvermögen dieser Betriebsstätte voraus (siehe dazu Rz 433). Es bestehen jedoch keine Bedenken, die bereits vorgenommene Zuordnung einer Beteiligung als (gewillkürtes) Betriebsvermögen einer inländischen Betriebsstätte vor dem 1.7.2019 bei der Anwendung von § 21 Abs. 1 Z 2 lit. a KStG 1988 beizubehalten.

Beispiel:

Eine deutsche AG unterhält in Österreich eine Betriebsstätte zur Produktion von Wirtschaftsgütern. Zum Vertrieb der Produkte gründet sie in Österreich und in Ungarn je eine Tochtergesellschaft. Diese Tochtergesellschaften werden von Österreich aus betreut und dienen dem Vertrieb der in Österreich erzeugten Produkte. Aufgrund des funktionalen Zusammenhangs gehören daher die Beteiligungen zum Betriebsvermögen der Betriebsstätte. Die Beteiligungserträge sind zwar im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht im Betriebsstättengewinn zu erfassen, die Befreiungsbestimmungen des § 10 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 (hinsichtlich der österreichischen) und § 10 Abs. 1 Z 7 iVm Abs. 2 KStG 1988 (hinsichtlich der ungarischen Tochtergesellschaft vorbehaltlich § 10a Abs. 7 KStG 1988) sind aber anzuwenden (siehe Rz 1153 bis Rz 1248). Passiveinkünfte der ungarischen Tochtergesellschaft können auch nach Maßgabe von § 10a Abs. 4 und 5 KStG 1988 der Hinzurechnungsbesteuerung im Inland unterliegen und erhöhen diesfalls den Betriebsstättengewinn (siehe dazu Rz 1248aa ff).

Rz 1488
Unabhängig vom Bestehen einer inländischen Betriebsstätte unterliegen Gewinnanteile von Gesellschaften der Anlage 2 zum EStG 1988 aus Beteiligungen von mindestens 10% an einer unbeschränkt steuerpflichtigen inländischen Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft gemäß § 94 Z 2 EStG 1988 nicht der Kapitalertragsteuer und somit auch nicht der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 in Verbindung mit § 98 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988. Voraussetzung ist, dass die Beteiligung während eines ununterbrochenen Zeitraumes von mindestens einem Jahr besteht.

Rz 1489
Für Gewinnanteile aus Beteiligungen von beschränkt Steuerpflichtigen, die in einem EU-Mitgliedstaat oder einem Staat des EWR ansässig sind, besteht gemäß § 21 Abs. 1 Z 1a KStG 1988 idF JStG 2018 aus unionsrechtlichen Gründen eine Rückzahlungsmöglichkeit für die im Ausland nicht anrechenbare Kapitalertragsteuer. Dies gilt nur, soweit die Kapitalertragsteuer nicht bereits auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens im Ansässigkeitsstaat angerechnet werden kann. § 21 Abs. 1 Z 1a KStG 1988 sieht unter den gegebenen Voraussetzungen eine Rückerstattungsmöglichkeit für Einkünfte gemäß § 27 Abs. 2 Z 1 lit. a, b und c EStG 1988 vor. Damit sind neben Dividenden und sonstigen Bezügen aus Aktien und GmbH-Anteilen auch gleichartige Bezüge und Rückvergütungen aus Anteilen an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie gleichartige Bezüge aus Genussrechten und Bezüge aus Partizipationskapital vom sachlichen Anwendungsbereich der Bestimmung erfasst.

Die KESt-Rückerstattung steht im Sinne der Rechtsprechung des VwGH im Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 49 AEUV) auch Körperschaften zu, die in einem Drittstaat ansässig sind (VwGH 11.9.2020, Ra 2020/13/0006). Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass

Für Anträge auf Rückzahlungen gemäß § 21 Abs. 1 Z 1a KStG 1988 ist - wie für Anträge auf Erstattung der Kapitalertragsteuer auf Grund der im DBA vorgesehenen Quellensteuerreduktion - für Großbetriebe (§ 61 Abs. 4 Z 2 BAO; bis 31.12.2020 Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart) zuständig.

Rz 1490
Die Rückzahlung erfolgt auf Antrag des Steuerpflichtigen unter folgenden Voraussetzungen:

  1. 1. Der Antrag des Steuerpflichtigen wird, analog zu § 240 Abs. 3 BAO, bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer folgt, beim Finanzamt für Großbetriebe (bis 31.12.2020 beim Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart) gestellt.
  2. 2. Der Steuerpflichtige weist nach, dass die Kapitalertragsteuer in seinem Ansässigkeitsstaat nicht oder nicht zur Gänze angerechnet werden kann.

Für ab 2019 gestellte Rückzahlungsanträge ist gemäß § 240a BAO eine elektronische Vorausmeldung beim Finanzamt (ab dem 1.1.2021 beim Finanzamt für Großbetriebe, davor beim Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart) erforderlich, die der Antragstellung vorgelagert ist.

Beispiele:

1. Die X-AG, die im EU-Mitgliedstaat A ansässig ist, bezieht eine Dividende in Höhe von 1.000 aus ihrer 5-prozentigen Beteiligung an einer österreichischen Y-AG. Mit dem EU-Mitgliedstaat A besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen, das für Dividenden eine Quellensteuer von maximal 10% und die Anrechnung im Ansässigkeitsstaat vorsieht. Da EU-Mitgliedstaat A Auslandsdividenden aber grundsätzlich befreit, ist tatsächlich keine Anrechnung der österreichischen Kapitalertragsteuer möglich. Eine Quellensteuerentlastung durch die Y-AG findet nicht statt, dh. es wird Kapitalertragsteuer in Höhe von 250 einbehalten.

Die X-AG kann einen Antrag auf Erstattung der gemäß DBA zu viel einbehaltenen Kapitalertragsteuer in Höhe von 150 beim Finanzamt für Großbetriebe (bis 31.12.2020 beim Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart) stellen.

Um auch die im Ausland nicht angerechnete restliche Kapitalertragsteuer in Höhe von 100 zurück zu erhalten, muss die X-AG einen Antrag auf Rückzahlung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1a KStG 1988 beim Finanzamt für Großbetriebe (bis 31.12.2020 beim Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart) stellen.

2. Die Z-AG, die im EU-Mitgliedstaat B ansässig ist, bezieht eine Ausschüttung in Höhe von 1.000 aus ihrer 5-prozentigen Beteiligung an der österreichischen Y-AG. Mit dem EU-Mitgliedstaat B besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen, das für Dividenden eine Quellensteuer von maximal 10% und die Anrechnung im Ansässigkeitsstaat vorsieht. Eine Quellensteuerentlastung durch die Z-AG findet nicht statt, dh. es wird Kapitalertragsteuer in Höhe von 250 einbehalten.

EU-Mitgliedstaat B unterwirft die österreichische Dividende seiner 20-prozentigen Körperschaftsteuer und rechnet die österreichische KESt in Höhe von 100 aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens an.

Da die österreichische KESt in Höhe von 100 in Mitgliedstaat B anrechenbar ist, ist eine Rückzahlung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1a KStG 1988 nicht möglich, jedoch kann eine DBA-konforme Steuerrückerstattung in Höhe von 150 beim Finanzamt für Großbetriebe (bis 31.12.2020 beim Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart) erwirkt werden.

Rz 1491
Als Nachweis kommen insbesondere eine Bestätigung der Steuerverwaltung des Ansässigkeitsstaates oder ein Steuerbescheid in Betracht, aus dem sich die Nicht-Anrechnung der österreichischen Kapitalertragsteuer schlüssig ergibt. Aus welchem Grund keine Anrechnung der österreichischen Kapitalertragsteuer möglich ist, spielt für die Rückzahlung der Kapitalertragsteuer grundsätzlich keine Rolle. Kann daher zB im Ansässigkeitsstaat keine Anrechnung erfolgen, weil die Gesellschaft im Jahr des Kapitalertragsteuerabzuges Verluste erwirtschaftet und der Ansässigkeitsstaat keinen Anrechnungsvortrag gewährt, ist die Rückzahlung der österreichischen Kapitalertragsteuer möglich.

Beispiel:

Die X-AG, die im EU-Mitgliedstaat C ansässig ist, bezieht eine Dividende aus ihrer 5-prozentigen Beteiligung an der österreichischen Y-AG. Mit dem EU-Mitgliedstaat C besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen, das für Dividenden eine Quellensteuer von maximal 10% und die Anrechnung im Ansässigkeitsstaat vorsieht. EU-Mitgliedstaat C sieht grundsätzlich die Besteuerung der österreichischen Dividende vor, aufgrund anderer hoher Verluste kommt es jedoch zu keiner Anrechnung der österreichischen Kapitalertragsteuer. EU-Mitgliedstaat C kennt keinen Anrechnungsvortrag. Eine Quellensteuerentlastung durch die Y-AG findet statt.

Die X-AG kann einen Antrag auf Rückzahlung der einbehaltenen österreichischen Kapitalertragsteuer gemäß § 21 Abs. 1 Z 1a KStG 1988 beim Finanzamt für Großbetriebe stellen.

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