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23.3.3.4 Hybrides Unternehmen

BMF2021-0.768.4855.11.2021

Rz 1309hg
§ 14 Abs. 3 Z 1 lit. a dritter Teilstrich KStG 1988 erfasst als hybride Gestaltungen jene D/NI-Steuerdiskrepanzen, die sich aufgrund der unterschiedlichen Beurteilung der Steuersubjektivität des Zahlers oder Zahlungsempfängers durch zwei Staaten ergeben (hybrides Unternehmen). D/NI-Steuerdiskrepanzen können sowohl Zahlungen an ein hybrides Unternehmen (siehe Rz 1309hk) als auch Zahlungen eines hybriden Unternehmens an seinen Gesellschafter (siehe Rz 1309hl) betreffen.

Rz 1309hh
Als hybrides Unternehmen ist jedes Unternehmen oder jede Gestaltung anzusehen, das bzw. die nach den Rechtsvorschriften eines Staates als Steuersubjekt gilt und dessen bzw. deren Einkünfte oder Aufwendungen nach den Rechtsvorschriften eines anderen Staates steuerlich als Einkünfte oder Aufwendungen einer oder mehrerer anderer Personen behandelt werden.

Rz 1309hi
Der Begriff des hybriden Unternehmens im Sinne des § 14 Abs. 3 Z 1 lit. a dritter Teilstrich KStG 1988 ist weit gefasst und setzt nicht das tatsächliche Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit voraus, sondern lediglich eine unterschiedliche Beurteilung einer Kapitalgesellschaft oder Personenvereinigung (Personengesellschaft) als Steuersubjekt.

Rz 1309hj
Ein hybrides Unternehmen im Sinne des § 14 Abs. 3 Z 1 lit. a dritter Teilstrich KStG 1988 kann in den beiden folgenden unterschiedlichen Konstellationen vorliegen:

Beispiel 1:

Eine slowakische "kommanditna spolocnost" (k.s.) wird in der Slowakei als eigenes Körperschaftsteuersubjekt behandelt, nach österreichischem Steuerrecht jedoch als Personengesellschaft, sodass die anteiligen Einkünfte und Aufwendungen unmittelbar den österreichischen Gesellschaftern zuzurechnen sind.

Beispiel 2:

Eine österreichische GmbH wird in den USA als steuerlich transparent eingestuft, weil nach US-Steuerrecht aufgrund der sog. check-the-box-Regelungen das Wahlrecht zur Qualifikation der GmbH als Personengesellschaft für steuerliche Zwecke ausgeübt wurde.

Rz 1309hk
Bei Zahlungen an ein hybrides Unternehmen kann sich eine hybride Gestaltung dann ergeben, wenn der Abzug bei gleichzeitiger steuerlicher Nichtberücksichtigung auf unterschiedliche Vorschriften über die Zuordnung dieser Zahlung zwischen einem hybriden Unternehmen und seinem Gesellschafter zurückzuführen ist, weil das hybride Unternehmen in dem Staat, nach dessen Rechtsvorschriften es errichtet wurde, nicht als Steuersubjekt, allerdings in dem Staat seines Gesellschafters als Steuersubjekt behandelt wird (siehe dazu das Beispiel in Rz 1309it).

Rz 1309hl
Eine hybride Gestaltung kann außerdem vorliegen, wenn eine Zahlung eines hybriden Unternehmens an seinen Gesellschafter zu einem Abzug bei gleichzeitiger steuerlicher Nichtberücksichtigung führt und diese Steuerdiskrepanz auf den Umstand zurückzuführen ist, dass die Zahlung nach den Rechtsvorschriften des Staates des Zahlungsempfängers nicht als Ertrag erfasst wird, weil das hybride Unternehmen aus Sicht dieses Staates nicht als Steuersubjekt behandelt wird, während aus Sicht des anderen Staates das hybride Unternehmen als Steuersubjekt behandelt wird.

Beispiel:

Ein im Staat B ansässiges hybrides Unternehmen tätigt eine Zahlung an seine im Staat A ansässige Gesellschafterin A Co.

Das hybride Unternehmen wird nach den Rechtsvorschriften des Staates A steuerlich als transparent behandelt. Daher führt die Zahlung im Staat A nicht zu steuerlichen Einkünften der A Co.

Im Staat B wird das hybride Unternehmen dagegen als steuerlich intransparent behandelt. Dieses bildet im Staat B mit der dort ansässigen B Co eine steuerliche Unternehmensgruppe. Die Zahlung wird daher im Staat B als Betriebsausgabe zum Abzug zugelassen und mit den positiven Einkünften der B Co im Rahmen der steuerlichen Unternehmensgruppe verrechnet.

Die unterschiedliche Beurteilung der Steuersubjektivität des Zahlers führt zu einer Steuerdiskrepanz im Sinne des § 14 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 (D/NI-Ergebnis). Es liegt folglich eine hybride Gestaltung im Sinne des § 14 Abs. 3 Z 1 lit. a dritter Teilstrich KStG 1988 vor.

23.3.3.5 Hybride Betriebsstätte

Rz 1309hm
§ 14 Abs. 3 Z 1 lit. a vierter Teilstrich KStG 1988 erfasst als hybride Gestaltungen jene D/NI-Steuerdiskrepanzen, die sich aufgrund von Unterschieden hinsichtlich der Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen zu einer Betriebsstätte (hybride Betriebsstätte) ergeben.

Rz 1309hn
Eine hybride Betriebsstätte im Sinne des § 14 Abs. 3 Z 1 lit. a vierter Teilstrich KStG 1988 liegt vor, wenn sowohl der Ansässigkeitsstaat (Stammhausstaat) des Unternehmens als auch der Betriebsstättenstaat zwar dem Grunde nach einheitlich vom Vorliegen einer Betriebsstätte ausgehen, jedoch Aufwendungen und Erträge nicht einheitlich der Betriebsstätte zuordnen. Entscheidend ist dabei zunächst, dass abgeleitet aus dem innerstaatlichen Recht oder dem DBA-Recht beide Staaten einheitlich die Existenz einer Betriebsstätte bejahen. Geht lediglich der Ansässigkeitsstaat des Unternehmens vom Vorliegen einer Betriebsstätte im anderen Staat aus, liegt eine unberücksichtigte Betriebsstätte im Sinne des§ 14 Abs. 3 Z 1 lit. a fünfter Teilstrich KStG 1988 vor (siehe dazu Rz 1309hr ff).

Rz 1309ho
Gehen beide Staaten einheitlich vom Vorliegen einer Betriebsstätte aus, ist es in weiterer Folge nicht maßgeblich, ob sich die unterschiedliche Zuordnung der Einkünfte und Aufwendungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte durch unterschiedliche innerstaatliche Zuordnungsregelungen, unterschiedliche DBA-Auslegung oder unterschiedliche Sachverhaltsbeurteilung ergibt.

Rz 1309hp
Eine D/NI-Steuerdiskrepanz aufgrund einer hybriden Betriebsstätte tritt bei einer aufwandswirksam erfassten Zahlung an ein Unternehmen ein, wenn diese zu einer steuerlichen Nichtberücksichtigung der korrespondierenden Erträge wegen einer unterschiedlichen Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte führt. Eine korrespondierende Erfassung der Erträge fehlt, wenn aus Sicht des Ansässigkeitsstaates des empfangenden Unternehmens die korrespondierenden Erträge einer ausländischen Betriebsstätte zugeordnet werden, die Betriebsstätteneinkünfte jedoch etwa aufgrund des DBA mit dem Betriebsstättenstaat aufgrund der Anwendung der Befreiungsmethode nicht im Ansässigkeitsstaat der Besteuerung unterliegen (Befreiungsmethode) und der Betriebsstättenstaat diese Erträge dem Stammhaus zuordnet.

Beispiel:

Die im Staat A ansässige Körperschaft A Co gewährt der im Staat C ansässigen Körperschaft C Co ein Darlehen. Die C Co tätigt dementsprechend Zinszahlungen an die A Co, die im Staat C als Betriebsausgabe abgezogen werden. Die A Co unterhält im Staat B eine Betriebsstätte. Zwischen Staat A und Staat B besteht ein DBA, nach dem Betriebsstätteneinkünfte im Staat B von Staat A freizustellen sind. Staat A ordnet das Darlehen der Betriebsstätte zu und erfasst daher die korrespondierenden Erträge (somit auch die von C Co geleisteten Zinsen) und Aufwendungen im Zusammenhang mit diesem Darlehen nicht. Staat B geht jedoch davon aus, dass das Darlehen nicht der Betriebsstätte, sondern dem Stammhaus zuzuordnen ist und erfasst daher ebenfalls die von C Co geleisteten Zinsen nicht als Ertrag. Die unterschiedliche Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen zur Betriebsstätte führt zu einer Steuerdiskrepanz im Sinne des § 14 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 (D/NI-Ergebnis). Es liegt folglich eine hybride Gestaltung im Sinne des § 14 Abs. 3 Z 1 lit. a vierter Teilstrich KStG 1988 vor.

Rz 1309hq
Keine D/NI-Steuerdiskrepanz aufgrund einer hybriden Betriebsstätte tritt daher im Anwendungsbereich der Anrechnungsmethode ein. Dies gilt auch im Anwendungsbereich der Befreiungsmethode, wenn es etwa dem Ansässigkeitsstaat nach dem jeweiligen DBA erlaubt ist, zur Vermeidung von Qualifikationskonflikten von der Verpflichtung zur Freistellung abzusehen.

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