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22.10 Zinsschranke in der Unternehmensgruppe (§ 12a Abs. 7 KStG 1988)

BMF2021-0.768.4855.11.2021

22.10.1 Allgemeines

Rz 1309eh
Für Unternehmensgruppen im Sinne des § 9 KStG 1988 erfolgt die Anwendung der Zinsschranke ausschließlich auf Ebene des Gruppenträgers im Rahmen der Ermittlung des zusammengefassten Ergebnisses der Unternehmensgruppe (§ 12a Abs. 7 erster Satz KStG 1988). Die Zinsschrankenregelung gemäß § 12a KStG 1988 wirkt sich daher innerhalb einer Unternehmensgruppe nur auf das vom Gruppenträger zu versteuernde Gruppeneinkommen und den Veranlagungsbescheid des Gruppenträgers gemäß § 24a Abs. 3 KStG 1988 aus.

Rz 1309ei
Die eigenen Einkommen des Gruppenträgers gemäß § 9 Abs. 6 Z 2 zweiter Satz KStG 1988 und der unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieder gemäß § 9 Abs. 6 Z 1 KStG 1988 sowie die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte ausländischer Gruppenmitglieder aus inländischen Betriebsstätten werden durch die Zinsschrankenregelung in der Unternehmensgruppe nicht beeinflusst. Es erfolgt für Körperschaften innerhalb der Unternehmensgruppe im Unterschied zu Körperschaften außerhalb der Unternehmensgruppe daher keine individuelle Anwendung der Zinsschranke. Die Zinsschranke wirkt sich daher auch nicht auf die Feststellungsbescheide des Gruppenträgers und der Gruppenmitglieder aus.

Rz 1309ej
§ 12a Abs. 7 Z 1 bis 5 KStG 1988 sehen spezielle Regelungen für die Anwendung der Zinsschranke in der Unternehmensgruppe vor, die insoweit den allgemeinen Regelungen des § 12a KStG 1988 vorgehen. Sofern § 12a Abs. 7 KStG 1988 nichts Anderes regelt, gelten die allgemeinen Regelungen des § 12a KStG 1988 auch innerhalb der Unternehmensgruppe. In der Unternehmensgruppe sind daher auch folgende Ausnahmeregelungen anwendbar:

Die Anwendung der Ausnahme für eigenständige Unternehmen (§ 12a Abs. 2 zweiter Satz KStG 1988; vgl. Rz 1309aj ff) ist in der Unternehmensgruppe hingegen ausdrücklich ausgeschlossen.

Rz 1309ek
Bei Vorliegen einer Unternehmensgruppe ist gemäß § 26c Z 80 KStG 1988 die Zinsschrankenregelung erstmalig für Wirtschaftsjahre des Gruppenträgers anzuwenden, die nach dem 31.12.2020 beginnen. Zugerechnete Ergebnisse von Gruppenmitgliedern aus Wirtschaftsjahren, die vor dem 1.1.2021 begonnen haben, sind bei der Ermittlung des Gruppen-Zinsüberhangs und des Gruppen-EBITDA nicht zu berücksichtigen.

22.10.2 Grundregel und Freibetrag in der Unternehmensgruppe (§ 12a Abs. 7 Z 1 KStG 1988)

22.10.2.1 Grundregel

Rz 1309el
In der Unternehmensgruppe ist der sog. Gruppen-Zinsüberhang (siehe dazu Rz 1309en f) bei der Ermittlung des zusammengefassten Ergebnisses des Veranlagungszeitraumes nur im Ausmaß von 30% des steuerlichen Gruppen-EBITDA (= verrechenbares Gruppen-EBITDA; siehe dazu Rz 1309ep ff) abzugsfähig.

22.10.2.2 Freibetrag

Rz 1309em
Ein Gruppen-Zinsüberhang ist jedoch jedenfalls bis zu einem Betrag von 3 Millionen Euro pro Veranlagungszeitraum abzugsfähig (Gruppen-Freibetrag). Der Gruppen-Freibetrag kann allerdings nur einmal pro Unternehmensgruppe in Anspruch genommen werden. Beträgt das verrechenbare Gruppen-EBITDA weniger als der Gruppenfreibetrag von 3 Millionen Euro, kann daher auch ein das verrechenbare Gruppen-EBITDA übersteigender Zinsüberhang bis zu einem Betrag von 3 Millionen Euro abgezogen werden.

22.10.2.3 Ermittlung des Gruppen-Zinsüberhangs (lit. a)

Rz 1309en
Als Gruppen-Zinsüberhang gelten die um die steuerpflichtigen Zinserträge verminderten abzugsfähigen Zinsaufwendungen des Gruppenträgers und der unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieder sowie der beschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieder aus inländischen Betriebsstätten.

In die Ermittlung des Gruppen-Zinsüberhangs fließen im Wege einer additiven Berücksichtigung daher bei unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenkörperschaften entsprechend § 12a Abs. 3 KStG 1988 deren abzugsfähige Zinsaufwendungen ein, welche um deren steuerpflichtige Zinserträge zu vermindern sind (siehe zur allgemeinen Vorgangsweise bei der Ermittlung des Zinsüberhangs bereits Rz 1309ar f; zum Zinsbegriff siehe Rz 1309at ff).

Bei beschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern fließen hingegen lediglich die einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnenden abzugsfähigen Zinsaufwendungen vermindert um die betriebsstättenbezogenen steuerpflichtigen Zinserträge in den Gruppen-Zinsüberhang ein; dies gilt sinngemäß auch für beschränkt steuerpflichtige Gruppenträger.

Rz 1309eo
Aufgrund der Ermittlungsmethodik kommt es innerhalb der Unternehmensgruppe zu einer Neutralisierung von gruppeninternen steuerpflichtigen Zinserträgen und abzugsfähigen Zinsaufwendungen.

Beispiel:

Eine steuerliche Unternehmensgruppe besteht aus dem inländischen Gruppenträger GT und dem inländischen Gruppenmitglied GM (Bilanzstichtag jeweils 31.12.). Der Gruppenträger hat im Wirtschaftsjahr X1 abzugsfähige Zinsaufwendungen in Höhe von 4 Mio. Euro, denen steuerpflichtige Zinserträge aus einem Darlehen an das Gruppenmitglied in Höhe von 1,5 Mio. Euro gegenüberstehen. Das Gruppenmitglied hat im Wirtschaftsjahr X1 abzugsfähige Zinsaufwendungen in Höhe von 2 Mio. Euro und keine Zinserträge.

Der Gruppen-Zinsüberhang im Veranlagungszeitraum X1 beträgt 4,5 Mio. Euro (4 + 2 - 1,5).

22.10.2.4 Ermittlung des verrechenbaren Gruppen-EBITDA (lit. b und lit. c)

Rz 1309ep
Als Gruppen-EBITDA gilt die Summe der Gesamtbeträge der Einkünfte des Gruppenträgers und der unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieder sowie der Einkünfte beschränkt steuerpflichtiger Gruppenmitglieder aus inländischen Betriebsstätten, neutralisiert um die darin enthaltenen steuerlichen Abschreibungen und Zuschreibungen sowie den Gruppen-Zinsüberhang (§ 12a Abs. 7 Z 1 lit. b KStG 1988). Vor- und Außergruppenverluste von Gruppenmitgliedern kürzen die Einkünfte nicht.

Bei beschränkt steuerpflichtigen ausländischen Gruppenmitgliedern werden nur die Einkünfte aus inländischen Betriebsstätten berücksichtigt; dies gilt sinngemäß auch für beschränkt steuerpflichtige Gruppenträger. Das verrechenbare Gruppen-EBITDA beträgt 30% des Gruppen-EBITDA (§ 12a Abs. 7 Z 1 lit. c KStG 1988).

Rz 1309eq
Entsprechend § 2 erster Satz EBITDA-Ermittlungs-VO sind bei der Ermittlung der Einkünfte dieser Gruppenkörperschaften aufgrund der sinngemäßen Anwendung von § 1 EBITDA-Ermittlungs-VO steuerfreie in- und ausländische Einkünfte sowie § 12a KStG 1988 für Zwecke der Ermittlung des Gruppen-EBITDA nicht zu berücksichtigen.

Zugerechnete Verluste sowie nachzuversteuernde Verluste ausländischer Gruppenmitglieder vermindern bzw. erhöhen die Gesamtbeträge der Einkünfte des Gruppenträgers und der unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieder nicht und sind daher auch bei der Ermittlung des Gruppen-EBITDA nicht zu berücksichtigen.

Im Inland nach Maßgabe von § 2 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 angesetzte ausländische Verluste sowie gemäß § 2 Abs. 8 Z 4 EStG 1988 angesetzte Nachversteuerungsbeträge vermindern bzw. erhöhen hingegen die Gesamtbeträge der Einkünfte des Gruppenträgers und der unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieder; siehe korrespondierend dazu zur EBITDA-Ermittlung für Körperschaften außerhalb einer Unternehmensgruppe Rz 1309bj. Ebenso erhöhen gemäß § 10a KStG 1988 hinzugerechnete Beträge die Gesamtbeträge der Einkünfte der Gruppenkörperschaften. Zu den diesbezüglich vorzunehmenden Neutralisierungen im Hinblick auf darin enthaltene Ab- und Zuschreibungsbeträge sowie Zinsaufwendungen und Zinserträge im Rahmen der Ermittlung des steuerlichen EBITDA siehe bereits allgemein Rz 1309bo.

Rz 1309er
Da gemäß § 2 EBITDA-Ermittlungs-VO die allgemeinen Grundsätze von § 1 EBITDA-Ermittlungs-VO sinngemäß auch für die Ermittlung des Gruppen-EBITDA gelten, sind bei Vorliegen einer Unternehmensgruppe grundsätzlich dieselben Zu- und Abschlagspositionen wie auch bei § 7 Abs. 3-KStG 1988-Körperschaften außerhalb einer Unternehmensgruppe vorzunehmen (§ 1 Z 1 und Z 2 EBITDA-Ermittlungs-VO; siehe dazu bereits Rz 1309bq ff). Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich Teilwertabschreibungen und Veräußerungsverluste im Hinblick auf Beteiligungen an Gruppenmitgliedern aufgrund von § 9 Abs. 7 KStG 1988 sowie korrespondierend dazu Zuschreibungen und Veräußerungsgewinne im Rahmen der Unternehmensgruppe steuerlich nicht auswirken (siehe Rz 1106 ff). Diese Positionen haben daher die für die Ermittlung des Gruppen-EBITDA maßgebliche Ausgangsgröße nicht steuerwirksam vermindert bzw. erhöht und sind daher insoweit bei der Ermittlung des Gruppen-EBITDA auch nicht zu neutralisieren. Das bedeutet, sie beeinflussen das Gruppen-EBITDA nicht.

Rz 1309es
Darüber hinaus regelt § 2 EBITDA-Ermittlungs-VO ausdrücklich die für Unternehmensgruppen zu berücksichtigenden Besonderheiten: Da im Rahmen der Gruppenbesteuerung auch für Anschaffungen von Beteiligungen vor dem 1.3.2014 eine Firmenwertabschreibung auf die Anschaffungskosten nach Maßgabe von § 9 Abs. 7 iVm § 26c Z 47 KStG 1988 erfolgen konnte (siehe Rz 1110 ff), ist gemäß § 2 zweiter Satz EBITDA-Ermittlungs-VO eine Erhöhung der Gesamtbeträge der Einkünfte um geltend gemachte Firmenwertabschreibungsfünfzehntel sowie deren Verminderung um nachzuerfassende Fünfzehntelbeträge vorzunehmen.

Rz 1309et
Maßgeblicher Zeitraum für die Ermittlung des Gruppen-Zinsüberhangs und des Gruppen-EBITDA ist der jeweilige Veranlagungszeitraum des Gruppenträgers. Werden bei unterschiedlichen Bilanzstichtagen die Einkünfte eines Gruppenmitglieds aus einem Wirtschaftsjahr aufgrund der zeitlich verzögerten stufenweisen Ergebniszurechnung erst in einem späteren Veranlagungszeitraum beim Gruppenträger erfasst, sind auch die darin enthaltenen Beträge im Hinblick auf die gemäß § 2 iVm § 1 EBITDA-Ermittlungs-VO vorzunehmenden Neutralisierungen heranzuziehen.

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