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16.2.2.6 Gewinne aus der Veräußerung oder Beendigung von Auslandsbeteiligungen

BMF2021-0.768.4855.11.2021

16.2.2.6.1 Allgemeines

Rz 1214
Nach § 10 Abs. 3 erster Satz bleiben Gewinne, Veräußerungsgewinne, -verluste und sonstige Wertänderungen aus einer internationalen Schachtelbeteiligung außer Ansatz, sofern keine Option (zur Steuerpflicht) gemäß § 10 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 vorgenommen wurde (siehe Rz 1216). Ausgenommen sind Liquidationsverluste (siehe Rz 1224).

Bei § 10 Abs. 3 erster Satz KStG 1988 handelt es sich um eine sachliche Steuerbefreiung. Bei der Ermittlung des steuerfrei zu behandelnden Betrages im Falle der Veräußerung einer internationalen Schachtelbeteiligung hat zunächst eine Verrechnung der Einnahmen mit den damit zusammenhängenden Ausgaben zu erfolgen; die Steuerbefreiung kommt folglich erst auf den verbleibenden Nettobetrag (Veräußerungsgewinn oder -verlust) zur Anwendung.

Bei der Veräußerung einer internationalen Schachtelbeteiligung ist der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums maßgebend.

Rz 1215
Wird eine nationale Beteiligung durch die Verlegung des Sitzes der Beteiligungsgesellschaft in das Ausland zur internationalen Schachtelbeteiligung, bleiben die bis zur Sitzverlegung im Inland entstandenen stillen Reserven in der Beteiligung steuerhängig (§ 10 Abs. 3 Z 5 KStG 1988. Bei Sitzverlegung steht ein Optionsrecht zur Steuerhängigkeit nur dann zu, wenn der Anschaffungsvorgang ins Jahr der Sitzverlegung fällt.

Geht eine internationale Schachtelbeteiligung durch Sitzverlegung ins Inland unter, gilt der Teilwert der Beteiligung zum Zeitpunkt der Sitzverlegung als Buchwert. Dies gilt nicht, wenn hinsichtlich der ursprünglichen internationalen Schachtelbeteiligung eine Option abgegeben worden ist (§ 10 Abs. 3 Z 5 KStG 1988).

Rz 1216
Option zur Steuerwirksamkeit gemäß § 10 Abs. 3 Z 1 KStG 1988:

Die Steuerneutralität gilt nicht, soweit Steuerpflichtige für das Jahr der Anschaffung der internationalen Schachtelbeteiligung oder das Jahr, in dem eine solche durch die Anschaffung zusätzlicher Anteile entsteht, durch Ankreuzen der in der Körperschaftsteuererklärung vorgesehenen Stelle sowie durch Abgabe der Beilage K 10 erklären, dass die Gewinne, Verluste und sonstigen Wertänderungen aus der angeschafften oder entstandenen internationalen Schachtelbeteiligungen steuerwirksam bleiben sollen (Option zur Steuerwirksamkeit). Die Option zur Steuerwirksamkeit kann nicht auf anderem Wege (zB durch formlose Willenserklärung) abgegeben werden; wird die Option zur Steuerwirksamkeit nicht in der dafür vorgesehenen Form ausgeübt, bleibt es bei der Steuerneutralität von Gewinnen, Verlusten und sonstigen Wertänderungen.

Eine Berichtigung der in der Körperschaftsteuererklärung getroffenen Entscheidung (Steuerwirksamkeit oder Steuerneutralität) kann gemäß § 10 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 lediglich innerhalb eines Monats ab Abgabe der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr der Anschaffung bzw. des Entstehens der jeweiligen internationalen Schachtelbeteiligung erfolgen, indem die Beilage K 10 berichtigt und dem Finanzamt mit Verweis auf die Berichtigung der Option innerhalb der Monatsfrist übermittelt wird. Innerhalb dieser Monatsfrist ist es folglich möglich, eine unterlassene Ausübung der Option zur Steuerwirksamkeit nachzuholen bzw. eine irrtümlich ausgeübte Option wieder rückgängig zu machen; dies gilt erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2014.

Die Option betrifft lediglich die aus der Beteiligungssubstanz resultierenden Erträge, nicht die laufenden Gewinnanteile, die jedenfalls steuerbefreit sind, sofern nicht § 10 Abs. 4 KStG 1988 zur Anwendung kommt. Die Option hat für jede einzelne Beteiligung gesondert zu erfolgen und wirkt auch nur für diese. Da die Option - abseits der Berichtigungsmöglichkeit gemäß § 10 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 - zu keinem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden kann, müssen auch Körperschaften, die beim Beteiligungserwerb für sich ganz oder teilweise von der unbeschränkten Steuerpflicht befreit sind, beim Beteiligungserwerb entscheiden, ob eine Option hinsichtlich der erworbenen Beteiligung ausgeübt werden soll oder nicht. Ausländische Gesellschaften, die durch Zuzug unbeschränkt steuerpflichtig werden, haben hinsichtlich jener Auslandsbeteiligungen, die bereits vor dem Jahr des Zuzuges angeschafft wurden, keine Möglichkeit zur Ausübung oder Nachholung der Option.

Die Option kann - nach Ablauf der in § 10 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 eingeräumten Frist - nicht widerrufen werden; die Unwiderruflichkeit der Option begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (VfGH 21.9.2012, B 160/12). Die getroffene Option umfasst auch zukünftige Erweiterungen der internationalen Schachtelbeteiligung durch zusätzliche Anschaffungen (§ 10 Abs. 3 Z 3 KStG 1988). Sie bindet im Falle der Veräußerung oder Übertragung der internationalen Schachtelbeteiligung im Rahmen einer Umgründung im Sinne des Umgründungssteuergesetzes auch die erwerbende Gesellschaft, wenn diese mittelbar oder unmittelbar konzernzugehörig ist (§ 15 AktG); dies auch dann, wenn die erwerbende Gesellschaft selbst bereits eine internationale Schachtelbeteiligung an derselben ausländischen Körperschaft besitzt, die Option ihrerseits jedoch anders als die veräußernde Körperschaft ausgeübt hat (§ 10 Abs. 3 Z 4 KStG 1988; zur weiteren steuerlichen Behandlung dieser Fälle siehe Rz 1217).

Auf Grund der echten oder fiktiven umgründungssteuerlichen Gesamtrechtsnachfolge besteht eine solche Bindung aber auch bei Umgründungen außerhalb eines Konzernes.

Rz 1217
Der Veräußerungstatbestand ist weit zu verstehen und umfasst jeden entgeltlichen Vorgang, somit auch den Tausch oder eine Umgründung außerhalb des Geltungsbereiches des UmgrStG. Auch der Konzernumgründungsbereich im Geltungsbereich des UmgrStG ist weit zu verstehen. Der konzernzugehörige Rechtsnachfolger ist unabhängig davon an die Entscheidung des Rechtsvorgängers gebunden, ob die Schachtelbeteiligung zur Gänze, anteilig oder gesondert übertragen oder im Rahmen einer (Teil)Betriebsübertragung mitübertragen wird, oder ob sie mittelbar im Wege einer Mitunternehmeranteilsübertragung übergeht oder etwa durch Übertragung auf eine konzernzugehörige Personengesellschaft mehreren konzernzugehörigen Zusammenschlusspartnern die Schachtelbeteiligungsfunktion quotal vermittelt. Im Falle der umgründungsveranlassten Übertragung einer internationalen Schachtelbeteiligung auf einen ausländischen Rechtsnachfolger erstreckt sich die getroffene Entscheidung (Option bzw. Nicht-Option) auch auf die erhaltene Gegenleistung (zur Einbringung siehe UmgrStR 2002 Rz 860i). Sollte der konzernzugehörige Erwerber der internationalen Schachtelbeteiligung bereits unmittelbar oder mittelbar eine internationale Schachtelbeteiligung an derselben ausländischen Körperschaft besitzen, für die die Option jedoch anderes ausgeübt wurde, ist die steuerliche Behandlung auch in der Folge getrennt nach der jeweiligen bis zum Erwerb maßgebenden Entscheidung fortzusetzen. In diesem Fall sind die künftigen Substanzerträge nach der Relation des steuerhängigen und steuerbefreiten Beteiligungsteiles dem steuerwirksamen und dem steuerunwirksamen Teil zuzurechnen. Dies gilt auch für spätere Anschaffungen von zusätzlichen Anteilen.

Rz 1218
Aus § 26a Abs. 16 KStG 1988 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2003 (BGBl. I Nr. 71/2003) ergeben sich folgende Übergangsbestimmungen:

Der neugefasste § 10 Abs. 2 KStG 1988 ist auf alle Steuerpflichtige anzuwenden, unabhängig davon, ob sie vor oder nach dem 31. Dezember 2000 in das Firmenbuch eingetragen wurden.

Die Wirksamkeit erstreckt sich auch auf alle Beteiligungen, die erst durch die Änderung des § 10 Abs. 2 KStG 1988 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, die Voraussetzungen für das Vorliegen einer internationalen Schachtelbeteiligung erfüllen.

Rz 1219
Wird keine Option zugunsten der Steuerpflicht ausgeübt, gilt hinsichtlich der in § 26a Abs. 16 Z 3 KStG 1988 vorgesehenen Nachversteuerung Folgendes:

Zur Berechnung des Nachversteuerungsbetrages sind dem steuerlichen Buchwert (Rz 1301) zum Ende des jeweils maßgeblichen Wirtschaftsjahres die historischen Anschaffungskosten der Beteiligung gegenüberzustellen und ist der Differenzbetrag (Summe der steuerwirksamen Teilwertabschreibungssiebentel) ab dem Optionsjahr, auf sieben Jahre gleichmäßig verteilt, gewinnerhöhend anzusetzen. Dabei bleiben bisher noch nicht verrechnete Siebentelbeträge im Sinne des § 12 Abs. 3 KStG 1988 und nicht steuerwirksame ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibungen unberücksichtigt.

Beispiel:

Berechnung des Nachversteuerungsbetrages

Jahr

 

HB

StB

M-WR

01

Erwerb

AK 1700

1700

1700

--

02

TWA 700

1000

1000

+ 600 (6/7)

03 - 05

---

---

---

- 300 (3/7)

06

Verkauf Erlös 1500

steuerfreier Gewinn

500

Nachversteuerung

400

-0

(Rest/7 300 gehen verloren)

06 - 12

-

-

-

+400

(7 x 57,14)

Rz 1220
Wird die Option zugunsten der Steuerpflicht ausgeübt, kann mit Beginn des Optionsjahres der gemeine Wert der Beteiligung, abzüglich der bis dahin tatsächlich vorgenommenen und als vorgenommen geltenden Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert angesetzt werden (Änderung der steuerlichen Eröffnungsbilanz). Da eine unternehmensrechtliche Neubewertung ausgeschlossen ist, wird der neue steuerliche Buchwert in geeigneter Weise evident zu halten sein.

Rz 1221
Im Fall der offenen (dh. gegenüber der Abgabenbehörden offengelegten), fremdnützigen Treuhand erfüllt die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums durch den Treugeber den Tatbestand einer Veräußerung im Sinne des § 10 Abs. 3 KStG 1988 (siehe Rz 1210).

Rz 1222
Die Befreiung gemäß § 10 Abs. 3 KStG 1988 umfasst folgende Vorgänge:

Rz 1223
Die Steuerbefreiung steht sowohl bei Veräußerung der gesamten Beteiligung als auch bei der Veräußerung von Teilen derselben zu.

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