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2.3.2. Personengesellschaften/Mitunternehmerschaften

BMF2021-0.586.6167.10.2021

Rz 382
Der Begriff "Personengesellschaften" wird in einem sehr weiten Sinn verwendet. Er schließt alle Personenvereinigungen ein, in denen eine zur Gemeinschaftlichkeit führende Verbundenheit bezüglich der Einkünfte besteht. Geboten ist hierbei allein ein gemeinschaftsrechtliches, gesellschaftsrechtliches oder selbst nur ein faktisches gemeinschaftliches Band in Bezug auf die originäre Erzielung der Einkünfte der Beteiligten (Hinweis auf VwGH 29.5.1996, 94/13/0046).

Rz 383
Personengesellschaften in diesem weiten Sinn können indessen nur dann im Abkommensrecht von Art. 7 OECD-MA erfasst werden, wenn sie in der Lage sind, grenzüberschreitend durch Betriebsstätten Einkünfte zu erzielen. Dies wiederum ist nur der Fall, wenn sie als Mitunternehmerschaft anzusehen sind. Als Mitunternehmerschaften gelten nur solche Personengesellschaften, die im Rahmen eines Betriebs unternehmerisch tätig sind (EStR 2000 Rz 5802) und daher (betriebsstättenbegründende) betriebliche Einkünfte erzielen. Typische Erscheinungsformen der Mitunternehmerschaft sind Gesellschaftsformen des Unternehmensrechts: die Offene Gesellschaft (OG) und die Kommanditgesellschaft (KG).

Rz 384
Bei Anwendung der DBA gelten die Regelungen für Mitunternehmerschaften auch für die häufig anstelle der Gründung einer bloßen Betriebsstätte eingesetzten GmbH & CO KGs, die zu 100% dem Kommanditisten gehören und bei denen die ebenfalls dem Kommanditisten gehörende Komplementär-GmbH lediglich die Haftungsfunktion als Arbeitsgesellschafter ausübt.

Rz 385
Auch die Gesellschaft nach bürgerlichem Recht (GesBR), deren Gründung an keinen Formalakt gebunden ist, kann eine Mitunternehmerschaft bilden, wenn sie nach außen ausreichend in Erscheinung tritt. Handelt es sich um eine reine Innengesellschaft, dann ist der nach außen nicht in Erscheinung tretende Gesellschafter in der Regel nur dann Mitunternehmer, wenn er am Betriebserfolg und am Betriebsvermögen beteiligt ist (VwGH 29.11.1994, 93/14/0150). Eine bloße Umsatzbeteiligung reicht zur Begründung einer Mitunternehmerschaft nicht aus (EStR 2000 Rz 5821).

Rz 386
Mitunternehmer ist nur, wer Unternehmerwagnis eingeht (Entfalten von Unternehmerinitiative und Übernahme von Unternehmerrisiko). Das Zutreffen dieser Voraussetzungen ist grundsätzlich für jeden Gesellschafter einer Personengesellschaft zu prüfen. Ist ein Gesellschafter nach Prüfung dieser Kriterien nicht Mitunternehmer, dann erzielt er keine betrieblichen Einkünfte. Ist ein Gesellschafter nicht Mitunternehmer, dann kann er echter stiller Gesellschafter sein und erzielt - sofern er keine § 7 Abs. 3-Körperschaft ist - Einkünfte aus Kapitalvermögen; sein Gewinnanteil ist bei der Personengesellschaft Betriebsausgabe. Er könnte auch bloßer Darlehensgeber oder weisungsgebundener Dienstnehmer sein. Dies ist anhand der tatsächlichen Verhältnisse und der Rechts- und Vertragsgestaltung zu beurteilen (EStR 2000 Rz 5804). Bei internationalen Sachverhalten ist eine Klärung dieser Fragen zunächst nach innerstaatlichem Recht herbeizuführen, bevor die Auswirkungen der Abkommen beurteilt werden. Denn erzielt ein bloß formell als Personengesellschafter ausgewiesener Abgabepflichtiger Einkünfte, die nach innerstaatlichem Recht solche aus Kapitalvermögen oder aus nichtselbständiger Arbeit darstellen, dann ist darauf nicht Art. 7 DBA, sondern Art. 11 oder 15 DBA anzuwenden.

Rz 387
In dem hier verwendeten weiten Bedeutungsbild des Begriffs der Personengesellschaften können auch die bloß im Innenverhältnis Rechtswirkungen erzeugenden unechten (atypischen) stillen Gesellschaften Mitunternehmereigenschaft besitzen (EStR 2000 Rz 5815). In diesem Fall gelten die für Personengesellschaften entwickelten Abkommensregeln auch für die stille Gesellschaft.

Rz 388
Der Umstand, dass in vielen österreichischen DBA in einer Personengesellschaftsklausel des Art. 7 auch die stillen Gesellschaften schlechthin genannt sind, sonach auch die echten stillen Gesellschaften miterfasst sind, bewirkt, dass in diesen Sonderfällen auf der DBA-Ebene auch für den echten stillen Gesellschafter Art. 7 zur Anwendung kommt. Der echte stille Gesellschafter kann zwar begrifflich über keine Betriebsstätte verfügen, doch ist in diesen Fällen das Abkommen teleologisch so zu verstehen, dass das Besteuerungsrecht dem Staat zugewiesen ist, in dem sich die Betriebsstätte des Unternehmens befindet, an dem sich der Investor als echter stiller Gesellschafter beteiligt hat. Derartige besondere Klauseln finden sich zB in den Abkommen mit Italien, Kroatien, Malta, Polen, der Schweiz, Slowenien, Spanien und den USA.

Rz 389
Auch eine Erbengemeinschaft kann eine Mitunternehmerschaft bilden, wenn die Erben eines Einzelunternehmers dessen Betrieb fortführen (VwGH 22.12.1976, 1688/74). Es liegt diesfalls eine GesBR vor, wobei die Mitunternehmerstellung jedes einzelnen Erben nach den allgemeinen Regeln zu beurteilen ist (EStR 2000 Rz 5823).

Rz 390
Bei einer Unterbeteiligung beteiligt sich eine natürliche oder juristische Person am Mitunternehmeranteil eines Personengesellschafters (Hauptgesellschafters). Hat der Unterbeteiligte nicht nur Anteil am Gewinn/Verlust des Hauptgesellschafters, sondern auch an den stillen Reserven und dem Firmenwert, dann ist er Mitunternehmer und erzielt betriebliche Einkünfte, wenn auch der Hauptgesellschafter betriebliche Einkünfte erzielt (EStR 2000 Rz 5824). Im Fall einer solchen mitunternehmerischen Unterbeteiligung an den Gewinnen einer ausländischen Personengesellschaft, steht das Besteuerungsrecht dem Betriebsstättenstaat zu und es hat der Ansässigkeitsstaat - je nach anzuwendender Methode - die Einkünfte des Unterbeteiligten von der Besteuerung freizustellen oder die darauf entfallende ausländische Steuer anzurechnen. Ob der Unterbeteiligte der ausländischen Personengesellschaft und der ausländischen Steuerbehörde bekannt ist oder nicht, ändert in den DBA mit Anrechnungsmethode nichts an der Anrechnungsverpflichtung in Bezug auf die ausländische Steuer, die dort dem Hauptgesellschafter vorgeschrieben worden ist.

Rz 391
Ein Fruchtgenussberechtigter an einem Gesellschaftsanteil ist nur dann Mitunternehmer, wenn er die dem Fruchtgenussbesteller zustehenden Einflussmöglichkeiten an der Geschäftsführung ausüben kann und wenn er am Betriebserfolg, den stillen Reserven und dem Firmenwert beteiligt ist. Eine bloße Beteiligung am Gewinn des Fruchtgenussbestellers reicht zur Begründung der Mitunternehmerstellung des Fruchtnießers nicht aus. Ohne Einflussmöglichkeit des Fruchtnießers verbleibt der Gewinnanteil beim Fruchtgenussbesteller; gleiches gilt, wenn der Fruchtnießer daneben bereits Mitunternehmer der Gesellschaft ist (EStR 2000 Rz 5828).

Rz 392
Wird eine Beteiligung an einer Personengesellschaft treuhänderisch gehalten, dann ist für die Beurteilung der Mitunternehmerstellung des Treugebers bzw. gegebenenfalls des Treuhänders die rechtliche Gestaltung des Treuhandvertrags ausschlaggebend. Mitunternehmer ist in der Regel der Treugeber (VwGH 15.3.1977, 2653/76). Hingegen ist der Treuhänder Mitunternehmer, wenn ihm gegenüber der Treugeber bloß eine Geldforderung und keinen Anspruch auf Herausgabe des Treuhandvermögens hat und der Treuhänder persönliches Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfaltet (VwGH 25.11.1999, 97/15/0118; 19.12.1990, 86/13/0136; EStR 2000 Rz 5829). Nach den Abkommen, die das Anrechnungsverfahren zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vorsehen, ist die dem Treuhänder vorgeschriebene ausländische Einkommensteuer bei der Besteuerung des inländischen Treugebers anrechenbar, wenn dem Treuhänder die Einkünfte nach innerstaatlichem Recht nicht zuzurechnen sind. Dies gilt auch dann, wenn der Treuhänder in einem Staat ansässig ist, mit dem der Betriebsstättenstaat kein DBA abgeschlossen hat.

Rz 393
Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) unterliegt dem Art. 7 DBA in gleicher Weise wie andere gewerblich tätige Personengesellschaften.

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