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2.2.3.6. Vertreterbetriebsstätten

BMF2021-0.586.6167.10.2021

Rz 335
Die Grundsätze des AOA light gelten auch für Vertreterbetriebsstätten im Sinn von Art. 5 Abs. 5 OECD-MA (Rz 271 ff). Auch im Fall eines ständigen Vertreters, der als Vertreterbetriebsstätte zu qualifizieren ist, muss daher eine Funktionsanalyse angestellt und müssen die zuzuordnenden Wirtschaftsgüter und Risiken ermittelt werden (AOA Report 2008 Z I/264, OECD Additional PE Guidance 2018 Z 29).

Rz 336
Auch eine inländische Tochtergesellschaft kann als Vertreterbetriebsstätte der ausländischen Muttergesellschaft auftreten (AOA Report 2008 Z I/266 ff, siehe oben Rz 274). Nach dem AOA light wird davon ausgegangen, dass der Einsatz einer Tochtergesellschaft als abhängiger Vertreter der Muttergesellschaft nach den Regeln des OECD-MA dazu führt, dass einerseits die Tochtergesellschaft mit den ihr nach Art. 9 OECD-MA zuzuordnenden Gewinnen der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt und dass andererseits die ausländische Muttergesellschaft kraft inländischer Vertreterbetriebsstätte zusätzlich auf der Grundlage von Art. 7 OECD-MA als beschränkt Steuerpflichtige zu erfassen ist (Zwei-Steuerpflichtigen-Ansatz, "two taxpayers approach"). Ob der ausländischen Muttergesellschaft allerdings in ihrer Vertreterbetriebsstätte tatsächlich ein Gewinn zuzurechnen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und ist anhand einer Funktions- und Risikoanalyse zu beurteilen. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass ein Risiko, welches auf Basis der Funktions- und Risikoanalyse der Tochtergesellschaft zugeordnet wird, nicht gleichzeitig ein Risiko der Betriebsstätte der Muttergesellschaft sein kann (OECD Additional PE Guidance 2018 Z 41).

Rz 337
Der Ein-Steuerpflichtiger-Ansatz ("single taxpayer approach") wird im Allgemeinen verworfen (AOA Report 2008 Z 1/271 ff). Eine besondere Situation besteht jedoch in Bezug auf Deutschland, da im DBA-Deutschland (als einzigem der österreichischen DBA) der Ein-Steuerpflichtiger-Ansatz ausdrücklich festgeschrieben ist (so mittlerweile auch OECD Additional PE Guidance 2018 Z 44 und 57). Gemäß dem Schlussprotokoll zu Art. 5 DBA-Deutschland wird im Fall verbundener Unternehmen keines dieser Unternehmen als Vertreterbetriebsstätte eines anderen verbundenen Unternehmens behandelt, wenn die jeweiligen - ohne dieses Einverständnis sonst zur Vertreterbetriebsstätte führenden - Funktionen durch Ansatz angemessener Verrechnungspreise, einschließlich eines diesem verbleibenden Gewinns, abgegolten werden (siehe auch EAS 2128, EAS 3116). Diesem Ansatz liegt der Gedanke zugrunde, dass eine fremdübliche Abgeltung der von der Vertreter-Tochtergesellschaft zugunsten der Muttergesellschaft erbrachten Leistungen dem Staat der Tochtergesellschaft bereits eine ausreichende Gewinnbesteuerungsgrundlage verschafft, sodass eine zusätzliche Besteuerung der Muttergesellschaft entbehrlich ist. Dabei kann der Ein-Steuerpflichtigen-Ansatz auch dann aufrechterhalten werden, wenn eine angemessene Vergütung des verbundenen Unternehmens erst durch eine Verrechnungspreiskorrektur im Rahmen einer Außenprüfung herbeigeführt wird (EAS 3116).

Rz 338
Wird der Vertrieb eines ausländischen Produkts in Österreich in der Weise umgestellt, dass die bisher auf Eigenhandelsbasis tätige Vertriebstochtergesellschaft zu einer bloßen Kommissionär-Tochtergesellschaft herabgestuft wird, dann kann die ausländische Muttergesellschaft hierdurch eine österreichische Vertreterbetriebsstätte begründen (Rz 278). Wenn sich das ausländische Mutterunternehmen im Kommissionsvertrag als Eigentümer aller Rechte (sonach auch des von der österreichischen Tochtergesellschaft aufgebauten Kundenstocks) bezeichnet, lässt dies vermuten, dass dieser Kundenstock damit vom österreichischen Vertriebsunternehmen auf das ausländische Mutterunternehmen (als Betriebsvermögen der inländischen Vertreterbetriebsstätte) übergegangen ist, was zu einer fremdüblichen Abgeltung und damit zu einer steuerpflichtigen Gewinnrealisierung Anlass gibt (EAS 2681; Rz 179 ff).

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