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2.14.7 Finanzierungsbereich (§ 6b Abs. 2, 3 und 4 KStG 1988)

BMF2021-0.768.4855.11.2021

Rz 304
§ 6b Abs. 2 KStG 1988 regelt die Investitionsmöglichkeiten von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften im Finanzierungsbereich. Diese können ausschließlich in operative Unternehmen in der Frühphase (Rz 305 f) und Unternehmen in der Wachstumsphase (Rz 307 f) investieren. Durch Einbeziehung von Unternehmen in der Wachstumsphase soll in Hinblick auf die "Lebenszyklusphase" sowie Größen- bzw. Schwellenwerte von Unternehmen der Kreis der möglichen Zielunternehmen weiter gefasst werden, als dies nach der Art. 21 AGVO 2014 zulässig wäre.

"Operativ" bedeutet, dass die Tätigkeit dieser Unternehmen nach Art und Umfang keine nur vermögensverwaltende sein darf.

2.14.7.1 Unternehmen in der Frühphase (§ 6b Abs. 2 Z 1 KStG 1988)

Rz 305
§ 6b Abs. 2 Z 1 KStG 1988 definiert operative Unternehmen in der Frühphase und orientiert sich dabei an der in Art. 21 Abs. 6 AGVO 2014 angeführten Definition. Ein Unternehmen ist somit dann in der Frühphase, wenn auch nur eines der folgenden drei Kriterien erfüllt wird:

In allen drei Fällen (§ 6b Abs. 2 Z 1 lit. a, b und c KStG 1988) darf das Unternehmen zum Zeitpunkt der erstmaligen Investition durch die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft noch nicht börsennotiert sein, weil andernfalls nicht von einem erschwerten Zugang zum Kapitalmarkt auszugehen ist, der durch Risikokapitalbeihilfen zu kompensieren ist. Dabei ist darauf abzustellen, ob das jeweilige Unternehmen an einem geregelten Markt iSd § 1 Z 2 BörseG 2018 in der jeweils geltenden Fassung zugelassen ist.

Rz 306
In Unternehmen in der Frühphase dürfen nach Ablauf von sieben Jahren gewerblicher Tätigkeit seit dem ersten kommerziellen Verkauf Anschlussfinanzierungen geleistet werden, wobei diese in das maximale Investitionsvolumen von 15 Millionen Euro pro Unternehmen einzubeziehen sind (§ 6b Abs. 3 Z 2 lit. b KStG 1988). Die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Anschlussfinanzierung muss jedoch - entsprechend der beihilfenrechtlichen Vorgaben - bereits im ursprünglichen Geschäftsplan vorgesehen worden sein. Zudem wird vorausgesetzt, dass dem Unternehmen in der Frühphase nicht bereits eine Risikofinanzierung durch ein mit ihm verbundenes Unternehmen bereitgestellt worden ist.

2.14.7.2 Unternehmen in der Wachstumsphase (§ 6b Abs. 2 Z 2 KStG 1988)

Rz 307
Unter § 6b Abs. 2 Z 1 KStG 1988 fallen nur die von der AGVO 2014 erfassten Unternehmen, die die Erstinvestition im Rahmen der Risikofinanzierungsmaßnahme vor ihrem ersten kommerziellen Verkauf auf einem Markt, innerhalb von sieben Jahren nach ihrem ersten kommerziellen Verkauf erhalten oder in einen neuen (räumlich oder sachlich relevanten) Markt eintreten. Nach Ablauf von sieben Jahren (ausgehend vom ersten kommerziellen Verkauf) sind lediglich Anschlussinvestitionen von der AGVO 2014 abgedeckt.

Bestimmte Arten von Unternehmen können jedoch weiterhin als in ihrer Expansionsphase bzw. ihrer frühen Wachstumsphase befindlich betrachtet werden, wenn sie auch nach Ablauf des Siebenjahreszeitraums ihr Potential zur Erwirtschaftung von Renditen noch nicht ausreichend nachweisen konnten und/oder ihre Erfolgsbilanz nicht hinreichend solide ist und keine Sicherheiten vorhanden sind. Darüber hinaus benötigen manche Unternehmen, die über ausreichendes internes Kapital zur Finanzierung ihrer ersten Tätigkeiten verfügen, erst zu einem späteren Zeitpunkt eine externe Finanzierung, zB wenn sie ihre Kapazitäten erhöhen und sich von einem kleinen Unternehmen zu einem größeren entwickeln wollen. Dies kann einen höheren Investitionsbetrag erfordern, der nicht aus eigenen Mitteln gedeckt werden kann.

Rz 308
Unternehmen in der Wachstumsphase werden in § 6b Abs. 2 Z 2 KStG 1988 erfasst. Investitionsmöglichkeiten im Finanzierungsbereich sind allerdings auf jene Unternehmen in der Wachstumsphase beschränkt, die die Risikofinanzierungsmaßnahme innerhalb von zehn Jahren nach ihrem ersten kommerziellen Verkauf erhalten.

Zu den Unternehmen in der Wachstumsphase zählen:

2.14.7.3 Art der Beteiligung (§ 6b Abs. 2 Z 3 und 4 KStG 1988)

Rz 309
In § 6b Abs. 2 Z 3 KStG 1988 werden - je nach Rechtsform der in Z 1 und Z 2 genannten Zielunternehmen - die möglichen Beteiligungsformen der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft im Finanzierungsbereich abschließend geregelt. Dabei sind neben Beteiligungen an der Unternehmenssubstanz und stillen Beteiligungen auch Annexfinanzierungen zulässig.

Rz 310
Nach § 6b Abs. 2 Z 3 KStG 1988 zulässige Substanzbeteiligungen sind:

Rz 311
Nach § 6b Abs. 2 Z 3 lit. d KStG 1988 kann eine Beteiligung auch in Form einer stillen Beteiligung iSd § 179 UGB bestehen, wenn damit die Stellung als Mitunternehmer gemäß § 23 EStG 1988 verbunden ist.

Rz 312
Als Beteiligungen gelten gemäß § 6b Abs. 2 Z 3 lit. e KStG 1988 auch vergleichbare Anteile im Sinne der lit. a bis d an ausländischen Zielunternehmen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass im Ansässigkeitsstaat bzw. im Belegenheitsstaat des Zielunternehmens nachweislich ein Marktversagen vorliegt; darüber hinaus ist eine Einbeziehung ausländischer Zielunternehmen vor unionsrechtlichem Hintergrund nicht erforderlich.

Bei internationalen Schachtelbeteiligungen iSd § 10 Abs. 2 KStG 1988 ist § 6b Abs. 4 KStG 1988 zu beachten (siehe dazu unten Rz 324).

Rz 313
Neben der Substanzbeteiligung und stillen Beteiligung kann an ein Beteiligungsunternehmen im Finanzierungsbereich eine Annexfinanzierung (§ 6 Abs. 2 Z 3 lit. f KStG 1988) in Form von

vergeben werden.

Annexfinanzierungen eines Unternehmens sind in das maximale Investitionsvolumen pro Unternehmen einzubeziehen (Rz 320 ff).

Rz 314
Mit § 6b Abs. 2 Z 4 KStG 1988 wird sichergestellt, dass keine Investitionen in Unternehmen möglich sind, die zu Unrecht staatliche Beihilfen erhalten und diese noch nicht zurückgezahlt haben.

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