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1.2. Methodik der Verrechnungspreisermittlung

BMF2021-0.586.6167.10.2021

1.2.1. Die OECD-Verrechnungspreismethoden

1.2.1.1. Preisvergleichsmethode

Rz 25
Wird die Preisvergleichsmethode ("comparable uncontrolled price method", CUP) angewendet, dann ist bei der Preisermittlung für eine konkrete Geschäftsbeziehung zu einem verbundenen ausländischen Unternehmen zu untersuchen, welcher Preis für eine in den wesentlichen Einzelheiten vergleichbare Geschäftsbeziehung zwischen unabhängigen Unternehmen in Rechnung gestellt wird (direkter Preisvergleich). Tätigt das Unternehmen vergleichbare Geschäfte mit Fremdunternehmen, wird der sogenannte "innere Preisvergleich" anzustellen sein, bei dem die Preise herangezogen werden, die dasselbe Unternehmen mit fremden Dritten vereinbart hat. Hierbei kommen auch Geschäftsvorfälle zwischen verbundenen Unternehmen und fremden Dritten (erweiterter innerer Fremdvergleich) als Quelle für Vergleichspreise in Frage.

Rz 26
Ist ein innerer Preisvergleich nicht ausreichend verlässlich möglich, wird auch der sogenannte "äußere Preisvergleich" maßgebend sein, dh. man zieht Marktpreise zum Vergleich heran, wie man sie zB aus Börsennotierungen oder branchenüblichen Abschlüssen ermittelt oder aus Preisübersichten von Verbänden gewinnt.

Rz 27
Lässt sich ein direkter Preisvergleich nicht anstellen, weil keine gleichartigen Geschäfte zwischen dem Unternehmen und einem unabhängigen Dritten oder zwischen unabhängigen Dritten vorliegen, dann können in einem begrenzten Rahmen auch ungleichartige Geschäfte (zB Preise für ähnliche Produkte) herangezogen werden (indirekter Preisvergleich); dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Einfluss der abweichenden Faktoren auf die Preisgestaltung im Vergleichsgeschäft eliminiert werden kann (Z 2.16 OECD-VPL).

Beispiel:

Ein Fahrradproduzent, der seine Standardfahrräder über ausländische unabhängige Vertriebsunternehmen vermarktet, Luxusausführungen dieser Fahrräder aber ausschließlich über seine eigene Vertriebstochtergesellschaft im Ausland absetzt, könnte unter Berücksichtigung der Produktionskostendifferenz aus den Preisen der Standardfahrräder einen Rückschluss auf die Preisangemessenheit der Luxusausführung ziehen. Dies wäre aber nur dann zulässig, wenn der Wert des Luxusrades nicht durch unbestimmbare Komponenten (zB Verwertung einer Betriebserfindung oder eines anderen immateriellen Werts, wie zB einer wertbeeinflussenden Konstruktionsidee oder einer wertsteigernden besonderen Bewerbung) beeinflusst wird.

Rz 28
Bei der Vergleichbarkeitsprüfung werden neben der bloßen Vergleichbarkeit der Produkte auch die übrigen Vergleichbarkeitsfaktoren (Rz 57 ff) zu beachten sein. Es wird daher auch darauf ankommen, welche Preisauswirkung allgemeine Geschäftsfunktionen zeitigen (Z 2.17 OECD-VPL). Aus der Preisgestaltung mit Kunden, die nur 10% der Produkte abnehmen, kann daher oftmals noch kein verlässlicher Rückschluss auf eine fremdübliche Preisbildung mit einer ausländischen Muttergesellschaft abgeleitet werden, die 90% der Produkte abnimmt (Rz 30).

1.2.1.2. Wiederverkaufspreismethode

Rz 29
Die Wiederverkaufspreismethode ("resale price method", RPM) kann vor allem dort erfolgreich angewendet werden, wo an ein verbundenes Konzernunternehmen Leistungen erbracht werden, die von diesem ohne wesentliche Veränderungen an fremde Dritte weitergeleitet werden. Es ist dies eine Methode, die vornehmlich bei konzernabhängigen Vertriebsgesellschaften zum Einsatz gelangt (Z 2.27 OECD-VPL). Erfolgt der Warenvertrieb über eine Kette von Gesellschaften mit Routinefunktion, kann die Wiederverkaufspreismethode im Übrigen auch über die ganze Kette hinweg angewendet werden (EAS 3198).

Rz 30
Der angemessene Verrechnungspreis für die grenzüberschreitende Warenlieferung an eine konzernzugehörige Vertriebsgesellschaft wird auf der Grundlage des Preises ermittelt, den die Vertriebsgesellschaft aus ihren Verkäufen an unabhängige Kunden erzielt. Dieser Preis wird um marktübliche Rohgewinnabschläge vermindert, die der Funktion und dem Risiko des Wiederverkäufers entsprechen.

Beispiel:

Die österreichische Tochtergesellschaft einer schweizerischen Kapitalgesellschaft entwickelt und produziert Werkzeuge. Anlässlich einer Außenprüfung wird festgestellt, dass Werkzeugeinheiten im Inland um 10.000 €, aber nur um 6.000 € an die schweizerische Muttergesellschaft geliefert werden. Das Unternehmen bestreitet, dass 10.000 € ein vergleichbarer Fremdpreis wäre, da das schweizerische Unternehmen 90% der Produktion der inländischen Tochtergesellschaft abnimmt und daher völlig andere Konditionen erhalten muss als inländische Einzelkunden. Ein direkter Preisvergleich wäre daher nicht möglich. Der Streitfall kann hingegen durch Anwendung der Wiederverkaufspreismethode gelöst werden: hierzu ist aber eine Information darüber erforderlich, welche Preise für die inländischen Werkzeugeinheiten beim Weiterverkauf durch die schweizerische Gesellschaft an deren Kunden erzielt werden (Fremdpreis zB 11.000 €), sodann ist festzustellen, welche Funktionen das schweizerische Unternehmen hierbei ausübt (ein Einblick in die Kostenstruktur des schweizerischen Unternehmens lässt Rückschlüsse auf deren Funktionen und Risiken zu) und es ist auf dieser Grundlage zu bestimmen, welcher Abschlag vom Drittpreis diese Funktionen und Risiken des schweizerischen Unternehmens angemessen abdeckt (zB 20% = 2.200 €). Solcherart ergibt sich der Verrechnungspreis mit 8.800 € (11.000 € - 2.200 € = 8.800 €).

Scheitert die Anwendung der Wiederverkaufspreismethode an einer fehlenden Mitwirkungsbereitschaft der schweizerischen Muttergesellschaft, wird der angemessene Verrechnungspreis im Schätzungsweg zu ermitteln sein und es ist dann der schweizerischen Muttergesellschaft überlassen, ob sie eine internationale Abklärung der Angemessenheit der Verrechnungspreise im Wege eines Verständigungsverfahrens wünscht (Rz 525).

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