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Wegzugsbesteuerung bei Ansässigkeitsverlagerung nach Kanada

BMFBMF-010221/0030-IV/8/201929.1.20192019

EAS 3412

Verlegt ein bislang im Inland ansässiger Steuerpflichtiger, der Beteiligungen an inländischen und ausländischen Kapitalgesellschaften und sonstige Wertpapiere in seinem Privatvermögen hält, seine abkommensrechtliche Ansässigkeit nach Kanada, so kann es zu einer Wegzugsbesteuerung gemäß § 27 Abs. 6 Z 1 EStG 1988 idF AbgÄG 2015 kommen. Denn als steuerpflichtige Veräußerung von Kapitalanteilen und Wertpapieren gelten dieser Bestimmung nach auch Umstände, die zu einer Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts diesbezüglich führen.

Sofern aufgrund eines inländischen Wohnsitzes weiterhin unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich besteht, wird das österreichische Besteuerungsrecht hinsichtlich des Kapitalvermögens durch innerstaatliche Bestimmungen nicht eingeschränkt.

Gemäß Art. 13 Abs. 5 DBA Kanada wird das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung von Vermögen (ausgenommen jenes gemäß Art. 13 Abs. 1, 2, 3 und 4 DBA Kanada) ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers zugewiesen. Dies gilt auch für die Veräußerung von Kapitalanteilen und Wertpapieren. Jedoch ergibt sich aufgrund des Art. 13 Abs. 6 DBA Kanada ein auf fünf Jahre befristetes Besteuerungsrecht Österreichs als Wegzugsstaat, wenn binnen fünf Jahren ab der Ansässigkeitsverlagerung Vermögen iSd Art. 13 Abs. 5 DBA Kanada veräußert wird und der Veräußerer österreichischer Staatsbürger ist oder mindestens zehn Jahre vor der Veräußerung des Vermögens ins Österreich ansässig war. Im Anwendungsbereich dieser Bestimmung kommt es daher für fünf Jahre ab Wegzug nicht zu einem Verlust des österreichischen Besteuerungsrechts. Veräußert der Abgabepflichtige innerhalb der Fünfjahresfrist die Kapitalanteile oder Wertpapiere, so wären nach innerstaatlichem Recht die gesamten aufgedeckten stillen Reserven zu erfassen; das DBA Kanada (Art. 13 Abs. 6) steht einer Erfassung der in diesem Zeitraum allenfalls angefallenen Wertsteigerung nicht entgegen.

Erst nach Ablauf der Fünfjahresfrist kann Österreich nicht mehr besteuern, wodurch erst dann der Wegzugstatbestand gemäß § 27 Abs. 6 Z 1 EStG 1988 verwirklicht wird. Sollte innerhalb dieser fünf Jahre die Ansässigkeit wieder zurück nach Österreich verlagert werden, käme es zu gar keinem Wegzug im Sinne dieser Bestimmung. Diesfalls stünde innerstaatlich auch kein "Step-up" zu.

Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für eine allfällige Wegzugsbesteuerung wäre Art. 13 Abs. 7 DBA Kanada zu beachten, durch den sich die Besteuerung einer fiktiven Veräußerung auf die bis zum Zeitpunkt des physischen Wegzugs angesammelten stillen Reserven beschränken müsste. Zwecks späterer Wertermittlung für die Wegzugsbesteuerung nach Ablauf der Fünfjahresfrist muss der Abgabepflichtige geeignete Unterlagen über die gemeinen Werte der gehaltenen Kapitalanteile zum Zeitpunkt des physischen Wegzugs führen und auf Anfrage an die Abgabenbehörde übermitteln.

Bundesministerium für Finanzen, 29. Jänner 2019

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 27 Abs. 6 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 13 DBA CDN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kanada (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 77/1981
Art. 13 Abs. 6 DBA CDN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kanada (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 77/1981
Art. 13 Abs. 7 DBA CDN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kanada (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 77/1981

Schlagworte:

Wegzug, Ansässigkeitsverlagerung, Wegzugsbesteuerung, Kapitalvermögen, Verlust des Besteuerungsrechts, fiktive Veräußerung, stille Reserven

Stichworte