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8.2. Entstehen der Gebührenschuld nach § 11 GebG

BMFBMF-010206/0094-IV/9/201812.2.2019

8.2.1. Ansuchen um Erteilung und Ausfolgung eines Aufenthaltstitels, Eingaben im Zusammenhang mit Patent-, Gebrauchsmuster-, Marken- und Musterangelegenheiten, übrige Eingaben, Beilagen, Protokolle

Rz 136
Bei Ansuchen um Erteilung und Ausfolgung eines Aufenthaltstitels (§ 14 Tarifpost 8 GebG, siehe Rz 330 ff) sowie bei den in § 14 Tarifpost 10 Abs. 1 Z 1 bis 9 GebG angeführten Schriften in Patent-, Gebrauchsmuster-, Marken- und Musterangelegenheiten entsteht die Steuerschuld mit Überreichung. Bei den übrigen Eingaben (siehe Rz 276 ff), Beilagen (siehe Rz 254 ff), eingabeersetzenden Protokollen (siehe Rz 315 ff), Befunden und Vernehmungen (siehe Rz 318 ff) anlässlich der Erteilung eines amtlichen Zeugnisses (siehe Rz 358 ff) oder einer amtlichen Bewilligung auf Einschreiten von Privatpersonen entsteht die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Zustellung der das Verfahren in einer Instanz abschließenden schriftlichen Erledigung über die in der Eingabe enthaltenen Anbringen.

Rz 137
Der Begriff der Erledigung umfasst alle Arten schriftlicher Äußerungen der Behörde zu einem Anbringen. Damit sind nicht nur Erledigungen in Bescheidform gemeint. Auch eine nach den jeweiligen Verfahrensgesetzen zulässige andere Form der Schriftlichkeit lässt die Gebührenpflicht im Zeitpunkt der Zustellung der Erledigung entstehen.

Rz 138
Auch automationsunterstützt oder in jeder anderen technisch möglichen Weise ergehende Erledigungen lösen die Gebührenschuld für die im jeweiligen Verfahren anfallenden Schriften (Eingaben, Beilagen, Protokolle) aus (siehe Rz 126).

Rz 139
Die Zustellung der das Verfahren in einer Instanz abschließenden schriftlichen Erledigung lässt auch ohne deren Unterzeichnung, wenn die jeweiligen Verfahrensvorschriften dies vorsehen, die Gebührenschuld für Eingaben, Beilagen und Protokolle (§ 14 TP 7 Abs. 1 Z 1 und Z 2 GebG) entstehen. Für das Entstehen der Gebührenschuld ist es auch ohne Belang, in welchem Sinne die Behörde tätig geworden ist (VwGH 20.12.2001, 2000/16/0734).

Beispiele schriftlicher Erledigungsarten:

Genehmigung, Stattgabe, Bewilligung, Zurückweisung, Abweisung, Mitteilung über Verfahrenseinstellung, Gegenstandsloserklärung; die Ausstellung eines beantragten Zeugnisses; die Anbringung eines Genehmigungsstempels auf der Eingabe; die schriftliche Auskunft, dass das Anbringen keiner materiellen Erledigung zugänglich ist.

Bei einem Ersuchen um Übersendung von Aktenabschriften stellt die Übermittlung der angeforderten Kopien unabhängig davon, ob auch ein behördliches Begleitschreiben angeschlossen ist, eine schriftliche Erledigung dar.

Rz 140
Auch durch schriftliche Mitteilungen der Behörde zu Anbringen, bei denen gar keine schriftliche Erledigung vorgesehen ist, entsteht die Gebührenschuld.

Beispiele:

Es wird bloß in einem Höflichkeitsschreiben mitgeteilt: "das Verfahren wurde abgeschlossen" oder "Ihrem Antrag wurde entsprochen". Ist jedoch Inhalt des Höflichkeitsschreibens der Behörde lediglich die Zurkenntnisnahme der eingereichten Mitteilung, ohne dass für den Antragsteller daraus eine rechtliche Konsequenz ableitbar wäre, so liegt keine schriftliche abschließende Erledigung der Behörde vor.

Rz 141
Die in Rz 136 genannten Schriften lösen die Gebührenschuld nicht aus, wenn keine schriftliche Erledigung ergeht.

Beispiele:

Ist zB in einem Baugesetz vorgesehen, dass die Vollendung des bewilligungspflichtigen Bauvorhabens der Behörde zu melden ist und ergeht nach Durchführung einer Schlussüberprüfung aber kein Bescheid über die Benützungsbewilligung, hat der Bauwerber (in der Regel) bereits mit der Meldung der Vollendung das Recht zur Benützung des Bauvorhabens.

Rz 142
Ein schriftlicher Vorhalt oder eine Ladung im Zuge der Bearbeitung einer Eingabe stellt bei Nichtfortführung des Verfahrens keine das Verfahren abschließende schriftliche Erledigung der Eingabe dar. Aus diesem Grund entsteht keine Gebührenschuld für die das Verfahren einleitende Eingabe.

Rz 143
Mündlich verkündete, lediglich beurkundete aber nicht oder nicht rechtswirksam (zB § 17 Zustellgesetz) zugestellte Erledigungen lassen die Gebührenschuld für Eingaben nicht entstehen.

Rz 144
Wird eine Eingabe zurückgezogen und hält die Behörde dies nur in ihren Akten (Verwaltungsakt) fest, entsteht ebenso wenig eine Gebührenschuld, wie wenn die Behörde dem Einschreiter die Kenntnisnahme der Zurückziehung schriftlich mitteilt.

Wird dagegen schriftlich mitgeteilt, dass das Verfahren eingestellt wird oder wird der Antrag für gegenstandslos erklärt, so entsteht mit der Zustellung der schriftlichen Erledigung die Gebührenschuld für den ursprünglichen Antrag.

Im Mehrparteienverfahren entsteht eine Gebührenschuld für die verfahrenseinleitende Eingabe nur dann, wenn auch der Antragsteller die schriftliche Erledigung erhält.

Beispiel:

Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages im Mehrparteienverfahren:

Die Einstellung des Verfahrens wird den Parteien mit Ausnahme desjenigen, der den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, schriftlich zur Kenntnis gebracht; es entsteht keine Gebührenschuld.

Rz 145
Als abschließend - und damit die Gebührenschuld auslösend - wird eine Erledigung dann anzusehen sein, wenn hinsichtlich des gestellten Anbringens nach der anzuwendenden Verwaltungsvorschrift kein weiterer behördlicher Erledigungsschritt derselben Instanz mehr erfolgt. Ergeht über eine Eingabe mit nur einem Ansuchen (§ 12 Abs. 1 GebG, siehe Rz 303 ff) lediglich ein Teilbescheid (zB iSd § 59 AVG), so ist damit noch keine abschließende Erledigung des in der Eingabe enthaltenen Anbringens erfolgt. Die Gebührenschuld wird erst durch den Endbescheid ausgelöst.

Rz 146
Die Zustellung der schriftlichen Erledigung kann auf verschiedene Arten erfolgen, wie zB im Postwege, durch wirksame Hinterlegung, automationsunterstützt oder in jeder anderen technisch möglichen Weise oder durch Aushändigung der Erledigung.

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