vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Information des Bundesministeriums für Finanzen zum Kommunalsteuergesetz (KommStG) 1993

BMFBMF-010222/0114-IV/7/201729.1.20182018

Beachte:
Gemäß Info des BMF vom 08.08.2018, BMF-010222/0093-IV/7/2018, kann die in Rz 79 angeführte Meinung des BMF infolge der VwGH-Entscheidung vom 19. April 2018, Ro 2018/15/0003, nicht mehr aufrecht erhalten werden.; Diese Info wird durch die Info des BMF vom 26.01.2023, 2022-0.892.770, ersetzt.

7. Erhebungsberechtigte Gemeinde (§ 7 KommStG 1993)

7.1. Betriebsstätte in Gemeinde

Rz 116

Das Unternehmen unterliegt der KommSt in der Gemeinde, in der eine Betriebsstätte unterhalten wird. Die Erhebung der KommSt fällt - von der Zuständigkeit des Finanzamtes in Zerlegungs- und Zuteilungsfällen abgesehen - in die Zuständigkeit der Gemeinde.

7.2. Mehrgemeindliche Betriebsstätte

Rz 117

Erstreckt sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden (mehrgemeindliche Betriebsstätte), wird die KommSt von jeder Gemeinde nach Maßgabe des § 10 KommStG 1993 erhoben. Siehe Rz 140 ff.

7.3. Wanderunternehmen

Rz 118

Wanderunternehmen unterliegen der KommSt in den Gemeinden, in denen das Unternehmen ausgeübt wird. Unter Wanderunternehmen wird eine ohne örtlich feste Betriebsstätte im Inland im Umherziehen ausgeübte unternehmerische Tätigkeit verstanden (zB: Marktfahrer, Zirkusunternehmer).

7.4. Schifffahrtsunternehmen

Rz 119

Schifffahrtsunternehmen, die im Inland eine feste örtliche Anlage oder Einrichtung zur Ausübung des Unternehmens nicht unterhalten, unterliegen der KommSt in der Gemeinde, in der die inländischen Heimathäfen der Schiffe gelegen sind, oder, wenn kein inländischer Heimathafen vorhanden ist, in der Gemeinde, in der die Schiffe in einem inländischen Schiffsregister eingetragen sind; Gleiches gilt für auf solchen Schiffen unterhaltene Betriebsstätten. Dies gilt nicht für Schiffe, die im regelmäßigen Liniendienst ausschließlich zwischen ausländischen Häfen verkehren.

7.5. Sechsmonatsregelung bei inländischer Personalüberlassung

7.5.1. Sinn und Zweck der Regelung

Rz 120

Die Sechsmonatsregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 KommStG 1993 trägt dem Wunsch der Wirtschaft Rechnung, dass bei länger andauernder Arbeitskräfteüberlassung (über mehr als sechs volle Kalendermonate) die Gemeinde, in der sich die Unternehmensleitung des Beschäftigers befindet, für Zeiträume nach Ablauf des sechsten Kalendermonates erhebungsberechtigt sein soll.

Diese spezifische Hebeberechtigung der Gemeinden nach § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 KommStG 1993 hat keinen Einfluss auf die grundsätzlich weiterbestehende Abgabenverpflichtung des Arbeitskräfteüberlassers (Personalleasingunternehmens).

7.5.2. Inländische Überlasser

Rz 121

Die Sechsmonatsregelung gilt nur für die Personalüberlassung durch einen inländischen Überlasser an eine Betriebsstätte eines in- oder ausländischen Unternehmens.

Die Sechsmonatsregelung ist auf die Überlassung an Nichtunternehmer oder den nichtunternehmerischen Bereich (zB bei Körperschaften öffentlichen Rechts oder Vereinen) nicht anwendbar. Der Überlasser unterliegt in diesen Fällen der Kommunalsteuer in der Gemeinde, in der er eine Betriebstätte unterhält (VwGH 21.10.2015, 2012/13/0085); § 4 Abs. 3 KommStG 1993 kommt mangels Betriebstätte des Beschäftigers (Nichtunternehmer) nicht zur Anwendung.

Der Steuerschuldner bleibt bei Arbeitskräfteüberlassung im Inland und ins Ausland gleich. Lediglich hinsichtlich der erhebungsberechtigten Gemeinde tritt eine Veränderung nach sechs vollen Kalendermonaten ein, wobei diese Veränderung nur für inländische Gemeinden gilt. Erfolgt die Arbeitskräfteüberlassung ins Ausland und wird dort eine Betriebsstätte begründet (vgl. VwGH 21.10.2015, 2012/13/0085), fällt für Zeiträume nach Ablauf des sechsten Kalendermonates mangels inländischer Betriebsstätte keine Kommunalsteuer mehr an.

7.5.3. Mehr als sechs volle Kalendermonate

Rz 122

Wird eine überlassene Arbeitskraft (zB Dienstnehmer eines inländischen Personalverleihers) mehr als sechs volle Kalendermonate an ein bestimmtes in einer Gemeinde befindliches Unternehmen überlassen, dann ist die Gemeinde des Beschäftigerunternehmens ab Beginn des 7. Kalendermonats erhebungsberechtigt (der Überlasser hat an diese Gemeinde die KommSt abzuführen).

7.5.4. Ort der Unternehmensleitung

Rz 123

Die gesetzliche Regelung stellt auf die Gemeinde ab, in der sich die Unternehmensleitung des Beschäftigers befindet; dies kommt dann zum Tragen, wenn das Beschäftiger-Unternehmen in mehreren Gemeinden eine Betriebsstätte unterhält:

Beispiel 1

Überlassung von Arbeitskräften an Energieversorgungsunternehmen (EVU) mit (vielen) Außenstellen (Betriebsstätten, uU mehrgemeindlichen) in vielen Gemeinden, darunter auch die Gemeinde der Geschäftsleitung des Überlassers.

Beispiel 2

Personalfirma in Salzburg überlässt an Linzer Baufirma ab 16.2.2017 auf Dauer eine Person. Diese wird 2 Kalendermonate in Schärding und 7 Kalendermonate in Wels eingesetzt, in Linz wird sie nicht tätig.

7.5.5. Arbeitsunterbrechung, Beschäftigerwechsel

Rz 124

Unter Arbeitsunterbrechung fällt jede Art der Unterbrechung, zB krankheits-, wetter-, urlaubsbedingt. Dauert die Arbeitsunterbrechung länger als einen Kalendermonat, beginnt die Sechsmonatsfrist nach Ablauf des Kalendermonates der Beendigung der Arbeitsunterbrechung neu zu laufen.

Ein Beschäftigerwechsel liegt dann vor, wenn die Arbeitskraft einem anderen Unternehmen überlassen wird; diesfalls beginnt die Sechsmonatsfrist auch dann neu zu laufen, wenn sich die Unternehmensleitung des neuen Beschäftigers in derselben Gemeinde befindet.

Ein bloßer Wechsel des Arbeitgebers ohne gleichzeitigen Wechsel des Beschäftigers ist kein Beschäftigerwechsel.

Ist eine Gemeinde auf Grund der Neuregelung ab dem 7. Kalendermonat erhebungsberechtigt, und wird dann eine neue Sechsmonatsfrist in Gang gesetzt, ist die Gemeinde

noch erhebungsberechtigt.

Beispiel 3

Wiener Unternehmen überlässt vom 1.1. bis 20.7.2017 dieselbe Arbeitskraft an das Unternehmen A in Graz und ab 21.7.2017 an das Unternehmen B in Graz.

Erhebungsberechtigte Gemeinde:

Beispiel 4

Linzer Unternehmen überlässt Arbeitskraft ab 14.1.2017 an Unternehmen in Wels.

Am 20.8.2017 tritt Arbeitsunterbrechung ein, die bis 25.9.2017 andauert.

Danach ist die Arbeitskraft für denselben Unternehmer in Wels weiter tätig.

Erhebungsberechtigte Gemeinde:

Beispiel 5

Linzer Unternehmen überlässt Arbeitskraft ab 14.1.2017 an Unternehmen in Wels.

Am 20.8.2017 wird die Überlassung beendet.

Ab 26.9.2017 ist die Arbeitskraft für einen anderen Unternehmer in Wels tätig.

Erhebungsberechtigte Gemeinde:

Beispiel 6

Linzer Unternehmen überlässt Arbeitskraft ab 14.1.2017 an Unternehmen in Wien. Die Sechsmonatsfrist für Wien beginnt mit 1.2.2017.

Am 20.8.2017 tritt Arbeitsunterbrechung ein, die bis 3.10.2017 andauert.

Danach ist die Arbeitskraft für denselben oder einen anderen Unternehmer in Wien tätig.

Erhebungsberechtigte Gemeinde:

Beispiel 7

Die Arbeitskräfte eines Linzer Personalleasingunternehmens werden bereits mehr als 6 Kalendermonate bei einem Unternehmen in Wels eingesetzt. Das Linzer Unternehmen wird verkauft, die Arbeitskräfte werden Dienstnehmer des Erwerbers und bleiben weiterhin beim selben Welser Unternehmen eingesetzt.

Die Sechsmonatsfrist beginnt nicht neu zu laufen, weil kein Beschäftigerwechsel vorliegt. Wels bleibt anspruchsberechtigt.

Beispiel 8

Die Arbeitskräfte eines Wiener Personalleasingunternehmens werden mehr als 6 Kalendermonate bei einem Unternehmen in Berlin eingesetzt.

Da von einer inländischen Betriebsstätte eines Unternehmens überlassen wird, kommt die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 KommStG 1993 zur Anwendung. Die Erhebungsberechtigung der Kommunalsteuer verbleibt für die ersten sechs Kalendermonate bei der Stadt Wien.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993

Schlagworte:

Kommunalsteuer, KommSt, Kommunalsteuergesetz, KommStG

Verweise:

VwGH 19.04.2018, Ro 2018/15/0003
BMF 26.01.2023, 2022-0.892.770

Stichworte