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18.2.2 Realisierung des Veräußerungsgewinnes

BMFBMF-010200/0024-IV/6/20197.5.2018

Rz 5669
Der Veräußerungsgewinn entsteht im Zeitpunkt der Veräußerung des Betriebes (Mitunternehmeranteiles); das ist der Tag, an dem Besitz, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen bzw. ab dem dieser den Betrieb auf seine Rechnung und Gefahr führt (Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bzw. Übertragung der Verfügungsgewalt auf den Erwerber). IdR wird der Zeitpunkt der Realisierung von der getroffenen Vereinbarung abhängen, er kann mit dem Vertragstag zusammenfallen oder auf einen späteren Zeitpunkt bezogen werden. Der Zeitpunkt, in dem das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird, ist unmaßgeblich (VwGH 21.10.1986, 86/14/0021; siehe auch Rz 5564); ebenso - außer im Falle einer Veräußerung gegen Rente (siehe Rz 5672 ff) - der Zeitpunkt, in dem der Veräußerungspreis dem Veräußerer zufließt (VwGH 20.10.1992, 89/14/0089).

Auch ein Mitunternehmer scheidet daher zu dem Zeitpunkt aus der Mitunternehmerschaft aus, zu dem der Vertrag auf Abtretung des Mitunternehmeranteils wirksam wird. Der Zeitpunkt der Firmenbucheintragung des neuen Mitunternehmers ist unbeachtlich.

Bezüglich des Zeitpunktes der Gewinnrealisierung treten durch die Neuregelung der Grundstücksbesteuerung keine Änderungen ein (siehe dazu Rz 768).

Rz 5670
Der Aufgabegewinn ist auf den Aufgabestichtag bezogen zu ermitteln. Dieser Zeitpunkt ist nicht jener, in dem mit den Aufgabehandlungen begonnen wird, sondern fällt in jenes Jahr, zu dem die Aufgabehandlungen so weit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb die wesentlichen Grundlagen entzogen sind (VwGH 16.12.1999, 97/15/0134). Diesem Tag ist das Ergebnis der Aufgabevorgänge zuzurechnen. Dieser Aufgabegewinn kann nur einem einzigen Veranlagungszeitraum zugeordnet werden.

Beispiel 1:

Einem Bäckereibetrieb werden durch die Veräußerung der Warenvorräte die wesentlichen Grundlagen entzogen (Veräußerungsstichtag = Aufgabezeitpunkt). Diesem Tag ist das Ergebnis der Aufgabevorgänge zuzurechnen, zB der im Folgejahr aber noch im Aufgabezeitraum erzielte Gewinn (Verlust) aus dem Verkauf der noch brauchbaren Anlagegüter (VwGH 19.9.1995, 91/14/0222).

Beispiel 2:

Zu den wesentlichen Grundlagen eines Einzelhandelsbetriebes zählt jedenfalls die Handelsware. Solange noch (von einzelnen nicht oder nur schwer verkäuflichen Restposten bzw. Ladenhütern abgesehen) Handelsware vorhanden ist und laufend veräußert wird, kann nicht davon gesprochen werden, dass dem Betrieb bereits die wesentlichen Grundlagen entzogen sind und der Betrieb somit endgültig und abschließend aufgegeben ist. An der Beurteilung der Handelsware als wesentliche Grundlage eines Einzelhandelsbetriebes ändert es nichts, dass die aus ihrem laufenden Verkauf erzielten Erträge laufenden Gewinn (und nicht Veräußerungsgewinn) bilden (VwGH 23.5.1990, 89/13/0193).

Beispiel 3:

Bei einer in einem gemieteten Lokal betriebenen Gastwirtschaft wird die Betriebsaufgabe nicht schon im Zeitpunkt der vertraglichen Einigung über die Beendigung des Bestandverhältnisses und die Rückgabe des Bestandobjekts, sondern erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe des Lokals an den Bestandgeber dadurch verwirklicht, dass dem Betrieb die essentielle Grundlage entzogen wird (VwGH 20.10.1993, 91/13/0168).

Rz 5671
Gleiches gilt für Steuerpflichtige, die ihren laufenden Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt haben.

18.2.3 Veräußerung gegen Renten

Rz 5672
Eine Ausnahme von der zeitpunktbezogenen Erfassung des Veräußerungsgewinnes bildet die Veräußerung gegen Leibrente. Die Rentenzahlungen sind, soweit sie den Buchwert des Betriebsvermögens übersteigen, nach Maßgabe ihres Zufließens zu besteuern. Ein Veräußerungsgewinn entsteht erst dann, wenn die Summe der geleisteten Rentenzahlungen den Buchwert des Betriebsvermögens übersteigt (VwGH 28.4.1987, 86/14/0175; VwGH 16.12.1998, 93/13/0307). Erreichen die Rentenzahlungen den Buchwert des Betriebsvermögens nicht, liegt ein Veräußerungsverlust vor.

Rz 5673
Wird neben Rentenzahlungen eine Einmalzahlung geleistet, gehört sie zum Veräußerungsgewinn, soweit sie gemeinsam mit den bisher gezahlten Renten die Buchwerte überschreitet. Verteilt sich die steuerliche Erfassung des Veräußerungsgewinnes dadurch auf mehr als eine Besteuerungsperiode, liegen außerordentliche Einkünfte nicht vor.

Rz 5674
Stellt eine vereinbarte Leibrente zusammen mit den sonstigen vereinbarten Leistungen keine echte Gegenleistung für den übertragenen Betrieb dar, ist von einer unentgeltlichen Übertragung auszugehen und liegt kein Anwendungsfall des § 24 EStG 1988 vor (zur Abgrenzung der einzelnen Rententypen siehe Rz 7011 ff).

Rz 5675
Rechtslage vor dem 1.4.2012:

Entfällt ein Teil der Rentenzahlungen bei einem § 4 Abs. 1 EStG - Gewinnermittler auf Grund und Boden, ist der hierauf entfallende Anteil bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes außer Ansatz zu lassen und nach Maßgabe des § 29 Z 1 EStG 1988 zu erfassen.

Rechtslage nach dem 31.3.2012:

Entfällt ein Teil der Rentenzahlungen auf Grundstücke, ist der hierauf entfallende Anteil (siehe Rz 5659) bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes im Sinne des § 24 EStG 1988 nicht gesondert anzusetzen, weil auf Grund der steuerlichen Erfassung der Rentenzahlungen nach Maßgabe des Zufließens (siehe Rz 5672), der besondere Steuersatz nach § 30a Abs. 1 EStG 1988 im Falle der Veräußerung gegen Rente nicht zur Anwendung kommt. Mangels Anwendbarkeit des besonderen Steuersatzes kann auch von dem auf Grund und Boden entfallenden Veräußerungsgewinn kein Inflationsabschlag bei Veräußerungen vor dem 1.1.2016 abgezogen werden, sodass sich auch daraus kein Grund für eine gesonderte Ermittlung des anteiligen Veräußerungsgewinnes ergibt.

Rz 5675a
Entfällt ein Teil der Rentenzahlungen auf Grund und Boden, der zum 31.3.2012 nicht steuerverfangen war, und soll der auf den Grund und Boden entfallende Veräußerungsgewinn unter Ansatz der pauschalen Anschaffungskosten nach § 30 Abs. 4 EStG 1988 ermittelt werden, ist der Buchwert des Grund und Bodens aus dem Gesamtbuchwert des Betriebsvermögens auszuscheiden.

Unter Anwendung der Verhältnismethode sind die auf den Grund und Boden entfallenden Rentenzahlungen zu ermitteln. Für diese anteilige Rentenzahlung ist der Rentenbarwert gemäß § 16 BewG 1955 zu ermitteln.

Der Gesamtbuchwert des Betriebsvermögens (ohne Grund und Boden) ist um 86% bzw. im Falle der Umwidmung gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 um 40% des Rentenbarwertes der auf den Grund und Boden entfallenden Rentenzahlungen zu erhöhen. Ein Veräußerungsgewinn entsteht erst in dem Zeitpunkt, in dem die Summe der geleisteten Rentenzahlungen diesen adaptierten Buchwert überschreitet. Auch in diesem Fall ist der gesamte Veräußerungsgewinn zum Tarif gemäß § 33 EStG 1988 zu versteuern.

Beispiel:

Ein Betrieb (Buchwert 300.000 Euro/Verkehrswert 420.000 Euro) wird gegen Rente (42.000 Euro/Jahr) veräußert. Im Betriebsvermögen befindet sich Grund und Boden (Buchwert 50.000 Euro/Verkehrswert 60.000 Euro), der zum 31.3.2012 nicht steuerhängig war; die Ermittlung des auf Grund und Boden entfallenden Veräußerungsgewinnes soll gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988 erfolgen (keine Umwidmung).

Der auf Grund und Boden entfallende Buchwert in Höhe von 50.000 Euro ist daher vom Gesamtbuchwert abzuziehen. Wird das Verhältnis des Verkehrswertes des Grund und Bodens zum Gesamtverkehrswert der anderen Wirtschaftsgüter (1:6) auf die Rentenzahlung umgelegt, entfällt auf den Grund und Boden eine Rentenzahlung in Höhe von 6.000 Euro jährlich. Für diese Rentenzahlung muss der Rentenbarwert ermittelt werden. In diesem Fall wird der Rentenbarwert mit 60.000 Euro angenommen.

Der Buchwert des Betriebsvermögens ohne Grund und Boden (250.000 Euro) ist um 51.600 Euro (60.000*0,86) zu erhöhen. Der adaptierte Gesamtbuchwert beträgt daher 301.600 Euro.

Überschreiten die Rentenzahlungen diesen adaptierten Gesamtbuchwert, entsteht ein Veräußerungsgewinn und die laufenden Rentenzahlungen sind zum Normaltarif zu versteuern.

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