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2.5 Leasing (§ 2 EStG 1988)

BMFBMF-010203/0171-IV/6/20187.5.2018

2.5.1 Allgemeines

Rz 135
Mit "Leasing" werden Verträge bezeichnet, die von den üblichen Mietverträgen des ABGB ("Operating-Leasing") bis zu verdeckten Ratenkaufverträgen reichen. Die Abgrenzungsfrage stellt sich in erster Linie bei den Finanzierungs-Leasingverträgen. Diese ersetzen die herkömmliche Form der Investitionsfinanzierung. Die Finanzierungs-Leasingverträge sind entweder Vollamortisationsverträge (Full-Pay-Out-Leasing), dh. während der Mietdauer (= Grundmietzeit) hat der Leasingnehmer für die Investitionskosten und einen Gewinn des Leasinggebers aufzukommen, oder Teilamortisationsverträge (Non-Full-Pay-Out-Leasing oder Restwertleasing), dh. während der Grundmietzeit hat der Leasingnehmer nicht die gesamten Aufwendungen des Leasinggebers abzudecken.

Beim Sale-and-lease-back-Vertrag verkauft ein Steuerpflichtiger ein Anlagegut entweder unmittelbar nach der Anschaffung (Herstellung) oder nach Nutzung zu einem späteren Zeitpunkt und mietet es gleichzeitig vom Erwerber im Wege des Finanzierungsleasings wieder zurück.

Für die Finanzierungsleasingverträge ist weiters typisch die für beide Seiten grundsätzlich unkündbare Grundmietzeit und die Verlagerung der Gefahr des zufälligen Unterganges und der zufälligen Beschädigung des Gegenstandes auf den Leasingnehmer.

2.5.2 Zurechnung des Leasinggutes

Rz 136
Für die Lösung der Frage, ob Leasinggüter dem Leasinggeber oder dem Leasingnehmer zuzurechnen sind, kommt es maßgebend darauf an, ob die entgeltliche Überlassung des Leasinggutes an den Leasingnehmer gleich einer "echten" Vermietung als bloße Nutzungsüberlassung zu sehen ist oder ob sich die Überlassung wirtschaftlich bereits als Kauf (Ratenkauf) darstellt. Es geht letztlich darum, ob der Leasingnehmer mit der Überlassung des Leasinggutes bereits dessen wirtschaftlicher Eigentümer iSd § 24 Abs. 1 lit. d BAO geworden ist (VwGH 17.8.1994, 91/15/0083, mit weiteren Hinweisen; VwGH 17.2.1999, 97/14/0059). Hierzu ist die Vertragsgestaltung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu würdigen (VwGH 5.12.1972, 2391/71). Danach ist das Leasinggut idR dem Leasinggeber zuzurechnen. Abweichend davon sind insbesondere in folgenden Fällen die Leasinggüter von Anfang an dem Leasingnehmer zuzurechnen:

2.5.2.1 Vollamortisationsvertrag

Rz 137
Varianten:

1.

Grundmietzeit und betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer stimmen annähernd überein. Dies kann angenommen werden, wenn die Grundmietzeit mehr als 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer beträgt.

2.

Die Grundmietzeit beträgt weniger als 40% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer.

3.1

Für Vertragsabschlüsse bis 30.4.2007: Der Leasingnehmer hat bei einer Grundmietzeit von mindestens 40% und höchstens 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nach Ablauf der Grundmietzeit das vertraglich vereinbarte Optionsrecht, gegen Leistung eines wirtschaftlich nicht ausschlaggebenden Betrages den Gegenstand zu erwerben oder den Leasingvertrag zu verlängern (siehe Rz 3223). Da bei Vorliegen eines solchen Optionsrechtes das Leasinggut dem Leasingnehmer zuzurechnen ist, hat bei diesem eine Aktivierung des Optionsrechtes zu unterbleiben.

3.2

Für Vertragsabschlüsse ab 1.5.2007: Der Leasingnehmer hat bei einer Grundmietzeit von mindestens 40% und höchstens 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nach Ablauf der Grundmietzeit das vertraglich vereinbarte Optionsrecht, gegen Leistung eines wirtschaftlich nicht angemessenen Betrages den Gegenstand zu erwerben oder den Leasingvertrag zu verlängern (siehe Rz 3223). Da bei Vorliegen eines solchen Optionsrechtes das Leasinggut dem Leasingnehmer zuzurechnen ist, hat bei diesem eine Aktivierung des Optionsrechtes zu unterbleiben.

4.

Das Leasinggut ist speziell auf die individuellen Bedürfnisse des Leasingnehmers zugeschnitten und kann nach Ablauf der Vertragsdauer nur noch bei diesem eine wirtschaftlich sinnvolle Verwendung finden (Spezialleasing). Eine nur beim Leasingnehmer wirtschaftlich sinnvolle Verwendung kann angenommen werden, wenn die Verwertung oder Nutzung des Leasinggegenstandes aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nur dem Leasingnehmer möglich ist.

Rz 138
Liegt Spezialleasing vor, dann sind das Verhältnis der Mietdauer zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer sowie eine Kauf- oder Mietverlängerungsoption für die Zurechnung unerheblich.

Rz 139
Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer richtet sich nach den Verhältnissen beim Leasingnehmer. Bei gesetzlich vorgegebenen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauern (§ 8 EStG 1988) sind diese heranzuziehen, da sie auf allgemeinen der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des § 7 EStG 1988 entsprechenden Erfahrungssätzen beruhen. Wird im Zuge von abgabenbehördlichen Prüfungen die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer neu ermittelt, so bleibt für die Zurechnung weiterhin die ursprünglich angenommene Nutzungsdauer bestehen, es sei denn, sie wurde willkürlich festgelegt.

Für Leasingverträge, die bis zum 14. August 2015 abgeschlossen wurden, ist für Zwecke der Zurechnung des Leasingobjektes die Ausmessung des kalkulatorischen Restwertes weiterhin auf Basis der bisherigen AfA-Sätze (§ 8 EStG 1988 idF vor Steuerreformgesetz 2015/2016) zu belassen. Werden Leasingkonditionen nachträglich an die neuen AfA-Sätze angepasst, hat eine Neuprüfung der Zurechnung unter Berücksichtigung der neuen AfA-Sätze zu erfolgen. Als Nutzungsdauer ist die geänderte Gesamtnutzungsdauer und als voraussichtlicher Verkehrswert (im Sinne der Rz 141) der geänderte steuerliche Restbuchwert am Ende der Grundmietzeit abzüglich 20% Abschlag anzusetzen.

Für Leasingverträge, die ab dem 15. August 2015 abgeschlossen werden, hat für Zwecke der Zurechnung des Leasingobjektes die Ausmessung des kalkulatorischen Restwertes unter Mitberücksichtigung der AfA-Sätze gemäß § 8 EStG 1988 idF Steuerreformgesetz 2015/2016 zu erfolgen.

Rz 140
Geleaste nichtabnutzbare bewegliche Gegenstände, wie zB Kunstgegenstände, sind von Anfang an dem Leasingnehmer zuzurechnen, wenn die Vertragsgestaltung mehr für eine Anschaffung (Veräußerung) als für eine bloße Gebrauchsüberlassung spricht. Dies ist unter anderem immer dann der Fall, wenn die Leasingrate im Wesentlichen nicht bloß Finanzierungskosten enthält.

2.5.2.2 Teilamortisationsvertrag

Rz 141
Beim Teilamortisationsvertrag (Restwertleasing) werden innerhalb der Grundmietzeit nicht die Gesamtkosten des Leasinggebers amortisiert; der kalkulierte Restwert (die Restamortisation) ist der während der Grundmietzeit nicht amortisierte Teil der Gesamtkosten des Leasinggebers. Bei einem Teilamortisationsvertrag sind die Leasinggüter insbesondere in folgenden Fällen dem Leasingnehmer von Anfang an zuzurechnen (VwGH 17.10.1989, 88/14/0189; VwGH 21.10.1993, 92/15/0085; VwGH 28.5.2002, 99/14/0109):

1.

Grundmietzeit und betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer stimmen annähernd überein (siehe Rz 137).

2.

Der Leasingnehmer hat sowohl das Risiko der Wertminderung als auch die Chance der Wertsteigerung; dies kann ua. angenommen werden, wenn bei Veräußerung des Leasinggegenstandes der Leasingnehmer einerseits für die Differenz zwischen Restwert und niedrigerem Veräußerungserlös aufzukommen hat und andererseits mehr als 75% des den Restwert übersteigenden Teiles des Veräußerungserlöses erhält.

Sollen das Risiko der Wertminderung und die Chance der Wertsteigerung zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer gleichteilig verteilt werden, kommt es bei ab dem 1.1.2011 abgeschlossenen Leasingverträgen nur dann zu keiner Zurechnungsänderung zum Leasingnehmer, wenn der Leasinggeber mindestens 25% der Differenz zwischen Restwert und niedrigerem Veräußerungserlös trägt und andererseits mindestens 25% des den Restwert übersteigenden Teiles des Veräußerungserlöses erhält.

3.1

Für Vertragsabschlüsse bis 30.4.2007: Im Falle einer Kaufoption des Leasingnehmers zum Restwert, wenn dieser erheblich niedriger ist als der voraussichtliche Verkehrswert (siehe Rz 3225).

3.2

Für Vertragsabschlüsse ab 1.5.2007: Im Falle einer Kaufoption des Leasingnehmers zum Restwert, wenn dieser niedriger ist als der voraussichtliche Verkehrswert (siehe Rz 3225).

4.

Spezialleasing (siehe Rz 138).

2.5.2.3 Finanzierungsleasing von unbeweglichen Wirtschaftsgütern

Rz 142
Beim Finanzierungsleasing von unbeweglichen Wirtschaftsgütern sind Gebäude und Grund und Boden jeweils getrennt zu beurteilen. Bei der Zurechnung des Gebäudes ist iSd in den vorstehenden Absätzen angeführten Kriterien vorzugehen.

Rz 143
Der Grund und Boden ist grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen. Nicht im zivilrechtlichen Eigentum des Leasingnehmers stehender Grund und Boden wird dann von Anfang an dem Leasingnehmer zuzurechnen sein, wenn für Grund und Boden eine Kaufoption besteht und bereits das Gebäude dem Leasingnehmer zugerechnet wird.

Rz 144
Wird das Gebäude vom Leasinggeber auf dem im zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum des Leasingnehmers stehenden Grund und Boden errichtet und diesem im Wege des Finanzierungsleasing überlassen, so kann das Gebäude dem Leasinggeber zugerechnet werden, wenn neben den übrigen Zurechnungskriterien folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Es liegt kein Vollamortisationsvertrag bzw. nicht Spezialleasing vor.
  • Die vertragliche Nutzungsvereinbarung über Grund und Boden ist erheblich länger als die Grundmietzeit des Teilamortisationsvertrages (im Falle des Vollamortisationsvertrages ist das Gebäude dem Leasingnehmer zuzurechnen) und
  • Der Leasinggeber ist zivilrechtlich in der Lage, das Gebäude nach Ablauf der Mietdauer gegebenenfalls ohne weiteres an eine vom Leasingnehmer verschiedene Person zu vermieten oder zu verkaufen.

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