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Salzburger Steuerdialog 2015 - Ergebnisse BAO

BMFBMF-010103/0160-IV/201523.10.20152015Salzburger Steuerdialog 2015 - Ergebnisse BAO

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 121a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 27 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 25 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 23 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 26 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 3 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 300 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 200 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 27 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 25 Z 2 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 20 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 25 Z 3 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 41 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 3 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 Abs. 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 21 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 300 Abs. 1 erster Satz BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 214 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 256 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 293 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 293a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 310 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 249 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 249 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 13 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955

Schlagworte:

Schenkungsmeldung, mittelbare Grundstücksschenkung, Ort der Geschäftsleitung, Delegierungsbescheid, Wohnsitz, Mängelbehebungsverfahren, Vorlageantrag, Verjährung, Haftungsbescheid, Rückzahlung, Wiederaufnahme des Verfahrens, Wiedereinsetzung

Verweise:

VwGH 06.04.1995, 94/15/0206
VwGH 24.01.1996, 95/13/0150
VwGH 18.04.1985, 84/16/0204
BMF 08.10.2014, BMF-010103/0155-IV/4/2014
BMF 08.10.2013, BMF-010103/0180-IV/2013

1. Schenkungsmeldung - Wohnrecht

1.1. Bezughabende Norm

§ 121a BAO

1.2. Sachverhalt

Bei einer Liegenschaftsschenkung wird im Gegenzug ein Wohnrecht übertragen. Im Zuge der Übertragung wurde die Liegenschaft im Grundbuch eingetragen. Auch das Wohnrecht wurde im Grundbuch einverleibt.

1.3. Frage

Muss eine Schenkungsmeldung hinsichtlich des Wohnrechtes erfolgen?

1.4. Lösung

Die der Anzeigepflicht des § 121a BAO unterliegenden Wirtschaftsgüter sind im Abs. 1 taxativ aufgezählt. Liegenschaften unterliegen - soweit es sich nicht um Betriebsvermögen handelt - daher nicht der Anzeigepflicht.

Die Einräumung eines Wohnrechtes ist - als immaterieller Vermögensgegenstand - gemäß § 121a Abs. 1 Z 1 lit. c BAO anzeigepflichtig.

Im gegenständlichen Fall wurde das Wohnrecht lediglich zurückbehalten. Demzufolge stellt dieses zurückbehaltene Wohnrecht daher keine "Gegenschenkung" iSd § 121a BAO dar und unterliegt ebenfalls nicht der Anzeigepflicht.

Der grundbücherlichen Einverleibung des Wohnrechtes kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu.

Sollte allerdings das Wohnrecht einer dritten Person übertragen werden (zB Ehefrau, Kinder des Geschenkgebers), so wäre die Anzeigepflicht bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen (Betragsgrenze) gegeben.

2. Schenkungsmeldung - Wertpapierdepot

2.1. Bezughabende Norm

§ 121a BAO

2.2. Sachverhalt

Ein Vater schenkt seinem Sohn ein Wertpapierdepot (Aktien und Anleihen) im Wert von ca. Euro 100.000.

2.3. Frage

Ist eine Schenkungsmeldung zu machen bzw. welcher Tatbestand des § 121a BAO ist erfüllt?

2.4. Lösung

Die angeführten Vermögensgegenstände (Aktien und Anleihen) unterliegen grundsätzlich der Anzeigepflicht iSd § 121a Abs. 1 Z 1 lit. a BAO.

Aktien sind Anteile an Kapitalgesellschaften, Anleihen stellen Kapitalforderungen dar.

Die Betragsgrenze ist überschritten, somit tritt die Anzeigepflicht ein.

Für die Ermittlung der Betragsgrenzen iSd § 121a BAO ist der gemeine Wert der erworbenen Sachgüter heranzuziehen.

Zu unterscheiden ist im angeführten Fall deshalb die Darstellung der übertragenen Vermögensgegenstände dem Werte nach. Anleihen sind nach § 13 BewG 1955 mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Der Wert der Aktien (Anteile an Kapitalgesellschaften) ist zu schätzen. Maßgebend sind dabei die wertrelevanten Verhältnisse im Zeitpunkt der Schenkung (vgl. dazu Salzburger Steuerdialog 2013 - BAO, BMF vom 08.10.2013, BMF-010103/0180-IV/2013, Anmerkungen zu Frage 3, siehe auch Formular Schenk 1).

Sowohl im Formular Schenk 1 als auch bei Anzeige über FinanzOnline ist die getrennte Darstellung dieser Vermögensgegenstände möglich.

3. Schenkungsmeldung -Eigentumswohnung

3.1. Bezughabende Norm

§ 121a BAO

3.2. Sachverhalt

Eine Mutter überweist Euro 200.000 zum Ankauf einer bestimmten Eigentumswohnung für ihre Tochter auf ein Treuhandkonto, der Kauf kommt allerdings nicht zu Stande. Das Geld soll der Tochter aber weiter zur Verfügung stehen, auch für die nächste Wohnung, für die sie sich entscheidet.

3.3. Frage

Ist eine Schenkungsmeldung zu machen?

3.4. Lösung

Die Geldschenkung der Mutter an die Tochter zum Kauf einer bestimmten Eigentumswohnung ist (zivilrechtlich) als mittelbare Grundstücksschenkung zu beurteilen, da der Schenkungswille auf eine bestimmte Eigentumswohnung gerichtet ist und daher diese konkrete Wohnung Gegenstand der Schenkung ist. Bei Zustandekommen dieses Kaufes läge demnach eine nicht anzeigepflichtige Grundstücksschenkung vor.

Der Überweisung des Geldbetrages auf ein Treuhandkonto kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu.

Der Kauf kommt nicht zustande, das Geld verbleibt der Tochter zum Kauf einer (nun) beliebigen Eigentumswohnung.

Dadurch, dass der Tochter das Geld auf dem Treuhandkonto auch weiterhin zur Verfügung steht, jedoch durch das Nichtzustandekommen des ersten Wohnungskaufes keine mittelbare Grundstücksschenkung mehr vorliegt, wandelt sich diese Schenkung in eine Schenkung von Bargeld iSd § 121a Abs. 1 Z 1 lit. a BAO. Demzufolge wird die Schenkung auf Grund des Übersteigens der Wertgrenze von Euro 50.000 anzeigepflichtig.

4. Zuständigkeit - GmbH

4.1. Bezughabende Normen

§§ 21 und 25 AVOG 2010, § 27 BAO

4.2. Sachverhalt

Eine GmbH hat laut Firmenbuch ihren Sitz in Wien am Großgrünmarkt.

Das bisher zuständige Finanzamt möchte den Akt an das (seiner Ansicht nach) zuständige Finanzamt in Wien abtreten.

Das Wiener Finanzamt übernimmt den Akt nicht, weil es der Meinung ist, dass am Großgrünmarkt kein ordentlicher Firmensitz sein kann.

4.3. Frage

Welches Finanzamt ist für die GmbH zuständig?

4.4. Lösung

Die Zuständigkeit richtet sich bei einer GmbH gemäß § 21 AVOG 2010 nach dem Ort der Geschäftsleitung.

Ort der Geschäftsleitung ist gemäß § 27 Abs. 2 BAO der Ort, an dem sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet. Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung eines Unternehmens befindet sich dort, wo der für die Geschäftsführung entscheidende Wille gebildet wird (vgl. Ritz, BAO5, § 27 Tz 2), wo also die für die Führung des Unternehmens notwendigen und wichtigen Maßnahmen angeordnet und die unternehmenslenkenden Dispositionen getroffen werden (zB VwGH 6.4.1995, 94/15/0206); somit dort, wo sich die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht bedeutungsvollste Stelle befindet.

Dies ist stets eine zu klärende Frage des Sachverhaltes. Dies kann zB mittels Vorhalt an den Geschäftsführer aufgeklärt werden.

Erst wenn nachweislich kein Ort der Geschäftsleitung im Inland gelegen ist, richtet sich die Zuständigkeit nach dem Sitz der Gesellschaft.

Gemäß § 25 Z 2 AVOG 2010 richtet sich die Zuständigkeit subsidiär nach dem Ort, von dem aus das Unternehmen betrieben oder die Tätigkeit ausgeübt worden ist.

5. Zuständigkeit - GmbH in Liquidation

5.1. Bezughabende Normen

§ 21 AVOG 2010, § 27 BAO

5.2. Sachverhalt

Eine GmbH, die in Liquidation ist, hat ihren Sitz laut Firmenbuch in Wien (Zuständigkeit des Finanzamtes X). Es handelt sich dabei um eine Betrugsfirma, die immer noch tätig ist.
Der Liquidator ist der ehemalige Geschäftsführer der GmbH. Nachforschungen des Finanzamtes haben ergeben, dass der Ort der Geschäftsleitung tatsächlich in Wien ist, weil sich ein Büro in Wien befindet.

Ein weiteres Büro, in dem lediglich eine Sekretärin tätig ist, liegt im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes Y. Der Geschäftsführer ist jedoch dort nicht tätig.

Das bisher zuständige Finanzamt Y möchte den Akt an das (seiner Ansicht nach) zuständige Finanzamt X in Wien abtreten.

Das Finanzamt X in Wien bestreitet jedoch seine Zuständigkeit, da sich das Unternehmen in Liquidation befindet und somit eine Abtretung nicht mehr möglich sei.

5.3. Frage

Kann eine Abtretung auch während der Liquidation erfolgen?

5.4. Lösung

Gemäß § 21 AVOG 2010 ist Betriebsfinanzamt das Finanzamt, in dessen Bereich eine Körperschaft, Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit oder Vermögensmasse ihren Ort der Geschäftsleitung (§ 27 Abs. 2 BAO) hat oder hatte.

Gemäß § 27 Abs. 2 BAO ist als Ort der Geschäftsleitung der Ort anzunehmen, an dem sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet.

Auch ein Liquidator, der die Gesellschaft vertritt, kann grundsätzlich noch eine Geschäftstätigkeit für die GmbH ausüben. Dies ist stets eine zu klärende Frage des Sachverhaltes. Dies kann zB mittels Vorhalt an den Liquidator aufgeklärt werden.

Auch wenn es sich "nur" noch um etwaige Einhebungs- bzw. Einbringungsschritte handelt, insbesondere Fragen der Geltendmachung einer Geschäftsführerhaftung (§ 9 BAO) vor einer allfälligen Rückstandslöschung, also keine Geschäftstätigkeit mehr ausgeübt wird, lässt sich daraus keine Änderung der Zuständigkeit zur Abgabenerhebung durch das bisher zuständig gewesene Finanzamt ableiten.

6. Zuständigkeit - Wohnmobil

6.1. Bezughabende Normen

§ 23 AVOG 2010, § 26 BAO

6.2. Sachverhalt

Ein Deutscher, der ein Haus in Ungarn besitzt, möchte mit einem Wohnmobil im Inland einen Wohnsitz begründen.

Seine Aufenthaltstage reichen nicht aus, um einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen.

6.3. Frage

Unter welchen Voraussetzungen kann ein Wohnmobil als Wohnsitz beurteilt werden?

6.4. Lösung

Eine Wohnung iSd § 26 BAO sind Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen Verhältnisse entsprechendes Heim bieten (zB Ritz, BAO5, § 26 Tz 1).

Maßgebend ist die tatsächliche Gestaltung, auf die subjektive Absicht oder Einstellung kommt es nicht an (zB Ritz, BAO5, § 26 Tz 4).

Es wird daher auf die konkreten Umstände des Einzelfalles ankommen, ob ein Wohnmobil einen Wohnsitz begründet, ua.:

IdR wird ein Wohnwagen jedoch nicht als Wohnung anzusehen sein (vgl. Ritz, BAO5, § 26 Tz 3). Eine Meldung im Zentralen Melderegister hat lediglich Indizwirkung.

7. Zuständigkeit - Delegierungsbescheid

7.1. Bezughabende Norm

§ 3 AVOG 2010

7.2. Sachverhalt

Das Finanzamt A hat nach Rücksprache mit der Partei in einem Familienbeihilfenfall gemäß § 3 AVOG 2010 (Delegierungsbescheid) die Delegierung an das Finanzamt B bestimmt.

Das Finanzamt B weigert sich jedoch, den Akt zu übernehmen, und übermittelt den Akt wieder retour an das Finanzamt A.

7.3. Frage

Wie wirkt ein Delegierungsbescheid?

7.4. Lösung

Gemäß § 3 AVOG 2010 kann die zuständige Abgabenbehörde aus Gründen der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens, für die Erhebung einer Abgabe eine andere Abgabenbehörde mit Bescheid bestimmen, sofern nicht überwiegende Interessen der Partei entgegenstehen.

Der Delegierungsbescheid ist an die Partei zu richten. Dem Finanzamt B ist eine Ausfertigung zu übermitteln. Beschwerdeberechtigt ist lediglich die Partei.

Aufgrund des Delegierungsbescheides ist das Finanzamt B zuständig geworden; die Weigerung, den Akt zu übernehmen, war rechtswidrig. Der Akt ist daher nochmals an das Finanzamt B abzutreten.

8. Zuständigkeit - Wohnsitz

8.1. Bezughabende Normen

§§ 20 bzw. 25 AVOG 2010, § 26 Abs. 1 BAO, § 1 Abs. 2 EStG 1988

8.2. Sachverhalt

4 polnische Staatsbürger mit Familienwohnsitz in Polen stellen Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung mit dem Formular L1 (unbeschränkte Steuerpflicht) für das Jahr 2013 im Juli 2014 beim Finanzamt A (Sitz des Arbeitgebers). Es liegt kein Pflichtveranlagungstatbestand vor.

Die polnischen Arbeitnehmer waren nur im Jahr 2013 befristet für vier Monate in Österreich auf einer Baustelle im Finanzamtsbereich B tätig und wohnten in diesem Zeitraum bei einem Unterkunftgeber, der Zimmer mit Dusche und WC für Bauarbeiter vermietet.

Zwei Arbeiter wurden beim Meldeamt in B angemeldet, die anderen zwei nicht.

Variante:

Die Beilage L1i ist angeschlossen und der Punkt 6. Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG 1988) ist ausgefüllt. Der Punkt 5. Antrag auf Veranlagung bei beschränkter Steuerpflicht (§ 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) ist nicht ausgefüllt.

Auf Grund der ZMR-Erfassung in B wurden die Anträge der zwei Antragsteller an das Finanzamt B weitergeleitet, die beiden anderen verblieben im Finanzamt A.

8.3. Fragen

Handelte es sich bei dieser Unterkunft um einen Wohnsitz iSd § 26 BAO?

Welches Finanzamt ist für die Erledigung der Arbeitnehmerveranlagungen zuständig?

Sind diese Arbeitnehmer für 2013 beschränkt/unbeschränkt steuerpflichtig in Österreich?

Wie ist über die Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung zu entscheiden?

8.4. Lösung

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat jemand einen Wohnsitz iSd Abgabenvorschriften dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Steuerrechtlich ist das Bestehen eines Wohnsitzes stets an die objektive Voraussetzung des Besitzes - hier gleichbedeutend mit Innehabung - einer Wohnung geknüpft.

Um einen Wohnsitz iSd Abgabenvorschriften zu begründen, bedarf es der tatsächlichen Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderungen jederzeit zum Wohnen benutzt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten. In diesem Sinn können auch Untermietzimmer, im Fall einer Dauermiete sogar Hotelzimmer eine Wohnung und damit einen Wohnsitz gemäß § 26 Abs. 1 BAO darstellen (VwGH 24.1.1996, 95/13/0150).

Die Bauarbeiter hatten jeweils ein eigenes Zimmer für ihren fünfmonatigen Aufenthalt in Österreich zur Verfügung.

Als Anhaltspunkt für eine Mindestfrist für die Innehabung der Wohnung unter Umständen, die auf die Beibehaltung und Nutzung schließen lassen, wird in der Literatur auf die Sechsmonatsfrist des § 26 Abs. 2 BAO abgestellt (vgl. Ritz, BAO5, § 26 Tz 9).

Da die Zimmer nur für vier Monate angemietet wurden, liegt kein Wohnsitz vor.

Gemäß § 25 Z 3 AVOG 2010 ist, soweit über die örtliche Zuständigkeit der Abgabenbehörden nichts anderes bestimmt wird, in sonstigen Sachen in Ermangelung eines letzten Wohnsitzes jene Abgabenbehörde zuständig, das vom allenfalls abgabepflichtigen Sachverhalt Kenntnis erlangte.

Die Anträge wurden beim Finanzamt A eingebracht, daher verbleibt die Zuständigkeit bei diesem Finanzamt.

Betreffend Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung:

Da weder ein Wohnsitz noch ein gewöhnlicher Aufenthalt vorliegen, sind die Arbeitnehmer für 2013 zur Gänze beschränkt steuerpflichtig.

Es wurde für 2013 auf Grund der Verwendung des L1 eine Veranlagung als unbeschränkt steuerpflichtig gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 beantragt.

Da die Voraussetzung der unbeschränkten Steuerpflicht nicht vorliegt, ist der Antrag abzuweisen.

Variante:

Mit dem Formular L1i wurde der Antrag gestellt, als unbeschränkt steuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 behandelt zu werden.

Der Antrag ist inhaltlich dahingehend zu prüfen, ob alle Voraussetzungen vorliegen. Dementsprechend wird über den Antrag zu entscheiden sein.

9. Mängelbehebungsverfahren

9.1. Bezughabende Norm

§ 85 Abs. 2 BAO

9.2. Sachverhalt

Im Jänner 2015 wurde ein Vorlageantrag gestellt, in dem die bekämpfte Beschwerdevorentscheidung nicht angeführt wurde.

9.3. Fragen

Welche Konsequenzen hat das Fehlen der Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung?

Wer ist für Erlassung des Mängelbehebungsauftrages zuständig (Finanzamt oder BFG)?

9.4. Lösung

Mit dem 2. AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 105/2014, wurde dem § 264 Abs. 1 BAO folgender Satz angefügt: "Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten."

Ob die Beschwerdevorentscheidung ausreichend genau bezeichnet ist, beurteilt sich danach, ob aus dem gesamten Inhalt des Rechtsmittels klar entnommen werden kann, wogegen es sich richtet (vgl. Althuber/ Thorbauer, ÖStZ 5/2015, 126 [ÖStZ 2015/155] mwH). Ist dies der Fall, so ist damit auch der Formalvorschrift im § 264 Abs. 1 BAO Genüge getan.

Ist aus einem Vorlageantrag nicht ersichtlich, auf welche Beschwerdevorentscheidung er sich bezieht, so liegt ein inhaltlicher Mangel iSd § 85 Abs. 2 BAO vor, der zur Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens verpflichtet.

Das Mängelbehebungsverfahren beim Vorlageantrag obliegt dem BFG (Erlassung eines Mängelbehebungsauftrages und allfällige Zurücknahmeerklärung bei Nichtbefolgung mit Beschluss).

Die Zuständigkeit des BFG zur Durchführung des Mängelbehebungsverfahrens steht der Verpflichtung des Finanzamtes, bei unklaren Eingaben ihren Inhalt zu ermitteln, um die weiteren Schritte (Beschwerdevorlage) setzen zu können, nicht entgegen. Diese Pflicht ergibt sich auch aus § 265 Abs. 1 BAO (vgl. dazu auch ErlRV 360 BlgNR 25. GP zum 2. AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 105/2014). Die diesbezügliche Ermittlungshandlung des Finanzamtes ist nicht förmlich nach § 85 Abs. 2 BAO (mit der allfälligen Rechtsfolge des Ausspruches einer Zurücknahme des Vorlageantrages) vorzunehmen.

10. Begründungsmangel

10.1. Bezughabende Norm

§ 93 Abs. 3 lit. a BAO

10.2. Sachverhalt

In einer Beschwerdevorentscheidung zu einem internationalen Missbrauchsfall (Zypern) wird in der mehrseitigen Begründung ein passendes fachliches Zitat einer zypriotischen Anwaltskanzlei in Original (englisch) eingebaut. Das Zitat umfasst mehrere Sätze, die Beschwerdevorentscheidung ergeht zHd des Steuerberaters.

Im Vorlageantrag wird bemängelt, dass dieses Zitat gegen § 93 BAO verstoße.

10.3. Frage

Liegt ein Verstoß gegen § 93 BAO vor?

10.4. Lösung

Wenn nicht anders geregelt, sind Bescheide in Deutsch abzufassen. Die Beschwerdevorentscheidung ist in Deutsch abgefasst, lediglich ein kleiner Teil der Begründung wird durch ein englisches Fachzitat unterlegt.

Es handelt sich daher um einen punktuellen Begründungsmangel, der im weiteren Rechtsmittelverfahren saniert werden kann.

11. Verjährung - Umsatzsteuer

11.1. Bezughabende Normen

§§ 207 ff, 300 BAO

11.2. Sachverhalt

Ein Rechtsmittel gegen die unterjährige USt-Festsetzung betreffend einen Zeitraum, der bereits außerhalb der Verjährungsfrist liegt (März 2006), ist beim BFG unerledigt. Weiters liegt beim Finanzamt die noch unerledigte Jahreserklärung für 2006 vor.

11.3. Frage

Kann der Umsatzsteuerjahresbescheid, aus dem eine den strittigen Voranmeldungszeitraum betraglich übersteigende Nachforderung resultieren würde, noch erlassen werden?

11.4. Lösung

Nach Eintritt der Verjährung kann eine Abgabenfestsetzung nicht mehr vorgenommen werden. Das beim BFG anhängige Rechtsmittel bewirkt nach der geltenden Rechtslage keine Ausnahme vom Verjährungseintritt.

§ 209a Abs. 2 BAO, wonach der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegensteht, wenn die Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde oder eines in den Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages abhängt und die Beschwerde oder der Antrag vor Eintritt der Verjährung eingebracht wurde, ist gegenständlich nicht anwendbar.

Die Verjährungsproblematik wird sich im Normalfall bei während des Veranlagungszeitraumes oder zumindest zeitnah zum Veranlagungszeitraum (§ 21 Abs. 4 UStG 1994) vor Einlangen der Jahressteuererklärung ergehenden Umsatzsteuerfestsetzungen für einzelne Voranmeldungs- bzw. Vorauszahlungszeiträume (§ 21 Abs. 1 UStG 1994) nicht stellen.

Ihr kann insbesondere auch dadurch begegnet werden, dass das Finanzamt gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 auch für den oder die weiteren unvollständig oder unrichtig selbstberechneten Zeiträume bescheidmäßige Festsetzungen durchzuführen hat, welche nicht unter die Entscheidungssperre des § 300 Abs. 1 erster Satz BAO fallen (siehe dazu auch bereits Salzburger Steuerdialog 2014 - Bundesabgabenordnung, BMF vom 8.10.2014, BMF-010103/0155-IV/4/2014, Frage 28).

12. Haftung - Zahlung durch Eigenschuldner

12.1. Bezughabende Normen

§§ 9 und 224 BAO

12.2. Sachverhalt

Das Finanzamt erlässt einen Haftungsbescheid gemäß § 9 BAO.

Der Primärschuldner zahlt nach Rechtskraft des Haftungsbescheides.

12.3. Frage

Ist der Haftungsbescheid aufzuheben?

12.4. Lösung

Persönlich Haftungspflichtige werden durch Geltendmachung der Haftung mit Haftungsbescheid zu Gesamtschuldnern; insoweit wirkt der Haftungsbescheid konstitutiv (Ritz, BAO5, § 6 Tz 5 mwH und § 7 Tz 3). Ist die gesamte Schuld durch einen der Gesamtschuldner entrichtet, erlischt dadurch das Gesamtschuldverhältnis (zB Ritz, BAO5, § 6 Tz 2). Demzufolge dürfen weder Einhebungs- noch Einbringungsmaßnahmen gesetzt werden. Würde der Haftungspflichtige den betreffenden Betrag ungeachtet des Erlöschens der Abgabenschuld einzahlen, so wäre dies die Zahlung einer Nichtschuld.

Erfolgt die Zahlung durch den Eigenschuldner vor Rechtskraft des mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Haftungsbescheides, so ist diese Entrichtung im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen (vgl zB Ritz, BAO5, § 7 Tz 11); durch eine solche Entrichtung wird nämlich der Haftungsbescheid (nachträglich) rechtswidrig.

Einer solchen Rechtswidrigkeit kann auch durch Aufhebung des Haftungsbescheides gemäß § 299 BAO Rechnung getragen werden. Dies kann auch von Amts wegen erfolgen. Nicht zuletzt um den Verwaltungsaufwand eines Rückzahlungsverfahrens zu vermeiden, liegt es auch im Interesse des Finanzamtes, den Haftenden vom Erlöschen seiner Haftungsschuld in Kenntnis zu setzen.

Falls jedoch die Haftungsschuld durch den Haftungsschuldner selbst während des gegen den Haftungsbescheid anhängigen Rechtsmittelverfahrens bezahlt würde, dürfte deswegen der Haftungsbescheid nicht aufgehoben werden, weil ansonsten der Haftungspflichtige zufolge des Entfalls der Grundlage (Titelbescheid) für seine Zahlung deren Rückzahlung gemäß § 239 Abs. 1 iVm § 214 Abs. 7 BAO verlangen könnte.

13. Haftung - Zahlung einer "Nichtschuld"

13.1. Bezughabende Normen

§§ 9 und 224 BAO

13.2. Sachverhalt

In Anknüpfung an die vorherige Fragestellung ist der Haftungsbescheid (Vertreterhaftung) wiederum rechtskräftig.

Variante A:

Der Haftungspflichtige bezahlt die gesamte Abgabenschuld und wenige Tage danach bezahlt der Primärschuldner ebenfalls die gesamte Abgabenschuld.

Variante B:

Es wurden für dieselbe, gesamte Abgabenschuld zwei Haftungsbescheide an unterschiedliche Personen erlassen. Beide Haftungspflichtige zahlen in der Folge jeweils die gesamte Abgabenschuld.

13.3. Frage

An wen erfolgt eine etwaige Rückzahlung?

13.4. Lösung

In beiden Fällen (Variante A und Variante B) handelt es sich um die doppelte Bezahlung einer Gesamtschuld. Bereits durch die erste Bezahlung erlischt die (Gesamt-)Schuld (siehe dazu die Ausführungen in der vorherigen Antwort). Die zweite Zahlung ist daher als Zahlung einer nicht mehr bestehenden Schuld anzusehen. Sie bewirkt am Abgabenkonto ein Guthaben und führt zur Rückzahlung in voller Höhe an den betreffenden (zweiten) Einzahler. In der Variante A ist dies der Primärschuldner (sofern auf seinem Abgabenkonto, auf dem die Buchungen durchgeführt werden, nicht noch andere verrechenbare Abgabenrückstände aushaften). In der Variante B ist dies jener Haftungspflichtige, der später bezahlt hat.

Zivilrechtliche Regressansprüche der (ehemaligen) Gesamtschuldner berühren nicht den Gläubigeranspruch auf Vollzahlung gegenüber nur einem der Gesamtschuldner. Aus dem vor (Erst-)Zahlung bestandenen Gesamtschuldverhältnis entsteht im Umkehrschluss auch kein Gesamtgläubigerverhältnis. Zur Geltendmachung eines Rückzahlungsanspruches ist in einer solchen Situation somit stets derjenige Mitschuldner (Gesamtschuldner) berechtigt, der die Abgabe tatsächlich entrichtet hat (oder in dessen Namen dieselbe entrichtet worden ist; Hinweis auf VwGH 18.4.1985, 84/16/0204; siehe dazu auch Ritz, BAO5, § 239 Tz 4 mit weiteren Judikaturhinweisen) und dessen Zahlung zum Guthaben geführt hat.

14. Vorlagebericht

14.1. Bezughabende Norm

§ 265 BAO

14.2. Sachverhalt

Eine Beschwerde wird (ohne vorherige Wahrung des Parteiengehörs) wegen Verspätung mit Beschwerdevorentscheidung zurückgewiesen. Innerhalb eines Monats wird im Vorlageantrag vorgebracht, dass die Beschwerde unstrittig doch rechtzeitig gewesen wäre.

14.3. Frage

Wie ist in weiterer Folge vorzugehen bzw. wie ist der Vorlagebericht zu formulieren?

14.4. Lösung

Die Beschwerde ist dem BFG vorzulegen. Die Beschwerdevorentscheidung darf gemäß § 300 BAO bei sonstiger Nichtigkeit nicht gemäß § 299 BAO aufgehoben werden.

Im Vorlagebericht wäre der Hinweis zu geben, dass aus Sicht der Abgabenbehörde die Beschwerde rechtzeitig eingebracht wurde.

Da das BFG in weiterer Folge grundsätzlich mit Erkenntnis inhaltlich zu entscheiden hat, wäre im Vorlagebericht auch inhaltlich auf das Beschwerdebegehren einzugehen.

15. Bescheidabänderungen - Verjährung

15.1. Bezughabende Normen

§§ 207, 256 und 295 BAO

15.2. Sachverhalt

Der Sachbescheid (Einkommensteuer 2008) ist seit März 2013 beim BFG vorgelegt. Es erfolgt im Juni 2013 eine Mitteilung nach § 295 Abs. 1 BAO, die bei Anpassung des Bescheides für den Abgabepflichtigen zu einer Nachforderung führen würde.

Das Finanzamt erlässt keinen Änderungsbescheid, was im Jahr 2013 (vor Inkrafttreten des § 300 BAO) nach zulässig gewesen wäre. Überdies wird im Jahr 2014 keine die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlung (§ 209 Abs. 1 BAO) vorgenommen.

Der Abgabepflichtige zieht im März 2015 die Beschwerde zurück.

15.3. Frage

Kann der Sachbescheid noch gemäß § 295 BAO angepasst werden?

15.4. Lösung

Abänderungen gemäß § 295 Abs. 1 BAO sind bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zulässig.

Verlängerungshandlungen (§ 209 Abs. 1 BAO) im Feststellungsverfahren (§ 188 BAO) gelten auch als Verlängerungshandlungen im abgeleiteten Abgabenverfahren.

Wird die Bescheidbeschwerde nach Eintritt der Verjährung zurückgezogen, so steht die Verjährung der Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2008 entgegen.

16. Aufhebungen endgültiger Bescheide

16.1. Bezughabende Normen

§§ 200 und 299 BAO

16.2. Sachverhalt

Das Finanzamt erlässt einen endgültigen Abgabenbescheid. Innerhalb der Jahresfrist stellt das Finanzamt jedoch fest, dass der Bescheid vorläufig ergehen hätte sollen.

16.3. Frage

Ist es zulässig, einen endgültigen Bescheid gemäß § 299 BAO lediglich deshalb aufzuheben, weil er vorläufig ergehen hätte sollen?

16.4. Lösung

Gemäß § 200 BAO kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist.

Die Vorläufigkeit ist Spruchbestandteil, eine Bescheidaufhebung ist zulässig.

17. Abänderungen von Erkenntnissen des BFG

17.1. Bezughabende Normen

§§ 279 und 303 BAO

17.2. Sachverhalt

Nach einem Erkenntnis des BFG wird ein Antrag auf Berichtigung oder auf Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO gestellt.

17.3. Frage

Wer ist für die Durchführung von Bescheidabänderungen nach beendetem BFG-Verfahren zuständig?

17.4. Lösung

Für die Erledigung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist nach Ergehen des Erkenntnisses des BFG die Abgabenbehörde zuständig.

Für Berichtigungen gemäß §§ 293, 293a und 293b BAO ist hingegen das BFG zuständig.

Gemäß § 279 Abs. 3 BAO ist die Abgabenbehörde in Erkenntnisse abändernden, aufhebenden oder ersetzenden Bescheiden an die Rechtsanschauung des BFG gebunden.

18. Wiedereinsetzung - Vorlageantragsfrist

18.1. Bezughabende Norm

§ 308 BAO

18.2. Sachverhalt

Beim Finanzamt wird ein Antrag auf Wiedereinsetzung (§ 308 BAO) in die Frist, einen Vorlageantrag zu stellen, eingebracht. Gleichzeitig wird der Vorlageantrag (§ 264 BAO) eingebracht.

18.3. Frage

Ist zur Erledigung des Wiedereinsetzungsantrages das Finanzamt oder das Bundesfinanzgericht zuständig?

18.4. Lösung

Laut Ritz, BAO5, § 308 Tz 25, kann ein die Beschwerdefrist oder die Vorlageantragsfrist betreffender Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch beim Verwaltungsgericht (BFG) eingebracht werden, doch ist zur Erledigung des Antrages die Abgabenbehörde (Finanzamt) zuständig.

Dafür spricht auch § 310 Abs. 1 BAO, wonach die Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Behörde obliegt, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war. Da Vorlageanträge ebenso wie Bescheidbeschwerden gemäß § 249 Abs. 1 BAO (worauf in Bezug auf Vorlageanträge im § 264 Abs. 4 lit. b BAO verwiesen wird) bei der Abgabenbehörde einzubringen sind, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - die im § 249 BAO auch normierte Einbringung beim Verwaltungsgericht hat nur fristwahrenden Charakter -, obliegt die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag dem Finanzamt (siehe dazu auch Ritz, BAO5, § 310 Tz 1).

Bundesministerium für Finanzen, 23. Oktober 2015

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 121a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 27 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 25 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 23 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 26 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 3 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 300 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 200 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 27 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 25 Z 2 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 20 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 25 Z 3 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 41 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 3 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 Abs. 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 21 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 300 Abs. 1 erster Satz BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 214 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 256 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 293 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 293a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 310 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 249 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 249 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 13 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955

Schlagworte:

Schenkungsmeldung, mittelbare Grundstücksschenkung, Ort der Geschäftsleitung, Delegierungsbescheid, Wohnsitz, Mängelbehebungsverfahren, Vorlageantrag, Verjährung, Haftungsbescheid, Rückzahlung, Wiederaufnahme des Verfahrens, Wiedereinsetzung

Verweise:

VwGH 06.04.1995, 94/15/0206
VwGH 24.01.1996, 95/13/0150
VwGH 18.04.1985, 84/16/0204
BMF 08.10.2014, BMF-010103/0155-IV/4/2014
BMF 08.10.2013, BMF-010103/0180-IV/2013

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