Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Beschwerdevorentscheidung, Aussetzung der Einhebung, Bescheidbeschwerde, Abgabenbescheid, Landes- und Gemeindeabgaben, Beschlagnahmebescheid, Mahngebühr, Nachsicht, Rückzahlungssperre, Sicherstellungsauftrag, Säumniszuschläge, Rückstandsbescheinigung |
Abschlusszahlung an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Verspätungszuschlag (§ 135 BAO), Zwangsstrafe (§ 111 BAO), Ordnungsstrafe (§ 112 BAO), Mutwillensstrafe (§ 112a BAO), Anspruchszinsen (§ 205 BAO), Stundungszinsen (§ 212 Abs. 2 BAO), Aussetzungszinsen (§ 212a Abs. 9 BAO), Säumniszuschläge (§ 217 BAO).
Selbstbemessungsabgaben sind Abgaben, die ein Abgabepflichtiger oder ein abgabenrechtlich Haftungspflichtiger zu den sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Fälligkeitszeitpunkten auf Grund einer Selbstberechnung ohne abgabenbehördliche Festsetzung zu entrichten hat (zB Umsatzsteuervorauszahlungen gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994, Lohnsteuer gemäß § 79 Abs. 1 EStG 1988, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen gemäß § 43 Abs. 1 FLAG 1967, Werbeabgabe gemäß § 4 Abs. 1 Werbeabgabegesetz 2000, Elektrizitätsabgabe gemäß § 5 Abs. 1 Elektrizitätsabgabegesetz, Erdgasabgabe gemäß § 6 Abs. 1 Erdgasabgabegesetz, Kohleabgabe gemäß § 6 Abs. 1 Kohleabgabegesetz, Flugabgabe gemäß § 7 Abs. 2 Flugabgabegesetz, Stabilitätsabgabe gemäß § 7 Abs. 2 Stabilitätsabgabegesetz).Nur bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen, zB nach Maßgabe der §§ 201 oder 202 BAO oder des § 21 Abs. 3 UStG 1994, erfolgt hinsichtlich Selbstbemessungsabgaben eine Festsetzung mit Bescheid, doch hat in diesen Fällen der Zeitpunkt der Bescheidzustellung keinen Einfluss auf die Fälligkeit und begründet somit keinen neuen Fälligkeitstag; dies gilt auch für Veranlagungsbescheide betreffend Umsatzsteuer. Bezüglich allenfalls zustehender Zahlungsfristen siehe Ausführungen zu § 210 Abs. 4 BAO.
Fälligkeit ist weder kalendermäßig fixiert noch von einer Bescheidbekanntgabe abhängig.Beispiel:
§ 26 Abs. 5 AbgEO (Gebühren und Auslagenersätze im Vollstreckungsverfahren).
- Wird unter Bedachtnahme auf einen angenommenen Postlauf ein Fälligkeitstag bereits im Bescheid ausgewiesen, so ist die Angabe dieses Fälligkeitstages Spruchbestandteil, als solcher mit Bescheidbeschwerde (§ 243 BAO) anfechtbar und auch dann maßgeblich, wenn er von dem sich aus § 210 Abs. 1 BAO ergebenden Tag abweicht. Maßgeblich ist somit der im Bescheid ausgewiesene Fälligkeitstag, selbst wenn der tatsächliche Postlauf kürzer oder länger ist als der von der Abgabenbehörde angenommene.
1.1.10. Fälligkeit bei Beschwerdevorentscheidungen und Erkenntnissen
Beschwerdevorentscheidungen und Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtes treten stets an die Stelle des angefochtenen Bescheides; dies ändert jedoch nichts an der Fälligkeit der festgesetzt gewesenen Abgaben, was sich aus § 254 BAO ableiten lässt (VwGH 15.12.1981, 81/14/0071; VwGH 16.9.1992, 88/13/0224). Ein von der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bzw. des Erkenntnisses abgeleiteter Fälligkeitstag ergibt sich lediglich für eine etwaige Mehrvorschreibung gegenüber der zuletzt festgesetzt gewesenen Abgabe. Hängt die Fälligkeit einer Abgabe von einer Bescheidzustellung ab, dann löst allerdings die Neuvorschreibung einer vorher durch Bescheid herabgesetzten Abgabe eine neue Fälligkeit aus.Beispiel:
1. vorläufiger ESt-Bescheid (§ 200 Abs. 1 erster Satz BAO) | 10.000 Euro |
2. vorläufige Festsetzung (Beschwerdevorentscheidung) | 8.000 Euro |
3. endgültiger ESt-Bescheid | 13.000 Euro |
Die Nachforderung von 5.000 Euro auf Grund des endgültigen ESt-Bescheides wird gemäß § 210 Abs. 1 BAO einen Monat nach Bekanntgabe dieses Bescheides fällig.
Durch einen Antrag, einer VfGH-Beschwerde oder einer Revision an den VwGH aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird weder die Fälligkeit einer Abgabenschuld hinausgeschoben noch eine Zahlungsfrist eingeräumt; ein derartiger Antrag kann auch weder ein Stundungsansuchen ersetzen noch ist er als solches zu werten (VwGH 14.11.1988, 87/15/0138). Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den VfGH bzw. durch das Verwaltungsgericht oder den VwGH wird die Fälligkeit nicht berührt, die Abgabe darf aber, solange die aufschiebende Wirkung besteht, nicht eingehoben werden. In diesem Fall tritt eine Hemmung der Dreimonatsfristen des § 217 Abs. 3 BAO ein. § 210 Abs. 2 BAO gilt auch bei Aufhebung eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes durch ein Erkenntnis des VfGH oder des VwGH. Die laufende Gebarung gemäß § 213 Abs. 1 BAO schließt, von Fällen zB des § 212a BAO und der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde durch den VfGH oder einer Revision an den VwGH abgesehen, das Bestehen einer Abgabenschuld neben einem Guthaben auf demselben Konto aus. Das bedeutet, dass § 211 Abs. 1 lit. g BAO nur zum Zug kommt, wenn einem Guthaben eine Abgabenschuldigkeit auf einem anderen Konto beim selben Finanzamt (Umbuchung) oder bei einem anderen Finanzamt (Überrechnung) gegenübersteht (VwGH 10.3.1976, 0027/74). Die Entrichtung von Bundesabgaben durch Verwendung von Wertzeichen (Stempelmarken) ist derzeit nicht vorgesehen. Für die Dreimonatsfristen des zweiten und dritten Säumniszuschlages gilt die Begünstigung der Respirofrist nicht (siehe Rz 934).Die Bestimmung über die Respirofrist ist überdies nicht anwendbar
- für den Zeitpunkt, in dem eine Anzahlung (§ 205 Abs. 3 BAO) als entrichtet gilt,
- für den Zeitpunkt der Entrichtung iSd § 205 Abs. 5 BAO (für Gutschriftszinsen),
- für den Zeitpunkt der Entrichtung iSd § 205a Abs. 1 BAO (für Beschwerdezinsen).
- Umsatzsteuervoranmeldungen,
- Bescheiden (einschließlich Bescheidaufhebungen) der Abgabenbehörde,
- Erkenntnissen des VfGH oder des VwGH, mit denen Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte aufgehoben werden.
- bei Umsatzsteuervoranmeldungen mit Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch am Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes (§ 21 Abs. 1 erster Unterabsatz letzter Satz UStG 1994),
- in den übrigen Fällen mit Bekanntgabe (§ 97 BAO) des maßgeblichen Bescheides der Abgabenbehörde, des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes oder des höchstgerichtlichen Erkenntnisses an die Partei.
- bei bescheidmäßig festgesetzten Abgaben mit Bekanntgabe (§ 97 BAO) des maßgeblichen Bescheides oder Erkenntnisses,
- bei Selbstbemessungsabgaben im Zeitpunkt der Mitteilung ihrer Höhe an das Finanzamt, wenn sie nicht in anderer Form entrichtet wurden (§ 214 Abs. 4 lit. a oder b BAO).
Im Übrigen ist nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Verrechnung von Abgabenansprüchen für Zeiträume vor der Insolvenzeröffnung ohne insolvenzrechtliche Einschränkungen in voller Höhe zulässig (VwGH 28.1.2003, 2002/14/0079; VwGH 29.1.2004, 2000/15/0046). Die Aufrechnungslage ist bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten.
Erfolgt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Abgabepflichtigen eine Veranlagung, die vor der Eröffnung liegende Zeiträume betrifft, und werden dabei die Vorauszahlungen auf die Jahresabgabenschuld angerechnet, so stellen die Vorauszahlungen selbst dann keinen unter das Aufrechnungsverbot des § 20 Abs. 1 IO fallenden Gegenanspruch des Schuldners gegen den Bund dar, wenn die Gutschrift der Vorauszahlungen zu einem auf dem Abgabenkonto aufscheinenden Guthaben führt. Aus dem engen und untrennbaren Zusammenhang zwischen Vorauszahlungen und Jahresabgabenschuld können somit, wenn Vorauszahlungsschuldigkeiten und Jahresabgabenschuld vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind (§ 4 BAO), beide als Insolvenzforderungen nur das gleiche rechtliche Schicksal haben. Der Anspruch des Abgabepflichtigen auf Gutschrift der Vorauszahlungen ist kein Gegenanspruch, der erst mit bescheidmäßiger Festsetzung der Jahresabgabenschuld entsteht. Dieser wird vielmehr spiegelbildlich im selben Zeitpunkt von Gesetzes wegen begründet, in dem die Vorauszahlungsschuld entsteht (VwGH 27.1.1981, 0842/80). Die Aufrechnung wird dadurch nicht ausgeschlossen, dass die Forderung des Gläubigers oder des Schuldners zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch bedingt oder betagt (dh. noch nicht fällig), oder dass die Forderung des Gläubigers nicht auf eine Geldleistung gerichtet war (§ 19 Abs. 2 erster Satz IO). Die Aufrechnung von Masseforderungen gegen eine Forderung der Masse unterliegt keiner insolvenzrechtlichen Sonderbestimmung; selbst eine Unzulänglichkeit der Masse zur Befriedigung aller Masseforderungen gleichen Ranges (§ 47 IO) beschränkt für sich allein nicht die Aufrechnungsmöglichkeiten (VwGH 8.10.1985, 85/14/0086; VwGH 26.4.1993, 92/15/0012). Für die Aufrechnung gelten in den vorgenannten Fällen nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 IO, sondern die allgemeinen Bestimmungen des ABGB. Im Fall der Masseunzulänglichkeit nach § 124a IO (öffentliche Bekanntmachung) tritt jedoch eine Zahlungssperre auch für Masseforderungen ein, die als speziellere Bestimmung den Verrechnungsregeln der BAO vorgeht (zB VwGH 29.1.2004, 2000/15/0046). Das bedeutet, dass nach dem Eintritt der Masseinsuffizienz entstandene Gutschriften nur mehr mit solchen Abgaben(masse)forderungen (insbesondere Umsatzsteuer) verrechnet werden dürfen, die aus der weiteren Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse resultieren (so genannte "Neumasseforderungen"). Hinsichtlich bereits früher entstandener so genannte "Altmasseforderungen" oder solcher, die nicht aus den zur Verwaltung und Verwertung gebotenen Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters herrühren (insbesondere Mindestkörperschaftsteuer), ist die Aufrechnung gegen eine Forderung der Masse nur mehr entsprechend der Befriedigungsreihenfolge des § 47 Abs. 2 IO laut Verteilungsbeschluss des Insolvenzgerichtes zulässig.Ein weiteres Aufrechnungsverbot sieht § 64 Abs. 3 AbgEO (§ 293 Abs. 3 EO) hinsichtlich der Vollstreckung entzogener Forderungen (zB Mietzinsbeihilfe, Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag) und Forderungsteile (Existenzminimum gemäß § 291a EO) vor.
Fehlt auch nur eine der im § 212 Abs. 1 BAO genannten Voraussetzungen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum; die Abgabenbehörde hat diesfalls das Ansuchen aus Rechtsgründen abzuweisen (VwGH 20.9.2001, 2001/15/0056; VwGH 4.9.2008, 2007/17/0118). Eine Zahlungserleichterung ist ein antragsbedürftiger begünstigender Verwaltungsakt (VwGH 23.3.2000, 99/15/0145, 0156; VwGH 4.9.2008, 2007/17/0118). Ein Ansuchen des Abgabepflichtigen ist stets Voraussetzung für einen Zahlungserleichterungsbescheid (VwGH 23.3.2000, 99/15/0145). Hat die Behörde einen antragsgebundenen Bescheid ohne Vorliegen eines derartigen Antrages erlassen, so hat sie eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zukommt (VwGH 17.6.1992, 91/13/0243; VwGH 17.12.2002, 2002/17/0273). Ansuchen um Zahlungserleichterung sind ohne unnötigen Aufschub bescheidmäßig zu erledigen (§ 85a BAO). Bei Abweisung wird hiedurch gewährleistet, dass die bei Vorliegen der Voraussetzungen hiefür einzuräumende Monatsfrist des § 212 Abs. 3 zweiter Satz BAO möglichst frühzeitig abläuft. Nach Einlangen des Ansuchens hat das Finanzamt umgehend zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen, von denen das Gesetz die Ermessensübung (siehe Rz 201 und 202) abhängig macht. Ansuchen, bei denen offenkundig ist, dass eine Bewilligung nicht in Betracht kommt, sind unverzüglich abzuweisen. Ansuchen, die nicht von vornherein unbegründet erscheinen, sind vom Finanzamt unter Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie auf die Liquiditätslage des Abgabenschuldners (der in Anspruch genommenen Gesamtschuldner und Haftungspflichtigen) zu erledigen. Die Bewilligung einer Zahlungserleichterung kommt nur bei solchen Abgaben in Betracht, die beim Antragsteller Gegenstand von Einbringungsmaßnahmen sein können (VwGH 16.12.1994, 93/17/0420; VwGH 20.9.2001, 2001/15/0056). Das setzt voraus, dass die Abgabe auf einem seiner Abgabenkonten gebucht wird. Eine Zahlungserleichterung ist in folgenden Fällen ausgeschlossen:- Die Abgaben sind Gegenstand einer Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO). Somit schließen beide Maßnahmen einander wechselseitig aus (VwGH 30.11.1989, 88/13/0213).
- Der Beschwerde an den VfGH oder der Revision an den VwGH wurde aufschiebende Wirkung zuerkannt, die sich auf diese Abgaben erstreckt.
- Der Haftende ist weder in Anspruch genommen noch zur Abfuhr verpflichtet. Besteht hingegen eine Abfuhrpflicht, so kann ihm eine Zahlungserleichterung bewilligt werden (VwGH 27.10.1997, 91/17/0098). Daher ist eine Zahlungserleichterungsbewilligung für den Arbeitnehmer bezüglich der vom Arbeitgeber einzubehaltenden Lohnsteuer ausgeschlossen, nicht jedoch für den Arbeitgeber (VwGH 26.2.1979, 2725/77).
- Anzahlungen (§ 205 Abs. 3 BAO). Da keine Verpflichtung besteht, Anzahlungen zu entrichten, können sie nicht im Weg der Vollstreckung eingehoben werden. Anzahlungen können daher nicht Gegenstand einer Zahlungserleichterungsbewilligung sein.
Beispiel 4: ESt-Vorauszahlung | 100.000 Euro |
Veranlagungsergebnis | 110.000 Euro |
Beschwerdevorentscheidung | 70.000 Euro |
Von der Gutschrift im Betrag von 40.000 Euro auf Grund der Beschwerdevorentscheidung entfallen 10.000 Euro auf die Nachforderung laut Veranlagung; die restlichen 30.000 Euro sind für Zwecke der Stundungszinsenberechnung mit jeweils einem Viertel, somit 7.500 Euro, als Verminderung der einzelnen Vierteljahresfälligkeiten zu berücksichtigen.
Vierteljahresbeträge laut Abgabenkonto | Vierteljahresbeträge für Zwecke der Stundungszinsenberechnung nach Beschwerdevorentscheidung | |
1. Viertel | 25.000 Euro | 17.500 Euro |
2. Viertel | 25.000 Euro | 17.500 Euro |
3. Viertel | 25.000 Euro | 17.500 Euro |
4. Viertel | 25.000 Euro | 17.500 Euro |
Es gelten somit folgende Grundsätze:
Jede nachträgliche Abgabenherabsetzung iSd Rz 307 bis Rz 314, die den Rückstand vermindert, für den eine Zahlungserleichterung beantragt und gegebenenfalls bewilligt wurden, ist zu berücksichtigen. Hingegen ist nicht erforderlich, dass die Abgabe, die nachträglich gemindert wird, Teil des Rückstandes war, für den Zahlungserleichterungen bewilligt wurden.
Beispiel:
Für die aus einem ESt-Bescheid sich ergebende Abschlusszahlung wird eine Zahlungserleichterung bewilligt. Während der Wirksamkeit der Zahlungserleichterung ergeht eine stattgebende Beschwerdevorentscheidung betreffend Umsatzsteuer. Dies wirkt sich auf die Berechnung der Stundungszinsen aus.
3.19. Bescheidbeschwerde gegen Bescheide betreffend Abweisung einer Zahlungserleichterung (§ 212 Abs. 4 BAO)
Dem § 212 Abs. 4 BAO zufolge kommt Bescheidbeschwerden (§ 243 BAO) gegen Bescheide betreffend die (teilweise) Abweisung von Zahlungserleichterungsansuchen sowie solche Beschwerden betreffenden Vorlageanträgen (§ 264 BAO) die Wirkung eines neuerlichen Zahlungserleichterungsansuchens zu. § 212 Abs. 4 BAO kommt nur dann zur Anwendung, wenn einem Ansuchen um Zahlungserleichterung nicht vollinhaltlich stattgegeben wurde. Nicht anwendbar ist diese Bestimmung jedoch bei Zurückweisung einer Bescheidbeschwerde wegen mangelnder Aktivlegitimation des Einschreiters. Einer innerhalb der Frist des § 212 Abs. 3 zweiter Satz BAO gegen die Abweisung eines Ansuchens um Zahlungserleichterung eingebrachten Bescheidbeschwerde oder einem innerhalb dieser Frist eingebrachten Vorlageantrag kommt gemäß § 230 Abs. 3 BAO iVm § 212 Abs. 4 BAO einbringungshemmende Wirkung zu. Wird die Beschwerde oder der Vorlageantrag nach Ablauf dieser Frist eingebracht, so kann gemäß § 230 Abs. 4 BAO einbringungshemmende Wirkung zuerkannt werden. Im Fall der Bewilligung höherer als die vom Abgabepflichtigen beantragten Raten ist eine Beschwerde oder ein Vorlageantrag durch die Abgabenbehörde in Ansehung der nach Einreichung solcher Anbringen zu entrichtenden Raten als rechtzeitig iSd § 230 Abs. 3 BAO anzusehen, weshalb in diesen Fällen Einbringungsmaßnahmen unzulässig sind. Die Einbringung einer Bescheidbeschwerde oder eines Vorlageantrages gegen einen ein Zahlungserleichterungsansuchen abweisenden Bescheid bedeutet - wie bei Einbringung eines Ansuchens um Zahlungserleichterung - einerseits im Sinne ua. des § 217 Abs. 4 BAO ein Hinausschieben der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages; andererseits steht dem Abgabepflichtigen die Nachfrist des § 212 Abs. 3 zweiter Satz BAO zu, wenn der Beschwerde nicht stattgegeben wird (vgl. VwGH 22.3.2000, 98/13/0227); dies gilt allerdings nur, wenn die Beschwerde oder der Vorlageantrag innerhalb der Frist des § 212 Abs. 3 zweiter Satz BAO eingebracht wurde. Wird der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens oder Bewilligung höherer als der vom Abgabepflichtigen beantragten Raten (teilweise) stattgegeben, so entfällt gemäß § 217 Abs. 9 BAO (siehe Rz 990) auf Antrag die bereits eingetretene Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages.- Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO).
- Aussetzung der Einbringung (§ 231 BAO).
- Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde an den VfGH oder einer Revision an den VwGH (dies kommt einem zinsenlosen Moratorium gleich).
- Im Insolvenzverfahren für Insolvenzforderungen.
3.21. Landes- und Gemeindeabgaben ( § 212b Z 1 BAO )
Ab Jänner 2010 gilt § 212 BAO grundsätzlich auch für Landes- und Gemeindeabgaben. Diesbezügliche Sonderregelungen betreffen lediglich die Stundungszinsen.Die Höhe der Stundungszinsen beträgt (für Zeiträume nach dem 31. Dezember 2009) nach § 212b Z 1 erster Satz BAO sechs Prozent pro Jahr.
Für 200 Euro nicht übersteigende Abgabenschuldigkeiten sind nach § 212b Z 1 erster Satz BAO keine Stundungszinsen vorzuschreiben. Diese Bestimmung ist nach § 323a BAO erstmals auf Abgaben (somit auf Stundungszinsen) anzuwenden, für die der Abgabenanspruch nach dem 31. Dezember 2009 entsteht.
Landes- und Gemeindeabgaben betreffende Stundungszinsen sind nur festzusetzen, wenn ihre Höhe über zehn Euro beträgt (nach § 212b Z 1 BAO).
Randzahlen 345 bis 399: derzeit frei
Eine solche Aussetzung kommt dann in Betracht, wenn ein Bescheid zu einer Nachforderung geführt hat (siehe Rz 424 bis Rz 431), der Abgabepflichtige als Folge einer Beschwerdevorentscheidung oder eines Erkenntnisses (bzw. Beschlusses) eine Minderung der Abgabenschuldigkeit erwartet (siehe Rz 465 bis Rz 472) und - falls der angefochtene Bescheid von einem Anbringen, insbesondere von einer Erklärung, abweicht - ein Abweichen von diesem Anbringen Gegenstand des Beschwerdebegehrens ist (siehe Rz 444 bis Rz 446). Ausgeschlossen ist eine Aussetzung, wenn die Bescheidbeschwerde nach Lage des Falles wenig Erfolg versprechend erscheint (siehe Rz 447 bis Rz 457) oder das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist (siehe Rz 458 bis Rz 464). Ein Aussetzungsantrag ist ein Anbringen iSd § 85 BAO und unterliegt somit der Entscheidungspflicht des § 85a BAO.4.7.1. Bescheidbeschwerde, von deren Ausgang die Höhe einer Abgabe unmittelbar oder mittelbar abhängt
Aus der Formulierung "unmittelbar oder mittelbar" im § 212a Abs. 1 BAO ergibt sich, dass nicht nur eine Bescheidbeschwerde, die gegen einen ein Leistungsgebot beinhaltenden Abgaben- oder Haftungsbescheid gerichtet ist, zu einer Aussetzung führen kann, sondern dass ein Rechtsanspruch auf Aussetzung gegebenenfalls auch dann begründet wird, wenn der Abgabepflichtige etwa den einem Abgabenbescheid vorgeschalteten Grundlagenbescheid, zB einen Feststellungsbescheid, anficht. Eine solche Beschwerde muss nicht vom Abgabepflichtigen selbst, sondern kann auch von einer gemäß § 81 BAO für eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit vertretungsbefugten Person namens dieser Personenvereinigung (Personengemeinschaft) eingebracht werden.Beispiel:
Die Abgabepflichtige beantragt die Aussetzung hinsichtlich eines Teiles der Einkommensteuer im Hinblick auf eine gegen den Bescheid betreffend die Feststellung von Einkünften (§ 188 BAO) gerichtete Beschwerde.
Beispiel:
Der Abgabepflichtige beantragt im Zusammenhang mit einer Bescheidbeschwerde die Aussetzung von Einkommensteuer, hinsichtlich derer die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages bereits verwirkt wurde. Im Fall einer Stattgabe der Beschwerde hat die Berechnung des Säumniszuschlages unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen (§ 217 Abs. 8 BAO). Bezieht der Abgabepflichtige den Säumniszuschlag in den Aussetzungsantrag mit ein, so handelt es sich bei dieser Nebengebühr um eine Abgabe iSd § 212a Abs. 1 erster Satz BAO, deren Höhe mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt.
Beispiel:
Aus dem ESt-Bescheid ergibt sich eine Abgabenschuld von 8.000 Euro, Vorauszahlungen waren nicht festgesetzt; die auf Grund der Erklärung sich ergebende Abgabe hätte 7.000 Euro betragen. In weiterer Folge ergeht ein gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderter ESt-Bescheid, aus dem sich eine Abgabenschuld von 10.000 Euro ergibt. Die Erhöhung gegenüber dem Erstbescheid von 2.000 Euro beruht im Umfang von 100 Euro auf der Anpassung an den vorgeschalteten Grundlagenbescheid und im Umfang von 1.900 Euro auf einer Änderung in anderen Bereichen.
Da bei der Beurteilung, ob ein Bescheid von einem Anbringen abweicht, stets auf das ursprüngliche Anbringen Bedacht zu nehmen ist, liegt ein Abweichen von einem Anbringen im Umfang von 3.000 Euro vor: es ist die Abgabenbelastung, die sich auf Grund der Erklärung ergeben hätte (7.000 Euro), der Abgabenbelastung laut Bescheid gemäß § 295 BAO (10.000 Euro) gegenüberzustellen. Würde dieser Bescheid hinsichtlich der gesamten Nachforderung angefochten, so wäre allerdings für 100 Euro eine Aussetzung schon deshalb unzulässig, weil die Bescheidbeschwerde diesbezüglich wegen § 252 BAO aussichtslos wäre (§ 212a Abs. 2 lit. a BAO).
Nur dann, wenn eine Bescheidbeschwerde auch gegen den dem ESt-Bescheid vorgeschalteten Feststellungsbescheid eingebracht wird, käme im Hinblick auf diese Beschwerde auch eine Aussetzung für den vorerwähnten Betrag von 100 Euro in Betracht.
Beispiel:
Hätte etwa das Finanzamt anlässlich der Veranlagung bestimmte vom Abgabepflichtigen als Betriebsausgaben geltend gemachte Aufwendungen nicht anerkannt, so wäre eine Aussetzung ausgeschlossen, wenn der Abgabepflichtige in der Bescheidbeschwerde ausschließlich erstmals die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung beantragt.
4.7.6. Die Bescheidbeschwerde darf nicht nur wenig Erfolg versprechend sein
Die Aussetzung ist nicht zu bewilligen, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig Erfolg versprechend erscheint (§ 212a Abs. 2 lit. a BAO). Anlässlich der Entscheidung über einen Aussetzungsantrag ist somit von der Abgabenbehörde auf die Erfolgsaussichten der Beschwerde Bedacht zu nehmen, und zwar anhand des Beschwerdevorbringens (VwGH 16.5.2002, 2000/13/0100; VwGH 15.3.2012, 2011/17/0175). In der Beschwerde nicht dargelegte Fragen der rechtlichen Beurteilung, die zum Erfolg einer Beschwerde führen könnten, sind bei dieser Prüfung nicht auszuklammern (VwGH 17.4.2000, 99/17/0437). Der Abgabenschuldner soll nicht einseitig in Fällen belastet werden, in denen - trotz Bedachtnahme auf gesicherte Erfahrungstatsachen, eine längerwährend unbeanstandet geübte Verwaltungspraxis oder die Klärung von Rechtsfragen durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts - Tatsachen- oder Rechtsfragen echt strittig sind (VfGH 11.12.1986, G 119/86). Ist die den Gegenstand des Beschwerdebegehrens bildende Frage etwa durch Rechtsprechung der Höchstgerichte geklärt, so wird eine Bescheidbeschwerde, in der vom Abgabepflichtigen eine gegenteilige Meinung vertreten wird, oftmals wenig Erfolg versprechend sein; widersprüchliche Judikatur schließt jedoch eine Aussetzung der Einhebung nicht aus. Eine Bescheidbeschwerde ist ferner wenig Erfolg versprechend, wenn der eindeutige klare Wortlaut des Gesetzes den Standpunkt des Abgabepflichtigen widerlegt. Jedoch ist eine Beschwerde, welche die Verfassungswidrigkeit oder die Unionsrechtswidrigkeit einer Norm geltend macht, nicht von vornherein als wenig Erfolg versprechend zu bezeichnen. Die Bescheidbeschwerde ist zB nach Lage des Falles auch dann wenig Erfolg versprechend, wenn ein Abgabepflichtiger - entgegen den im § 252 Abs. 1 bis 3 BAO getroffenen Anordnungen - einen Bescheid, dem Entscheidungen zugrunde liegen, die in einem vorgeschalteten Grundlagenbescheid getroffen worden sind, mit der Begründung anficht, dass die im Grundlagenbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind. Behauptet der Beschwerdeführer, dass eine im Abgabenverfahren angewendete Bestimmung im Konflikt mit dem Unionsrecht steht, so darf die Abgabenbehörde nicht die Bescheidbeschwerde von vornherein als wenig Erfolg versprechend ansehen, weil zu dieser Frage ein Vorabentscheidungsverfahren anhängig ist (VwGH 14.10.1999, 99/16/0266). Stützt ein Abgabepflichtiger eine Bescheidbeschwerde auf die Behauptung, ein angewendetes Gesetz sei verfassungswidrig oder eine Verordnung gesetzwidrig, so hat die Abgabenbehörde - ungeachtet der Bindung von Verwaltungsbehörden an ordnungsgemäß kundgemachte Gesetze und Verordnungen - kraft der ausdrücklichen Anordnung im § 212a Abs. 2 lit. a BAO im Aussetzungsverfahren diese Beschwerdebehauptung ebenso wie jede andere Beschwerdebehauptung im Hinblick auf ihre Erfolgsaussichten abzuschätzen.Hierbei ist zu beachten, dass über Beschwerden allenfalls auch in einem nach Ergehen einer verwaltungsgerichtlichen oder verfassungsgerichtlichen Entscheidung fortgesetzten Verfahren zu entscheiden ist (VfGH 27.6.1996, B 131/95).
Aus dem Wort "soweit" im § 212a Abs. 2 lit. a BAO ergibt sich, dass eine Aussetzung gegebenenfalls nur für einen Teil der vom Beschwerdebegehren berührten Abgabenschuld in Betracht kommen kann. Wird beispielsweise ein Einkommensteuerbescheid angefochten, weil einerseits Beiträge an eine gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft nur im gesetzlichen Höchstausmaß als Sonderausgaben berücksichtigt und andererseits geltend gemachte Betriebsausgaben nicht anerkannt wurden, so wäre eine Aussetzung zumindest für den durch die Sonderausgaben berührten Teil der Abgabenschuld ausgeschlossen. Aufgabe des Aussetzungsverfahrens gemäß § 212a BAO ist es nicht, die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde vorwegzunehmen. Die Abgabenbehörden haben lediglich die Erfolgsaussichten der Bescheidbeschwerde anhand des Beschwerdevorbringens zu beurteilen (VwGH 19.11.1998, 97/15/0066; VwGH 16.5.2002, 2000/13/0100). Die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Beschwerde anlässlich der Entscheidung über einen Aussetzungsantrag ist daher keinesfalls für die Beschwerdeerledigung richtungweisend und somit nicht präjudiziell. Für eine auslegungsweise Einschränkung des Tatbestandes nach § 212a Abs. 2 lit. a BAO auf Fälle offenkundiger Erfolglosigkeit einer Bescheidbeschwerde bietet der Text der zitierten Bestimmung keinerlei Raum (VwGH 26.7.1995, 95/16/0018). Die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels muss für jede mit der Sache vertraut gemachte, urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar sein (VwGH 17.5.2001, 2000/16/0383). Es besteht keine gesetzliche Grundlage, die Aussetzung der Einhebung von Abgaben wegen einer bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts anhängigen Beschwerde bzw. Revision über den Zeitpunkt der Erlassung der jeweiligen, das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigungen hinaus auszudehnen (VwGH 25.11.2002, 2002/14/0126; VwGH 3.8.2004, 99/13/0207). Die Aussetzung ist ferner unzulässig, wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist (§ 212a Abs. 2 lit. c BAO), etwa wenn er im Begriff ist, sein Vermögen (allenfalls im Treuhandweg) an Angehörige zu übertragen (VwGH 21.12.1999, 94/14/0088; VwGH 28.11.2002, 2002/13/0045, 0046; VwGH 27.1.2011, 2010/15/0044). Die Übertragung des Vermögens des Abgabepflichtigen an eine Stiftung, auch wenn der Abgabepflichtige selbst ein Begünstigter aus der Stiftung ist, ist ein Hindernis für die Bewilligung der Aussetzung, weil dem Abgabengläubiger eine Vollstreckung von Abgabenforderungen gegen den Abgabepflichtigen in das Vermögen der Stiftung in gleicher Weise verwehrt ist wie eine Vollstreckung in das Vermögen naher Angehöriger (VwGH 28.11.2002, 2002/13/0045). Die Abgabenbehörde hat nicht nur ein gefährdendes Verhalten zu berücksichtigen, das mit dem Aussetzungsantrag in engem zeitlichem Zusammenhang steht; sie hat vielmehr auch zeitlich davor liegendes Verhalten zu berücksichtigen. Entscheidend ist die mit dem Verhalten verbundene objektive Gefährdungseignung, nicht jedoch das Motiv des Abgabepflichtigen (VwGH 29.6.1999, 98/14/0123; VwGH 27.1.2011, 2010/15/0044). Der Umstand, dass die Einbringlichkeit der Abgabe an sich gefährdet ist oder durch die Bewilligung der Aussetzung gefährdet wird, hat daher außer Betracht zu bleiben. Verlagert ein Abgabepflichtiger den wirtschaftlichen Erfolg seiner Aktivitäten durch fingierte Betriebsaufwendungen - dazu gehören auch überhöhte Einstandspreise - in das Ausland und hat diese Vorgangsweise zur Folge, dass die für die Entrichtung der geschuldeten Abgaben erforderlichen finanziellen Mittel durch Zahlungsfluss in das Ausland dem Zugriff der österreichischen Finanzverwaltung entzogen werden, so kann dies den Tatbestand des § 212a Abs. 2 lit. c BAO erfüllen. Ein Verhalten, das auf die Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet ist, ist unabhängig von den Erfolgsaussichten der Bescheidbeschwerde so lange ein Hindernis für die Aussetzung der Einhebung, als es sich nicht als zu Unrecht angenommen herausstellt (VwGH 15.9.1999, 94/13/0063).4.8. Zurückweisung eines Aussetzungsantrages, Bescheidbeschwerde gegen Abweisung eines Aussetzungsantrages (§ 212a Abs. 3 und 4 BAO)
Aussetzungsanträge haben die Darstellung und somit auch die Berechnung des nach Ansicht des Abgabepflichtigen für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten, da dem § 212a Abs. 3 BAO zufolge eine Aussetzung höchstens in dem Ausmaß in Frage kommt, in dem sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung eine Herabsetzung der Abgabenschuld ergibt. Der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß steht jedoch der Umstand nicht entgegen, dass der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich bei genauer Überprüfung der maßgeblichen Beträge ergebenden nicht wesentlich abweicht (§ 212a Abs. 3 BAO). Dies wird etwa dann vorkommen, wenn der Abgabepflichtige in der gegen den Umsatzsteuerbescheid gerichteten Beschwerde vorbringt, dass ein Teil der vom Finanzamt als steuerbar behandelten Umsätze nicht steuerbare Auslandsumsätze sind und er bei Darstellung der Ermittlung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages die Auswirkungen umsatzabhängiger Positionen (zB Höhe des Vorsteuerabzuges bei Vorsteuerpauschalierung gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 UStG 1994) nicht berücksichtigt hat. Es reicht nicht, dass dem Finanzamt die Ermittlung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Betrages aus den Akten möglich ist; die Darstellung der Ermittlung dieses Betrages muss im Antrag enthalten sein. Enthält ein Antrag nicht die Darstellung der Ermittlung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Betrages, so ist nach § 85 Abs. 2 BAO (Mängelbehebungsverfahren) vorzugehen. Wird im Fall einer Wiederaufnahme des Verfahrens in der Bescheidbeschwerde die Aufhebung der die Wiederaufnahme verfügenden Bescheide und damit der Wegfall der neuen Sachbescheide (§ 307 Abs. 3 BAO) begehrt, so erübrigt sich eine genaue ziffernmäßige Darstellung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Betrages. Das Vorgesagte gilt sinngemäß für das Fehlen einer Vollmacht. Bezüglich als Parteienvertreter einschreitender Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder, Notare und Bilanzbuchhalter sind § 8 Abs. 1 letzter Satz Rechtsanwaltsordnung, § 88 Abs. 9 WTBG, § 5 Abs. 4a Notariatsordnung bzw. § 36 Abs. 5 BiBuG 2014 zu beachten, wonach die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetzt. Randzahl 476: entfällt Dem § 212a Abs. 4 BAO zufolge bewirkt die Bescheidbeschwerde gegen einen die Aussetzung ablehnenden Bescheid ebenso wie ein Vorlageantrag (§ 264 BAO) im Fall einer (teilweise) abweisenden Beschwerdevorentscheidung neuerlich eine Hemmung der Einbringung. Der Bescheid, mit dem die Abgabenbehörde über einen Aussetzungsantrag entscheidet, ist mit Bescheidbeschwerde anfechtbar (§ 243 BAO). Gemäß § 212a Abs. 4 BAO sind die für Aussetzungsanträge geltenden Vorschriften auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf Vorlageanträge (§ 264 BAO) sinngemäß anzuwenden. Dieser Regelung zufolge kommt somit einer Beschwerde neuerlich eine die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages hinausschiebende Wirkung zu, wenn sie innerhalb der Monatsfrist des § 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO eingebracht wird. Je nach Ausgang des Beschwerdeverfahrens wird die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages nach Maßgabe der §§ 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO und 217 Abs. 4 BAO weiter hinausgeschoben. Dasselbe gilt im Fall eines Vorlageantrages; dies unter der Voraussetzung, dass der Abgabepflichtige den Antrag innerhalb eines Monates ab Bekanntgabe der Beschwerdevorentscheidung stellt. § 212a Abs. 4 BAO ist nicht anwendbar, wenn ein Bescheid angefochten wird, mit dem ein Aussetzungsantrag zurückgewiesen oder als zurückgenommen erklärt wird. Nach Erledigung der Bescheidbeschwerde, deretwegen die Aussetzung beantragt worden ist, kommt ihre Bewilligung nicht mehr in Betracht (Beschluss des VwGH 30.3.1992, 90/15/0039), es sei denn, dass an der Bewilligung noch ein rechtliches Interesse des Antragstellers bestehen sollte. Dies kann zB dann der Fall sein, wenn die (teilweise) stattgebende Entscheidung über die Beschwerde gegen einen Bescheid über die Feststellung von Einkünften (§ 188 BAO) zwar schon verkündet wurde (§ 277 Abs. 4 BAO), die schriftliche Ausfertigung dieser Entscheidung aber noch nicht vorliegt und deshalb die Änderung abgeleiteter Einkommensteuerbescheide noch nicht vorgenommen worden ist. Im Fall des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung ist der Ablauf der Aussetzung jedenfalls zu verfügen (VwGH 18.12.2002, 2002/17/0282). Dennoch liegt eine mittelbare Abhängigkeit der Höhe der Vorauszahlungen von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde gegen einen Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerbescheid iSd § 212a Abs. 1 BAO nicht vor, da gemäß § 45 Abs. 3 EStG 1988 im Fall einer nach dem 30. September des Jahres, für das die Vorauszahlungen festgesetzt wurden, ergehenden Erledigung einer Bescheidbeschwerde die Anpassung der Vorauszahlungen für das betreffende Jahr nicht mehr zulässig ist; ferner könnte vor Erledigung der gegen den Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerbescheid gerichteten Beschwerde im Hinblick auf eine mittlerweile durchgeführte weitere Veranlagung eine Anpassung der Vorauszahlungen ohne Bedachtnahme auf das Ergebnis des Beschwerdeverfahrens erfolgt sein oder Vorauszahlungen könnten - unabhängig von einer Veranlagung - neu festgesetzt worden sein. Eine Aussetzung von Einkommensteuer- und Körperschaftsteuervorauszahlungen kommt daher gegebenenfalls nur im Zusammenhang mit einer gegen den Vorauszahlungsbescheid gerichteten Bescheidbeschwerde in Betracht. Wird einer Beschwerde gegen einen Abgabenbescheid (teilweise) stattgegeben, so führt dies grundsätzlich zu einer Rückstandsminderung, die mit Bekanntgabe der Beschwerdevorentscheidung oder des Erkenntnisses wirksam wird. Wurde einem Antrag auf Aussetzung von Vorauszahlungsteilbeträgen stattgegeben, so führt dies dazu, dass Vierteljahresbeträge jeweils nur in einem dem Beschwerdebegehren entsprechenden Ausmaß zu entrichten sind, sodass auch bei stattgebender Beschwerdeerledigung eine zumindest teilweise Nachentrichtung ausgesetzt gewesener Abgabenbeträge zu erfolgen hat. Soweit der Beschwerde gegen einen Vorauszahlungsbescheid stattgegeben wurde, sind Aussetzungszinsen (§ 212a Abs. 9 BAO) nicht zu entrichten.Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß für Abgaben, die auf Grund bescheidmäßiger Festsetzung in Teilbeträgen fällig werden (zB Bodenwertabgabe).
Überschrift vor Rz 496:
4.11.2. Ansuchen um Zahlungserleichterung im Zusammenhang mit einer Bescheidbeschwerde
Der stets mit Bescheid von der Abgabenbehörde auszusprechende Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer über die Beschwerde ergehenden Beschwerdevorentscheidung oder einer anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen (VwGH 22.1.2001, 2000/17/0265). Die Erledigung einer Beschwerde durch das Verwaltungsgericht durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde (§ 278 Abs. 1 BAO) ist ebenfalls eine das Beschwerdeverfahren abschließende Erledigung. Der Gesetzesauftrag, anlässlich einer der in § 212a Abs. 5 dritter Satz BAO genannten Erledigungen den Ablauf der Aussetzung zu verfügen, erlischt nicht dadurch, dass die Abgabenbehörde dieser Anordnung im zeitlichen Nahbereich der Erledigung des Beschwerdeverfahrens nicht nachkommt. Der Abgabepflichtige kann die Folgen der verspäteten Verfügung des Ablaufes im Weg der im § 212a Abs. 8 BAO vorgesehenen Tilgung in einfacher Weise abwenden (VwGH 31.7.2002, 2002/13/0075). Die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung ist nicht in der Erledigung über die Bescheidbeschwerde auszusprechen. Die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung liegt nicht im Ermessen der Abgabenbehörde (VwGH 22.1.2001, 2000/17/0266). Ein Ablaufbescheid ist auch dann zu erlassen, wenn anlässlich einer gemäß § 295 BAO vorgenommenen Änderung des angefochtenen Bescheides der ändernde Bescheid dem Beschwerdebegehren Rechnung trägt und die Bescheidbeschwerde gemäß § 261 BAO als gegenstandslos erklärt wird. Wurde der Ablauf einer Aussetzung anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung verfügt, so schließt dies eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus (§ 212a Abs. 5 BAO). Der Ablaufbescheid ist stets von der Abgabenbehörde zu erlassen (VwGH 22.1.2001, 2000/17/0266). Ein Ablaufbescheid ist anlässlich der Erledigung der Bescheidbeschwerde, die Anlass für die Bewilligung der Aussetzung war, selbst dann zu erlassen, wenn die ausgesetzt gewesenen Abgaben nach Maßgabe des § 212a Abs. 8 BAO bereits entrichtet oder getilgt worden sein sollten, um unter Bedachtnahme auf § 212a Abs. 9 letzter Satz BAO die etwaige Festsetzung von Aussetzungszinsen zu ermöglichen.4.12.1.1. Aussetzung und Ablauf anlässlich einer Bescheidbeschwerde gegen einen Grundlagenbescheid
Wurde anlässlich einer Beschwerde gegen einen Grundlagenbescheid (zB Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO) die Aussetzung eines sich aus einem abgeleiteten Bescheid ergebenden Abgabenbetrages bewilligt, so ist, falls ein ändernder Bescheid gemäß § 295 BAO zu ergehen hat, der Ablauf der Aussetzung frühestens gleichzeitig mit der Erlassung des ändernden Bescheides zu verfügen. Dies deshalb, weil die Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages, von dem feststeht, dass er als Folge der stattgebenden Entscheidung betreffend den Grundlagenbescheid anlässlich der Bescheiderteilung gemäß § 295 BAO gutzuschreiben sein wird, mit dem für die Schaffung des § 212a BAO maßgeblichen Rechtsschutzgedanken nicht vereinbar ist. Wurde der Beschwerde gegen einen Grundlagenbescheid (teilweise) stattgegeben, so fallen insoweit Aussetzungszinsen nicht an. Dies gilt selbst dann, wenn anlässlich der Erlassung des ändernden Bescheides (§ 295 BAO) über die Anpassung an den Grundlagenbescheid hinaus Änderungen zum Nachteil des Abgabepflichtigen vorgenommen werden. Die Aussetzung kann auch durch einen Widerruf (§ 294 BAO) enden (§ 212a Abs. 5 zweiter Satz BAO). Ein Widerruf ist zB zulässig, wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist (§ 212a Abs. 2 lit. c BAO). Die Übertragung des Vermögens mit Übergabevertrag durch den Abgabepflichtigen an den Sohn stellt ein solches Verhalten dar. Ob das Verhalten des Abgabepflichtigen im Sinne des § 212a Abs. 2 lit. c BAO auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist, hängt von der mit dem Verhalten verbundenen objektiven Gefährdungseignung ab und nicht von einem inneren Vorgang des Abgabepflichtigen, also von dessen Motivation (VwGH 25.10.1994, 94/14/0096; VwGH 27.1.2011, 2010/15/0044). Bietet der Abgabepflichtige entsprechende Sicherheiten an, so ist von einem Widerruf der Aussetzung abzusehen. Eine Änderung der Bewilligung der Aussetzung gemäß § 294 BAO kommt in folgenden Fällen in Betracht:- Das Beschwerdebegehren wurde eingeschränkt.
- Eine Minderung des strittigen Betrages tritt außerhalb der Beschwerdeerledigung ein, zB nach einer vor Erlassung der Beschwerdevorentscheidung erfolgten Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO im Hinblick auf eine etwaige Progressionsminderung trotz unveränderter Beschwerdepunkte.
Beispiel:
Anlässlich der Beschwerde gegen einen ESt-Bescheid wird eine Aussetzung bewilligt. Vor Erledigung der Beschwerde - und somit vor Ablauf der Aussetzung - ergeht aufgrund eines nachträglich erlassenen Feststellungsbescheides (§ 188 BAO) gemäß § 295 Abs. 1 BAO ein neuer ESt-Bescheid, der dem Beschwerdebegehren nicht Rechnung trägt, weshalb die Beschwerde dem § 253 BAO zufolge nunmehr auch als gegen den gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Bescheid gerichtet gilt. Der Abgabepflichtige stellt anlässlich der gegen den Feststellungsbescheid gerichteten Beschwerde einen weiteren Aussetzungsantrag für die sich aus dem gemäß § 295 Abs. 1 BAO erlassenen Bescheid ergebende Nachforderung.
- Da bei Vorliegen der Voraussetzungen auf die Aussetzung ein Rechtsanspruch besteht, ist für die Beurteilung, inwieweit eine Abgabe als entrichtet zu betrachten und somit die Aussetzung diesbezüglich nicht mehr zulässig ist, die Sachlage im Zeitpunkt der Antragstellung - gegebenenfalls am Tag der Postaufgabe - maßgeblich. Demnach sind Abgabenbeträge, die zwischen Antragstellung auf Aussetzung und Erledigung des Antrages entrichtet und nach § 214 BAO auf die den Gegenstand des Aussetzungsantrages bildenden Abgaben verrechnet wurden, in die Aussetzung einzubeziehen, soweit der auszusetzende Betrag im Zeitpunkt der Erledigung im Rückstand Deckung findet.
- Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen für mehrere Abgaben die für ihre Entrichtung zur Verfügung stehende Frist gleichzeitig endet und Zahlungen geleistet werden und der Abgabepflichtige durch Unterlassung einer Weisung eine Verrechnung nach § 214 Abs. 1 BAO auf die den Gegenstand des Aussetzungsantrages bildende Abgabe nicht verhindert hat.
Beispiel:
Auf dem Konto des Abgabepflichtigen, das weder einen Rückstand noch ein Guthaben ausweist, werden am selben Tag zuerst ein USt-Bescheid und sodann ein ESt-Bescheid mit Nachforderungen von jeweils 10.000 Euro gebucht; die Zahlungstermine treten für beide Abgaben am selben Tag ein (§ 210 Abs. 4 BAO für die USt, § 210 Abs. 1 BAO für die Einkommensteuer). Entrichtet der Abgabepflichtige einen Teilbetrag von beispielsweise 18.000 Euro, so wird dieser gemäß § 214 Abs. 1 BAO mit 10.000 Euro auf die USt und mit 8.000 Euro auf die Einkommensteuer verrechnet. Dem Abgabepflichtigen ist mangels Inanspruchnahme eines Weisungsrechtes eine Einflussmöglichkeit auf die Verrechnung entzogen. Beantragt der Abgabepflichtige die Aussetzung anlässlich einer Beschwerde gegen den USt-Bescheid, so hindert die bereits erfolgte Entrichtung der USt-Schuld nicht die Bewilligung der Aussetzung im Höchstausmaß des noch nicht entrichteten Betrages von 2.000 Euro.
- Wurde eine Beschwerde gegen einen Ablaufbescheid zB mit der Begründung eingebracht, dass das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes nicht wirksam zugestellt wurde, und wird der Ablaufbescheid mit Beschwerdevorentscheidung aufgehoben, so bedeutet dies ein Wiederaufleben der Aussetzung. Die Aussetzung erstreckt sich gegebenenfalls auch auf allfällige nach Zustellung des Ablaufbescheides durch Verwendung sonstiger Gutschriften (§ 213 Abs. 1 BAO) oder Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO) gänzlich oder teilweise getilgte von der Aussetzung betroffene Abgabenschuldigkeiten. Eine diesbezügliche Antragstellung des Abgabepflichtigen ist nicht notwendig. Das Vorgesagte gilt auch dann, wenn der Abgabepflichtige im genannten Zeitraum auf die ausgesetzt gewesene Abgabenschuldigkeit zu verrechnende Zahlungen geleistet hat.
- Wird die Beschwerdefrist erst durch Bekanntgabe der fehlenden Begründung (§ 245 Abs. 1 BAO) in Lauf gesetzt oder wegen eines Begründungsmangels ein Antrag auf Mitteilung der dem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung gestellt (§ 245 Abs. 2 BAO), so wird in diesen Fällen ein Rechtsmittel und folglich auch ein Aussetzungsantrag in aller Regel erst nach Fälligkeit der Abgabe eingebracht werden können. Zur Überbrückung kommt eine Stundung der Abgaben gemäß § 212 BAO grundsätzlich in Betracht (siehe Rz 417). Gleiches gilt, wenn die Frist für den Vorlageantrag (§ 264 BAO) erst durch Bekanntgabe der fehlenden Begründung in Lauf gesetzt wird (§ 264 Abs. 4 lit. a BAO iVm § 245 Abs. 1 zweiter Satz BAO) oder wegen eines Begründungsmangels ein Antrag auf Mitteilung der der Beschwerdevorentscheidung ganz oder teilweise fehlenden Begründung gestellt wird (§ 264 Abs. 4 lit. a BAO iVm § 245 Abs. 2 BAO).
- Um nachteilige Folgen für die Partei hintanzuhalten, wenn in späterer Folge eine Aussetzung bewilligt wird, sind Abgabenschuldigkeiten, die durch Verrechnung mit während der Dauer des durch die Bewilligung der Zahlungserleichterung eingetretenen Zahlungsaufschubes bewirkten Gutschriften getilgt wurden, in die Aussetzung miteinzubeziehen.
- Wurde eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes durch ein Erkenntnis des VfGH oder des VwGH aufgehoben, so kommt eine Aussetzung in Betracht, wenn die Abgabe in der Zwischenzeit entrichtet wurde. Hinsichtlich des Umfanges der für die Bewilligung einer Aussetzung in Betracht kommenden Abgabe wird bei Beurteilung der Erfolgsaussichten der Bescheidbeschwerde (§ 212a Abs. 2 lit. a BAO) auf den Umstand Bedacht zu nehmen sein, dass allenfalls auf Grund des Erkenntnisses des VfGH oder des VwGH manche Punkte nicht mehr strittig sind.
Hinsichtlich der Hemmungswirkung siehe Rz 1434.
Die Frist des § 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO steht insbesondere zu, wenn ein zeitgerecht gestellter Aussetzungsantrag abgewiesen wurde. Kein Anspruch auf diese Frist besteht, wenn ein Aussetzungsantrag mangels Aktivlegitimation des Einschreiters zurückzuweisen ist. Ein Guthaben, das nach einer gemäß § 215 Abs. 1 BAO erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde des Bundes verbleibt, ist gemäß § 215 Abs. 2 BAO zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist. Durch eine Entrichtung oder Tilgung von Abgabenschuldigkeiten, deren Einhebung ausgesetzt ist, kann der Abgabepflichtige für den Fall, dass er mit seinem Beschwerdebegehren nicht durchdringt, die Zinsenbelastung mindern. Wird einem im Sinne des § 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO zeitgerecht eingebrachten Aussetzungsantrag nicht stattgegeben, so tritt die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages erst ein, wenn die Abgabe nicht spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des den Antrag erledigenden Bescheides entrichtet wird (§ 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO iVm § 217 Abs. 4 BAO). Im Fall einer innerhalb nicht erstreckter Rechtsmittelfrist eingebrachten Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem der Aussetzungsantrag abgewiesen wurde, wird die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages weiter hinausgeschoben (§ 212a Abs. 4 BAO). Im Übrigen siehe Ausführungen zu § 212a Abs. 7 BAO.Hinsichtlich der Hemmungswirkung ist § 230 Abs. 2 BAO zu beachten.
- Der Antrag ist iSd § 212a Abs. 3 BAO inhaltlich mangelhaft.
Es ist nach § 85 Abs. 2 BAO vorzugehen (Mängelbehebungsauftrag); siehe Rz 546.
- Notwendigkeit eines Mängelbehebungsverfahrens gemäß § 85 Abs. 2 BAO
Unterbleibt in den Fällen des § 85 Abs. 2 BAO eine fristgerechte Mängelbehebung, so ist ein (rechtsmittelfähiger) Bescheid zu erteilen, mit dem ausgesprochen wird, dass der Antrag als zurückgenommen gilt. Gemäß § 212a Abs. 7 zweiter Satz BAO in Verbindung mit § 217 Abs. 4 BAO steht auch in diesem Fall unter der Voraussetzung, dass der Antrag fristgerecht eingereicht wurde, eine Frist von einem Monat für die säumniszuschlagsfreie Entrichtung der Abgabe und somit eine Hemmung der Einbringung zu (§ 230 Abs. 2 BAO). Gegebenenfalls kommt innerhalb dieser Frist die Erlassung eines Vollstreckungsbescheides (§ 230 Abs. 7 BAO) in Betracht. Das Vorgesagte gilt sinngemäß für das Fehlen einer Vollmacht. Wurden die Mängel rechtzeitig behoben, so gilt der Antrag als ursprünglich richtig eingebracht.
Sinngemäß gilt das Vorgesagte auch für § 86a Abs. 1 BAO.
Die Einhebung von Aussetzungszinsen ist im Hinblick darauf, dass diese Zinsen durch den vom Abgabepflichtigen eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einhebung strittiger Abgaben ausgelöst wurden, nicht unbillig. Der Abgabepflichtige hat die Möglichkeit, das Entstehen der Aussetzungszinsen in gegebenenfalls beträchtlicher Höhe durch Entrichtung der ausgesetzten Abgaben zu verhindern (VwGH 17.10.2001, 98/13/0073; VwGH 16.10.2002, 99/13/0065; VwGH 20.9.2007, 2002/14/0138; siehe Rz 1709). Die Festsetzung von Aussetzungszinsen ist gesetzliche Folge des verfügten Ablaufes der Aussetzung der Einhebung von Abgaben infolge der Erledigung der damit im Zusammenhang stehenden Beschwerde (VwGH 21.7.1998, 98/14/0101; VwGH 28.5.2002, 96/14/0157). Das Gesetz sieht die Vorschreibung von Aussetzungszinsen für die gesamte Dauer des Beschwerdeverfahrens vor, selbst wenn dieses unangemessen lange dauert (VwGH 17.9.1997, 93/13/0100). Die Bemessungsgrundlage für die Aussetzungszinsen wird durch ein während der Wirksamkeit einer Aussetzung auf dem Abgabenkonto ausgewiesenes Guthaben - unabhängig von der Dauer seines Bestehens - nicht gemindert (VwGH 25.6.1997, 94/15/0167; VwGH 15.11.2005, 2002/14/0051). Wird anlässlich einer Beschwerdevorentscheidung der Ablauf der Aussetzung verfügt (§ 212a Abs. 5 BAO), so hat dies nach dem Vorgesagten die Festsetzung von Aussetzungszinsen zur Folge. Im Fall eines Vorlageantrages besteht die Möglichkeit, diese Zinsen in einen neuerlich zu stellenden Aussetzungsantrag einzubeziehen, zumal es sich bei den Aussetzungszinsen um eine Abgabe handelt, deren Höhe mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt (§ 212a Abs. 1 BAO). Jedenfalls werden Aussetzungszinsen insoweit nicht festgesetzt, als durch die Erledigung der Bescheidbeschwerde, die Anlass für die Aussetzung war, oder durch einen anderen Verfahrenstitel (zB § 299 Abs. 1 BAO) eine Minderung der für die Aussetzungszinsenberechnung maßgeblichen Abgabenschuld ausgelöst wird. Wurde der Bescheid betreffend Ablauf der Aussetzung, der Anlass für die Erlassung eines Aussetzungszinsenbescheides war, etwa in Erledigung einer Bescheidbeschwerde, zB wegen nicht wirksamer Zustellung der Beschwerdevorentscheidung, aufgehoben, so ist der Zinsenbescheid gemäß § 295 Abs. 3 BAO aufzuheben. Für die Zeit zwischen der Bekanntgabe des (später aufgehobenen) Ablaufbescheides und der Bekanntgabe des Aufhebungsbescheides ist die Vorschreibung von Aussetzungszinsen nicht zulässig. Wird nach wirksamer Zustellung der Beschwerdevorentscheidung abermals ein Ablaufbescheid erteilt, so ist unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze neuerlich ein Aussetzungszinsenbescheid zu erlassen. Wird eine Bescheidbeschwerde, die Anlass für eine Aussetzung der Einhebung war, durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides erledigt (§ 278 Abs. 1 BAO), so wird durch die Aufhebung eine aus dem angefochtenen Bescheid resultierende Nachforderung beseitigt. Dies entspricht einer nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld iSd § 212a Abs. 9 dritter Satz BAO, sodass für die nunmehr weggefallene Nachforderung keine Aussetzungszinsen festzusetzen sind. Zu Aussetzungszinsen anlässlich einer Beschwerde gegen einen Grundlagenbescheid siehe Rz 513. Aussetzungszinsen (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO) sind mit Abgabenbescheid (§ 198 BAO) vorzuschreiben; die Fälligkeit der Aussetzungszinsen tritt mit Ablauf eines Monates nach Zustellung des Zinsenbescheides ein (§ 210 Abs. 1 BAO). Aussetzungszinsen, die im Einzelfall den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (§ 212a Abs. 9 zweiter Satz BAO).4.19. Landes- und Gemeindeabgaben ( § 212b Z 3 und 4 BAO )
Die Erweiterung des Anwendungsbereiches der BAO auf Landes- und Gemeindeabgaben betrifft auch die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO.Aus § 323a Abs. 1 Z 2 BAO ergibt sich, dass vor dem 1. Jänner 2010 zuerkannte Begünstigungen (bescheidmäßig bewilligte Aussetzungen der Einhebung) auch nach diesem Zeitpunkt aufrecht bleiben. Dies ist für jene Bundesländer bedeutsam, in denen die Aussetzung der Einhebung (vor diesem Stichtag) landesrechtlich vorgesehen war (somit für Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark und Wien).
Hievon abweichend gilt § 212a BAO für Landes- und Gemeindeabgaben der Länder Burgenland, Tirol und Vorarlberg erstmals für nach dem 31. Dezember 2009 eingebrachte Anträge auf Aussetzung (§ 323 Abs. 1 Z 7 BAO).
Für Landes- und Gemeindeabgaben betreffende Aussetzungszinsen gelten (abweichend vom § 212a Abs. 9 BAO) die Sonderbestimmungen des § 212b Z 3 und 4 BAO.Nach § 212b Z 3 BAO betragen die Aussetzungszinsen drei Prozent pro Jahr. Dieser Prozentsatz ist erstmals auf Abgaben (nämlich Aussetzungszinsen) anzuwenden, für die der Abgabenanspruch nach dem 31. Dezember 2009 entstanden ist.
Die zweite Sonderbestimmung ist § 212b Z 4 BAO. Danach sind Aussetzungszinsen, die den Betrag von 10 Euro nicht erreichen, nicht festzusetzen.
Randzahlen 580 bis 599: derzeit frei
Sonstige Gutschriften sind alle Gutschriften, die nicht unmittelbar Folge einer Zahlung sind. Sonstige Gutschriften können sich etwa auf Grund der bescheidmäßigen Herabsetzung einer Abgabenschuld, zB im Bescheidbeschwerdeverfahren oder infolge einer Bescheidänderung gemäß § 295 BAO, einer ersatzlosen Aufhebung eines ein Leistungsgebot beinhaltenden Bescheides oder einer Abschreibung nach den §§ 235 und 236 BAO ergeben. Weiters können sich Gutschriften auch im Zusammenhang mit einer in den Abgabenvorschriften vorgesehenen Selbstbemessung ergeben (zB Überschuss auf Grund einer Umsatzsteuervoranmeldung). Wiederkehrend zu erhebende Abgaben sind- periodisch festzusetzende Abgaben, wie zB veranlagte Einkommensteuer und veranlagte Körperschaftsteuer,
- Selbstbemessungsabgaben, wie zB Umsatzsteuervorauszahlungen (VwGH 20.11.1997, 95/15/0001), Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen.
In Fällen, in denen nur für einen Teil der von einem Abgabepflichtigen geschuldeten Abgaben eine persönliche abgabenrechtliche Haftung geltend gemacht wird und somit insoweit gemäß § 7 BAO ein Gesamtschuldverhältnis entsteht, ist ein Herauslösen der von der Haftung umfassten Abgaben aus der bisher zusammengefassten Verbuchung der Gebarung mit anderen Abgaben nicht erforderlich.
Beispiel:
Im Fall der Geltendmachung einer Haftung für Umsatzsteuer gemäß § 12 BAO wird die Gebarung der von der Personenvereinigung zu erhebenden Abgaben mit jener der auch vom Gesellschafter auf Grund des Haftungsbescheides geschuldeten Umsatzsteuer zusammengefasst verbucht.
Beispiel:
Der Geschäftsführer einer GmbH wird gemäß § 9 BAO mit Haftungsbescheid für die Abgabenschulden der GmbH herangezogen. In der gegen den Haftungsbescheid gerichteten Beschwerde bestreitet der Haftungspflichtige seine Inanspruchnahme dem Grunde nach.
In Abschöpfungsverfahren mit Restschuldbefreiung (§§ 199 ff IO) wird das Insolvenzverfahren mit Rechtskraft des Einleitungsbeschlusses aufgehoben. Da nach dieser Aufhebung auch das Verrechnungsverbot (§ 20 IO) mit späteren Abgabengutschriften (zB aus Arbeitnehmerveranlagungen) nicht mehr gilt, ist in diesen Fällen eine Trennung der Gebarung nicht vorzunehmen.
5.7. Landes- und Gemeindeabgaben (§ 213a BAO)
§ 213 BAO über die zusammenfassende Verbuchung mehrerer Abgaben auf einem Abgabenkonto gilt nicht für Landes- und Gemeindeabgaben (§ 213a BAO). Solche Abgaben dürfen somit auch je Abgabe auf einem Abgabenkonto verrechnet werden. Daher ermöglicht § 213a BAO den Ländern und Gemeinden, auch ab 1. Jänner 2010 ihre bisherigen Verrechnungssysteme beizubehalten.Randzahlen 625 bis 699: derzeit frei
Abweichend von diesem Grundsatz erfolgen Umwidmungen jedoch insbesondere in folgenden Fällen:- Berichtigung einer irrtümlich erteilten Verrechnungsweisung (§ 214 Abs. 5 erster Unterabsatz BAO).
- Nachholung einer irrtümlich unterlassenen Verrechnungsweisung (§ 214 Abs. 5 zweiter Unterabsatz und Abs. 7 letzter Satz BAO).
- Eine Aufrechnung gemäß § 1438 ABGB wirkt ungeachtet des Zeitpunktes ihrer Durchführung auf den Tag zurück, an dem Forderung und Gegenforderung einander erstmals fällig gegenüberstanden (siehe Rz 130).
- Umbuchungen und Überrechnungen von Guthaben wirken auf den im § 211 Abs. 1 lit. g BAO angeführten Tag zurück, auch wenn die Durchführung später erfolgt.
- Gutschriften auf Grund von Umsatzsteuervoranmeldungen wirken in der Regel gemäß § 21 Abs. 1 erster Unterabsatz UStG 1994 auf einen vor dem Buchungstag liegenden Zeitpunkt zurück.
- Wurde eine entrichtete Abgabenschuldigkeit in eine Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) einbezogen, so führt dies insoweit zur Tilgung anderer Abgabenschuldigkeiten oder zur Entstehung eines Guthabens.
- Im Insolvenzverfahren kommt den Aufrechnungsvorschriften der IO Vorrang vor den Verrechnungsvorschriften des § 214 BAO zu (vgl. zB VwGH 21.11.2013, 2011/15/0188 - Rz 151 bis Rz 157).
Die Überschriften in Abschnitt 6.4. entfallen.
§ 214 Abs. 4 BAO ist in den Fällen des § 212a Abs. 8 BAO der letztgenannten Bestimmung zufolge sinngemäß anzuwenden. Die Möglichkeit einer gezielten Entrichtung besteht auch nach § 214 Abs. 7 BAO. Das Verrechnungsweisungsrecht des § 214 Abs. 4 lit. a BAO bezieht sich auf alle Abgabenschuldigkeiten, somit sowohl auf Selbstberechnungsabgaben und Abfuhrabgaben als auch auf mit Bescheid festgesetzte Abgaben. Verrechnungsweisungen betreffen Zahlungsansprüche und sind somit bezüglich Vorauszahlungen je Fälligkeitszeitpunkt zulässig. Eine Verrechnungsweisung für ein bestimmtes Einkommensteuervorauszahlungsviertel ist daher zulässig, selbst wenn ein Einkommensteuervorauszahlungsviertel mit einer früheren Fälligkeit noch nicht entrichtet ist. Sind mehrere Einkommensteuernachforderungen offen, so bezieht sich das Verrechnungsweisungsrecht auf jede einzelne Nachforderung. Wird eine Verrechnungsweisung für die Einkommensteuer eines bestimmten Jahres erteilt, so ist nach den Grundsätzen des § 214 Abs. 1 BAO zu verrechnen. § 214 Abs. 4 lit. a BAO ist auch anwendbar- bei Inanspruchnahme des Eigenschuldners für Kapitalertragsteuer gemäß § 95 Abs. 5 EStG 1988,
- bei Inanspruchnahme des Empfängers der Einkünfte für Beträge nach § 99 EStG 1988,
- für den Fall der Nachversteuerung nach § 18 Abs. 4 EStG 1988.
Randzahlen 725 bis 728: derzeit frei
Die Zulassung der Berichtigung einer Umsatzsteuervoranmeldung (§ 21 Abs. 1 erster Unterabsatz UStG 1994) schließt nicht die Möglichkeit der Berichtigung einer früher erteilten Verrechnungsweisung ein (siehe auch Rz 712 bis Rz 724). Die Möglichkeit der Antragstellung nach § 214 Abs. 5 BAO bezieht sich auch auf Fälle einer irrtümlich für einen zu geringen Betrag erteilten Verrechnungsweisung.Beispiel:
Am 15. April 2014 werden 9.000 Euro entrichtet. Die Verrechnungsweisung auf dem Zahlungsbeleg für die USt-Vorauszahlung für Februar 2014 wird für einen Betrag von 2.000 Euro erteilt. 7.000 Euro werden nach § 214 Abs. 1 BAO auf eine am 22. April 2014 fällige ESt-Schuld verrechnet. Vor Ablauf der Dreimonatsfrist erkennt der Abgabepflichtige, dass er bei Erteilung der Verrechnungsweisung insoweit geirrt hat, als er einen USt-Betrag von 5.000 Euro mit Verrechnungsweisung entrichten wollte. Bei rechtzeitiger Antragstellung ist der Abgabepflichtige von Einbringungsmaßnahmen abgesehen so zu stellen, als ob er ursprünglich eine Verrechnungsweisung über 5.000 Euro erteilt hätte. Die Berichtigung der Verbuchung der Gebarung führt zu einem teilweise Wiederaufleben der ESt-Schuld im Umfang von 3.000 Euro, für deren Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat zusteht (§ 210 Abs. 5 BAO).
Beispiele:
1. Trotz älterer im Rückstand enthaltener Abgabenschuldigkeiten ist eine sonstige Gutschrift auf Grund einer Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer für ein bestimmtes Jahr auf diese zu verrechnen.
2. USt-Vorauszahlungen wurden festgesetzt und die Entscheidung über eine gegen den Festsetzungsbescheid gerichtete Beschwerde führt zu einer über die aus dem angefochtenen Bescheid resultierende Nachforderung hinausgehenden Gutschrift. Die aus der Beschwerdeerledigung entstehende Gutschrift ist ungeachtet allfälliger sonstiger älterer Abgabenschuldigkeiten zunächst auf die aus dem angefochten gewesenen Bescheid resultierende Nachforderung und, soweit noch ein Teil der Gutschrift verbleibt, auf allenfalls im Rückstand enthaltene, dasselbe Kalenderjahr betreffende ältere verbuchte und noch nicht abgestattete Schuldigkeiten an USt-Vorauszahlungen zu verrechnen.
Bezüglich der Vorgangsweise betreffend die Verrechnung von Gutschriften in Fällen der Aussetzung der Einbringung siehe Rz 1505.
- § 212a BAO (Aussetzung der Einhebung)
- § 214 Abs. 2 BAO
- § 214 Abs. 3 erster Unterabsatz BAO
- § 214 Abs. 3 zweiter Unterabsatz BAO
- § 214 Abs. 4 BAO
- § 214 Abs. 6 BAO
- § 214 Abs. 7 BAO
- § 214 Abs. 8 BAO
- § 231 BAO (Aussetzung der Einbringung)
- § 235 BAO (Löschung)
- § 236 BAO (Nachsicht)
- Verrechnung im Insolvenzverfahren nach Maßgabe der Vorschriften der IO
- § 51 Abs. 2 AbgEO (Verwendung des Verkaufserlöses zunächst auf Gebühren und Kosten des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens)
- § 85 VfGG, § 30 VwGG (Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung)
- weitere bei § 235 BAO angeführte Abschreibungsfälle.
Randzahlen 764 bis 799: derzeit frei
Ein Guthaben iSd § 215 BAO stellt sich als das Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto dar (VwGH 21.10.1993, 91/15/0077; VwGH 25.2.1997, 93/14/0143) und entsteht somit erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe aller Gutschriften die Summe aller Lastschriften übersteigt (VwGH 25.2.2010, 2009/16/0311). Die kontokorrentmäßige Verrechnung der wiederkehrend zu erhebenden Abgaben schließt das Entstehen eines Guthabens insolange aus, als dieses nicht kontomäßig zu Buche steht (VwGH 17.4.1989, 88/15/0133). Dabei kommt es nicht auf Gutschriften an, welche die Abgabenbehörde nach Auffassung des Abgabepflichtigen hätte durchführen müssen, sondern auf die von der Abgabenbehörde tatsächlich durchgeführten Gutschriften (VwGH 25.2.2010, 2007/16/0184). Erfolgt nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Abgabepflichtigen eine Veranlagung, die vor der Eröffnung liegende Zeiträume betrifft, und werden dabei Vorauszahlungen auf die Jahressteuerschuld angerechnet, so stellen die Vorauszahlungen selbst dann keinen unter das Aufrechnungsverbot des § 20 Abs. 1 IO fallenden Gegenanspruch des Gemeinschuldners dar, wenn die Gutschrift der Vorauszahlungen zu einem auf dem Abgabenkonto aufscheinenden Guthaben führt (VwGH 27.1.1981, 0842/80). Ein zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehendes Guthaben kann zur Gänze mit Abgabenforderungen verrechnet werden, die Zeiträume vor der Eröffnung betreffen. Dem steht weder ein aus abgabenrechtlichen Vorschriften sich ergebendes Aufrechnungsverbot noch § 20 Abs. 1 erster Satz IO entgegen (VwGH 25.2.1997, 93/14/0143). Im Bereich der Offenen Gesellschaften (OG) und Kommanditgesellschaften (KG) gilt Folgendes:Ist auf dem Abgabenkonto eines Gesellschafters ein Guthaben ausgewiesen und besteht auf dem Abgabenkonto der Gesellschaft ein Rückstand, so kommt die Tilgung der Abgabenrückstände der Gesellschaft im Weg einer Umbuchung oder Überrechnung gemäß § 215 Abs. 1 und 2 BAO nur dann in Betracht, wenn dem Gesellschafter bereits ein wirksames Leistungsgebot im Weg eines Haftungsbescheides oder eines Abgabenbescheides zugekommen ist. Wurde der Gesellschafter noch nicht mit Bescheid in Anspruch genommen, so bedürfte es für eine Übertragung des auf dem Abgabenkonto des Gesellschafters bestehenden Guthabens auf das Abgabenkonto der Gesellschaft im Weg einer Umbuchung oder Überrechnung eines entsprechenden Antrages.
Guthaben auf dem Abgabenkonto der Gesellschaft können nur auf Antrag, nicht jedoch von Amts wegen, zur Tilgung rückständiger auf den Abgabenkonten der Gesellschafter bestehender Abgabenschuldigkeiten herangezogen werden.
Ein Guthaben gemäß § 215 BAO ist ein Vermögenswert des Abgabepflichtigen; es steht diesem zu, darüber zu verfügen, zB durch Umbuchungsantrag, und eine solche Verfügung im Abgabenverfahren - etwa mit Säumnisbeschwerde (§ 284 BAO) - zu verfolgen (VwGH 12.11.1981, 81/15/0114). Auch die Abtretung eines Guthabens ist möglich (VwGH 13.11.1986, 86/16/0102). Das bedeutet aber nicht, dass die Abgabenbehörde dann, wenn sie gegen das Gebot, die Umbuchung und Überrechnung eines Guthabens vom Abgabenkonto eines Abgabepflichtigen auf jenes eines anderen Abgabepflichtigen nur mit Zustimmung des Verfügungsberechtigten vorzunehmen, verstößt, den unzulässigen Buchungsvorgang wiederum rückgängig machen könnte. Mit der Rückgängigmachung würde sie nämlich erneut gegen dasselbe Gebot verstoßen: sie würde die "Rückbuchung" ohne Zustimmung des nunmehr Verfügungsberechtigten durchführen (VwGH 23.5.1996, 94/15/0033; VwGH 17.12.2007, 2006/14/0061). Bezüglich als Parteienvertreter einschreitender Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder, Bilanzbuchhalter und Notare sind § 8 Abs. 1 letzter Satz Rechtsanwaltsordnung, § 88 Abs. 9 WTBG, § 36 Abs. 5 BiBuG 2014 und § 5 Abs. 4a Notariatsordnung zu beachten, wonach die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetzt.Randzahlen 830 bis 849: derzeit frei
Ein Antrag gemäß § 216 BAO unterliegt gemäß § 85a BAO der Entscheidungspflicht. Die Verletzung der Entscheidungspflicht kann mit Säumnisbeschwerde (§ 284 BAO) geltend gemacht werden. Im Verfahren über einen Antrag auf Abrechnungsbescheid ist die Rechtmäßigkeit einer Abgabenfestsetzung oder eines Haftungsbescheides nicht mehr zu prüfen (VwGH 5.12.1991, 89/17/0186; VwGH 20.7.1999, 99/13/0071). In einer an den VwGH gerichteten Revision gegen die Abgabenvorschreibung besteht für Einwendungen gegen die Abgabenverrechnung kein Raum (VwGH 24.4.2002, 99/16/0082). Der Abrechnungsbescheid dient der Klärung umstrittener abgabenbehördlicher Gebarungsakte; im Verfahren gemäß § 216 BAO ist für den Abspruch, welche auf dem Abgabenkonto gebuchten Zahlungsverpflichtungen bzw. Gutschriften Masseforderungen bzw. Insolvenzforderungen seien, kein Raum (VwGH 20.5.2010, 2005/15/0163; VwGH 21.11.2013, 2011/15/0188). Wird jedoch im Abrechnungsbescheidverfahren die Unzulässigkeit der Verrechnung gemäß §§ 19 und 20 IO behauptet, ist darüber als Vorfrage zu befinden (VwGH 5.7.1999, 99/16/0115; VwGH 29.1.2004, 2000/15/0046). Die Frage der Rechtmäßigkeit von Buchungen ist auf Antrag des Abgabepflichtigen im Abrechnungsbescheidverfahren und nicht im Rückzahlungsverfahren zu klären (VwGH 19.10.1999, 98/14/0143; VwGH 25.6.2009, 2007/16/0121).9. Säumniszuschläge ( § 217 BAO )
9.1. Allgemeines
Der Säumniszuschlag, der kraft Gesetzes entsteht, ist die vom Verschulden der Partei unabhängige Sanktion für eine Säumnis bei der Abgabenentrichtung (siehe jedoch Ausführungen zu § 217 Abs. 7 BAO). Der Säumniszuschlag ist jeweils abgabenbezogen zu berechnen. Der Säumniszuschlag ist ein Druckmittel für die zeitgerechte Entrichtung von Abgaben (VwGH 15.2.2006, 2002/13/0165; VwGH 29.3.2007, 2005/16/0095). Für eine Abgabe kann für den ersten bzw. zweiten und dritten Säumniszuschlag jeweils nur einmal die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entstehen, wobei diese Verpflichtung durch eine ununterbrochene Folge von gesetzlich zustehenden oder durch Bescheid zuerkannten Zahlungsfristen auch wiederholt hinausschiebbar ist. Als Abgabe in diesem Sinn ist jede durch Abgabenart, Erhebungszeitraum sowie gesetzliche oder bescheidabhängige Fälligkeit bestimmte Abgabenschuldigkeit zu verstehen; werden für eine Abgabe mehrere Personen herangezogen, so ist die erste Fälligkeit maßgebend. Durch die bloße Tatsache der nicht zeitgerechten Entrichtung einer Abgabe ist grundsätzlich ein Säumniszuschlag verwirkt. Die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages ist - ungeachtet ihrer inhaltlichen Richtigkeit - an eine formelle Zahlungsschuld geknüpft (VwGH 26.1.2006, 2005/16/0240; VwGH 27.8.2008, 2008/15/0202, 0203). Dem § 217 Abs. 8 BAO zufolge besteht jedoch die Pflicht der Abgabenbehörde, im Fall der späteren Herabsetzung der dem Säumniszuschlag zugrundeliegenden Abgabenschuldigkeit von Amts wegen den Säumniszuschlag anzupassen. Die grundsätzliche Regelung des § 217 Abs. 1 BAO (Ausnahmen siehe Rz 28 bis 50 und Rz 920 bis 928) macht den Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages allein davon abhängig, dass eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Diese Bestimmung berücksichtigt sohin nicht die Gründe, aus denen im Einzelfall eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden ist. Damit hat der Gesetzgeber dargetan, dass er die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, im Anwendungsbereich des § 217 Abs. 1 BAO als unmaßgeblich erachtet (VwGH 13.9.1999, 97/09/0134). Für das Entstehen der Säumniszuschlagspflicht ist allein maßgeblich, ob die objektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Diesfalls genügt der Bestand einer formellen Abgabenzahlungsschuldigkeit und zwar unabhängig von der sachlichen Richtigkeit der Abgabenfestsetzung oder des Ergebnisses einer Selbstbemessung (VwGH 27.9.1994, 91/17/0019; VwGH 18.9.2003, 2002/16/0072). Der Säumniszuschlag weist sohin nach dem Zeitpunkt des Eintrittes der Verpflichtung zu seiner Entrichtung eine abgabenrechtliche Selbständigkeit auf, soweit nicht ausdrücklich gesetzliche Regelungen eine Abhängigkeit von der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabe vorsehen (VwGH 8.3.1991, 90/17/0503); auf die Ausführungen zu § 217 Abs. 7 bis 9 BAO wird hingewiesen. Die Abgabenbehörden sind bei Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale zur Vorschreibung des Säumniszuschlages von Gesetzes wegen - unter Ausschaltung jedweden Ermessens - verpflichtet (VwGH 14.11.1988, 87/15/0138). Die Festsetzung eines Säumniszuschlages von einer bescheidmäßig festgesetzten Abgabe setzt nicht die Rechtskraft des Abgabenbescheides voraus (VwGH 30.5.1995, 95/13/0130). Da nach § 254 BAO eine Bescheidbeschwerde keine aufschiebende Wirkung hat, steht der Umstand, dass ein Abgabenbescheid mit Beschwerde angefochten wurde, der Entstehung der Säumniszuschlagsverpflichtung nicht entgegen (VwGH 23.3.2000, 99/15/0145). Wird der Bescheid betreffend die Stammabgabe mit Bescheidbeschwerde bekämpft, kommt jedoch eine Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) des Säumniszuschlages in Betracht. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Revision (§ 30 VwGG) an den VwGH hemmt nur den Vollzug der mit Revision angefochtenen Entscheidung, ändert aber nicht rückwirkend die bis dahin eingetretenen Säumnisfolgen (VwGH 21.7.1998, 97/14/0131). Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages tritt bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch dann ein, wenn im Zeitpunkt der (in der Vergangenheit liegenden) Fälligkeit einer Abgabe ein ausreichendes Guthaben vorhanden war, aber über dieses Guthaben auf Antrag des Abgabepflichtigen anderweitig, etwa durch Rückzahlung, Überrechnung oder Umbuchung, verfügt wurde (VwGH 17.9.1990, 90/15/0028; VwGH 15.2.2006, 2002/13/0165). Gleiches gilt, wenn ein solches Guthaben infolge der kontokorrentmäßigen Verrechnung ohne Mitwirkung des Abgabepflichtigen zur Tilgung von bescheidmäßig festgesetzten Abgabenschuldigkeiten verwendet wurde; hat hingegen der Abgabepflichtige dennoch Beträge in Höhe dieser Schuldigkeiten zeitgerecht entrichtet, so ist von einem Weiterbestand des ursprünglichen Guthabens auszugehen und tritt daher eine Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht ein. Die Fälligkeit der Bundesabgaben betreffenden Säumniszuschläge richtet sich mangels speziellerer Abgabenvorschrift nach § 210 Abs. 1 BAO. Hinsichtlich Landes- und Gemeindeabgaben siehe § 217a Z 2 BAO. In Fällen, in denen die Umsatzsteuerschuld und deren Fälligkeit durch die Ausübung eines vom Gesetzgeber eingeräumten Wahlrechts (zB Option nach § 6 Abs. 2 UStG 1994, Verzicht nach § 6 Abs. 3 UStG 1994, Erklärung nach § 14 Abs. 4 UStG 1994, Erklärung nach § 22 Abs. 6 UStG 1994) rückwirkend (nämlich durch Ausübung des Wahlrechtes nach Eintritt der Fälligkeit) entsteht, hat der Unternehmer im Nachhinein betrachtet im Zeitpunkt der Fälligkeit keine abgabenrechtliche Zahlungspflicht verletzt. Zur Entrichtung der Umsatzsteuer bestand keine Verpflichtung. Ein allenfalls erlassener Säumniszuschlagsbescheid ist daher rechtswidrig und mit Beschwerdevorentscheidung aufzuheben. Die Rechtswidrigkeit eines solchen Bescheides kann auch mit Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO geltend gemacht werden. Für die Verwirkung des Säumniszuschlages erscheint eine Monatsfrist ab Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung bzw. ab Wirksamwerden des die Umsatzsteuer festsetzenden Abgabenbescheides angemessen.Wird eine Tätigkeit rückwirkend als Liebhaberei beurteilt und dementsprechend die abgezogene Vorsteuer rückgefordert, begründet die zu Unrecht abgezogene Vorsteuer für sich allein keine von § 210 BAO abweichende frühere Fälligkeit, die die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages zur Folge hätte. Den Steuerpflichtigen traf in diesem Fall keine Verpflichtung zur Entrichtung von Umsatzsteuer, die als verspätet entrichtet angesehen werden könnte (VwGH 20.6.1988, 87/15/0146).
- Bundesabgaben betreffende Säumniszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (§ 217 Abs. 10 BAO); hinsichtlich Landes- und Gemeindeabgaben siehe § 217a Z 3 BAO.
- Ist eine Abgabenschuldigkeit als Insolvenzforderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig, so tritt eine Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages nicht ein, da die spezialgesetzlichen Regelungen der IO über die (teilweise) Abdeckung von Insolvenzforderungen im Weg der Verteilung aus der Insolvenzmasse jenen der BAO vorgehen (VwGH 18.1.1996, 93/15/0170; VwGH 19.3.1997, 96/16/0052).
Hingegen entsteht bei Masseforderungen die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln der BAO, weil durch die Rangordnung des § 47 Abs. 2 IO die Fälligkeit der Masseforderungen und das Gebot, sie zu begleichen, nicht berührt werden (VwGH 21.2.1990, 89/13/0092; VwGH 23.11.1994, 91/13/0259). Reicht die Masse nicht zur Abgabenentrichtung aus, ist § 217 Abs. 7 BAO anwendbar. Im Hinblick auf § 47 Abs. 2 IO über die Befriedigungsrangfolge besteht an der Säumnis kein grobes Verschulden.
Für sogenannte massearme Verfahren sieht § 124a IO vor, dass der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit unverzüglich dem Insolvenzgericht anzuzeigen und mit der Befriedigung der Massegläubiger inne zu halten hat. Er darf nur mehr die zur Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse gebotenen Rechtshandlungen vornehmen und daraus herrührende "Neumasseforderungen" unverzüglich befriedigen, während vorher bereits entstandene "Altmasseforderungen" der gesetzlichen Zahlungssperre gemäß § 124a Abs. 1 IO unterliegen. Für Altmasseforderungen, die nach Eintritt der Masseunzulänglichkeit (das ist der Zeitpunkt, zu dem sie der Insolvenzverwalter erkennt und darauf reagiert, worauf die Masseunzulänglichkeit durch das Insolvenzgericht öffentlich bekannt zu machen ist) fällig werden, kann daher wegen des Vorranges der insolvenzrechtlichen vor den steuerrechtlichen Vorschriften kein Säumniszuschlag mehr festgesetzt werden.
- Wird einer Revision an den VwGH (§ 30 Abs. 2 VwGG) oder einer Beschwerde vom VfGH (§ 85 Abs. 2 VfGG) aufschiebende Wirkung zuerkannt, so besteht die Wirkung ab Zuerkennung für die Dauer des höchstgerichtlichen Verfahrens. Die säumniszuschlagsvermeidende Wirkung besteht ab Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, somit ab Zustellung des Beschlusses für die Dauer des höchstgerichtlichen Verfahrens. Bereits entstandene Säumniszuschlagsansprüche werden durch die Zuerkennung nicht berührt (VwGH 21.7.1998, 97/14/0131).
Die Dreimonatsfristen des § 217 Abs. 3 BAO werden für die Dauer der aufschiebenden Wirkung gehemmt. Ebenso besteht eine Hemmung der beiden Dreimonatsfristen, wenn einem Rechtsbehelf, gestützt auf Unionsrecht (Art. 4 Abs. 3 EUV), aufschiebende Wirkung zuerkannt wird.
Ein zweiter Säumniszuschlag ist verwirkt, soweit eine Bundesabgabe nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) entrichtet ist. Der zweite Säumniszuschlag beträgt 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Während der erste Säumniszuschlag an die Fälligkeit anknüpft, ist für die Verwirkung des zweiten Säumniszuschlages der Ablauf einer nach Maßgabe des § 217 Abs. 4 BAO unterbrechbaren Dreimonatsfrist ab dem Zeitpunkt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) maßgeblich.Beispiele:
1. Einreichung der eine Zahllast ausweisenden USt-Voranmeldung für Mai 2014 am 15. Juli 2014 (Postaufgabe), Einlangen der USt-Voranmeldung beim Finanzamt am 18. Juli 2014. An diesem Tag tritt die Vollstreckbarkeit der USt-Vorauszahlung für Mai 2014 ein. Die Abgabenentrichtung erfolgt am 14. Oktober 2014; der erste Säumniszuschlag (2%) ist verwirkt. Die Dreimonatsfrist für den zweiten Säumniszuschlag beginnt am 18. Juli 2014. Da diese Frist am 14. Oktober noch nicht abgelaufen ist (Fristablauf wäre der 15. Oktober 2014), entsteht kein zweiter Säumniszuschlag.
2. Die eine Zahllast ausweisende USt-Voranmeldung für August 2014 wird am 15. Oktober 2014 eingereicht. Die Entrichtung erfolgt am 15. Oktober 2014 (Fälligkeitstag). Am 10. November 2014 wird eine "berichtigte" Voranmeldung mit einer höheren Zahllast eingereicht. Das Finanzamt setzt die USt-Vorauszahlung nach § 21 Abs. 3 UStG 1994 in Höhe der "berichtigten" Voranmeldung und einen ersten Säumniszuschlag fest. Die Zustellung des Bescheides erfolgt am 17. November 2014; die Nachfrist des § 210 Abs. 4 BAO endet somit am 17. Dezember 2014. Wird die Nachforderung innerhalb von drei Monaten ab dem 17. Dezember 2014 (daher bis 17. März 2015) entrichtet, so entsteht keine Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages.
Beispiel:
Der Dienstgeberbeitrag (§ 41 FLAG 1967) für März 2014 wird am 15. April 2014 (dem Fälligkeitstag) in Höhe von 3.000 Euro entrichtet. Anlässlich einer Lohnsteuerprüfung (§ 86 EStG 1988) erfolgt eine Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für März 2014 in der Höhe von 9.000 Euro. Die Nachforderung beträgt somit 6.000 Euro. Der erste Säumniszuschlag in Höhe von 120 Euro (2% von 6.000) ist verwirkt.
Der Festsetzungsbescheid (§ 201 BAO) wird am 16. Mai 2014 zugestellt. Die Nachfrist des § 210 Abs. 4 BAO endet am 16. Juni 2014; an diesem Tag beginnt die Dreimonatsfrist. Am 18. Juli 2014 (daher nicht zeitgerecht iSd § 230 Abs. 3 BAO) wird ein Ansuchen um Zahlungserleichterung eingebracht. Die Abgabe wird am 25. Juli 2014 (Tag der Zustellung des Zahlungserleichterungsbescheides) bis 14. Oktober 2014 gestundet. Die Entrichtung erfolgt am 23. Jänner 2015.
Die erste mit 16. Juni 2015 (ab Ende der Nachfrist des § 210 Abs. 4 BAO) beginnende Dreimonatsfrist wurde durch die Bewilligung der Zahlungserleichterung am 25. Juli 2003 (somit vor ihrem Ablauf) unterbrochen. Die Dreimonatsfrist begann wegen Nichtentrichtung der Abgabe bis 14. Oktober 2014 an diesem Tag neu zu laufen. Die Entrichtung erfolgte nicht bis zum 14. Jänner 2015, sondern erst am 23. Jänner 2015. Daher ist ein zweiter Säumniszuschlag in Höhe von 60 Euro (1% von 6.000 Euro) verwirkt.
Beispiel:
Die mit Einkommensteuerbescheid 2012 festgesetzte, am 9. Jänner 2014 fällige Abschlusszahlung im Betrag von 8.000 Euro wird erst am 20. Jänner 2014 entrichtet. Die am 17. Februar 2014 fällige Einkommensteuer-Vorauszahlung im Betrag von 15.000 Euro wird am 19. Februar 2014 mit Erlagschein bezahlt, weshalb im Hinblick darauf, dass eine ausnahmsweise Säumnis nicht vorliegt, ein Säumniszuschlag in der Höhe von 300 Euro festgesetzt wird. Im September 2014 wird der Einkommensteuerbescheid 2012 gemäß § 299 BAO aufgehoben. Der Bescheid über den Säumniszuschlag von 300 Euro ist gemäß § 295a BAO aufzuheben.
Kein grobes Verschulden eines Abgabepflichtigen liegt vor, wenn sich der Abgabepflichtige zur Überweisung von Geldbeträgen eines ansonsten verlässlichen Kreditinstituts bedient und das Kreditinstitut trotz rechtzeitigen Auftrages durch den Abgabepflichtigen die Überweisung verspätet durchführt. Grobes Verschulden liegt beispielsweise vor, wenn der Abgabepflichtige eine Überweisung erst am letzten Tag der Respirofrist durchführen lässt (UFS 7.11.2007, RV/0104-L/07).
Ist die Abgabenentrichtung unmöglich (bei Zahlungsunfähigkeit) oder unzumutbar (weil etwa nur durch Vermögensverschleuderung bewirkbar), wird im Allgemeinen kein grobes Verschulden an der Säumnis unterstellt werden können (Ausnahme: grob fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit). Es liegt jedoch am Abgabepflichtigen, die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Abgabenentrichtung zum Zeitpunkt der Fälligkeit, und dass gegebenenfalls auch keine Vorsorge für die Entrichtung erkennbar anfallender Abgabenschuldigkeiten getroffen werden konnte, deutlich offen zu legen.
§ 217 Abs. 7 BAO ist auch anwendbar, wenn eine Insolvenzmasse zur Abdeckung aller Masseforderungen nicht ausreicht (siehe Rz 925).
Anträge iSd § 217 Abs. 7 BAO können auch im Weg einer Beschwerde (§ 243 BAO) gegen den Säumniszuschlagsbescheid oder eines Antrages gemäß § 299 Abs. 1 BAO gestellt werden. Nach § 217 Abs. 8 BAO hat bei nachträglicher Herabsetzung der Abgabenschuldigkeit die Berechnung des Säumniszuschlages unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Eine Herabsetzung der für die Verwirkung des Säumniszuschlages maßgebenden Abgabenschuldigkeit ist nachträglich, wenn sie nach Verwirkung des Säumniszuschlages erfolgt. In Betracht kommen beispielsweise Änderungen gemäß § 295 BAO, Berichtigungen nach § 293 BAO oder nach § 293b BAO, neue Sachbescheide nach Wiederaufnahme des Verfahrens sowie Beschwerdevorentscheidungen.Beispiel:
Die Nachforderung auf Grund einer Einkommensteuer-Veranlagung wird bis zum Fälligkeitstag nicht entrichtet. Da weder ein Zahlungserleichterungsansuchen noch ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung zeitgerecht eingebracht wurde, erfolgte die Festsetzung eines Säumniszuschlages. Der maßgebliche Abgabenbescheid wird mit Beschwerdevorentscheidung aufgehoben, der Säumniszuschlagsbescheid ist von Amts wegen aufzuheben.
- einer Minderung der Bemessungsgrundlage,
- einer Anrechnung von Abzugssteuern (zB Lohnsteuer) oder
- einer Berichtigung der Abgabenberechnung.
Beispiel:
Die Einkommensteuervorauszahlung 2013 beträgt 100.000 Euro. Wegen verspäteter Entrichtung des zweiten Vorauszahlungs-Viertels (25.000 Euro) wird ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 500 Euro (2% von 25.000 Euro) festgesetzt. Die Einkommensteuer-Veranlagung für 2013 ergibt (vor Anrechnung der Einkommensteuervorauszahlung) eine Einkommensteuerschuld von 90.000 Euro. Die aus der Anrechnung der Vorauszahlungen sich ergebende Gutschrift beträgt daher 10.000 Euro. Der Säumniszuschlag ist von Amts wegen auf 300 Euro (2% von 15.000 Euro) herabzusetzen.
Beispiel:
Eine Einkommensteuernachforderung für 2012 führt zur Festsetzung von Nachforderungszinsen in der Höhe von 7.000 Euro. Wegen nicht zeitgerechter Entrichtung der Nachforderungszinsen wird ein Säumniszuschlag von 140 Euro (2% von 7.000 Euro) festgesetzt. Der Einkommensteuerbescheid 2012 wird nach § 295 Abs. 1 BAO geändert. Diese Änderung hat eine Gutschrift zur Folge, die Gutschriftszinsen betragen 3.000 Euro. Der Säumniszuschlag ist auf 80 Euro (2% von 4.000 Euro - dieser Betrag entspricht jenem Teil der Nachforderungszinsen, der nicht durch Gutschriftszinsen kompensiert wurde) herabzusetzen.
- Wiederaufnahme des Verfahrens
- Aufhebung des die Wiederaufnahme bewilligenden oder verfügenden Bescheides (§ 307 Abs. 3 BAO)
- Berichtigung gemäß § 293 BAO
- Aufhebung gemäß § 278 Abs. 1 BAO
- Aufhebung gemäß § 299 BAO.
Beispiele:
1. Ein ESt-Bescheid 2012 mit einer Nachforderung von 30.000 Euro weist im Bescheidspruch die Fälligkeit 5. Mai 2014 aus. In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird unter Hinweis auf eine erst am 28. April 2014 erfolgte Zustellung geltend gemacht, dass die Fälligkeit am 28. Mai 2014 eingetreten sei. Die Abgabe wird am 23. Mai 2014, somit nach der im Bescheid ausgewiesenen Fälligkeit entrichtet. Ein Säumniszuschlag in der Höhe von 600 Euro wird festgesetzt. Der Beschwerde wird im Oktober 2014 stattgegeben, sodass die Fälligkeit nunmehr mit 28. Mai 2014 festgelegt wird. Auf Antrag des Abgabepflichtigen ist der Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 9 BAO aufzuheben.
2. Ein iSd § 230 Abs. 3 BAO zeitgerechtes Zahlungserleichterungsansuchen wird abgewiesen; die für die Entrichtung der Abgabe zur Verfügung stehende Frist des § 212 Abs. 3 BAO wird nicht zur Zahlung genützt. Auf Grund einer gegen den Abweisungsbescheid gerichteten Beschwerde wird die beantragte Zahlungserleichterung bewilligt. Auf Antrag des Abgabepflichtigen ist der Säumniszuschlagsbescheid aufzuheben (sollte hingegen die Zahlungserleichterung auf Grund eines neuerlichen Ansuchens mittels Erstbescheides bewilligt werden, bliebe hievon der Säumniszuschlag unberührt).
3. Der Abgabepflichtige sucht für Abgabenschulden in der Höhe von 100.000 Euro um Bewilligung von Ratenzahlungen zu 10.000 Euro an. Das Finanzamt bewilligt abweichend vom Ansuchen fünf Raten zu je 20.000 Euro. Der Abgabepflichtige bringt eine Beschwerde gegen diesen Bescheid ein und entrichtet Raten in der beantragten Höhe von 10.000 Euro. Dadurch tritt zwar Terminverlust ein; die bereits eingetretene Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entfällt, wenn der Abgabepflichtige im Beschwerdeverfahren mit seinem Begehren durchdringt.
4. Eine Nachsicht betreffend eine ESt-Schuld in der Höhe von 30.000 Euro wird widerrufen; die Entrichtung erfolgt nicht innerhalb der Nachfrist des § 235 Abs. 3 BAO iVm § 236 Abs. 3 BAO, weshalb ein Säumniszuschlag von 600 Euro festgesetzt wird. Auf Grund einer gegen den Widerrufsbescheid eingebrachten Beschwerde wird der Widerruf auf 20.000 Euro eingeschränkt; somit erfolgt eine Gutschrift von 10.000 Euro. Auf Antrag des Abgabepflichtigen ist der Säumniszuschlag auf 400 Euro herabzusetzen.
Zu den Möglichkeiten, einen Säumniszuschlagsbescheid gemäß § 295a BAO aufzuheben, siehe Ausführungen zu dieser Bestimmung.
Überschrift vor Rz 993:
9.12. Anträge nach § 217 Abs. 7 und 9 BAO
Wird der Antrag in der Beschwerde (§ 243 BAO) gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt, so ist im Rechtsmittelverfahren darüber abzusprechen; dies im Hinblick darauf, dass Beschwerdeerledigungen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Erlassung Bedacht zu nehmen haben. Maßnahmen iSd § 217 Abs. 7 und 9 BAO kommen auch auf Grund eines Antrages gemäß § 299 Abs. 1 BAO in Betracht. Anträge gemäß § 217 Abs. 7 und 9 BAO sind zurücknehmbar; sie können unbefristet gestellt werden; zu beachten ist jedoch der Eintritt der Bemessungsverjährung für den Säumniszuschlag. Wurde der Antrag vor Eintritt der Bemessungsverjährung des Säumniszuschlages gestellt, so ist im Hinblick auf § 209a Abs. 2 BAO eine (teilweise) stattgebende Erledigung des Antrages auch nach Ablauf der Verjährungsfrist zulässig. Anträge gemäß § 217 Abs. 7 und 9 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten. Sie sind dem § 85 Abs. 1 BAO zufolge grundsätzlich schriftlich einzureichen; nach Maßgabe von auf § 86a BAO gestützten Verordnungen können sie im Weg automationsunterstützter Datenübertagung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden. Nach Maßgabe des § 85 Abs. 3 BAO können sie mündlich eingebracht werden. Die Anträge unterliegen der Entscheidungspflicht (§ 85a BAO); bei Säumnis kommt eine Säumnisbeschwerde (§ 284 BAO) in Betracht. Für Bescheide, mit denen Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7, 8 oder 9 BAO herabgesetzt werden, gilt § 253 BAO: Wurde gegen einen Säumniszuschlagsbescheid eine Beschwerde eingebracht, über die im Zeitpunkt der Erlassung des den Säumniszuschlag herabsetzenden Bescheides noch nicht entschieden war, dann ist sie zugleich mit der Erlassung des Herabsetzungsbescheides insoweit als gegenstandslos zu erklären, als dieser Bescheid dem Beschwerdebegehren Rechnung trägt. Im Übrigen gilt die gegen den ursprünglichen Säumniszuschlagsbescheid eingebrachte Beschwerde als auch gegen den Herabsetzungsbescheid gerichtet.9.13. Abänderung gemäß § 295a BAO
Nach § 295a BAO kann ein Bescheid auf Antrag der Partei (§ 78 BAO) oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat.Ein solches (für die Höhe eines Säumniszuschlages bedeutsames) rückwirkendes Ereignis liegt vor, wenn eine Verbuchung der Gebarung nachträglich unrichtig wird.
Eine nachträglich unrichtig gewordene Verbuchung der Gebarung liegt zB vor- bei rückblickend nicht auf dem zutreffenden Abgabenkonto erfolgter Verbuchung der Gebarung oder
- in bestimmten Fällen rückwirkender Gutschriften:
- Rückwirkende Berücksichtigung des Entrichtungstages bei Durchführung einer Umbuchung oder Überrechnung erst längere Zeit nach Einbringen des Antrages (§ 211 Abs. 1 lit. g BAO).
- Wirkung einer Kompensation auf den Tag, an dem die Forderungen einander erstmals fällig gegenüberstanden (§ 1438 ABGB).
- Gutschrift eines in einer USt-Voranmeldung ausgewiesenen Überschusses (§ 21 Abs. 1 erster Unterabsatz UStG 1994).
9.14. Weitere Verfahrenstitel
Die Herabsetzung von Säumniszuschlägen bzw. die Aufhebung von Säumniszuschlagsbescheiden kann erfolgen bzw. hat - abgesehen von allgemein geltenden Verfahrenstiteln, wie zB die §§ 263, 279, 293, 299, 303 und 308 BAO - auch gemäß § 214 Abs. 5 BAO (siehe Rz 729 bis 738) zu erfolgen.Überschrift vor Rz 1003:
9.15. Bagatellgrenze (§ 217 Abs. 10 BAO)
Die Sonderregelung des § 217 Abs. 10 zweiter Satz BAO gilt für Selbstbemessungsabgaben betreffende Säumniszuschläge. Die Bagatellgrenze für Selbstbemessungsabgaben gilt mit der Maßgabe, dass die Summe der Säumniszuschläge für Nachforderungen gleichartiger, jeweils mit einem Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid geltend gemachter Abgaben maßgebend ist.Beispiel betreffend Umsatzsteuervorauszahlung:
Jänner 2014 Nachforderung ...... 1.000 Euro
Februar 2014 Nachforderung ....... 800 Euro
März 2014 Nachforderung ........... 900 Euro
April 2014 Gutschrift .................... 400 Euro
Die Bemessungsgrundlage für den Säumniszuschlag beträgt 2.300 Euro; der Säumniszuschlag würde 46 Euro betragen; die Festsetzung des Säumniszuschlages hat daher zu unterbleiben.
§ 217 Abs. 10 zweiter Satz BAO gilt auch für Landes- und Gemeindeabgaben (siehe Rz 1008).
9.16. Landes- und Gemeindeabgaben (§ 217a BAO)
Die Säumniszuschläge betreffenden Bestimmungen der BAO gelten ab 1. Jänner 2010 grundsätzlich auch für Landes- und Gemeindeabgaben.§ 217a BAO enthält drei Sonderregelungen für solche Abgaben betreffende Säumniszuschläge.
Nach § 217a Z 1 BAO ist § 217 Abs. 3 BAO (zweiter und dritter Säumniszuschlag) für Landes- und Gemeindeabgaben nicht anzuwenden. Während die Fälligkeit von Bundesabgaben betreffenden Säumniszuschlägen sich nach § 210 Abs. 1 BAO (ein Monat ab Zustellung des Säumniszuschlagsbescheides) richtet, enthält § 217a Z 2 BAO für Landes- und Gemeindeabgaben betreffende Säumniszuschläge eine hiezu speziellere Norm. Danach sind solche Säumniszuschläge (bereits) im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Landes- und Gemeindeabgaben betreffende Säumniszuschläge sind nicht festzusetzen, wenn sie den Betrag von fünf Euro nicht erreichen (nach § 217a Z 3 BAO).Dieser Fünf-Euro-Grenzbetrag gilt auch für die im zweiten Satz des § 217 Abs. 10 BAO geregelte Zusammenrechnung mehrerer das selbe Jahr betreffender Selbstbemessungsabgaben.
Beispiel betreffend Kommunalsteuer:
Die gemäß § 11 Abs. 3 erster Satz KommStG 1993 (iVm § 201 Abs. 4 BAO) aus einem Abgabenbescheid resultierenden Nachforderungen betragen:
- für März 2014 ..... 100 Euro
- für April 2014 ...... 200 Euro
- für Mai 2014 ......... 80 Euro
Die Bemessungsgrundlage für die drei Säumniszuschläge beträgt insgesamt 380 Euro; 2% von 380 Euro sind 7,60 Euro. Daher sind die drei Säumniszuschläge bescheidmäßig festzusetzen, obwohl der Säumniszuschlag je Abgabe den Betrag von fünf Euro nicht erreicht.
Randzahlen 1009 bis 1099: derzeit frei
Die Geltendmachung einer abgabenrechtlichen Haftung ist keine Maßnahme der Abgabenfestsetzung, sondern eine solche der Abgabeneinhebung (VwGH 19.12.1996, 95/16/0204; VwGH 24.1.2001, 99/16/0524 bis 0527). Es sind demnach nicht die Vorschriften über die Bemessungsverjährung, sondern die Bestimmungen über die Einhebungsverjährung maßgebend (VwGH 24.6.2010, 2010/16/0014). Im Haftungsbescheid ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Haftungsschuld binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten. Durch die vorgenannte Regelung wird für den Haftenden eine eigene Fälligkeit begründet. Ist in den Fällen einer Zahlungsschuld kraft Gesetzes (zB Kapitalertragsteuer) die Abgabe gegenüber dem Haftungspflichtigen vor Bescheiderteilung fällig gewesen, so ist gemäß § 210 Abs. 4 BAO vorzugehen. Ein Haftungsbescheid ist rechtswidrig, wenn die Forderung, für die gehaftet werden soll, nicht mehr dem Rechtsbestand angehört (VwGH 21.9.1990, 87/17/0223). Die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen setzt voraus, dass eine Abgabenschuld entstanden ist und noch nicht durch Entrichtung erloschen ist (VwGH 30.3.2000, 99/16/0141). Die Haftung ist nur insoweit akzessorisch, als sie das Bestehen eines Abgabenanspruches zur Zeit der Verwirklichung des die Haftung auslösenden Sachverhaltes voraussetzt. Ob ein Erlöschen der Schuld auch dem Haftungspflichtigen zu Gute kommt, ist hingegen nach dem Zweck der den Schulderlöschungsgrund beinhaltenden jeweiligen Vorschrift zu prüfen. Davon ausgehend stellt die gerichtliche Entscheidung über die Restschuldbefreiung (§ 213 IO) des Primärschuldners keinen Grund für die Befreiung des Haftungspflichtigen dar (vgl. VwGH 24.1.2000, 96/17/0404; VwGH 24.9.2002, 2002/16/0128). Eine solche Entscheidung steht der Geltendmachung der Haftung auch für die übersteigenden Abgabenschulden nicht entgegen (vgl. VwGH 25.11.2002, 99/14/0121; VwGH 14.1.2003, 97/14/0176). Haftungstatbestände, die sich auf mehrere Abgaben erstrecken, sind in der BAO umschrieben. Haftungstatbestände, die nur eine einzelne Abgabe zum Gegenstand haben, sind in jenen Gesetzen umschrieben, welche die betreffende Abgabe regeln (zB § 82 EStG 1988, § 95 Abs. 1 EStG 1988, § 27 Abs. 4 UStG 1994, § 30 GebG). Zivilrechtliche Haftungen (wie insbesondere gemäß § 1409 ABGB) können im Klageweg auch zugunsten von Abgabenforderungen geltend gemacht werden (VwGH 16.2.1988, 87/14/0059).Um die Einbringung der Klage ist die Finanzprokuratur zu ersuchen.
Neben der Möglichkeit, den Haftungsbescheid mit Beschwerde (§ 243 BAO) anzufechten, steht dem Haftungspflichtigen das Recht zu, innerhalb der Beschwerdefrist gegen den Haftungsbescheid den Bescheid über den Abgabenanspruch mit Beschwerde anzufechten (§ 248 BAO), unabhängig davon, ob dieser Bescheid (Abgabenbescheid) vom Erstschuldner mit Beschwerde angefochten wurde oder ob der Haftungspflichtige einer solchen Beschwerde beigetreten (§ 257 BAO) ist (VwGH 17.5.1988, 87/14/0106). Zur Beschwerdeerhebung gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch ist nach § 248 BAO nur der zur Haftung Herangezogene legitimiert (VwGH 18.9.2003, 2000/16/0888). Wurde die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt, so sind Einwände gegen den Abgabenanspruch gemäß § 248 BAO im Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen (VwGH 26.11.2002, 99/15/0189; VwGH 16.9.2003, 2000/14/0106). Im Beschwerdeverfahren gegen den Haftungsbescheid können, wenn Bescheide über den Abgabenanspruch ergangen sind, Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung nicht mit Erfolg erhoben werden (VwGH 19.6.2002, 2002/15/0018; VwGH 24.2.2010, 2006/13/0112). Solche Einwendungen können nur gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch erhoben werden (VwGH 16.9.2003, 2000/14/0106). Spruch des Haftungsbescheides ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe. Damit wird auch die Sache des konkreten Haftungsverfahrens und insoweit auch der Rahmen für die Abänderungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes im Beschwerdeverfahren iSd § 279 Abs. 1 BAO festgelegt. Würde der haftungsgegenständliche Betrag durch das Verwaltungsgericht erweitert, so würde sie damit eine Entscheidung treffen, die in die Zuständigkeit der Abgabenbehörde fällt (vgl. VwGH 19.12.2002, 2001/15/0029). Aus dem im § 248 BAO zum Schutz des herangezogenen Haftungspflichtigen vorgesehenen Beschwerderecht auch gegen den Abgabenanspruch ergibt sich, dass dem Haftenden über den Abgabenanspruch Kenntnis zu verschaffen ist (VwGH 2.7.2002, 96/14/0076). Dies geschieht zweckmäßigerweise durch Zusendung einer Ausfertigung oder Ablichtung des an den Erstschuldner gerichteten Abgabenbescheides (gegebenenfalls einschließlich einer an den Erstschuldner gerichteten Beschwerdevorentscheidung) bzw. des Erkenntnisses. Liegt bereits vor Inanspruchnahme des Haftungspflichtigen eine Beschwerdevorentscheidung (oder ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes) über den Abgabenanspruch vor, so kann der Haftungspflichtige dennoch erneut eine Bescheidbeschwerde einbringen; somit ist diesfalls eine Beschwerdevorentscheidung (bzw. das Erkenntnis) Gegenstand einer Beschwerde. Eine Heranziehung zur Haftung für Abgaben, hinsichtlich derer die Abgabenbescheide noch nicht in Rechtskraft erwachsen sind, ist zulässig, da nach § 254 BAO durch Einbringung einer Bescheidbeschwerde die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten wird (VwGH 13.9.1988, 86/14/0095). Solange jedoch eine Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) besteht, ist die Geltendmachung einer Haftung unzulässig. Nach Inanspruchnahme zur Haftung kann auch der Haftungspflichtige ein Ansuchen um Zahlungserleichterung (§ 212 BAO) oder einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) stellen. Aus der Wortfolge "... innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist ..." im § 248 BAO ergibt sich, dass in allen Fällen, in denen die Beschwerdefrist gegen den Haftungsbescheid noch nicht abgelaufen ist (zB bei einer Fristerstreckung gemäß § 245 Abs. 3 BAO), diese dem Haftungspflichtigen gegenüber auch betreffend den Bescheid über den Abgabenanspruch zur Verfügung steht. Durch einen Antrag des Haftungspflichtigen auf Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches wird der Lauf der Beschwerdefrist hinsichtlich des Haftungsbescheides und damit auch hinsichtlich des Bescheides über den Abgabenanspruch gehemmt (§ 248 zweiter Satz BAO). Die Bekanntgabe des Abgabenanspruches an einen Haftungspflichtigen hat anlässlich der Erlassung des Haftungsbescheides insbesondere durch Zusendung einer Ablichtung der Durch(Zweit)schrift des Abgabenbescheides oder des Haftungsbescheides, wenn der Abgabenanspruch durch Haftungsbescheid geltend gemacht wurde (zB Lohnsteuer), zu erfolgen. Wenn einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid, der an den Abgabepflichtigen ergangen ist, vorangeht, ist die Behörde daran gebunden; die Behörde hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten. Durch § 248 BAO ist dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt. Nur wenn der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung kein Abgabenbescheid vorangeht, gibt es eine solche Bindung nicht. Ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist in diesem Fall als Vorfrage im Haftungsverfahren von dem für die Entscheidung zuständigen Organ zu entscheiden. Diese Beurteilung kann mit Bescheidbeschwerde bekämpft werden, womit dem zur Haftung Herangezogenen der Rechtsschutz gewahrt bleibt (VwGH 19.12.2002, 2000/15/0217; VwGH 16.9.2003, 99/14/0276). Zunächst ist nur über die Bescheidbeschwerde gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, da sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Bescheidbeschwerde gegen den Abgabenanspruch besteht (VwGH 16.9.2003, 99/14/0276; VwGH 18.3.2013, 2012/16/0049). Die Entrichtung eines von einem Haftungsausspruch betroffenen Betrages durch den Haftungspflichtigen nach Erlassung des Haftungsbescheides hat nicht zu einem Erfolg einer Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu führen. Die Bezahlung der Haftungsschuld durch den Haftungspflichtigen führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheides (VwGH 22.3.2000, 99/13/0181). Anderes (nämlich eine Stattgabe der Beschwerde) gilt insoweit, als eine haftungsgegenständliche Abgabenschuld nach Erlassung des Haftungsbescheides durch eine andere Person als den Haftungspflichtigen beglichen oder sonst auf andere Weise als durch Zahlung des Haftungspflichtigen iSd § 214 Abs. 7 erster Satz BAO getilgt wird. In einem solchen Fall kommt der Grundsatz der Akzessorietät von Haftungen zum Tragen, der es generell nicht zulässt, eine Haftung für eine nicht mehr bestehende Abgabenschuld konstitutiv auszusprechen. Die Bezahlung des Haftungsbetrages durch den Haftenden selbst aber steht in ihrer rechtlichen Qualität als Tilgung einer Abgabenschuld so unter der Bedingung des Verbleibens des Haftungsbescheides im Rechtsbestand, wie auch außerhalb eines Haftungsfalles ein Abgabenschuldner mit der Bezahlung einer Abgabenschuld einen (endgültigen) Tilgungstatbestand nur für den Fall (und in dem Umfang) setzt, dass (und in welchem) seine Beschwerde gegen den Abgabenbescheid erfolglos bleibt (VwGH 22.3.2000, 99/13/0181). Dem § 281 Abs. 2 BAO zufolge wirkt ein auf Grund eines vom Haftungspflichtigen eingebrachten Rechtsmittels (§ 248 BAO) ergehendes Erkenntnis über das Bestehen und die Höhe einer Abgabenschuld auch für und gegen den Abgabepflichtigen. Wurde auf Grund eines vom Haftungspflichtigen eingebrachten Rechtsmittels die Höhe der Abgabenschuld gemindert, so wirkt diese Verminderung dem § 281 Abs. 2 BAO zufolge sowohl gegen den Erstschuldner (durch den Spruch der Beschwerdeerledigung) als auch gegen den Haftungspflichtigen (weil der Differenzbetrag nicht mehr eingehoben werden darf). Wurde anlässlich der Erledigung einer vom Haftungspflichtigen erhobenen Bescheidbeschwerde eine "Verböserung" vorgenommen, so bedarf die Inanspruchnahme des Haftenden für den Mehrbetrag eines weiteren Haftungsbescheides; dem Erstschuldner gegenüber wirkt sich jedoch die Erhöhung in der Beschwerdevorentscheidung bzw. im Erkenntnis - unter der Voraussetzung einer wirksamen Bekanntgabe (§ 97 BAO) an ihn - unmittelbar aus. Ein noch nicht mit Bescheid in Anspruch genommener Haftungspflichtiger hat die Möglichkeit, einer Beschwerde des Erstschuldners gegen den Abgabenbescheid beizutreten (§ 257 BAO). Im Fall einer Beschwerde des Haftungspflichtigen gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch steht dem noch nicht in Anspruch genommenen Erstschuldner ebenfalls das Recht des Beschwerdebeitritts zu.Im Fall einer Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Lohnsteuerhaftungsbescheid steht dem Arbeitnehmer ein Beitrittsrecht zu (zB VwGH 4.6.2003, 99/13/0178).
Die Haftungsinanspruchnahme liegt im Ermessen der Abgabenbehörde (VwGH 14.1.2003, 97/14/0176; VwGH 4.3.2009, 2007/15/0049). Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" insbesondere die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einhebung der Abgaben" beizumessen (VwGH 24.2.2011, 2009/15/0161). Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen werden können, wenn die Abgabenschuld vom Erstschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeiten rasch eingebracht werden kann (VwGH 25.6.1990, 89/15/0067). Eine Vermögenslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit des Haftungspflichtigen steht in keinem Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung (VwGH 16.10.2002, 99/13/0060).12.2. Sachhaftung unbeweglicher Sachen (§ 225 Abs. 2 BAO)
Die Geltendmachung einer Sachhaftung ist keine Maßnahme der Abgabenfestsetzung, sondern ein Schritt der Abgabeneinhebung. Für die Erlassung eines Bescheides nach § 225 Abs. 1 BAO kommt es dabei nicht darauf an, ob die Abgabe dem Abgabenschuldner - der mit dem Adressaten des Sachhaftungsbescheides keineswegs ident sein muss - bereits vorgeschrieben ist oder ob ein erlassener Abgabenbescheid in Rechtskraft erwachsen ist (VwGH 16.12.1999, 98/16/0157).Der Haftungspflichtige kann innerhalb der Beschwerdefrist gegen den Beschlagnahmebescheid auch den Bescheid über den Abgabenanspruch anfechten (§ 248 BAO). Daraus ergibt sich, dass dem Haftungspflichtigen anlässlich der Erlassung des Beschlagnahmebescheides Kenntnis über den haftungsgegenständlichen Anspruch zu verschaffen ist. Die Bescheidbeschwerde kann bei der Abgabenbehörde eingebracht werden, die den Beschlagnahmebescheid erlassen hat (§ 249 Abs. 2 BAO). Eine auf Grund eines Rechtsmittels des Haftungspflichtigen über den Abgabenanspruch ergehendes Erkenntnis wirkt auch gegen den Erstschuldner (§ 281 Abs. 2 BAO), selbst wenn der Abgabenbescheid diesem gegenüber bereits formell rechtskräftig war. Dies setzt allerdings voraus, dass das Erkenntnis auch an den Erstschuldner gerichtet und ihm bekannt gegeben (zugestellt) wird. Im Übrigen wird auf Rz 1214 bis 1234 verwiesen.
Auf Grund ausdrücklicher zwischenstaatlicher Vereinbarungen (zB mit Deutschland, Frankreich, Norwegen, Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika) sowie aufgrund des § 10 Abs. 1 EU-VAHG sind Exekutionstitel ausländischer Abgabenbehörden in Österreich unter der Voraussetzung vollstreckbar, dass von der zuständigen österreichischen Abgabenbehörde bescheidmäßig eine Vollstreckbarkeitserklärung erlassen wird. Die ersuchte Behörde ist an die in der (ausländischen) Rückstandsanzeige enthaltene Entscheidung über die bestehende Vollstreckbarkeit und Unanfechtbarkeit im Verein mit der beigefügten Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, in der die Unanfechtbarkeit bestätigt wird, gebunden (VwGH 17.2.1995, 93/17/0087; VwGH 21.5.1997, 96/14/0129).Randzahlen 1338 bis 1359: derzeit frei
Wird ein Haftungspflichtiger gemäß § 224 BAO in Anspruch genommen, so ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit der Abgabe ihm gegenüber zwingend zu mahnen, sofern nicht spätestens eine Woche vor Fälligkeit der Abgabe an ihn eine Verständigung iSd § 227 Abs. 4 lit. a BAO ergeht; dies gilt - von den Fällen abgesehen, in denen für Steuerabzugsbeträge die Haftung auf Grund einkommensteuerlicher Vorschriften geltend gemacht wird - auch dann, wenn Selbstbemessungsabgaben Gegenstand eines Haftungsbescheides sind. Die Ausnahmeregelung des § 227 Abs. 4 lit. b BAO ist somit nur dann anzuwenden, wenn der zur Selbstberechnung Verpflichtete (Erstschuldner oder Haftender) die selbst zu berechnende Abgabe zum Fälligkeitstag nicht entrichtet hat. Wird etwa rückständige Lohnsteuer gemäß § 9 BAO oder § 14 BAO im Haftungsweg geltend gemacht, so ist zwingend eine Mahnung durchzuführen, da die Ausnahme des § 227 Abs. 4 lit. b BAO nicht anwendbar ist. Auf Abgabenschuldigkeiten, die wegen Umbuchung gemäß § 214 Abs. 7 BAO, Rückzahlung gemäß § 241 Abs. 1 BAO oder Rückgängigmachung einer unrichtigen oder nachträglich unrichtig gewordenen Verbuchung der Gebarung (siehe Rz 1375 bis Rz 1386) wiederaufleben, ist § 227 BAO ohne die in dessen Abs. 4 genannten Ausnahmen anzuwenden. Beispielsweise wäre somit in diesen Fällen die Einmahnung einer Selbstbemessungsabgabe erforderlich. Lediglich dann, wenn dem Abgabepflichtigen spätestens eine Woche vor dem Ablauf der Nachfrist gemäß § 210 Abs. 5 BAO eine Buchungsmitteilung (Lastschriftanzeige) bzw. eine elektronische Verständigung iSd § 227 Abs. 4 lit. a BAO über die vom Wiederaufleben betroffenen Abgabenschuldigkeiten zugestellt wurde, ist eine Mahnung entbehrlich. Zum Wiederaufleben einer Abgabenschuldigkeit wegen Richtigstellung einer unrichtigen oder nachträglich unrichtig gewordenen Verbuchung der Gebarung kann es nur kommen, wenn ein Tilgungsvorgang rückgängig gemacht wird.Nach Rz 1386 wird folgender Abschnitt eingefügt:
14.8. Mahngebühr ( § 227a BAO )
Mahngebühren sind nur für Landes- und Gemeindeabgaben vorgesehen. Ihre Festsetzung hat stets mit Bescheid (Abgabenbescheid iSd § 198 BAO) zu erfolgen. Die Festsetzung von Mahngebühren im Fall einer obligatorischen Mahnung liegt nicht im Ermessen der Abgabenbehörde (des Landes bzw. der Gemeinde). Hingegen liegt die Festsetzung der Mahngebühr dann im Ermessen, wenn (erstmals) eine Mahnung erfolgt, obwohl keine diesbezügliche Verpflichtung besteht. Nach Mahnung erfolgte Herabsetzungen des eingemahnten Abgabenbetrages führen zu keiner Abänderung des Mahngebührenbescheides (vgl. VwGH 13.7.1953, 0235/51).Randzahlen 1390 bis 1399: derzeit frei
15.2. Bezeichnung des Abgabenschuldners (Haftungspflichtigen)
Für die Bezeichnung des Abgabenschuldners (Haftungspflichtigen) gilt Folgendes:- Bei natürlichen Personen: Name (voller Vor- und Zuname) und Anschrift des Abgabenschuldners. Betreibt dieser unter einer von seinem bürgerlichen Namen abweichenden Bezeichnung ein Gewerbe, so ist dessen ungeachtet der Rückstandsausweis auf den bürgerlichen Namen auszustellen. Zusätze zur Verdeutlichung, wie Berufsbezeichnung (zB "N.N., eingetragen unter der Fa. A.B.", bei im Firmenbuch eingetragenen Einzelkaufleuten; "N.N., Inhaber des Gasthofes zur Linde", bei nicht im Firmenbuch eingetragenen Gewerbetreibenden) sowie Zusätze wie etwa "sen." und "jun." sind empfehlenswert.
- Bei juristischen Personen wie zB Aktiengesellschaften (AG), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Vereinen: die der Eintragung im maßgeblichen Register (Firmenbuch) oder dem Vereinsstatut entsprechende Bezeichnung sowie der Sitz; bei inländischen Zweigniederlassungen ausländischer juristischer Personen anstelle des Sitzes die Anschrift der inländischen Zweigniederlassung.
- Bei offenen Gesellschaften (OG) und bei Kommanditgesellschaften (KG): die der Eintragung im Firmenbuch entsprechende Bezeichnung sowie der Sitz.
- Bei Gesamtschuldverhältnissen kraft Gesetzes (insbesondere bei jenen nach § 6 BAO, zB GesBR): Name, Beruf und Anschrift der Gesamtschuldner, gegen die Exekution geführt werden soll.
- Bei Verlassenschaften:
- vor der Einantwortung: "Verlassenschaft nach ...", unter Angabe von Name, letzter Anschrift und Todestag des Verstorbenen.
- nach der Einantwortung: Name, Anschrift des oder der Erben, gegen den oder die Exekution geführt werden soll, unter Bezugnahme auf den Erblasser.
15a. Rückstandsbescheinigung ( § 229a BAO )
Die Ausstellung von Rückstandsbescheinigungen liegt nicht im Ermessen des Finanzamtes. Sie hat nur auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77 BAO) zu erfolgen. Über einen solchen Antrag ist lediglich dann mit Bescheid (zB Zurückweisung des Antrages) abzusprechen, wenn dem Antrag nicht entsprochen wird, somit wenn die Bescheinigung nicht ausgestellt wird. Der beim Finanzamt vollstreckbar aushaftende Rückstand betrifft nur Abgaben, für deren Erhebung das betreffende Finanzamt sachlich und örtlich zuständig ist. Dies sind beispielsweise Umsatzsteuer, Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer, aber auch vom Abgabepflichtigen abzuführende Abzugsteuern (zB Lohnsteuer).Vollstreckbar sind Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet sind (§ 226 erster Satz BAO). Aushaftend ist ein Rückstand, der auf dem Abgabenkonto gebucht ist. Nach § 235 BAO (Löschung) und nach § 236 BAO (Nachsicht) abgeschriebene Abgabenschuldigkeiten haften nicht mehr aus.
Nach § 229a Abs. 2 lit. b BAO hat die Rückstandsbescheinigung auch Beträge, deren Einbringung gemäß § 231 BAO ausgesetzt sind, zu enthalten.
Soweit und solange die Einbringung vollstreckbar gewordener Abgabenschuldigkeiten gehemmt ist, sind diese Beträge nicht in der Rückstandsbescheinigung auszuweisen.Dies gilt jedoch nicht für Beträge, deren Einbringung nach § 230 Abs. 1 BAO (somit infolge einer Mahnung) gehemmt ist.
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit für die Ausstellung der Rückstandsbescheinigung (bzw. für die bescheidmäßige Erledigung hierauf gerichteter Anträge) richtet sich danach, welchem Finanzamt- die Erhebung der Einkommensteuer bzw. der Körperschaftsteuer des Abgabepflichtigen oder
- die Feststellung der Einkünfte (§ 188 BAO) des Antragstellers
obliegt.
Rz 1424 bis 1429: derzeit frei
Wurde ein Zahlungserleichterungsansuchen zur Gänze abgewiesen, so kann auf Grund des § 230 Abs. 4 in Verbindung mit § 212 Abs. 4 BAO einer dagegen eingebrachten Bescheidbeschwerde (§ 243 BAO) oder einem Vorlageantrag (§ 264 BAO) aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Maßnahmen der Einbringung zuerkannt werden. Eine zwingende einbringungshemmende Wirkung gemäß § 230 Abs. 3 BAO kommt einer Bescheidbeschwerde oder einem Vorlageantrag gegen die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens in den Fällen zu, in welchen die Bescheidbeschwerde oder der Vorlageantrag noch vor Ablauf der Frist des § 212 Abs. 3 zweiter Satz BAO eingebracht wird (vgl. VwGH 22.3.2000, 98/13/0227). Die Nachfristen des § 212 Abs. 3 BAO können zwar durch Zahlung, nicht jedoch für ein neuerliches Zahlungserleichterungsansuchen genützt werden. Bescheidbeschwerden (§ 243 BAO) gegen die Abweisung von Aussetzungsanträgen und Vorlageanträgen (§ 264 BAO) gegen Aussetzungsanträge abweisende Beschwerdevorentscheidungen kommt dem § 212a Abs. 4 BAO zufolge die Wirkung einer Einbringungshemmung zu. Im Bescheidbeschwerdeverfahren ist zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Vollstreckungsbescheides die diesbezüglichen Voraussetzungen vorgelegen sind (VwGH 28.4.2009, 2007/13/0020, 0021). Bei begründetem Verdacht einer Abgabenhinterziehung (§ 33 FinStrG) wird in der Regel eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung anzunehmen sein, es sei denn, dass die Abgabe im Verhältnis zur Vermögenslage oder zur erklärten Abgabenleistung geringfügig erscheint. Auch ohne Verdacht einer Abgabenhinterziehung kann eine Gefährdung angenommen werden, wenn Tatsachen festgestellt wurden, welche die Annahme begründen, dass sich der Abgabenschuldner der Vollstreckung zu entziehen trachtet. Im Übrigen können insbesondere folgende Umstände die Annahme einer wesentlichen Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung begründet erscheinen lassen: drohendes Insolvenzverfahren, Exekutionsführung von dritter Seite, Auswanderungsabsicht, Vermögensverbringung ins Ausland, verschwenderisches Verhalten, Vorhaben einer weitgehenden Vermögensbelastung oder Vermögensentäußerung, Vermögensverschleppungen oder -verschiebungen. Im Übrigen siehe auch Rz 1570 bis Rz 1573. Abgaben, bezüglich derer einer Beschwerde an den VfGH (gemäß § 85 VfGG) oder einer Revision an den VwGH (gemäß § 30 VwGG) eine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, werden aus der laufenden Verbuchung der Gebarung herausgenommen, es sei denn, dass in Fällen von Gesamtschuldverhältnissen die aufschiebende Wirkung nicht alle Abgabenschuldner betrifft. Durch die Herausnahme aus der laufenden Verbuchung der Gebarung tritt eine der Hemmung der Einbringung vergleichbare Wirkung ein. Die Verfügung der Aussetzung der Einbringung ist in das Ermessen der Behörde gestellt; ein Rechtsanspruch auf Aussetzung der Einbringung besteht somit nicht (VwGH 15.4.1997, 96/14/0001; VwGH 24.10.2013, 2012/15/0020). Eine sachgerechte Ermessensübung lässt es etwa unzweckmäßig erscheinen, eine Aussetzung der Einbringung vorzunehmen, wenn zwar Einbringungsmaßnahmen erfolglos versucht oder wegen Aussichtslosigkeit zunächst unterlassen wurden, jedoch zu erwarten ist, dass in absehbarer Zeit eine Gutschrift auf dem Abgabenkonto des Abgabepflichtigen wirksam wird, die den Rückstand beseitigt. Über die Aussetzung der Einbringung ergeht kein Bescheid (VwGH 24.10.2013, 2012/15/0020). Der Abgabepflichtige bekommt lediglich Buchungsmitteilungen über alle die Aussetzung betreffenden Vorgänge (Gutschrift bei Vornahme der Aussetzung, Lastschrift bei Wiederaufnahme der Einbringung). Insoweit auf Grund insolvenzrechtlicher Bestimmungen (IO) Einbringungsmaßnahmen nicht zulässig sind und keine Zahlungen eingehen, kommt eine Aussetzung der Einbringung in Betracht. Weiterhin anwendbar ist trotz Aussetzung der Einbringung etwa § 214 Abs. 8 BAO, wenn zB eine (teilweise) stattgebende Erledigung einer Bescheidbeschwerde zu einer Gutschrift hinsichtlich einer ausgesetzten Abgabe führt. Stellt sich heraus, dass die Voraussetzungen für die Aussetzung nicht mehr (in vollem Ausmaß) bestehen, so ist die Einbringung insoweit wiederaufzunehmen; dies geschieht dadurch, dass die ausgesetzte Abgabenschuldigkeit ganz oder zum Teil in Form einer Lastschrift in die Gebarung aufgenommen wird. Ebenso wie bei der Verfügung der Aussetzung der Einbringung handelt es sich bei der Wiederaufnahme der Einbringung um eine verwaltungsinterne Maßnahme, die lediglich eine Buchungsmitteilung und keinen Bescheid auslöst (VwGH 15.4.1997, 96/14/0001; VwGH 24.10.2013, 2012/15/0020). Die Aussetzung der Einbringung stellt eine interne Maßnahme der Abgabenverwaltung dar; ein Rechtsanspruch auf Aussetzung besteht nicht. Daraus folgt für den contrarius actus der Wiederaufnahme der Aussetzung nach § 231 Abs. 2 BAO, dass auch dieser als behördeninterne Maßnahme anzusehen ist. Nach § 232 Abs. 3 BAO ist ein Sicherstellungsauftrag bereits vor Entstehung des Haftungsanspruches nach § 11 BAO ab Anhängigkeit des Strafverfahrens zulässig, somit bei verwaltungsbehördlicher Zuständigkeit mit der ersten Verfolgungshandlung (§ 14 Abs. 3 FinStrG) bzw. bei gerichtlicher Zuständigkeit bereits dann, wenn gerichtliche Ermittlungen, Vorerhebungen geführt wurden. Der Sicherstellungsauftrag ist nicht nur eine öffentliche Urkunde, sondern auch ein Bescheid, der gemäß § 243 BAO mit Bscheidbeschwerde angefochten werden kann (vgl. VfGH 11.6.1983, B 21/79; VwGH 17.10.2001, 96/13/0055). Der Eintritt der Vollstreckbarkeit der den Gegenstand des Sicherstellungsauftrages bildenden Abgabe innerhalb der (allenfalls verlängerten) Beschwerdefrist ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.18.4. Bescheidbeschwerde gegen Sicherstellungsauftrag
In aller Regel ist für Beschwerdeerledigungen die Sachlage im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung über die Beschwerde maßgeblich. Hingegen ist im Rechtsmittelverfahren der Sicherstellungsauftrag allein darauf zu überprüfen, ob die im Zeitpunkt seiner Erlassung hiefür erforderlichen sachlichen Voraussetzungen gegeben waren (VwGH 17.10.2001, 96/13/0055; VwGH 28.11.2002, 2002/13/0045; VwGH 19.12.2013, 2012/15/0036). Später eingetretene Tatsachen, Beweise und Anträge sind im Sicherstellungsverfahren gemäß § 232 BAO entgegen dem für Beschwerdeerledigungen ansonsten geltenden § 270 BAO nicht zu berücksichtigen, wohl aber kausale Sachverhaltsumstände, die zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages bereits gegeben gewesen sind (VwGH 25.2.2003, 2002/14/0112; VwGH 19.12.2013, 2012/15/0036). Würde etwa nach Eintritt der Vollstreckbarkeit oder nach Wegfall der Gefährdung über die Bescheidbeschwerde aus der Sicht der Sachlage im Zeitpunkt der Beschwerdeerledigung entschieden werden, gingen Sicherstellungsaufträge ins Leere, da die durch den Sicherstellungsauftrag begründeten Pfandrechte infolge Stattgabe der Beschwerde und somit Aufhebung des Sicherstellungsauftrages erlöschen würden. Wegen der Akzessorietät des Pfandrechtes ist im Sicherstellungsauftrag eine Aufgliederung nach Abgabenarten und Zeiträumen vorzunehmen; die Anführung lediglich einer Globalsumme ist unzulässig. Die Angabe eines einheitlichen Betrages genügt nicht, weil diese Vorgangsweise nicht erkennen lässt, für welchen Abgabenanspruch in welcher Höhe im folgenden Sicherungsverfahren Pfandrechte begründet werden (VwGH 19.10.1999, 98/14/0122; VwGH 2.9.2009, 2005/15/0063). Ein Sicherstellungsauftrag ist kein abschließender Sachbescheid, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme", die dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre (VwGH 3.7.2003, 2000/15/0042; VwGH 29.3.2006, 2004/14/0045). Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind. § 183 Abs. 4 BAO ist daher nicht anwendbar (VwGH 4.6.2008, 2005/13/0041; VwGH 31.5.2011, 2008/15/0288). Dies enthebt die Behörde jedoch nicht der Pflicht, dem Abgabepflichtigen zu denjenigen Beweisen Gelegenheit zur Äußerung zu bieten, auf die sie ihre Sachverhaltsfeststellungen zum Entstehen des Abgabenanspruchs dem Grunde nach in Ausführung der Beweiswürdigung stützt (VwGH 25.9.2002, 97/13/0070; VwGH 29.3.2006, 2004/14/0045). Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Das der Abgabenbehörde eingeräumte Ermessen erfordert dem § 20 BAO zufolge die Beachtung der Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Bei der Ermessensübung sind demnach berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgabe unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen. Aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben ergibt sich, dass nur durch die Sofortmaßnahme dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben Rechnung getragen werden kann. Die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen werden daher grundsätzlich in den Hintergrund treten. Nur in Ausnahmefällen - etwa bei Geringfügigkeit des zu sichernden Betrages oder der zu erlangenden Sicherheit - ist daher von der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages abzusehen (VwGH 3.7.2003, 2000/15/0042; VwGH 26.7.2007, 2007/15/0131). Eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der Abgabe kann zB bei drohendem Insolvenzverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, bei Vermögensverschleppung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung vorliegen (VwGH 24.2.2000, 96/15/0217; VwGH 26.6.2000, 95/17/0202; VwGH 26.11.2002, 99/15/0076; VwGH 29.3.2006, 2004/14/0045). Wirtschaftlich unerklärbare Gewinntransferierungen in das Ausland und die Übertragung des Vermögens an die die liechtensteinische Staatsbürgerschaft besitzende Gattin können auf eine Gefährdung der Einbringung deuten (VwGH 26.4.2000, 97/14/0003). Eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung von Abgaben iSd § 232 BAO ist ferner anzunehmen, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Abgabepflichtigen und aus den besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden muss, dass nur bei raschem Zugriff der Behörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (VwGH 30.10.2001, 96/14/0170; VwGH 26.11.2002, 99/15/0076; VwGH 26.7.2007, 2007/15/0131). Die Zustellung des Sicherstellungsauftrages kann durch den Vollstrecker des Finanzamtes unmittelbar vor der Vornahme der sicherstellungsweisen Pfändung bewirkt werden. Zu beachten ist § 103 Abs. 1 zweiter Satz BAO, wonach im Einhebungsverfahren ergehende Erledigungen aus Gründen der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, trotz Vorliegens einer Zustellungsbevollmächtigung wirksam dem Vollmachtgeber unmittelbar zugestellt werden können.19.4. Fälle von Abschreibungen außerhalb der §§ 235 und 236 BAO sind insbesondere:
- Eintritt der Einhebungsverjährung gemäß § 238 BAO, soweit § 238 Abs. 4 und 5 BAO nicht entgegenstehen.
- Wegen bedingter Erbserklärung gegen die Erben nicht durchsetzbare, dem Erblasser gegenüber entstandene Abgabenansprüche (§ 802 ABGB iVm § 19 BAO), soweit keine Inanspruchnahme der Erben als Haftende (insbesondere nach § 15 BAO) erfolgt.
- Auf Grund des § 156 Abs. 1 IO bei rechtskräftiger Bestätigung eines Sanierungsplans der eine diesem zufolge zu entrichtende Quote übersteigende Betrag, doch wird dieser Schuldnachlass nach Maßgabe des § 156a IO zur Gänze oder teilweise (hinsichtlich eines aliquoten Betrags nach nur teilweise Entrichtung der Quote) hinfällig, wenn der Schuldner mit der Erfüllung des Sanierungsplans in Verzug gerät; die rechtskräftige Bestätigung des Sanierungsplans eines abgabepflichtigen Primärschuldners steht der Geltendmachung einer persönlichen Haftung auch für die diesem Plan zufolge zu entrichtende Quote übersteigende Abgabenschulden nicht entgegen.
- Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe bei im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren verhängten Geldstrafen und Wertersätzen (§ 20 Abs. 1 FinStrG, § 179 FinStrG).
- Nachsicht von Geldstrafen auf Grund des Gnadenrechtes (§ 187 FinStrG; siehe Rz 1632).
1. von Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;
2. in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die
a) dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde geäußert oder
b) vom Bundesministerium für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung oder im Internet als amtliche Veröffentlichung in der Findok veröffentlicht
wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht ausösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden.
Der "gute Glaube" des Abgabenschuldners an die Rechtmäßigkeit und Richtigkeit von Abgabenbescheiden vermag für sich allein eine Unbilligkeit der Einhebung allfälliger Abgabennachforderungen nicht zu rechtfertigen (VwGH 24.2.1992, 91/15/0105). Wurden allerdings von der Abgabenbehörde die vollständig offengelegten Einkünfte des Beschwerdeführers jahrelang als nicht umsatzsteuerpflichtig behandelt und hat der Beschwerdeführer im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit und Richtigkeit dieser Beurteilung durch die Behörde für seine Leistungen den Abnehmern keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, so kann in diesem Fall eine Unbilligkeit der Einhebung der Umsatzsteuernachforderung vorliegen, wenn die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers tatsächlich eine solche ist, dass die Zahlung der in Rede stehenden geschuldeten Abgaben selbst bei Einräumung von Zahlungserleichterungen für ihn eine besondere Härte bedeutet (VwGH 3.10.1988, 87/15/0103). Die Gefährdung der Existenz des Unternehmens kann eine Unbilligkeit darstellen. Eine solche Unbilligkeit ist jedoch nicht zu unterstellen, wenn sich - zB in Anbetracht der Höhe der Überschuldung - an der Existenzgefährdung des Unternehmens nichts ändert, gleichgültig, ob die fraglichen Abgabenschuldigkeiten eingehoben oder nachgesehen werden. Vielmehr muss die wirtschaftliche Existenz gerade durch die Einbringung der gegenständlichen Abgaben gefährdet sein (VwGH 22.9.2000, 95/15/0090; VwGH 10.5.2001, 2001/15/0033; VwGH 27.6.2013, 2013/15/0173). Die Nachsicht von Nebenansprüchen setzt eine entsprechende Antragstellung und eine eigenständige Beurteilung voraus; somit umfasst die Nachsicht einer Abgabe nicht zwingend die Nachsicht der darauf entfallenden Nebenansprüche (VwGH 13.12.1963, 1177/62). Die Einhebung von Aussetzungszinsen (§ 212a Abs. 9 BAO) ist im Hinblick darauf, dass sie durch den vom Abgabepflichtigen eingebrachten Antrag auf Aussetzung strittiger Abgaben ausgelöst wurden, nicht sachlich unbillig; dies auch im Hinblick auf den Zinsengewinn durch den Zahlungsaufschub (VwGH 17.10.2001, 98/13/0073; VwGH 30.7.2002, 99/14/0315; VwGH 16.10.2002, 99/13/0065). Da es im Einflussbereich des Abgabepflichtigen liegt, das Entstehen der Aussetzungszinsen in gegebenenfalls beträchtlicher Höhe durch Entrichtung der ausgesetzten Abgaben zu verhindern, kann auch eine allfällige lange Dauer des Beschwerdeverfahrens keine sachliche Unbilligkeit in der Einhebung der dadurch aufgelaufenen Aussetzungszinsen (denen außerdem der Aspekt des Zinsengewinnes durch den Zahlungsaufschub beim Abgabepflichtigen gegenübersteht) begründen (VwGH 16.10.2002, 99/13/0065). Anträge um Nachsicht ausländischer Abgaben, die aufgrund eines Vollstreckungshilfeabkommens oder des EU-VAHG von einer inländischen Abgabenbehörde eingehoben werden sollen, sind unter Anschluss eines Erhebungsberichtes über die für die Erledigung maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnisse der ersuchenden Behörde zur Entscheidung zuzuleiten (siehe zB Schlussprotokoll zu Art. 11 des Rechtshilfevertrages mit Deutschland). Durch eine Bewilligung der Nachsicht ergibt sich keine Klaglosstellung in dem die Abgabenfestsetzung betreffenden Beschwerdeverfahren vor dem VfGH oder Revisionsverfahren vor dem VwGH (VfGH 30.1.1980, G 107/78 und G 49/79). Ändern sich die für § 236 BAO maßgebenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, so ist ein neuerlicher Antrag zulässig. Ansonsten (bei Gleichbleiben der Verhältnisse) sind neuerliche Anträge wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (VwGH 30.9.2009, 2007/13/0068).Randzahlen 1714 bis 1799: derzeit frei
Während für die Nachsicht (§ 236 BAO) das Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen bei allen Mitschuldnern gefordert wird, genügt es für eine Maßnahme nach § 237 BAO, wenn die Billigkeitsgründe lediglich in der Person des antragstellenden Gesamtschuldners gelegen sind (VwGH 8.9.2009, 2009/17/0117; VwGH 29.9.2011, 2011/16/0190). Der Antrag auf Entlassung aus der Gesamtschuld ist ein Anbringen iSd § 85 BAO; die Abgabenbehörde ist somit verpflichtet, über diesen Antrag ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden (§ 85a BAO). Bei Verletzung der Entscheidungspflicht kommt nach Maßgabe des § 284 BAO eine Säumnisbeschwerde in Betracht. Es liegt an der Partei, das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die eine Entlassung aus der Gesamtschuld gestützt werden könnte (VwGH 2.7.2002, 99/14/0284; VwGH 8.9.2009, 2009/17/0117). Der Antragsteller hat, wenn er sich beispielsweise auf eine Überschuldung beruft, darzulegen, aus welchen Gründen trotz einer Überschuldung, die zusätzlich zu den im Haftungsweg geltend gemachten Abgabenschuldigkeiten besteht, eine von ihm behauptete Existenzgefährdung durch Entlassung aus der Gesamtschuld abzuwenden wäre (VwGH 19.12.2002, 99/15/0023). Für die Beurteilung der Unbilligkeit kommen die gleichen Gründe in Betracht wie bei einer Nachsicht gemäß § 236 BAO, soweit sie nur einen der Gesamtschuldner betreffen, der die Entlassung aus der Gesamtschuld begehrt (VwGH 30.3.2000, 99/16/0098; VwGH 29.9.2011, 2011/16/0190). Wäre die Einhebung bei allen Gesamtschuldnern oder Haftenden unbillig, wäre bei entsprechender Antragstellung eine Nachsicht möglich. Auf Grund eines Antrages gemäß § 237 BAO kommt die Bewilligung einer Nachsicht nicht in Frage. Die Inanspruchnahme des Haftenden stellt einen Einhebungsschritt dar und unterliegt daher nach § 238 BAO der Einhebungsverjährung (VwGH 24.1.2001, 99/16/0524; VwGH 25.11.2010, 2009/15/0157). Die Inanspruchnahme des Haftenden setzt voraus, dass das Einhebungsrecht gegenüber dem Hauptschuldner noch nicht verjährt ist (VwGH 29.6.1992, 91/15/0154); im Fall eines Gesamtschuldverhältnisses genügt es, wenn gegenüber einem Hauptschuldner, für dessen Schuldigkeiten ein Haftungspflichtiger in Anspruch genommen werden kann, das Einhebungsrecht noch nicht verjährt ist. Bei einzubehaltenden und abzuführenden Abgaben (zB Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) ist in diesem Zusammenhang der für die richtige Einbehaltung und Abfuhr Haftende dem Hauptschuldner gleichzuhalten. Dass Unterbrechungshandlungen dem Abgabepflichtigen auch zur Kenntnis gelangt sein müssen, ist nicht erforderlich (VwGH 24.10.2002, 2000/15/0141; VwGH 29.3.2007, 2005/16/0095). Eine Unterbrechung oder Hemmung der Einhebungsverjährung ergibt sich in Insolvenzfällen aufgrund des § 9 IO. Im Anwendungsbereich dieser personenbezogenen gegenüber den anspruchsbezogenen Bestimmungen der BAO spezielleren Regelungen kann die Verjährung einzelnen Gesamtschuldnern gegenüber zu unterschiedlichen Zeitpunkten eintreten.21.9. Aufhebung von Löschungs- und Nachsichtsbescheiden (§ 238 Abs. 5 BAO)
Abänderungen oder Aufhebungen iSd § 238 Abs. 5 BAO sind insbesondere Berichtigungen gemäß § 293 BAO, Aufhebungen gemäß § 299 BAO und Wiederaufnahmen des Verfahrens (§ 303 BAO), nicht jedoch beispielsweise auf § 294 BAO gestützte Widerrufe.Die Dreijahresfrist des § 238 Abs. 5 BAO ist weder verlängerbar noch hemmbar oder unterbrechbar.
21.10. Verjährung betreffend Einhebung und zwangsweise Einbringung im § 207 Abs. 4 BAO genannter Ansprüche ( § 238 Abs. 6 BAO )
Die im § 207 Abs. 4 BAO bezeichneten Ansprüche sind folgende:- das Recht, den Ersatz zu Unrecht geleisteter oder die Rückzahlung zu Unrecht bezogener Beihilfen zu fordern.
- das Recht auf Rückforderung zu Unrecht zuerkannter Erstattungen, Vergütungen oder Abgeltungen von Abgaben und Beiträgen.
21.11. Rechtsschutz
Ergeht ein Bescheid, der eine Einhebungsmaßnahme zum Gegenstand hat (etwa ein Haftungsbescheid), nach Eintritt der Einhebungsverjährung, so ist er inhaltlich rechtswidrig und mit Bescheidbeschwerde (§ 243 BAO) bekämpfbar. Im Fall der Verrechnung von Zahlungen oder sonstigen Gutschriften auf verjährte Abgabenschuldigkeiten eröffnet ein auf Antrag zu erlassender Abrechnungsbescheid (§ 216 BAO) die Möglichkeit einer Beschwerde gegen einen solchen Bescheid. Ein Guthaben iSd § 239 Abs. 1 BAO ist das Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto (VwGH 15.4.1997, 96/14/0061). Ein Streit über die Richtigkeit dieser Gebarung ist nur im Verfahren zur Erlassung eines Abrechnungsbescheides (§ 216 BAO) zulässig (VwGH 27.11.2000, 2000/17/0090). Ein Guthaben entsteht für den Abgabepflichtigen erst dann, wenn auf seinem Abgabenkonto die Summe aller Gutschriften die Summe aller Lastschriften übersteigt (VwGH 18.9.2002, 98/17/0283; VwGH 25.6.2009, 2007/16/0121). Dabei kommt es nicht auf die Gutschriften an, welche die Abgabenbehörde nach Auffassung des Abgabepflichtigen hätte durchführen müssen, sondern auf jene Gutschriften, die von der Abgabenbehörde tatsächlich durchgeführt wurden (VwGH 26.6.2003, 2002/16/0286; VwGH 24.1.2013, 2012/16/0025). Meinungsverschiedenheiten darüber, welche Gutschriften die Abgabenbehörde durchführen hätte müssen, können allenfalls Gegenstand eines Abrechnungsbescheides sein (VwGH 21.5.2001, 2001/17/0043; VwGH 28.2.2008, 2006/16/0129). Beim Abgabepflichtigen iSd § 239 Abs. 1 BAO handelt es sich um denjenigen, auf dessen Namen das betreffende Abgabenkonto lautet. Hat jemand etwa irrtümlich auf ein fremdes Abgabenkonto eingezahlt, dann kommt eine Rückzahlung des auf dieses Konto entrichteten Betrages nur mit Zustimmung des Kontoinhabers in Betracht. Stimmt der Kontoinhaber zu, so hat eine Rückzahlung auch dann zu erfolgen, wenn auf dem Abgabenkonto kein oder kein ausreichendes Guthaben ausgewiesen ist; diesfalls liegt eine Rückzahlung eigener Art (außerhalb der Bestimmungen der BAO) vor, die zum Wiederaufleben von Abgabenschuldigkeiten führt. Bei fehlender Zustimmung hat der Einzahler lediglich die Möglichkeit, sich zivilrechtlich an den Abgabepflichtigen, auf dessen Namen das betreffende Konto lautet, zu halten (VwGH 12.1.1962, 1131/59; VwGH 27.11.2000, 2000/17/0090), weil durch die erfolgte Zahlung nicht der Abgabengläubiger, sondern nur der bereichert ist, auf dessen Konto die Einzahlung erfolgte. Unter Beachtung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die Abgabenbehörde in solchen Fällen nicht befugt ist, ohne Zustimmung des Abgabepflichtigen, auf dessen Abgabenkonto eingezahlt wurde, eine Rückzahlung vorzunehmen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt vor allem dann in Betracht, wenn eine Zahlung iSd § 214 Abs. 4 lit. a BAO (zB eine Umsatzsteuervorauszahlung) saldounwirksam auf ein fremdes Konto geleistet wurde. Der Antrag auf Rückzahlung ist ein Anbringen iSd § 85 BAO; die Abgabenbehörde ist verpflichtet, über einen solchen Antrag ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden (§ 85a BAO - VwGH 15.11.2005, 2002/14/0051). Eine bescheidmäßige Erledigung eines auf § 239 BAO gestützten Rückzahlungsantrages ist jedoch nur dann erforderlich, wenn ihm nicht oder nicht zur Gänze entsprochen wird. Mangels Vorliegens eines Guthabens ist der Rückzahlungsantrag abzuweisen und nicht zurückzuweisen (VwGH 26.1.1995, 94/16/0150). Das Verwaltungsgericht darf nur über den Betrag absprechen, der ursprünglich beantragt wurde und nicht über eine in der Bescheidbeschwerde zusätzlich beantragte Rückzahlung (vgl. VwGH 26.9.2000, 99/13/0005). Das Guthaben muss im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto ausgewiesen sein. Ein vom gegenständlichen Verfahren nicht umfasstes, wenngleich vor der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde über den ursprünglichen Antrag neu entstandenes Guthaben kann nur auf Grund eines neuerlichen Antrages gemäß § 239 BAO zu einer Rückzahlung führen (VwGH 16.5.2002, 2001/16/0375). Im Fall eines Rückzahlungsantrages ist grundsätzlich nur über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheint (VwGH 27.5.1998, 98/15/0062).22.12. Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder, Bilanzbuchhalter und Notare
Bezüglich als Parteienvertreter einschreitender Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder, Bilanzbuchhalter und Notare sind § 8 Abs. 1 letzter Satz RAO (Rechtsanwaltsordnung), § 88 Abs. 9 WTBG , § 36 Abs. 5 BiBuG 2014 und § 5 Abs. 4a Notariatsordnung zu beachten, wonach die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetzt. Die Ermessensübung ist zu begründen, wenn von der Möglichkeit der Beschränkung des Rückzahlungsbetrages Gebrauch gemacht wird.22.15. Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener Abzugsteuern ( § 240 Abs. 3 BAO )
§ 240 Abs. 3 BAO setzt voraus, dass eine Abfuhrabgabe (zB Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) "im objektiven Sinn" zu Unrecht vom Abgabepflichtigen einbehalten wurde (zB VwGH 24.9.2003, 2000/13/0003, 0004). Ein Verschulden des Abfuhrpflichtigen an der Rechtswidrigkeit der Einbehaltung ist nicht erforderlich. Antragsbefugt ist der Eigenschuldner (zB Arbeitnehmer bei der Lohnsteuer), nicht der Abfuhrpflichtige. Ein Verzicht auf die Stellung eines solchen Antrages ist gesetzlich nicht vorgesehen (daher wäre er unwirksam). Die Fünfjahresfrist des § 240 Abs. 3 zweiter Satz BAO ist eine gesetzliche Frist. Sie ist weder erstreckbar (VwGH 26.8.2009, 2004/13/0121) noch hemmbar oder unterbrechbar. Für Maßnahmen nach § 240 Abs. 3 BAO ist § 238 BAO (Einhebungsverjährung) nicht anwendbar. Die Zuständigkeit für das Verfahren über die Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener Abfuhrabgaben richtet sich danach, welcher Abgabenbehörde die Einhebung der betroffenen Abgabe obliegt. Dies gilt gleichermaßen für Bundesabgaben wie für Landes- und Gemeindeabgaben. Die Zuständigkeitsbestimmung des § 240 Abs. 3 letzter Satz BAO gilt nur für Bundesabgaben, nämlich für im Einkommensteuerrecht geregelte Abzugsteuern (zB Lohnsteuer, Kapitalertragssteuer). Für solche Abgaben betreffende Rückzahlungsverfahren richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach jener zur Erhebung der Einkommensteuer bzw. der Körperschaftsteuer des Antragstellers. Die diesbezügliche Zuständigkeit ergibt sich vor allem aus § 20 AVOG 2010 (Wohnsitzfinanzamt) bzw. aus § 21 AVOG 2010 (Betriebsfinanzamt).Auf Antrag des Abgabepflichtigen darf auch eine Rückzahlung an einen Dritten (siehe Rz 1918 bis 1928) oder eine Umbuchung oder Überrechnung erfolgen.
Die Gründe, die zu einem Antrag nach § 241 Abs. 1 BAO berechtigen, sind insbesondere:- Zwingend vorgesehene Mahnung (§ 227 BAO) ist unterblieben.
- Andere im § 230 BAO genannte Gründe für eine Hemmung der Einbringung wurden nicht beachtet.
- Mangels wirksamer Bekanntgabe des Abgaben- oder Haftungsbescheides ist kein gültiges Leistungsgebot ergangen.
- Einwendungen gemäß § 12 AbgEO oder § 13 AbgEO wurde stattgegeben.
- Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (§ 85 VfGG oder § 30 VwGG) wurde nicht beachtet.
Ein Übergang der Zuständigkeit nach § 6 AVOG 2010 umfasst auch die Zuständigkeit für die Erledigung auf § 241 Abs. 1 BAO gestützter Anträge.
Die Rückzahlung nach § 241 Abs. 1 BAO hat auf Antrag auch dann zu erfolgen, wenn sich auf dem Abgabenkonto der Rückstand erhöhen oder dadurch ein Rückstand entstehen sollte (zB VwGH 25.1.2007, 2005/16/0110). Zur Entscheidung über Anträge nach § 241 Abs. 2 BAO ist jene Abgabenbehörde zuständig, der die Einhebung der betreffenden Abgabe obliegt. § 241 Abs. 2 BAO gilt für Bundesabgaben sinngemäß nach folgenden Bestimmungen:- § 3 Abs. 2 GebG (feste Gebühren zB bei Barzahlung),
- § 14 TP 9 Abs. 4 GebG (Reisedokumente),
- § 14 TP 15 Abs. 2 GebG (Zulassungsscheine),
- § 17a Z 3 VfGG (Eingabengebühr),
- § 59a Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG).
Überschrift vor Rz 1956:
22.17. Kleinbeträge (§§ 242 und 242a BAO)
Die Regelungen der §§ 242 und 242a BAO stehen der Anwendung der allgemeinen Verrechnungsvorschriften des § 214 BAO sowie der Bestimmungen des § 215 BAO nicht entgegen. Der erste Satz des § 242 BAO gilt für die Vollstreckung von Bundesabgaben und von Gemeindeabgaben.Für Landesabgaben ist die Höhe des nicht zu vollstreckenden Betrages in § 242a Abs. 1 BAO geregelt; danach sind Abgabenbeträge unter fünf Euro nicht zu vollstrecken.
Die Rückzahlungsgrenze des § 242a Abs. 2 BAO gilt nur für Landes und Gemeindeabgaben, nicht jedoch für Bundesabgaben. Sie gilt sowohl für Rückzahlungen von Guthaben auf Antrag als auch für Rückzahlungen von Amts wegen.Randzahlen 1959 bis 1969: derzeit frei
22.18. Rückzahlungssperre gemäß § 239a BAO
§ 239a BAO gilt nur für Abgaben, soweit sie nach dem Zweck der Abgabenvorschrift wirtschaftlich von einem Anderen als dem Abgabepflichtigen getragen werden sollen (somit für indirekte Abgaben).Solche indirekte Abgaben sind bei den Bundesabgaben vor allem Umsatzsteuer, Verbrauchsteuern und die Normverbrauchsabgabe.
Die Beweislast für die Tragung der Abgabe von einem Anderen als den Abgabepflichtigen (somit für die Überwälzung der Abgabe) trifft die Abgabenbehörde (zB VwGH 20.11.2007, 2006/16/0115).Beweismittel für die Überwälzung sind zB Kalkulationsunterlagen und makroökonomische Analysen (zB VwGH 16.12.2004, 2004/16/0141). Die Erzielung von Gewinnen ist eines von vielen Indizien für die Überwälzung (VwGH 20.11.2007, 2006/16/0115). Preislisten kommt für die Lösung der Frage der wirtschaftlichen Überwälzung keine große Bedeutung zu (VwGH 24.2.2005, 2004/16/0199).
§ 239a BAO setzt nicht nur die Überwälzung der Abgabe voraus, sondern auch, dass die Gutschrift (der rechtswidrig erhobenen) Abgabe zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Abgabepflichtigen führen würde.Eine solche ungerechtfertigte Bereicherung liegt vor allem dann vor, wenn der Abgabepflichtige die Gutschrift nicht an die Kunden weitergegeben wird.
Wurde die Abgabe zwar überwälzt und wird die Überwälzung nicht rückgängig gemacht (etwa weil die Namen der Kunden dem Abgabepflichtigen nicht bzw. nicht mehr bekannt sind), so führt die Gutschrift insoweit nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung, als dem Abgabepflichtigen durch die rechtswidrige Erhebung der Abgabe ein wirtschaftlicher Schaden (insbesondere ein Absatzrückgang) erwachsen ist.
Einen solchen wirtschaftlichen Nachteil hat der Abgabepflichtige nachzuweisen. Er hat konkret die Tatsachen darzulegen, aus denen auf einen durch die (rechtswidrige) Erhebung der Abgabe verursachten Schaden in einem bestimmten Ausmaß hätte geschlossen werden können (zB VwGH 21.5.2007, 2005/16/0247).
§ 239a BAO betrifft objektiv rechtswidrige (überhöhte) Festsetzungen indirekter Abgaben sowie diesbezüglicher Selbstberechnungen unabhängig davon, ob sich die Rechtswidrigkeit aus Unionsrecht oder aus nationalem Abgabenrecht ergibt. Sich aus Abgabenbescheiden ergebende Gutschriften, die daraus resultieren, dass die Bescheide die rechtswidrigerweise überhöhte Selbstberechnung oder Abgabenfestsetzung richtig stellen, sind in den Abgabenbescheiden auszuweisen. § 239a BAO hat daher keinen Einfluss auf den Inhalt von Abgabenbescheiden.Die Verbuchung der Gutschriften auf dem Abgabenkonto hat, soweit § 239a BAO anwendbar ist, zu unterbleiben. Sie ist nachträglich rückgängig zu machen, wenn erst nachträglich hervorkommt, dass die Gutschrift zu einer ungerechtfertigten Bereicherung geführt hat.
In beiden Fällen ist über das Unterbleiben der Gutschrift auf dem Abgabenkonto bzw. über die Rückgängigmachung der Verbuchung der Gutschrift mit Bescheid abzusprechen. Die Erlassung solcher Bescheide obliegt auch dann der Abgabenbehörde, wenn sich die Gutschrift aus einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ergibt.
§ 239a BAO betrifft nicht nur das Unterbleiben einer Gutschrift, sondern auch die Rückzahlung, Umbuchung oder Überrechnung von Guthaben sowie die Verwendung einer Gutschrift zur Tilgung von Abgabenschuldigkeiten, sofern solche Maßnahmen zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Abgabepflichtigen führen würden. § 239a BAO ist erstmals für Bundesabgaben anzuwenden, für die der Abgabenanspruch nach dem 31. Dezember 2000 entstanden ist (nach § 323 Abs. 23 letzter Satz BAO). Für Landes- und Gemeindeabgaben ist § 239a BAO erstmals anzuwenden, wenn deren Abgabenanspruch nach dem 31. Dezember 1994 entstanden ist (§ 323a Abs. 4 BAO). Dies gilt jedoch nicht für den Anwendungsbereich des § 185 Abs. 3 WAOR oder des § 186 St-LAO, wenn die betreffenden Abgabenansprüche vor dem 1. Jänner 2010 entstanden sind (zufolge § 323a Abs. 3 Z 6 und 9 BAO).Randzahlen 1978 bis 2099: derzeit frei
Abschnitt 23: entfällt
Bundesministerium für Finanzen, 7. November 2014
Anmerkungen:
In RAE eingearbeitet.
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Beschwerdevorentscheidung, Aussetzung der Einhebung, Bescheidbeschwerde, Abgabenbescheid, Landes- und Gemeindeabgaben, Beschlagnahmebescheid, Mahngebühr, Nachsicht, Rückzahlungssperre, Sicherstellungsauftrag, Säumniszuschläge, Rückstandsbescheinigung |