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14.6 Freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an Unterhaltsberechtigte (§ 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988)

BMFBMF-010203/0252-VI/6/20135.6.2013

14.6.1 Allgemeines

Rz 4830
Freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen sind - auch wenn sie auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen - Fälle der Einkommensverwendung und können als solche weder bei den einzelnen Einkünften noch als Sonderausgaben abgezogen werden.

14.6.1.1 Freiwilliges Eingehen einer Vereinbarung

Rz 4831
Die freiwillige Zuwendung (auch an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen) bleibt nicht abzugsfähig, wenn freiwillig eine verpflichtende Vereinbarung (zivilrechtlicher Vertrag oder ein gerichtlicher Vergleich) eingegangen und damit ein Rechtstitel für die Zuwendung geschaffen wird. Dies gilt auch dann, wenn eine solche Vereinbarung angefochten wird und zu einem Urteil führt, das den Steuerpflichtigen zur Zuwendung verpflichtet (vgl. VwGH 7.9.1990, 90/14/0093).

14.6.1.2 Freiwillige Zuwendungen an Personen ohne gesetzlichen Unterhaltsanspruch

Rz 4832
Freiwillige Zuwendungen iSd § 20 Abs. 1 Z 4 erster Teilstrich EStG 1988 sind Ausgaben, denen keine wirtschaftlichen Gegenleistungen gegenüberstehen und die ohne zwingende rechtliche Verpflichtung des Gebers getätigt werden; sie dürfen auch dann nicht abgezogen werden, wenn sie im Einzelfall durch betriebliche Erwägungen mitveranlaßt sind.

14.6.1.3 Zuwendungen an gesetzlich Unterhaltsberechtigte

Rz 4833
Zuwendungen iSd § 20 Abs. 1 Z 4 zweiter Teilstrich EStG 1988 sind - egal auf welchem Rechtstitel sie beruhen - vom Abzug ausgeschlossen, wenn sie ohne gleichwertige wirtschaftliche Gegenleistung des Empfängers erbracht werden bzw. eine eindeutig überwiegende oder ausschließlich betriebliche Veranlassung nicht vorliegt.

Rz 4834
Gesetzlich unterhaltsberechtigt ist eine Person dann, wenn sie im Bedarfsfall gegenüber dem Zuwendenden einen Unterhaltsanspruch nach bürgerlichem Recht geltend machen könnte: Eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person iSd § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 ist somit auch jemand, der vom Zuwendenden im Einzelfall noch keinen Unterhalt verlangen kann, weil andere Verwandte vorrangig unterhaltspflichtig sind (zB: das Enkelkind ist gesetzlich unterhaltsberechtigt gegenüber seinen Großeltern, obwohl seine Eltern vorrangig unterhaltspflichtig sind und ihrer Unterhaltspflicht ihm gegenüber auch nachkommen).

Beispiele:

  • Darlehensgewährung an die im Betrieb des Steuerpflichtigen angestellte Gattin zum Erwerb der ehelichen Wohnung (VwGH 25.9.1984, 84/14/0005).
  • Lebensversicherungsprämien, die der Steuerpflichtige für die in seinem Betrieb angestellte Gattin leistet, wenn die für die Gattin bezahlte Versicherung im Gesamtentgelt unter Berücksichtigung des Fremdvergleiches keine Deckung findet (VwGH 12.1.1983, 81/13/0004).
  • Zahlung einer Abfertigung an die im Betrieb angestellte Gattin (oder Tochter), der das Unternehmen zugleich mit der Kündigung im Schenkungsweg übertragen wird (VwGH 17.1.1989, 86/14/0008; VwGH 19.9.1989, 86/14/0157).
  • Auszahlungsbeträge an den Ehegatten nach § 71 Abs. 4 BSVG = geteilte Bauernpension (VwGH 19.11.1998, 96/15/0182).
  • Abgeltungsbeträge nach § 98 ABGB an den Gatten für die Mitarbeit im Erwerb des anderen Gatten (VwGH 21.7.1993, 91/13/0163).
  • Versorgungsleistung an die frühere Lebensgefährtin nach Auflösung der Lebensgemeinschaft (VwGH 15.5.1968, 0011/68).
  • Kosten der Wohnungsfreimachung im eigenen Haus für ein Kind bzw. Aufstockung des Betriebsgebäudes zur Schaffung von Wohnraum für die Kinder (VwGH 1.2.1980, 1535/79).
  • Taschengeld an die Kinder für gelegentliche Mithilfe im elterlichen Haus (VwGH 17.5.1989, 88/13/0038).
  • Taschengeld an die volljährige, verheiratete Tochter für die Mithilfe im elterlichen Gewerbebetrieb auf rein familienhafter Basis (VwGH 27.2.1959, 1371/57, ähnlich auch VwGH 4.9.1992, 91/13/0196).
  • Unterhaltsleistungen, die der Erbe des Unterhaltsverpflichteten auf Grund des Gesetzes (zB § 78 Ehegesetz) als Nachlassverbindlichkeit zu erfüllen hat (VwGH 17.2.1982, 1696/80).

Hinsichtlich der abzugsfähigen Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen siehe Abschn. 24 (betr. Renten), Abschn. 2 (betr. Fruchtgenuss) und Abschn. 5 (betr. Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen).

14.6.2 Beispiele für freiwillige Zuwendungen

Rz 4835
14.6.2.1 Spenden mit Werbecharakter

Rz 4836
§ 4a EStG 1988 Rz 1330 ff) und § 18 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 (siehe dazu LStR 2002 Rz 565 bis 573) sieht die Abzugsfähigkeit von bestimmten freiwilligen Zuwendungen als Betriebsausgaben bzw. Sonderausgaben vor. Ab der Veranlagung 2002 sind Geld- oder Sachaufwendungen im Zusammenhang mit der Hilfestellung in Katastrophenfällen (insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden) Betriebsausgaben, wenn sie der Werbung dienen (§ 4 Abs. 4 Z 9 EStG 1988, siehe dazu Rz 4837).

Der Gesetzesbegriff "Katastrophenfall" im § 4 Abs. 4 Z 9 EStG 1988 umfasst dem Grunde nach außergewöhnliche Schadensereignisse, die nach objektiver Sicht aus dem regelmäßigen Ablauf der Dinge herausfallen und geeignet sind, in größerem Umfang Personen- oder Sachschäden zu bewirken, die mit örtlichen Einsatzkräften nicht bewältigt werden können. Ob ein solches Schadensereignis im In- oder Ausland stattfindet, ist ohne Bedeutung.

Als Katastrophenfall, zu deren Beseitigung abzugsfähige Geld- oder Sachaufwendungen geleistet werden können, kommen Naturkatastrophen (zB Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs-, Lawinen-, Schneekatastrophen- und Sturmschäden sowie Schäden durch Flächenbrand, Strahleneinwirkung, Erdbeben, Felssturz oder Steinschlag), technische Katastrophen (zB Brand- oder Explosionskatastrophen), kriegerische Ereignisse, Terroranschläge oder sonstige humanitäre Katastrophen (zB Seuchen, Hungersnöte, Flüchtlingskatastrophen) in Betracht.

Rz 4837
Gemäß § 4 Abs. 4 Z 9 EStG 1988 sind ab der Veranlagung 2002 werbewirksame Geld- und Sachaufwendungen, die im Zusammenhang mit der Hilfestellung in Katastrophenfällen geleistet werden, als Betriebsausgaben abzugsfähig. Eine Angemessenheitsprüfung ist hinsichtlich werbewirksamer Katastrophenspenden nicht vorzunehmen.

Werbewirksamkeit der Zuwendungen (Spenden) ist ua. gegeben,

  • bei medialer Berichterstattung über die Zuwendung (Tageszeitung, Wochenzeitung, Lokalpresse, Branchenzeitschrift, Fernsehen und Hörfunk),
  • in Kunden- und Klientenschreiben (regelmäßige Schreiben dieser Art oder bei bestimmten Anlässen, zB Weihnachtsschreiben),
  • bei Spendenhinweisen auf Werbeplakaten, in Auslagen (Schaufenstern), an der Kundenkasse eines Unternehmers,
  • bei Anbringen eines für Kunden sichtbaren Aufklebers im Geschäftsraum (Kanzlei, Ordination) oder auf einem Firmen-PKW,
  • im Rahmen der Eigenwerbung des Unternehmers, bspw. wenn dieser in einer (gegebenenfalls auch andere Werbeaussagen betreffenden) Werbeeinschaltung auf seine Spendenleistung hinweist,
  • bei einem Spendenhinweis auf der Homepage eines Unternehmers.

Abzugsfähig sind auch werbewirksame Katastrophenspenden an Hilfsorganisationen oder Gemeinden, Direktspenden an Familien oder Einzelpersonen sowie Direktspenden an Arbeitnehmer des Unternehmers.

Beim Empfänger der Spende (katastrophenbetroffene Privatperson, Unternehmer oder Arbeitnehmer eines Unternehmers) liegen keine steuerpflichtigen Einnahmen vor (§ 3 Abs. 1 Z 16 EStG 1988).

Randzahl 4837a: entfällt

Rz 4838
Nicht katastrophenbedingte Geldzuwendungen, die an Stelle von Werbegeschenken zur Finanzierung von Rettungsautos zugewendet werden, sind abzugsfähig, wenn der Name des Spenders sichtbar am Fahrzeug angebracht wird. Ein kurzes Aufscheinen des Spendernamens im Fernsehen reicht nicht aus.

Zu Sponsorleistungen siehe ABC der Betriebsausgaben, Rz 1643.

14.6.2.2 Kulanzleistungen

Rz 4839
Kulanzleistungen fallen dann nicht unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, wenn sie zwar freiwillig, aber aus ausschließlich oder überwiegend betrieblicher Veranlassung gewährt worden sind.

Beispiele:

  • Garantie- und Versicherungsfälle (außer es besteht kein betrieblicher Anlass für die Kulanzleistung, sondern es liegen überwiegend private Gründe für die freiwillige Aufwendung vor, vgl. VwGH 11.5.1979, 0237/77);
  • Schadenersatzleistungen, die den guten Ruf des Unternehmens wahren sollen (VwGH 11.5.1979, 0237/77).

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