2.14.5 Gemeinsame Vorschriften

BMFBMF-010216/0009-VI/6/201313.3.2013

2.14.5.1 Gesonderte Rechnungskreise

Rz 338
Für den Finanzierungsbereich und den Veranlagungsbereich sind gesonderte Rechnungskreise zu führen. Es entstehen losgelöst vom Bilanzergebnis zwei voneinander völlig unabhängige Einkommensschedulen. Daher können positive oder negative Ergebnisse der einen Schedule keine steuerliche Auswirkung auf die andere Schedule haben. Positive Einkünfte aus dem Veranlagungsbereich werden steuerlich nicht mit negativen Einkünften aus dem Finanzierungsbereich verrechnet und umgekehrt, sodass ein Verlust aus dem Veranlagungsbereich auch bei einem positiven Ergebnis aus dem Finanzierungsbereich ungeschmälert zum vortragsfähigen Verlust wird.

2.14.5.2 Nachweis der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung

Rz 339
Eine neugegründete Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft hat dem Bundesministerium für Finanzen ihre Satzung, eine Bescheinigung des Wirtschaftsprüfers über das grundsätzliche Vorliegen der Begünstigungsvoraussetzungen des § 6b KStG 1988 und einen Firmenbuchauszug vorzulegen. Das Bundesministerium stellt eine Bescheinigung über die Eigenschaft als Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft aus und nimmt die Gesellschaft in die nächste Jahresliste auf. Nach dem 31.12.2007 können nur mehr Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften nach den Vorschriften des § 6b KStG 1988 idF MiFiG-Gesetz 2007 gegründet werden.

Rz 340
In der Folge schreibt § 6b Abs. 3 KStG 1988 die jährliche Überprüfung der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften durch einen Wirtschaftsprüfer, der das Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen (sowohl § 6b KStG 1988 idF vor und nach dem MiFiG-Gesetz 2007 möglich) zu bescheinigen hat, vor. Bei Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften in Rechtsform einer GmbH, die aufgrund unternehmensrechtlicher Vorschriften keiner verpflichtenden Jahresabschlussprüfung unterliegt, kann sich die Prüfung auf die Erfüllung der Anwendungsvoraussetzungen des § 6b KStG 1988 beschränken.

Dadurch wird der Behörde die Kontrolle der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften ermöglicht. Das Finanzamt Wien 1/23 veröffentlicht im Interesse der Anleger jährlich eine Liste aller als Mittelstandsgesellschaften anerkannten Gesellschaften. Die Liste ist nach Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften, die bis zum 31.12.2007 gegründet wurden, und Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften, die nach dem 31.12.2007 gegründet wurden, zu untergliedern. Diese Liste gibt dem Anleger die Sicherheit, dass hinsichtlich einer von ihm gehaltenen Beteiligung an einer in der Liste enthaltenen Gesellschaft die einkommensteuerliche Dividendenbegünstigung für innerhalb des auf die Veröffentlichung der Liste folgenden Jahres erfolgende Ausschüttungen, zum Tragen kommt. Diese Liste kann nachträglich ergänzt werden. Die Begünstigung kommt für Zuflüsse nicht mehr zum Tragen, die nach der Veröffentlichung jener Liste erfolgen, in der die Gesellschaft (endgültig) nicht mehr aufscheint.

Rz 341
Sowohl nach § 6b KStG 1988 idF vor und nach dem MiFiG-Gesetz 2007 gegründete Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften haben jährlich die Bestätigung des Wirtschaftsprüfers unmittelbar nach deren Erteilung, spätestens aber bis zum 30. Juli jeden Jahres, dem Finanzamt Wien 1/23 vorzulegen. Verstreicht diese Frist ungenutzt, kann, auch wenn die gesetzlichen Voraussetzungen im Übrigen vorliegen, eine Aufnahme in die jährliche Liste nicht erfolgen.

2.14.5.3 Verletzung der Begünstigungsvoraussetzungen

Rz 342
Außerhalb des Anlaufzeitraumes führt jede Verletzung der Begünstigungsvoraussetzungen zur unbeschränkten Steuerpflicht der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft. Die Steuerpflicht beginnt mit jenem Veranlagungszeitraum, in den das die Verletzung auslösende Ereignis fällt. Besteht zu Beginn des ersten auf den Anlauf-, Wiederveranlagungs- oder Sanierungszeitraum folgenden Jahres ein nicht gesetzeskonformer Zustand, fällt bereits dieses Jahr in die unbeschränkte Steuerpflicht. Werden die Voraussetzungen in der Folge wiederum hergestellt, tritt die Gesellschaft mit Beginn des auf die "Sanierung" folgenden Veranlagungszeitraumes wieder in die (Teil)Steuerbefreiung ein. § 18 KStG 1988 ist anzuwenden.

Die Umstellung der Tätigkeit einer bis zum 31.12.2007 gegründeten Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft auf die Voraussetzungen des § 6b KStG 1988 stellt, wenn die Absicht zur Umstellung glaubhaft gemacht werden kann und sich innerhalb eines angemessenen Zeitraumes vollzieht, keine Verletzung der Begünstigungsvoraussetzungen dar.

Rz 343
Die Besteuerung nach einer Verletzung der Anwendungsvoraussetzungen ergibt sich daher wie folgt:

Steuerlich adaptierter Gewinn laut Bilanz des Verletzungsjahres (die Befreiung nach § 5 Z 14 KStG 1988 ist nicht anzuwenden)

+ Auflösung der Rücklage nach Übergangsregelung (§ 18 Abs. 1 KStG 1988)

- Sonderausgaben und Sanierungsgewinn

= Steuerpflichtiges Einkommen, zum Normalsteuersatz zu versteuern.

Rz 344
Die Verletzung der Anwendungsvoraussetzungen kann nicht nur in Jahren gegeben sein, für die noch kein Testat des Wirtschaftsprüfers vorliegt, sondern auch überprüfte Jahre betreffen, wenn die Verletzung der Anwendungsvoraussetzungen zB im Rahmen von Betriebsprüfungen festgestellt werden. Eine Verletzung ist für jedes Jahr gesondert zu beurteilen und berührt das Folgejahr, in dem die Anwendungsvoraussetzungen wieder gegeben sein können, grundsätzlich nicht.

2.14.5.4 Zusatzbesteuerung

Rz 345
§ 6b Abs. 4 KStG 1988 sieht eine Zusatzbesteuerung für jene Gesellschaften vor, die außerhalb des Anlaufzeitraumes nachhaltig die Anwendungsvoraussetzungen des § 6b KStG 1988 verletzen. Diese Zusatzsteuer stellt ein Äquivalent für die dem Fiskus durch die Einkommensteuerbegünstigung der Dividendenempfänger entgangene Kapitalertragsteuer dar. Der Dividendenempfänger selbst bleibt von dieser Besteuerung unberührt, seine Begünstigung bleibt für bereits erfolgte Ausschüttungen erhalten. Unmaßgeblich ist es, inwieweit solche Begünstigungen auch tatsächlich in Anspruch genommen wurden. Es fließt das gesamte realisierte Ausschüttungsvolumen in die Bemessungsgrundlage für die Zusatzsteuer ein. Auch ein Nachweis, dass bestimmte institutionelle- oder Großanleger in den maßgeblichen Zeiträumen beteiligt und nicht in der Lage waren, die Einkommensteuerbegünstigung in Anspruch zu nehmen, ändert nichts an der Höhe der Bemessungsgrundlage. Siehe weiters Rz 1515.

2.14.5.5 Liquidation und Nachversteuerung

Rz 346
Sobald eine Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft ihre Liquidation beschließt, scheidet sie aus der Steuerbegünstigung aus. Im Liquidationszeitraum (siehe Rz 1431 bis 1435) unterliegen daher alle Erträge der unbeschränkten Steuerpflicht.

Rz 347
Die Befreiung von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht entfällt rückwirkend, wenn der angestrebte begünstigte Zweck innerhalb der ersten sieben Jahre (Anlaufzeitraum) nach der Eintragung der neugegründeten Gesellschaft in das Firmenbuch wieder aufgegeben wird. Es kommt daher zur Nachversteuerung aller bisher erzielten Erträge der Gesellschaft.

Diese Regelung des § 5 Z 14 KStG 1988 soll verhindern, dass Aktiengesellschaften unter Hinweis auf § 5 Z 14 KStG 1988 für die ersten sieben Jahre die Steuerbefreiung als Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft in Anspruch nehmen und in der Folge durch Veränderung der Gestion darauf verzichten, obwohl die Voraussetzungen für eine begünstigte Gesellschaft vorliegen. Die Gestaltung soll insbesondere den Missbrauch für einzelne Veräußerungsgewinne hintanhalten. Die Umstellung gemäß § 26a Abs. 19 KStG 1988 sowie die letztmalige Anwendung des § 5 Z 14 iVm § 6b KStG 1988 idF vor dem MiFiG-Gesetz 2007 stellen keine Aufgabe des begünstigten Zwecks dar und führen daher nicht zum rückwirkenden Wegfall der Begünstigung (siehe Rz 336). Dasselbe gilt, wenn eine zum 31.12.2007 bereits bestehende Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft § 5 Z 14 und § 6b KStG 1988 idF vor dem MiFiG-Gesetz 2007 2012 gemäß § 26a Abs. 19 Z 1 und 2 KStG 1988 letztmalig anwendet und in der Folge - bevor sie sieben Jahre bestanden hat - liquidiert wird.

Der im Gesetz vorgesehene rückwirkende Wegfall der Steuerbegünstigung stellt einen Verfahrenstitel sui generis dar, der in seiner Wirkung der Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO entspricht und es der Behörde ermöglicht, die bisherigen Bescheide in jede Richtung abzuändern.

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