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Veräußerung einer inländischen Kapitalbeteiligung nach Verschmelzung in Frankreich

BMFBMF-010221/1385-IV/4/201125.11.20112011

EAS 3250

Das DBA-Frankreich sieht abweichend vom OECD-Musterabkommen im Fall der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen ein Besteuerungsrecht des Quellenstaates vor (Art. 13 Abs. 3 lit. a DBA-F). Diese Regelung ist von Österreich unter der Bedingung angenommen worden, dass hierdurch nicht Umgründungen, die im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft steuerneutral abgewickelt werden können, durch eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat der Tochtergesellschaft behindert werden. Artikel 13 Abs. 3 lit. b sieht daher in diesem Sinn vor, dass der bei der Umgründung entstehende Veräußerungsgewinn im Ansässigkeitsstaat der Tochtergesellschaft nicht besteuert werden darf. Technisch wurde dieses Ergebnis durch Zuweisung des ausschließlichen Besteuerungsrechtes an den Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft herbeigeführt.

Hat daher eine französische Muttergesellschaft A die Beteiligung an einer österreichischen Tochtergesellschaft im Jahr 1 um 100 erworben und wird sie im Jahr 5 auf die französische Gesellschaft B verschmolzen, wobei der Verkehrswert der Beteiligung an der österreichischen Tochtergesellschaft auf 200 angewachsen ist, dann untersagt das Abkommen den hierbei realisierten Aufwertungsgewinn von 100 in Österreich zu besteuern, falls Frankreich unter steuerlicher Buchwertfortführung (100) einen Besteuerungsaufschub gewährt. Wenn nun die übernehmende französische Gesellschaft B (die neue Muttergesellschaft) im Jahr 10 die Beteiligung an der österreichischen Tochtergesellschaft um 500 verkauft, wird in Frankreich ein Veräußerungsgewinn von 400 realisiert. Damit ist der Zeitpunkt gekommen, zu dem auch in Österreich als dem Ansässigkeitsstaat der Tochtergesellschaft der in den Händen der französischen Gesellschaften eingetretene Wertzuwachs (400) nach dem Abkommen besteuert werden darf.

Das Abkommen kann nicht so ausgelegt werden, dass eine durch Gesamtrechtsnachfolge zur Muttergesellschaft gewordene französische Gesellschaft B bei einem Verkauf ihrer österreichischen Tochtergesellschaft nicht mehr mit dem aus steuerlicher Sicht erzielten Veräußerungsgewinn von 400 besteuert werden darf, sondern dass jener Teil des Veräußerungsgewinnes, der noch aus der Umgründungsphase herrührt, steuerfrei zu stellen wäre, sodass nur ein Veräußerungsgewinn von 300 steuerlich erfasst werden darf. Denn die Steuerfreistellungsverpflichtung des Art. 13 Abs. 3 lit. b bezieht sich lediglich auf eine Gewinnerzielung, für die der Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft (hier: Frankreich) einen Besteuerungsaufschub gewährt. Dieser Besteuerungsaufschub wurde aber nur für den Umgründungsvorgang des Jahres 5, nicht aber für den im Jahr 10 stattfindenden Veräußerungsvorgang gewährt, sodass dieser Vorgang des Jahres 10 bereits insgesamt unter Art. 13 Abs. 3 lit. a des Abkommens fällt.

Es wäre auch nicht verständlich, wenn eine Abkommensbestimmung, die ausschließlich darauf ausgerichtet ist, einen Umgründungsvorgang nicht zu behindern, dazu ausgenützt werden könnte, den in der Folge bei einem nicht begünstigten Anteilsverkauf realisierten Veräußerungsgewinn zu kürzen.

Bundesministerium für Finanzen, 25. November 2011

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 13 Abs. 3 lit. a DBA F (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Frankreich (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 613/1994
Art. 13 Abs. 3 lit. b DBA F (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Frankreich (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 613/1994

Schlagworte:

Umgründung, Verschmelzung, Veräußerungsgewinnbesteuerung, Sonderregelung Frankreich

Stichworte