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Verleihung ausländischer Aktien durch inländische Investmentfonds

BMFBMF-010221/2809-IV/4/200822.10.20082008

EAS 3008

Bei der Wertpapierleihe handelt es sich um ein (Sach-)Darlehen iSd § 983 ABGB. Dabei gehen Kapitalanlagen (zB Aktien) des Verleihers in das zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentum des Entleihers über, wobei letzterer nach Ablauf der Leihefrist oder bei Kündigung Kapitalanlagen der selben Art und Güte zurückzuführen hat (EStR 2000 Rz 6199). Auch wenn die Weiterleitung (=Ausgleichszahlung) der jeweiligen Kapitalerträge (zB Dividenden) nach der zitierten Richtlinienregelung beim Verleiher wirtschaftlich betrachtet weiterhin zu Erträgen aus der jeweiligen Kapitalanlage (Dividenden aus Aktien) führt, wird davon auszugehen sein, dass im Fall von verliehenen Auslandsaktien die ausländischen Aktiendividenden im Allgemeinen dem zivilrechtlichen Eigentümer der Kapitalanlagen zuzurechnen sind, wenn diesem tatsächlich auch die wirtschaftliche Eigentümerposition zukommt (zB weil er bei Hoffnung auf fallende Kurse die Aktien jederzeit verkaufen könnte, um sodann seiner Rückgabeverpflichtung durch Neuanschaffung zu gesunkenen Anschaffungskosten nachzukommen).

Werden von einem österreichischen Publikumsinvestmentfonds ausländische Aktien gehalten, dann ist der Fonds infolge seiner steuerlichen Transparenz nicht in der Lage, aus eigenem Recht eine abkommenskonforme Quellensteuerentlastung im Ausland zu erwirken, denn die Aktiendividenden werden steuerlich nicht ihm, sondern den Zertifikatsinhabern zugerechnet. Werden allerdings von einem solchen österreichischen Fonds ausländische Aktien an ein österreichisches Finanzinstitut verliehen, kann bei Anwendung der aus den EStR 2000 sich ergebenden Sichtweise die Quellensteuerentlastung von dem Finanzinstitut geltend gemacht werden und es bedarf daher keiner - in der Praxis ohnedies kaum durchführbaren - Massenrückerstattungsanträge durch die einzelnen Zertifikatsinhaber.

Allerdings ist zu bedenken, dass die ausländischen DBA-Partnerstaaten nur dann zur DBA-konformen Steuerentlastung verpflichtet sind, wenn der österreichische Dividendenempfänger "beneficial owner" der Dividendenerträge ist. Aus österreichischer Sicht ist "beneficial owner" jene Person, der die Einkünfte steuerlich zugerechnet werden, sonach im Fall eines Wertpapierleihegeschäftes im Allgemeinen der Wertpapierentleiher. Es ist derzeit aber international noch nicht sichergestellt, dass auch andere Staaten bereit sind, dieser Sichtweise zu folgen. Probleme könnten sich vor allem dann ergeben, wenn die Zertifikatsinhaber des österreichischen Investmentfonds nicht in Österreich ansässig und daher nicht abkommensberechtigt sind.

 

Bundesministerium für Finanzen, 22. Oktober 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 983 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811

Schlagworte:

Investmentfonds, Wertpapierleihe, beneficial owner, Einkünftezurechnung

Verweise:

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 6199

Stichworte