Am 1. März 2008 ist das Bundesgesetz über die Vollstreckung von Geldstrafen und Geldbußen von Verwaltungsbehörden im Rahmen der Europäischen Union (EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz - EU-VStVG), BGBl. I Nr. 3/2008, in Kraft getreten, welches auch Auswirkungen auf die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit im Sinne des § 37a VStG hat. Somit ist das EU-VStVG auch bei der Einhebung vorläufiger Sicherheiten durch die Zollorgane im Rahmen der generellen Ermächtigung des § 34 Abs. 2 ZollR-DG (siehe VB-0100 Abschnitt 4.3.1.) zu beachten.
Das Bundeskanzleramt hat zum EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz am 20. Juni 2008 mit GZ. BKA-603.968/0007-VI/1/2008 ein Durchführungsrundschreiben erlassen, welches in der Arbeitsrichtlinie Verbote und Beschränkungen im Zollverfahren (VB-0100 Abschnitt 4.3.2.) auszugsweise wiedergegeben ist. In Bezug auf die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit wird in diesem Rundschreiben folgendes ausgeführt:
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3. Auswirkungen auf die Einhebung einer Sicherheitsleistung
3.1. Ob die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit im Sinne des § 37a des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch das Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007, BGBl. I Nr. 5/2008, gesetzlich gedeckt ist, muss jeweils anhand der verschiedenen Aspekte beurteilt werden, die im Einzelfall auftreten und geeignet sind, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 37a VStG zu erfüllen.
3.2. Nach Ansicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst führt allein der Umstand, dass es sich beim Betroffenen um eine Person mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat handelt, nicht dazu, dass die Durchführung des Strafverfahrens oder des Strafvollzugs von vornherein als wesentlich erschwert anzusehen wäre, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Der betreffende Mitgliedstaat hat das Übereinkommen - gemäß § 34 des Vertrags über die Europäische Union vom Rat erstellt - über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BGBl. III Nr. 65/2005, (im Folgenden: Rechtshilfeübereinkommen) ratifiziert bzw. ist diesem beigetreten und
- der betreffende Mitgliedstaat hat den Rahmenbeschluss bereits in nationales Recht umgesetzt.
Es trifft zwar zu, dass ein solches Straf- bzw. Vollstreckungsverfahren im Vergleich zu Verfahren, die im Inland durchgeführt werden, dadurch erschwert ist, dass an den jeweiligen Mitgliedstaat herangetreten werden muss, um ein solches Verfahren durchzuführen. § 37a VStG normiert aber für die Zulässigkeit der Einhebung einer vorläufigen Sicherheit nach Abs. 2 Z 2 leg. cit., dass bei der auf frischer Tat betretenen Person eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird. Wenn auch eine "Erschwerung" des Verfahrens eintritt, so ist aber doch das Strafverfahren auf Grund des Rechtshilfeübereinkommens und das Vollstreckungsverfahren auf Grund des umgesetzten Rahmenbeschlusses durchführbar, sodass die Erschwernis, die durch die mit dem behördlichen Auslandsverkehr verbundenen Verzögerungen und zusätzlichen Behördenschritten gegeben ist, nicht die Qualifikation erreicht, die es zulässig erscheinen ließe, von einer "wesentlich erschwerten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung" auszugehen.
Nur dann, wenn - aus welchen Gründen auch immer - davon auszugehen ist, dass die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung trotz der Anwendbarkeit des Rechtshilfeübereinkommens und des ins nationale Recht umgesetzten Rahmenbeschlusses nicht möglich oder wesentlich erschwert sein wird, kann daher eine vorläufige Sicherheit eingehoben werden.
3.3. Das Rechtshilfeübereinkommen haben zum gegenwärtigen Zeitpunkt neben Österreich folgende Mitgliedstaaten ratifiziert (vgl. das Bundesgesetz BGBl. III Nr. 65/2005 und die Kundmachungen BGBl. III Nr. 28/2008 und Nr. 29/2008):
- Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich und Zypern
Der Rahmenbeschluss wurde zum gegenwärtigen Zeitpunkt von folgenden Mitgliedstaaten ins nationale Recht umgesetzt:
- Dänemark, Finnland, Frankreich, Niederlande, Rumänien und Ungarn
Der Umstand, dass der Betretene seinen Wohnsitz in Dänemark, Finnland, Frankreich, den Niederlanden oder in Ungarn hat, rechtfertigt also für sich allein nicht (mehr) die Anwendung des § 37a Abs. 2 Z 2 VStG.
3.4. Ergänzend wird bemerkt, dass vorstehende Ausführungen auch für § 37 VStG gelten.
3.5. Der Umstand, dass die Vollstreckung verweigert werden darf, wenn die verhängte Geldstrafe oder Geldbuße unter € 70 oder dem Gegenwert dieses Betrags liegt (vgl. Art. 7 Abs. 2 lit. h des Rahmenbeschlusses), führt dazu, dass bei einer voraussichtlichen Geldstrafe oder Geldbuße unter € 70 die bescheidmäßige Vorschreibung einer Sicherheitsleistung in Betracht kommt. Ist jedoch eine höhere Strafe im Falle des Schuldspruchs zu erwarten, ist die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung nicht zulässig.
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Bundesministerium für Finanzen, 6. August 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Zoll |
betroffene Normen: | § 29 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 |
Schlagworte: | VB, VuB |
Verweise: | EU-VStVG, EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz, BGBl. I Nr. 3/2008 |